Zwei Verkehrsprojekte durch die Fränkische Schweiz, die nie verwirklicht wurden

Von Herbert Popp – 09/2019

Die Fränkische Schweiz ist ein Gebiet, das bis in die Gegenwart abseits der Hauptverkehrstrassen in Deutschland liegt. Dabei hatte es in der Vergangenheit zeitweise so ausgesehen, als würde es ganz anders kommen, als würden zentrale Verkehrsachsen das Gebiet durchqueren.

Abb. 1: Bedeutende, aber nie realisierte Verkehrsprojekte durch die Fränkische Schweiz: Haupteisenbahnlinie Nürnberg–Leipzig (1836) und Reichsautobahn Bayreuth–Forchheim–Nürnberg (1934)
Abb. 1: Bedeutende, aber nie realisierte Verkehrsprojekte durch die Fränkische Schweiz: Haupteisenbahnlinie Nürnberg–Leipzig (1836) und Reichsautobahn Bayreuth–Forchheim–Nürnberg (1934)

Im Jahr 1836, schon ein Jahr nach der ersten Eisenbahnstrecke Nürnberg–Fürth, wandte sich der Stadtrat von Bayreuth an den Bayerischen König und warb (mit übrigens recht guten Argumenten) für die Trassenführung einer zu bauenden Bahnstrecke Nürnberg–Hof–Leipzig, der Ludwigs-Eisenbahn, über Bayreuth und damit auch durch die Fränkische Schweiz. Die Vorschläge zum Bau einer solchen Linie waren sehr akribisch und detailliert ausgearbeitet. Sie umfassten zum Beispiel auch die möglichen Haltepunkte (bzw. Bahnhöfe) entlang dieser Strecke (vgl. Abb. 2). Der Streckenverlauf durch die Fränkische Schweiz war hinsichtlich der zu überwindenden Höhenunterschiede durchaus realisierbar. Die geplante Trasse zwischen Ebermannstadt und Bayreuth war, da sie in den Tälern der Fränkischen Schweiz verlief, natürlich recht kurvenreich (Abb. 1). Sie wies aber keine schwierigen Steigungen auf. Der Streckenverlauf durch das Ölschnitztal bei Bad Berneck war ingenieurtechnisch sogar bei weitem leichter als die später realisierte „Schiefe Ebene“ bei Himmelkron. Aus politischen Gründen entschied man sich jedoch für eine Trasse über Bamberg und Lichtenfels, Bayreuth und die Fränkische Schweiz blieben außen vor.

Abb. 2a: Im Antrag der Stadt Bayreuth wird der genaue Verlauf der Bahnlinie ausgeführt. Für die Fränkische Schweiz sind die vorgesehenen Orte: Kerschbach (= Kersbach), Ebermannstadt, Streitberg, Muggendorf, Weischenfeld (= Waischenfeld), Truppach, Seidenbach, Hart und Geigenreuth.
Abb. 2a: Im Antrag der Stadt Bayreuth wird der genaue Verlauf der Bahnlinie ausgeführt. Für die Fränkische Schweiz sind die vorgesehenen Orte: Kerschbach (= Kersbach), Ebermannstadt, Streitberg, Muggendorf, Weischenfeld (= Waischenfeld), Truppach, Seidenbach, Hart und Geigenreuth. (Quelle: StadtABT, Nr. 2482)
Abb. 2b: Bei der Beschreibung der betroffenen Täler für den Verlauf der Bahnstrecke zeigt sich, dass die topographischen Kenntnisse der Antragsteller etwas zweifelhaft sind (oder zumindest dass die Orte entlang der Strecke nicht mit der Nennung der Täler übereinstimmen). Während die genannten Täler Wiesent, Ahorn-Thal (= Ailsbachtal) und Mistelbach sind, führt die Aufreihung der Orte aber durch das Truppachtal und nicht durch das Ahorntal.
Abb. 2b: Bei der Beschreibung der betroffenen Täler für den Verlauf der Bahnstrecke zeigt sich, dass die topographischen Kenntnisse der Antragsteller etwas zweifelhaft sind (oder zumindest dass die Orte entlang der Strecke nicht mit der Nennung der Täler übereinstimmen). Während die genannten Täler Wiesent, Ahorn-Thal (= Ailsbachtal) und Mistelbach sind, führt die Aufreihung der Orte aber durch das Truppachtal und nicht durch das Ahorntal. (Quelle: StadtABT, Nr. 2482)

Hundert Jahre später, 1934, plante in der Frühphase der Zeit des Nationalsozialismus die Oberste Bauleitung Nürnberg für die Errichtung der Reichsautobahn Berlin–München eine Streckenführung dieser Straße, die als Gabelung südlich von Bayreuth (mit Autobahndreieck bei Oberkonnersreuth) geplant war und deren westlicher Ast quer durch die Fränkische Schweiz ins Regnitztal verlaufen sollte (vgl. POPP 2008, Abb. 2).

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Bautagebuch der ObK Nürnberg vom 9. und 10. April 1934, in welchem die Diskussion mit dem Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen um die Linienführung der künftigen Autobahn durch die Fränkische Schweiz protokolliert wurde.
Abb. 3: Ausschnitt aus dem Bautagebuch der ObK Nürnberg vom 9. und 10. April 1934, in welchem die Diskussion mit dem Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen um die Linienführung der künftigen Autobahn durch die Fränkische Schweiz protokolliert wurde. (Quelle: Archiv der Autobahndirektion Nürnberg, Akte 8/Aas vom 10. April 1934)

Der östliche Ast sollte weit an Nürnberg vorbei, nach Neumarkt in der Oberpfalz führen. Bei einer Ortsbegehung im April 1934 durch den Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen, Fritz Todt, betonte dieser sogar eigens, dass – um „einen besonderen Eindruck von den Schönheiten und Eigentümlichkeiten dieser Landschaft“ beim Durchfahren der Fränkischen Schweiz zum Tragen kommen zu lassen – „eine Linienführung über die ‚Lange Meile‘ und die alte Erlanger Straße“ vorteilhaft sei (Abb. 3, Punkt d und e). Noch im selben Jahr 1934 allerdings wurde dieser vorgesehene Trassenverlauf Bayreuth–Forchheim–Nürnberg verworfen zugunsten der direkten Nord-Süd-Verbindung von Bayreuth nach Nürnberg entlang des östlichen Randes der Fränkischen Schweiz und wenig später auch so realisiert.

Abb. 4: Der Autobahnverlauf der Reichsautobahn Forchheim-Bayreuth, wie er 1934 vorgesehen war, betraf sensibelste Landschaftsteile der Fränkischen Schweiz. Besonders die Überquerung der Püttlach ist aus heutiger Sicht ein gravierender Eingriff in den Landschaftscharakter.
Abb. 4: Der Autobahnverlauf der Reichsautobahn Forchheim-Bayreuth, wie er 1934 vorgesehen war, betraf sensibelste Landschaftsteile der Fränkischen Schweiz. Besonders die Überquerung der Püttlach ist aus heutiger Sicht ein gravierender Eingriff in den Landschaftscharakter.

Aus heutiger Perspektive ist es ein glücklicher Umstand, dass beide Verkehrsstrecken nicht Wirklichkeit geworden sind. Beide wären ohnehin nur Durchgangstrassen gewesen, die wohl kaum wirtschaftliche Impulse nach sich gezogen hätten. Eine Hauptbahnstrecke durch das Wiesent- und Truppachtal hätte dagegen den Charakter dieser Täler grundlegend verändert und ihre Eignung für Freizeitfunktionen entscheidend geschmälert. Analoges gilt für eine Autobahn, die am Rande von Püttlach-, Trubach- und Wiesenttal verlaufend und mit einer 300 m langen und 80 m hohen Brücke über die Püttlach westlich von Pottenstein bei der Kreuzkapelle, den touristischen Wert der Region grundlegend in Frage gestellt hätte.


Empfohlene Zitierweise

Herbert Popp: “Zwei Verkehrsprojekte durch die Fränkische Schweiz, die nie verwirklicht wurden” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/81_b_124-zwei-verkehrsprojekte-durch-die-fraenkische-schweiz-die-nie-verwirklicht-wurden/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • o. V. (1934): Reichsautobahn durchquert die Fränkische Schweiz. Das Land der tausend Wunder wird dem innerdeutschen Reiseverkehr angeschlossen, in: Bayreuther Tageblatt vom 4. Juli, S. 5.
  • POPP, Herbert (2008): Nicht realisierte Pläne zum Autobahnbau. Die hektischen Planungen des NS-Regimes für den Raum Bayreuth 1934–1937. Teil 1, in: Heimat-Kurier. Das historische Magazin des Nordbayerischen Kuriers 41 (N° 3), S. 19–21.
  • Pottenstein: Hitler wollte im „Land der Wunder“ eine Autobahn bauen, in: Nordbayerische Nachrichten vom 28. August 2010 (= http://www.nordbayern.de/hitler-wollte-im-land-der-wunder-eine-autobahn-bauen-1.129252).
  • Stadtarchiv Bayreuth, Akte Nr. 2482: Bau der Ludwigs-Eisenbahn von Nürnberg nach Hof, Bemühungen der Stadt und von Privatpersonen (provisorisches Eisenbahnkomitee, Komitee der bayerisch-sächsischen Eisenbahngesellschaft) um Streckenführung über Bayreuth.
  • ZINTL, Robert (1992): Bayreuth und die Eisenbahn. – Bindlach.

Bildnachweise

  • Titelbild: Ausschnitt aus dem Deckblatt der Akte über die Bemühungen von Stadt und Privatpersonen um den Bau der Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Hof (Stadtarchiv Bayreuth, Akte Nr. 2482)
  • Vorschaubild: Schreiben der Königlichen Eisenbahnbau-Kommission an den Stadtmagistrat Bayreuth aus dem Jahr 1842 (StadtABT, Nr. 2482)