Der westliche Teil der Fränkischen Schweiz ‒ ein Bierkellerland

Von Herbert Popp – 09/2019

Oberfranken ist dafür bekannt, dass hier die Anzahl der Bierbrauereien besonders groß ist. Dies wird in der Werbung, z. B. mit der höchsten Brauereidichte der Welt für die Gemeinde Aufseß oder mit dem Marketingkonzept vom Bierland Oberfranken, auch immer wieder betont. Für den Besucher wichtiger als die Existenz von Brauereien sind aber wohl die Lokalitäten, an denen der Gerstensaft vor Ort ausgeschenkt wird. Dabei müssen an erster Stelle die bewirtschafteten Bierkeller der Region (häufig auch Sommerkeller genannt) erwähnt werden. Zwar gibt es heute nur noch relativ wenige von ihnen, die diesen Namen auch wirklich verdienen. Sie werden von den Besuchern aber als nostalgisches Überbleibsel, als Orte mit hohem regionstypischen Ambiente geschätzt.

Ihre Existenz verdanken die Sommerkeller mehreren Faktoren, die im Laufe der Entwicklung der Braukunst in der Region eine wichtige Rolle gespielt haben. Letztlich ist es die ganz spezifische Brauereigeschichte, die zur Entstehung von Bierkellern in der Fränkischen Schweiz und ihrer Umgebung geführt hat.

Während man im heutigen Bayern im Mittelalter überall neben Bier auch Wein trank ‒ man achte nur auf die vielen Flur- und Ortsnamen, die noch auf ehemaligen Weinbau hinweisen ‒, setzte sich im 18. Jahrhundert endgültig das Bier als das wichtigste Volksgetränk durch. Dieser Prozess wurde wohl dadurch verstärkt, dass ganz überwiegend umgestellt wurde auf das Brauen von untergärigem (anstelle vorher von obergärigem) Bier. In der lokalen Bezeichnung ist davon die Rede, dass nunmehr nicht mehr das weiße Bier, sondern das braune Bier dominiere. Das Braunbier hatte den Vorteil, dass es länger haltbar und auch qualitativ besser war. Voraussetzung für das Brauen des braunen Bieres war es allerdings, dass sowohl die Endgärung als auch die Lagerung bei niedrigen Temperaturen von nicht höher als 8 °C erfolgen konnte. Besonders das letzte vor dem Sommerhalbjahr gebraute Braunbier, das Märzen- oder Lagerbier (im Unterschied zum Winter- oder Schankbier), musste auch mehrere Monate lang haltbar sein, war es doch seitens der Obrigkeit aus hygienischen Gründen untersagt, von Ende April bis Ende September Bier zu brauen.

Abb. 1: Ansicht einer Kellergasse im Sandstein mit ehemaligen Bier- und Kartoffelkellern in Berndorf (Landkreis Kulmbach)
Abb. 1: Ansicht einer Kellergasse im Sandstein mit ehemaligen Bier- und Kartoffelkellern in Berndorf (Landkreis Kulmbach) (Foto: Herbert Popp)

Die effiziente Lösung für dieses Problem des Braunbierbrauens bestand darin, Felsenkeller zu graben, wohin das Bier für die Endgärung und Lagerung von der Brauerei aus transportiert wurde. Befanden sich die Brauereien stets innerhalb der dörflichen oder städtischen Siedlungsfläche, so wurden die Bierkeller zumeist am Ortsrand gegraben, und zwar dort, wo die topographischen und geologischen Verhältnisse günstig für die Anlage von Felsenkellern waren (Abb. 1). Das waren in der Regel in den Sandstein getriebene Stollen.

Das, was hier interessiert, ist ein zweiter Aspekt, der von der produktionstechnischen Komponente zu trennen ist. Ein Teil der für das Brauen des Bieres erforderlichen Felsenkeller (Lagerkeller) entwickelte sich ab Ende des 18. Jahrhunderts zu Standorten, an denen in den Sommermonaten auch Bier ausgeschenkt wurde. Diese bewirtschafteten Bierkeller waren in der Regel nur wenige Stunden am Abend oder nur am Wochenende, und auch das nur bei sonnigem Wetter, geöffnet, denn sie waren stets komplementäre Standorte zur Brauerei im Ort. Interessanterweise haben sich mehrere dieser Keller bis in die Gegenwart gehalten, auch wenn sie seit Erfindung der Kühltechnik durch Linde 1871 für die Kühlung des Bieres nicht mehr gebraucht wurden. Tatsächlich verloren zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und den 1920er Jahren so gut wie alle Keller diese Kühlfunktion. Gekühlt wurde nun künstlich in Kühlhäusern, direkt an die Brauerei anschließend. Doch blieben die bewirtschafteten Bierkeller trotz ihrer produktionstechnischen Entbehrlichkeit in einer großen Zahl von Fällen für Freizeitsuchende erhalten ‒ mehrere von ihnen bis in die Gegenwart.

Im Folgenden soll zunächst aufgezeigt werden, inwieweit und warum die Fränkische Schweiz ein besonders wichtiges Gebiet für die Entstehung von Sommerkellern war und ist. Darüber hinaus sollen die heute noch existierenden Sommerkeller vorgestellt und in ihren Charakteristika beschrieben werden. Der Besuch eines Kellers ist nach wie vor eine beliebte Freizeitaktivität in der Fränkischen Schweiz, man gewinnt sogar den Eindruck, dass die Nachfrage nach diesem Typ von Biergarten sogar zunimmt.

Die Verbreitung der bewirtschafteten Bierkeller (Sommerkeller)

Da die Existenz einer Brauerei stets die Voraussetzung für die Entstehung eines Sommerkellers war, steht die Verbreitung der Sommerkeller in engem Zusammenhang mit der der Brauereien. Doch ist nicht zu übersehen, dass sowohl in der Vergangenheit als auch heute die bewirtschafteten Bierkeller keineswegs ein Abbild der Verteilung der Brauereien sind. In zahlreichen Regionen Frankens ist zwar die Zahl der Brauereien hoch (und dort gibt es meist auch Felsenkeller in größerer Zahl), aber das Phänomen der Sommerkeller hat sich nicht ausgebildet.

Abb. 2: Räumliche Verbreitung aller bis 2014 nachgewiesenen bewirtschafteten Bierkeller in Franken
Abb. 2: Räumliche Verbreitung aller bis 2014 nachgewiesenen bewirtschafteten Bierkeller in Franken (Quelle: GUNZELMANN 2014, S. 201)

GUNZELMANN (2014, S. 201) zeigt auf, dass Sommerkeller in Franken mehrere Verbreitungsgebiete hoher Dichte aufweisen, denen solche fast ohne Sommerkeller gegenüberstehen (Abb. 2). Die beiden wichtigsten Sommerkellerballungen befinden sich (a) entlang der Regnitzachse zwischen Forchheim und Bamberg einschließlich des östlichen Steigerwaldes und der westlichen Fränkischen Schweiz sowie (b) im südlichen Mittelfranken (im Raum Spalt-Weißenburg-Gunzenhausen).

Im gesamten östlichen Oberfranken und auch im östlichen Teil der Fränkischen Schweiz fehlen die Sommerkeller hingegen vollkommen. Woran liegt das? Bis heute ist die Frage nicht abschließend geklärt. GUNZELMANN (2010) weist darauf hin, dass das Graben von Kellern in Sandsteinformationen vorteilhaft war. Das trifft tatsächlich in groben Zügen zu, erklärt aber nur die Verbreitung von Kellern (unabhängig von der Bewirtschaftung) und man darf nicht übersehen, dass es auch Keller im Granit (z. B. Weißenstadt) und im Jurakalk (z. B. Wettelsheim) durchaus gibt.

Ergiebiger für die Fragestellung ist die Parallelisierung der Sommerkeller mit territorialrechtlichen, obrigkeitlichen Regelungen. In jenen Gebieten, in denen der Territorialherr Hausbraurechte zuließ, wodurch gewissermaßen jeder sein eigenes Bier brauen konnte, war es nicht erforderlich, an den Kellern auszuschenken, so lautet die These. Vorstellbar ist auch, dass das unerlaubte Ausschenken am Lagerkeller in den verschiedenen Territorien obrigkeitlich unterschiedlich strikt geahndet wurde. Im Großen und Ganzen kann man trotz aller Wissenslücken für die Fränkische Schweiz feststellen, dass auf ehemals markgräflichem Gebiet kaum Sommerkeller nachzuweisen sind, wohingegen auf dem Gebiet des ehemaligen Hochstifts Bamberg und einigen der reichsritterschaftlichen Gebiete die Sommerkeller zahlreich existierten. Und dieses Verbreitungsbild existiert auch noch heute.

Bauliche, kulturlandschaftliche und soziale Elemente des bewirtschafteten Bierkellers (Sommerkeller)

Abb. 3: Verschlossener Eingang in einen Felsenkeller bei Senftenberg
Abb. 3: Verschlossener Eingang in einen Felsenkeller bei Senftenberg (Foto: Herbert Popp)
Abb. 4: Stattliches, über dem Kellereingang errichtetes Kellerhäuschen am Griess-Keller in Geisfeld
Abb. 4: Stattliches, über dem Kellereingang errichtetes Kellerhäuschen am Griess-Keller in Geisfeld (Foto: Herbert Popp)

Wichtigstes Element des Bierkellers (zumindest in der Vergangenheit) ist der Kellerstollen zum Endgären, Kühlen und Lagern des Bieres (Abb. 3). Er befindet sich zumeist in einer Entfernung von wenigen hundert Metern vom Ort mit dazugehöriger Brauerei. Bevorzugt grub man Bierkeller im Sandstein und zwar im Burgsandstein, Rhätsandstein oder Eisensandstein, je nach Verfügbarkeit. Über dem Kellerloch wurde in manchen Fällen auch ein Kellerhäuschen errichtet (Abb. 4), das zunächst stets die Funktion der Aufbewahrung von Geräten hatte. Um den Keller herum wurden zur Verschattung Laubbäume gepflanzt. Von ihnen war am beliebtesten die Kastanie, daneben existieren aber auch Linden. Um das eigentliche Kellerloch wurden sehr provisorisch Bänke zum Sitzen aufgestellt.

Abb. 5: Die Ausgabe der Speisen (mit Brotzeitcharakter) erfolgt in eigens errichteten Häuschen, hier am Schwarzen Keller in Weigelshofen
Abb. 5: Die Ausgabe der Speisen (mit Brotzeitcharakter) erfolgt in eigens errichteten Häuschen, hier am Schwarzen Keller in Weigelshofen (Foto: Herbert Popp)
Abb. 6: Der Ausschank des Kellerbieres erfolgt häufig immer noch durch Zapfen aus dem Fass am Austritt des Kellers ins Freie, hier am Senftenberger Keller
Abb. 6: Der Ausschank des Kellerbieres erfolgt häufig immer noch durch Zapfen aus dem Fass am Austritt des Kellers ins Freie, hier am Senftenberger Keller (Foto: Herbert Popp)

Das Kellerleben spielte sich nur im Freien ab. In der Regel reichte man auch Speisen, die sich aber zumeist auf Brotzeiten beschränkten. Für den Verkauf von Speisen wurde häufig neben dem Keller eine kleinere Hütte oder ein Häuschen errichtet (Abb. 5). Besonders bekannt und beliebt unter den Speisen sind bis in die Gegenwart Kellerplatte, Sülze mit Musik und Zwetschgenbaames (magerer Rinderschinken). Die Bewirtung erfolgte ausschließlich in Selbstbedienung, das Kellerbier wurde direkt am Ausgang des Felsenstollens ausgeschenkt (Abb. 6). Es dominierte das sog. Kellerbier, ein ungespundetes, naturtrübes, untergäriges Bier, das wegen seines geringen Kohlensäureanteils sehr süffig ist. Die Öffnungszeiten für die Keller waren sehr limitiert. Vielfach hatten sie nur sonntags geöffnet, wenn ein Betrieb unter der Woche erfolgte, dann auch nur am Abend, etwa ab 16 Uhr ‒ und das natürlich nur in den Sommermonaten bei schönem Wetter. Das Publikum der Keller umfasste ‒ im Unterschied zu den Dorfwirtshäusern im Ort ‒ auch Frauen und Kinder, somit ganze Familien. Die Besucher kamen aus breitesten Sozialschichten. Einige Keller entwickelten auch zusätzliche Attraktionen, z. B. einen Schießstand oder eine rustikale Kegelbahn. Sogar kulturelle Veranstaltungen wurden von Zeit zu Zeit angeboten, etwa das Aufspielen einer Musikkapelle, Tanz oder Theateraufführungen.

Die bewirtschafteten Bierkeller (Sommerkeller) in der Fränkischen Schweiz heute

Wie deutlich geworden ist, gab es in der Vergangenheit im westlichen Teil der Fränkischen Schweiz eine große Zahl von Sommerkellern, während sie im östlichen Teil nur vereinzelt anzutreffen waren. Diese Differenzierung hat sich bis in die Gegenwart fortgesetzt, auch wenn inzwischen die Zahl der bewirtschafteten Bierkeller stark zurückgegangen ist (siehe Abb. 7). Heute ist in der Fränkischen Schweiz das Gebiet mit Sommerkellern, wie auch schon früher, auf den westlichen Teil, genauer auf den Bereich des westlichen Albanstiegs und die Hangpartien des unteren Wiesenttales beschränkt. Einen Sonderfall bilden die Keller im Forchheimer Stadtwald, die aber noch innerhalb des Untersuchungsgebietes liegen.

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Auf der Karte wurden nur solche Bierkeller aufgeführt, die am Standort eines ehemaligen Felsenkellers liegen, der für die Produktion des Bieres erforderlich war. Das mag banal klingen, es ist aber berechtigt, weil der positiv besetzte Begriff Bierkeller inzwischen auch für Standorte Verwendung findet, die gar keinen (ehemaligen) Bierkeller aufweisen.

In einer Zone von Tiefenellern im Norden und Kirchehrenbach im Süden gibt es noch 15 derartige Bierkeller. Sie werden ergänzt durch weitere 14 Bierkeller auf dem Forchheimer Stadtwald, zu denen während des alljährigen Annafestes im Juli noch einmal weitere zehn Keller gezählt werden müssen, die für den Rest des Jahres nicht bewirtschaftet sind.

Für alle echten Bierkeller gilt, dass sie heute für die Produktion des Bieres überhaupt keine Rolle mehr spielen. Doch wird an mehreren von ihnen nach wie vor das Bier am Kellerloch ausgeschenkt (z. B. Griess-Keller, Senftenberger Keller (Abb. 6), Nitschekeller, Reifenberger Keller, Schweizerkeller). Dieser Ausschank am Kellerloch gehört gewissermaßen zu einem zünftigen Bierkeller, er wird von den Konsumenten sehr geschätzt. Wenn ein Ausschank am Kellerloch erfolgt, wird auch noch die Kühlfunktion des Kellers zumindest kurzfristig genutzt – zwar nicht zum Gären, aber für die Lagerzeit vom Transport von der Brauerei bis zum Ausschank, also maximal wenige Wochen.

Nicht in allen Fällen ist der Keller noch die Zweigstelle der dazugehörigen Brauerei. Entweder eine andere Brauerei hat den Keller übernommen (am Senftenberger Keller wird z. B. Bier der Hönig-Brauerei in Tiefenellern ausgeschenkt, im Schwarzes-Kreuz-Keller und am Reifenberger Keller erhält man Bier der Brauerei Greif aus Forchheim) oder der Keller wird mittlerweile unabhängig von einer Brauerei betrieben (im Pretzfelder Keller z. B. wird vom Pächter Hallerndorfer und Kulmbacher Bier angeboten).

Abb. 8: Das am Lindenkeller bei Kirchehrenbach angefügte Kellerhaus, das 1975 aufgegeben worden war.
Abb. 8: Das am Lindenkeller bei Kirchehrenbach angefügte Kellerhaus, das 1975 aufgegeben worden war. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 9: Es wurde renoviert und wieder in Betrieb genommen.
Abb. 9: Es wurde renoviert und wieder in Betrieb genommen. (Foto: Herbert Popp)

Der Bierkellerbetrieb wird keineswegs immer kontinuierlich seit Jahrzehnten praktiziert. Es gibt nämlich auch solche Keller, deren Betrieb bereits völlig eingestellt war und erst vor wenigen Jahren wieder neu aufgenommen wurde, so. z. B. am Lindenkeller in Kirchehrenbach (Abb. 8 und 9).

Die Infrastruktur um die Keller hat sich in manchen Fällen nur bescheiden verändert. Überall gehört inzwischen eine Toilette zum Angebot. Für die Ausgabe der Speisen gibt es stets ein eigenes, vom Keller unabhängiges Gebäude. Die wenigen Bauten sind in einigen Fällen sehr gut restauriert und vermitteln ein besonders anheimelndes Kellererlebnis, so z. B. am Griess-Keller in Geisfeld (Abb. 4) oder am St.-Georgen-Keller in Buttenheim, wo auch noch eine alte, überdachte Kegelbahn zu erkennen ist. Generell findet man inzwischen stets einen Kinderspielplatz in der Gartenanlage, ein Zeichen dafür, dass Familien mit Kindern eine der Zielgruppen der Bierkeller sind.

Neben solchen mit dem traditionellen (und zudem meist sehr preiswerten) Angebot an Kaltspeisen (z. B. Senftenberger Keller, Sauers Felsenkeller) an einigen Kellern, offerieren andere ein volles Speisenprogramm mit vollwertigen Menüs (z. B. Löwenkeller Buttenheim). Zudem gibt es auch eine Spannweite bei den Öffnungszeiten. Neben solchen mit Öffnungszeiten nur am Abend, am Wochenende auch nachmittags, aber nur bei schönem Wetter (z. B. Reifenberger Keller), gibt es andere, die bereits einen weitgehend ganzjährigen Betrieb praktizieren, dann natürlich auch mit Gaststätte (z. B. Löwenbräukeller, Schweizerkeller).

Abb. 10: Alte Postkarte von Anfang des 20. Jahrhunderts mit einigen der Forchheimer Felsenkeller
Abb. 10: Alte Postkarte von Anfang des 20. Jahrhunderts mit einigen der Forchheimer Felsenkeller (Quelle: Archiv Herbert Popp)
Abb. 11: Blick von oben auf den Forchheimer Kellerwald: Darin sind die Gebäude der Bierkeller und der Gaststätten nur ganz mühsam unter Bäumen zu erkennen (2016). Bei dem einzigen größeren Gebäude mit grünem Dach handelt es sich um das Schützenhaus mit sich rechts anschließend erstreckendem Schießstand.
Abb. 11: Blick von oben auf den Forchheimer Kellerwald: Darin sind die Gebäude der Bierkeller und der Gaststätten nur ganz mühsam unter Bäumen zu erkennen (2016). Bei dem einzigen größeren Gebäude mit grünem Dach handelt es sich um das Schützenhaus mit sich rechts anschließend erstreckendem Schießstand. (Foto: Herbert Popp)

Einen Spezialfall, der hier nur kurz gestreift werden soll, bilden die Forchheimer Bierkeller, die allesamt in Rhätsandstein gegraben im Kellerwald liegen. Diese sind vor allem während des alljährigen Annafestes Ende Juli besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit und werden lebhaft nachgefragt. Nach der Erlanger Bergkirchweih handelt es sich um das zweitgrößte Bierfest in Franken (noch vor der Kulmbacher Bierwoche). Die ersten Brauereien von Forchheim legten Kellerstollen zur Endgärung des Bieres im 16. Jahrhundert an, die meisten stammen aber aus dem 19. Jahrhundert. Mit der Entwicklung des Annafestes, das eng verknüpft ist mit der Annawallfahrt und seit 1840 alljährlich an den Kellern im Stadtwald abgehalten wird (Abb. 10), bekamen die Forchheimer Bierkeller einen besonderen Bekanntheitsgrad. Sie liegen inmitten eines ausgedehnten Waldareals und sind im Luftbild nur mühsam unter Bäumen zu erkennen (Abb. 11). Heute pilgern Ende Juli zum Fest jeweils etwa eine halbe Million Menschen. Für das übrige Jahr gilt, dass 14 Keller bewirtschaftet sind, während 10 nur zum Annafest selbst in Betrieb sind. Die meisten der Keller sind inzwischen als Gastronomiebetriebe stark ausgebaut worden, viele von ihnen haben ganzjährig geöffnet.

Abb. 12: Die beiden noch bewirtschafteten Bierkeller von Buttenheim – der St. Georgen-Keller (oben) und der Löwenbräukeller (unten), beide unter Bäumen – liegen heute in guter Erreichbarkeit an der Ortsumgehungsstraße.
Abb. 12: Die beiden noch bewirtschafteten Bierkeller von Buttenheim – der St. Georgen-Keller (oben) und der Löwenbräukeller (unten), beide unter Bäumen – liegen heute in guter Erreichbarkeit an der Ortsumgehungsstraße. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 13: Dagegen ist der Senftenberger Keller, links von der Kapelle gelegen, nur sehr schwierig auf schmalen Sträßchen zu erreichen. Aufgrund seiner Lage am Hang wird man indes durch einen wunderschönen Blick ins Tal belohnt.
Abb. 13: Dagegen ist der Senftenberger Keller, links von der Kapelle gelegen, nur sehr schwierig auf schmalen Sträßchen zu erreichen. Aufgrund seiner Lage am Hang wird man indes durch einen wunderschönen Blick ins Tal belohnt. (Foto: Herbert Popp)

Die Variationsbreite an Sommerkeller-Typen hat sich somit sehr aufgeweitet. Der Übergang zwischen den Bierkellern und Biergärten ist fließend, zumal selbst bei ehemaligen Bierkellern einige das Kellerloch gar nicht mehr für das Angebot benötigen (z. B. Biergarten Brauerei Hönig, Löwenbräukeller, Kropfeldkeller, Lindenkeller). Meist wissen die Konsumenten nichts über die Geschichte der Brauerei und des Bierkellers. Für sie zählt das angenehme Verweilen unter Bäumen in einem Garten bei gutem Bier und schmackhaften, preiswerten Speisen. Heute ist ein Bierkeller (oder auch Biergarten) dann besonders attraktiv, wenn er eine gute Aussicht bietet (z. B. Pretzfelder Keller, Reifenberger Keller, Senftenberger Keller, Abb. 13) und wenn er mit dem Pkw gut erreichbar ist sowie über einen Parkplatz verfügt (Abb. 12).

Die Bierkeller stellen damit nur noch einen kleinen Teil der insgesamt sehr zahlreichen und stark nachgefragten Gartenwirtschaften der Fränkischen Schweiz. Für den Kenner haben sie noch einen ganz besonderen Charme. Er spielt aber für die Existenz des Betriebes keine zentrale Rolle, ist also zuerst ein Element der traditionellen Kultur und auch der Nostalgie.

Bierkeller in der westlichen Fränkischen Schweiz (Auswahl, siehe Karte Abb. 7)
Felsenstollen in Funktion? Bewirtschaftung, eigene Brauerei? Typ des Speisenangebots Kellerhaus vorhanden? Öffnungszeiten Pkw-Erreichbarkeit
01 Biergarten Brauerei Hönig, Litzendorf Tiefenellern nein, Kellerloch von Brauerei überbaut ja, Brauerei Hönig unmittelbar daneben kellertypische Brotzeiten Nein Sommermonate Mo–Mi ab 15h, Fr–So ab 11.30h direkt neben Staatsstraße 2281 gelegen
02 Griess-Keller, Geisfeld ja, Ausschank am Kellerloch ja, Brauerei Griess im Ort kellertypische Kaltspeisen, einige Warmspeisen ja, schön restauriert Mai–Oktober bei schönem Wetter, Mo–Fr ab 15h, Sa–So ab 12h abseits des Dorfes gelegen, gut beschildert, großer Parkplatz
03 Sauers Felsenkeller, Strullendorf-Wernsdorf nein, Kellerloch von Gaststätte überbaut, zum Kühlen genutzt nein, Bier von Püls (Weismain), Keesmann (Bamberg) kellertypische Brotzeiten, warme Imbissspeisen nein Sommermonate bei gutem Wetter, tägl. ab 16h unweit der Staatsstraße 2110, neben Sportplatz, schlecht ausgeschildert
04 Felsenkeller Senftenberg Buttenheim-Gunzendorf ja, Ausschank, am Kellerloch nein, Bier von Brauerei Hönig (Tiefenellern) kellertypische Brotzeiten, Bratwürste nein Winter: nur Sa u. So, Sommer: ab 16.30h Sa u. So ab 13h abgelegen und kaum ausgeschildert, viele Parkplätze
05 Löwenbräukeller, Buttenheim nein, aber ansehnliches Kellerhaus darüber nein, aber Löwenbrauerei Buttenheim im Ort neben kellertypischer auch warme Küche (mittags) ja, schön restauriert, aber ohne Funktion ganzjährig, dienstags Ruhetag direkt neben Staatsstraße 2960 gelegen
06 St.-Georgen-Keller, Buttenheim nein, aber Stollen mit Kellerhaus erhalten ja, St. Georgen-Bräu im Ort kellertypische Brotzeiten, auch wenige warme Speisen ja, aber ohne Funktion Mai–September, ab 14h, So ab 11h, bei gutem Wetter, alte Kegelbahn direkt neben Staatsstraße 2960 gelegen
07 Kropfeldskeller, Eggolsheim-Drosendorf nein, gemauerter Keller, der vermutlich nie der Bierlagerung, diente nein, Löwenbräu Buttenheim im Ausschank kellertypische Brotzeiten ja, neu errichtet (1988), keine Funktion für Wirtschaftsbetrieb Mai–September, ab 16h, So ab 14h, bei gutem Wetter direkt an der Kreisstraße FO5 gelegen, reichlich Parkplätze, burgartiger Kinderspielplatz
08 Schwarzes-Kreuz-Keller, Eggolsheim ja, Ausschank am Kellerloch nein, Brauerei Greif (Forchheim) kellertypische Brotzeiten, Sa/So auch Warmspeisen ja, modernisiert und ausgebaut Sommermonate, bei gutem Wetter, ab 15h, So ab 10h direkt an Forchheimer Straße im Ortsbereich
09 Schwarzer Keller, Eggolsheim-Weigelhofen ja, Ausschank am Kellerloch ja, Brauerei Pfister (Weigelshofen) kellertypische Brotzeiten nein, aber Sitzterrasse über Kellerloch Sommermonate bei gutem Wetter, an Wochenenden Sa u. So ab 13h schlecht, aber für Wanderer ideal, Bierkeller mit guter Aussicht
10 Nitschekeller, Ebermannstadt ja, Ausschank am Kellerloch nein, Schlossbrauerei Reckendorf kellertypische Brotzeiten nein Sommermonate bei gutem Wetter, tägl. ab 16h aus Ebermannstadt fußläufig erreichbar, wenig Parkplätze
11 Schwanenbräukeller, Ebermannstadt nein, Kellerloch wurde überbaut ja, Brauerei Schwanenbräu im Ort kellertypische Brotzeiten ja, aber ohne Funktion Sommermonate bei gutem Wetter, Mo–Fr ab 17h, Sa u. So ab 15h direkt an Staatsstraße 2685, Abzweigung zur Mühlenstraße
12 Reifenberger Keller, Weilersbach-Reifenberg ja, Ausschank am Kellerloch nein, Ausschank Bier von Brauerei Greif (Forchheim) kellertypische Brotzeiten nein Mai–September, bei gutem Wetter Mo–Fr ab 16h, Sa ab 14h, So ab 13h abseits gelegen an Nebenstraße nach Reifenberg, wenig Parkplätze, gute Aussicht
13 Pretzfelder Keller, Pretzfeld nein, ohne jegliche Funktion nein, Bier von Mönchshof-Brauerei (Kulmbach) kellertypische Brotzeiten, aber auch Warmspeisen nein, Bewirtung in Neubaukiosk Sommermonate bei gutem Wetter ab 16h, So ab 11h direkt an Staatsstraße 2260, großer Parkplatz, gute Aussicht
14 Schweizerkeller, Forchheim-Reuth ja, Ausschank am Kellerloch nein, Ausschank Brauerei St. Georgen (Buttenheim) kellertypische Brotzeiten, am Wochenende auch Warmspeisen nein, aber Sitzterrasse über Kellerloch ganzjährig (mit Hubertusstube), im Freien: bei gutem Wetter: ab 15.30h, Sa u. So ab 11.30h direkt an der B 470 gelegen, großes Parkplatzangebot
15 Lindenkeller, Kirchehrenbach nein, von Kellerhaus überbaut ja, Ausschank Biere Brauerei Sponsel (Kirchehrenbach) kellertypische Brotzeiten ja, aber nicht mehr original, ohne Funktion für Ausschank April–Oktober bei gutem Wetter: ab 16h, Sa u. So ab 12h direkt an Kreisstraße FO2, zahlreiche Parkplätze

Empfohlene Zitierweise

Herbert Popp: “Der westliche Teil der Fränkischen Schweiz ‒ ein Bierkellerland” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/81_b_110-bierkellerland/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • GUNZELMANN, Thomas (2010): Bierland Bayern: Keller als historische Orte des Konsums, in: Andreas DIX u. Winfried SCHENK (Hgg.): Konsum und Kulturlandschaft (= Siedlungsforschung. Archäologie ‒ Geschichte ‒ Geographie 28). ‒ Bonn, S. 7–53.
  • GUNZELMANN, Thomas (2014): Bierkeller in Franken. Das Kulturlandschaftselement der Freizeit im langen 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 74, S. 197–252.
  • HEINRITZ, Günter u. Herbert POPP (1975): Sommerkeller in Franken. Die Retraktion eines Kulturlandschaftselementes, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 34 / 35, S. 121–144.
  • HERRMANN, Christof u. Helmut HERRMANN (2015): Biergarten-Wanderungen Fränkische Schweiz. 3. Aufl. – Bamberg.
  • WALTHER, Karl (1974): Die Sommerkeller im Bamberger Raum. Eine sozialgeographische Untersuchung. Unveröff. Magisterarbeit. ‒ Erlangen.

Bildnachweise

  • Titelbild: Ausschank am Kellerloch des Senftenberger Kellers (Foto: Herbert Popp, 2016)
  • Vorschaubild: Am Schweizerkeller in Forchheim-Reuth (Foto: Herbert Popp, 2016)