Das bauliche Erscheinungsbild der Städte der Fränkischen Schweiz

Von Herbert Popp – 09/2019

Die Fränkische Schweiz ist ein ländlicher Raum mit Mittelgebirgscharakter. In historischer Vergangenheit war er nie ein wichtiger Knotenpunkt bedeutender Fernhandelslinien. Dementsprechend erwartet man hier auch keine bedeutenden Städte. Dies trifft auch in der Tat zu. Nürnberg, Bamberg, Forchheim und Bayreuth, die wirklich bekannten und alten Zentren, liegen allesamt um die Fränkische Schweiz herum, das heißt aber außerhalb des Gebietes. Dies lässt nun aber keineswegs den Schluss zu, dass es in der Fränkischen Schweiz keine Städte gibt. Das Gebiet besitzt sogar sieben Städte, eine überraschend hohe Zahl!

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Die Städte der Fränkischen Schweiz sind allesamt recht spät, nämlich erst im Spätmittelalter, mit Stadtprivilegien ausgestattet worden, und sie sind seit ihrer Gründung bis in die Gegenwart hinein sehr kleine Städtchen geblieben. In der Terminologie der Stadtforschung bilden sie allesamt Land- und Zwergstädte, sind somit noch unterhalb der Kategorie der Kleinstädte einzuordnen. Die Städtedichte in der Fränkischen Schweiz ist zwar nicht größer als in den umgebenden Talräumen von Regnitz und Obermain, aber sie ist auch hier hoch, mit Ausnahme des nördlichen Teils (vgl. Karte).

Diese Städte sind allesamt trotz der Verleihung von Stadtrechten Orte geblieben, in denen kein intensives städtisches Leben zu erwarten war und ist, sondern in denen die Landwirtschaft stets eine große Rolle gespielt hat. Man spricht hier von sog. Ackerbürgerstädten: Orten mit Stadtrechten, aber mit einem hohen Anteil von Stadtbürgern, die landwirtschaftlich tätig waren. Ihre Bedeutung als Marktorte für das Umland war nie besonders groß, ihre Verwaltungsfunktionen blieben bescheiden.

Es handelt sich im einzelnen um (nach dem Stadterhebungsjahr geordnet) folgende Städte: 1. Weismain (1313), 2. Waischenfeld (1315), 3. Pottenstein (1323), 4. Ebermannstadt (1323), 5. Betzenstein (1359), 6. Gräfenberg (1371), und 7. Hollfeld (1408).
Hier stellt sich deshalb die Frage, weshalb so zahlreiche Stadtgründungen vorzuweisen sind. Entscheidend beeinflusst war dies von der territorialen Struktur der Fränkischen Schweiz. Das Gebiet war bereits seit dem Mittelalter die Kontakt- und Konkurrenzzone zwischen einigen größeren Territorien (wie z. B. dem Hochstift Bamberg, der Burggrafschaft Nürnberg und späteren Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth und der Freien Reichsstadt Nürnberg). Diese versuchten ihre Territorien gegen ihre Nachbarn jeweils militärisch zu sichern und wirtschaftlich zu stärken, hierbei war die Verleihung von Stadtrechten ein gängiges Instrument. Eigentlich wäre auch für die in der Fränkischen Schweiz zahlreichen reichsritterschaftlichen Territorien zu erwarten, dass diese ihre Gebiete durch Stadtgründungen aufzuwerten versuchten. Doch dies ist überraschenderweise nicht der Fall. Offenbar waren die Gebiete zu klein, um auch Städte zu beinhalten. Selbst Thurnau, das größte dieser Reichsterritorien, besitzt lediglich ein stattliches Schloss, verfügte aber über keine Stadtrechte.

Allerdings hatten einige frühe und kleine Territorialherrschaften, die im Fortgang der Entwicklung im Spätmittelalter ihre Gebiete an ihre mächtigeren Nachbarn verloren, bereits mit dem Instrument der Stadtgründung gearbeitet. Die erteilten Stadtrechte blieben erhalten, auch wenn das herrschende Geschlecht sich geändert hatte: Betzenstein ist eine Stadtgründung der Leuchtenberger, später wurde die Stadt Nürnbergerisch. Waischenfeld und Ebermannstadt sind Stadtgründungen der Schlüsselberger und wurden später Bamberger Territorium. Darüber hinaus sind Hollfeld, Pottenstein und Weismain Bambergische Stadtgründungen. Gräfenberg schließlich erhielt die Stadtrechte von Nürnberg.

Die Städte der Fränkischen Schweiz besitzen aufgrund ihrer im Mittelalter erworbenen Stadtprivilegien mehrere Eigenschaften, die sie von den übrigen Orten unterscheiden. Dies sind aber (zumindest heute) weniger funktionale Elemente als vielmehr Aspekte der Baugestalt. Anders ausgedrückt: Sie haben als Stadtanlagen einen erheblichen Charme in ihrem baulichen Erscheinungsbild, in ihrer ästhetischen Komposition, in ihrem Grund- und Aufriss konservieren können.

Die wichtigsten Dimensionen, die in der heutigen Baugestalt der Städte noch erkennbar sind, sind:

  • Anlage am Fuße einer Burg
  • Stadtmauer
  • historische Stadttore
  • zentrale Platzanlage (als Straßenmarkt oder Marktplatz)
  • Scheunenviertel.

Diese sollen im Folgenden für die Städte der Fränkischen Schweiz vorgestellt werden.

Anlage am Fuße einer Burg

Abb. 1: Die Burg Pottenstein, die oberhalb des Städtchens thront, bildet das Wahrzeichen der Siedlung. Sie entstand lange vor der Stadtanlage. Noch heute befindet sie sich in Privatbesitz und ist bewohnt.
Abb. 1: Die Burg Pottenstein, die oberhalb des Städtchens thront, bildet das Wahrzeichen der Siedlung. Sie entstand lange vor der Stadtanlage. Noch heute befindet sie sich in Privatbesitz und ist bewohnt. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 2: Die aus der Nordburg (r.) und der Südburg (l.) bestehende Burganlage von Betzenstein erhebt sich, mit einer stattlichen Ringmauer umgeben, über dem Städtchen.
Abb. 2: Die aus der Nordburg (r.) und der Südburg (l.) bestehende Burganlage von Betzenstein erhebt sich, mit einer stattlichen Ringmauer umgeben, über dem Städtchen. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 3: Die Burg von Waischenfeld, auf Dolomitfelsen errichtet, bestand bereits vor der Stadtwerdung, wurde dann aber in die Ummauerungsanlage mit einbezogen. Das heutige Gebäude im Bereich der Burg ist das sanierte Oberamtschloss.
Abb. 3: Die Burg von Waischenfeld, auf Dolomitfelsen errichtet, bestand bereits vor der Stadtwerdung, wurde dann aber in die Ummauerungsanlage mit einbezogen. Das heutige Gebäude im Bereich der Burg ist das sanierte Oberamtschloss. (Foto: Herbert Popp)

Mehrere der mittelalterlichen Städte wurden neben bereits vorher vorhandenen Keimzellen der Besiedlung und der Herrschaft errichtet, zumeist handelt es sich dabei um Burgen. So entstand etwa die Stadt Pottenstein am Fuße der heute immer noch majestätisch über ihr auf einem Dolomitfelsen aufragenden Burg der Aribonen aus dem 11. Jahrhundert (Abb. 1). Burg und Stadt stellen somit eine Einheit dar.
Ganz ähnlich thront im Falle von Betzenstein die Burg der Landgrafen von Leuchtenberg über dem Städtchen (Abb. 2). Und ein drittes Beispiel für eine Stadtgründung zu Füßen einer vorher bereits existierenden Burg ist Waischenfeld (Abb. 3). Die Waischenfelder Burg ist zwar heute nur noch als Ruine erhalten. Aber ihre Dominanz über den Ort lässt sich immer noch sehr gut erkennen.

Stadtmauer

Abb. 4: Weismain: An die im Süden der historischen Stadtanlage vollständig erhaltene Stadtmauer schließt sich ein Grüngürtel an.
Abb. 4: Weismain: An die im Süden der historischen Stadtanlage vollständig erhaltene Stadtmauer schließt sich ein Grüngürtel an. (Foto: Herbert Popp)

Das in der heutigen Wahrnehmung wichtigste Element einer historischen Stadtanlage ist die Stadtmauer. Sie war das am deutlichsten sichtbare Zeichen des Stadtprivilegs, denn der Bau einer Mauer um die Siedlung bedurfte der landesherrlichen Genehmigung. Alle Städte in der Fränkischen Schweiz waren ummauert und bei allen sind noch (zumindest teilweise) Mauerreste und der Mauerverlauf erkennbar.

Eine fast vollständig erhaltene Ummauerung hat sich in Weismain (Abb. 4) erhalten. Klar erkennbar ist der Mauerverlauf. Ähnlich komplett ist die erhaltene Stadtmauer in Gräfenberg (Abb. 5). Ihr Verlauf ist im Stadtbild nicht ganz so klar zu erkennen, da es jenseits der Mauer jeweils keine unbebaute Zone mit früherem Graben gibt. Auch Betzenstein ist noch so gut wie völlig ummauert (Abb. 6). Dort treten auch in gewissen Abständen kleinere Türmchen auf, die als Wachtürme dienten. In Pottenstein (Abb. 7) ist die Stadtmauer noch im Norden des Ortes, unmittelbar neben der Püttlach, zu erkennen.

Abb. 5: Gräfenberg: Im Vordergrund erkennt man die schroff abfallende Stadtmauer. Der Mauerverlauf und Mauerreste sind rings um die Siedlung noch vorhanden, aber schwer zu erkennen, da keine Freifläche den Blick auf sie freigibt.
Abb. 5: Gräfenberg: Im Vordergrund erkennt man die schroff abfallende Stadtmauer. Der Mauerverlauf und Mauerreste sind rings um die Siedlung noch vorhanden, aber schwer zu erkennen, da keine Freifläche den Blick auf sie freigibt. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 6: Betzenstein: Der abknickende Stadtmauerverlauf im Nordosten der Siedlung ist gut zu erkennen, ebenso ein in die Stadtmauer integrierter Mauerturm.
Abb. 6: Betzenstein: Der abknickende Stadtmauerverlauf im Nordosten der Siedlung ist gut zu erkennen, ebenso ein in die Stadtmauer integrierter Mauerturm. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 7: Pottenstein: Die unmittelbar an die Püttlach anschließende Stadtmauer am Nordostrand der Anlage ist noch gut erhalten.
Abb. 7: Pottenstein: Die unmittelbar an die Püttlach anschließende Stadtmauer am Nordostrand der Anlage ist noch gut erhalten. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 8: Hollfeld: Zwischen der Unterstadt (links) und der höher gelegenen Oberstadt (halbrechts anschließend), die ummauert war, sieht man im Bereich der Terrassengärten (Band an Grünflächen) noch Mauerreste.
Abb. 8: Hollfeld: Zwischen der Unterstadt (links) und der höher gelegenen Oberstadt (halbrechts anschließend), die ummauert war, sieht man im Bereich der Terrassengärten (Band an Grünflächen) noch Mauerreste. (Foto: Herbert Popp)

In Hollfeld erkennt man zwar noch gut den Verlauf der früheren Stadtmauer. Mauerreste sind aber nur noch in den Terrassengärten (Abb. 8) und Am Graben vorhanden. Hollfeld ist ein schönes Beispiel, das zeigt, dass nur ein Teil der mittelalterlichen Siedlung ummauert und mit Stadtrecht ausgestattet war, nämlich die Oberstadt. Die Unterstadt dagegen war als Siedlung der Handwerker, insbesondere der Müller entlang der Kainach, lediglich Vorstadt.

Von der Waischenfelder Ummauerung (Abb. 9) ist nur noch ein kleiner Abschnitt am Burghang im Nordwesten um den Steinernen Beutel erhalten geblieben. Auch der Steinerne Beutel, das Wahrzeichen der Stadt, zählt zur ummauerten Anlage als früherer Wehrturm. Vergeblich sucht man nach Stadtmauerresten in Ebermannstadt (Abb. 10). Das liegt daran, dass die Ummauerung nie als Mauer, sondern stets nur als Palisadenzaun bestand, war doch die Siedlung in ihrer Insellage zwischen den Wiesentarmen ausreichend geschützt. Und das Holz der Mauer ist eben verrottet.

Abb. 9: Waischenfeld: Stadtmauerreste existieren noch im Bereich der Burg und des Steinernen Beutels.
Abb. 9: Waischenfeld: Stadtmauerreste existieren noch im Bereich der Burg und des Steinernen Beutels. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 10: Ebermannstadt: Auch wenn der Grundriss noch sehr klar erkennen lässt, wo die frühere Stadtmauer verlief, gibt es keine Reste dieser Anlage, da sie nur aus Holzpalisaden bestand, die abgetragen wurden oder verrottet sind.
Abb. 10: Ebermannstadt: Auch wenn der Grundriss noch sehr klar erkennen lässt, wo die frühere Stadtmauer verlief, gibt es keine Reste dieser Anlage, da sie nur aus Holzpalisaden bestand, die abgetragen wurden oder verrottet sind. (Foto: Herbert Popp)

Historische Stadttore

In engem sachlichen Zusammenhang mit der Stadtummauerung stehen natürlich die Stadttore. Sie bildeten die (abschließbaren) Zugänge in die Stadt, meist mit einem Torturm über dem Torbogen ausgestattet. Die Städte der Fränkischen Schweiz waren überwiegend Dreitoranlagen: Dies gilt für Betzenstein, Pottenstein, Ebermannstadt, Weismain und Hollfeld (letzteres besaß noch zwei zusätzliche Torpforten, die nicht für Fuhrwerke geeignet waren). Waischenfeld und Gräfenberg hatten dagegen vier Stadttore.

Abb. 11 a: Gräfenberg: Drei der ehemals vier Stadttore bestehen auch heute noch. Hier isr das Eggloffsteiner Tor zu sehen.
Abb. 11 a: Gräfenberg: Drei der ehemals vier Stadttore bestehen auch heute noch. Hier isr das Eggloffsteiner Tor zu sehen. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 11 b: Gräfenberg: Gasteiger Tor
Abb. 11 b: Gräfenberg: Gasteiger Tor (Foto: Herbert Popp)
Abb. 11 c: Gräfenberg: Hiltpoltsteiner Tor
Abb. 11 c: Gräfenberg: Hiltpoltsteiner Tor (Foto: Herbert Popp)

Von diesen Stadttoren sind noch überraschend viele erhalten geblieben. In Gräfenberg (Abb. 11, a-c) existieren noch heute drei der ehemals vier Stadttore: Egloffsteiner Tor, Gasteiger Tor und Hiltpoltsteiner Tor, das vierte, das Nürnberger Tor, wurde bereits 1831 abgerissen.

Abb. 12 a: Betzenstein: Eines der beiden Haupttore, das Obere Tor, ist auch heute noch erhalten.
Abb. 12 a: Betzenstein: Eines der beiden Haupttore, das Obere Tor, ist auch heute noch erhalten. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 12 b: Betzenstein: Das Hintere oder Pfarrtor war demgegenüber nur der Zugang zu den Scheunen der Stadt im Westen.
Abb. 12 b: Betzenstein: Das Hintere oder Pfarrtor war demgegenüber nur der Zugang zu den Scheunen der Stadt im Westen. (Foto: Herbert Popp)

In Betzenstein (Abb. 12, a-b) gibt es noch das Obere Tor und das Pfarrtor. Besonders stattlich ist das Untere Tor von Weismain (Abb. 13), das heute ein Hindernis für den Schwerlastverkehr ist, da dort Lastwagen nicht passieren dürfen und können. In Hollfeld (Abb. 14, a-b) sind noch eine der Pforten, das Bergschustertor, und vor allem das Obere Tor, von innerhalb der Stadtummauerung aufgenommen, vorhanden. Dagegen findet man in Pottenstein, Ebermannstadt und Waischenfeld keine Tore mehr.

Abb. 13: Das Obere Tor in Weismain ist besonders stattlich, da sich über ihm das Gefängnis befand und ein hoch aufragender Stadtturm aus dem 14. Jahrhundert unmittelbar anschließt.
Abb. 13: Das Obere Tor in Weismain ist besonders stattlich, da sich über ihm das Gefängnis befand und ein hoch aufragender Stadtturm aus dem 14. Jahrhundert unmittelbar anschließt. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 14 a: Hollfeld: Erhaltene Stadttore sind das Badtürlein oder Bergschustertor, das lediglich eine Pforte ist (hier im Bild), und das Obere Tor, auf dem sich ein zweigeschossiger Überbau mit Walmdach befindet (Abb. 14 b).
Abb. 14 a: Hollfeld: Erhaltene Stadttore sind das Badtürlein oder Bergschustertor, das lediglich eine Pforte ist (hier im Bild), und das Obere Tor, auf dem sich ein zweigeschossiger Überbau mit Walmdach befindet (Abb. 14 b). (Foto: Herbert Popp)
Abb. 14 b: Hollfeld: Oberes Tor
Abb. 14 b: Hollfeld: Oberes Tor (Foto: Herbert Popp)

Zentrale Platzanlage (als Straßenmarkt oder als Marktplatz)

Abb. 15: Pottenstein
Abb. 15: Pottenstein (Quelle: Uraufnahme von 1850 des Bayerischen Urkatasters (Blatt NW-78-5 und -6), Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)

Wie schon erwähnt sind die Stadtanlagen der Fränkischen Schweiz allesamt sehr klein. Im einfachsten Fall handelt es sich um eine einzige Häuserzeile zwischen zwei Stadttoren, von der noch eine senkrecht hierzu verlaufende Querachse abführte. Das trifft z. B. für Pottenstein zu, gut zu erkennen auf dem Uraufnahmeblatt von 1850 (Abb. 15). Häufiger sind die rippenförmigen Anlagen, die zwei parallele Achsen zwischen den beiden wichtigsten Stadttoren umfassen, so in Waischenfeld, hier ebenfalls das Uraufnahmeblatt von 1850 (Abb. 16), sowie in Ebermannstadt, Weismain und Betzenstein. Hollfeld und Gräfenberg besitzen einen hiervon abweichenden Grundriss mit einer T-förmigen Anlage (Abb. 17). Das Uraufnahmeblatt von Gräfenberg ist aus dem Jahr 1822.

Abb. 16: Waischenfeld
Abb. 16: Waischenfeld (Quelle: Uraufnahme von 1850 des Bayerischen Urkatasters (Blatt NW-81-7 und -8, NW-82-7 und -8), Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)
Abb. 17: Gräfenberg, auf der Karte ist noch in der Marktplatzmitte das Alte Rathaus erkennbar, das 1870 abgerissen wurde.
Abb. 17: Gräfenberg, auf der Karte ist noch in der Marktplatzmitte das Alte Rathaus erkennbar, das 1870 abgerissen wurde. (Quelle: Uraufnahme von 1822 des Bayerischen Urkatasters (Blatt NW-72-10 und -11), Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)
Abb. 18: Gräfenberg: Die Stadtanlage gruppiert sich um den stattlichen Marktplatz.
Abb. 18: Gräfenberg: Die Stadtanlage gruppiert sich um den stattlichen Marktplatz. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 19: Weismain besitzt einen langgezogenen Straßenmarkt, der sich zum Platz weitet.
Abb. 19: Weismain besitzt einen langgezogenen Straßenmarkt, der sich zum Platz weitet. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 20: Der Marktplatz von Ebermannstadt weitet sich als rechteckiges Areal an der Hauptstraße nach Süden.
Abb. 20: Der Marktplatz von Ebermannstadt weitet sich als rechteckiges Areal an der Hauptstraße nach Süden. (Foto: Herbert Popp)

In dem hier letztgenannten und oben kartographisch abgebildeten Fall ist diese T-Anlage zugleich eine günstige Voraussetzung für die Schaffung eines geräumigen Stadtplatzes (Abb. 18), der die bauliche Anlage besonders gut zur Geltung bringt. Der am häufigsten auftretende Fall ist der einer Erweiterung und Verbreiterung der Hauptachse zu einem Straßenmarkt, wie etwa in Weismain (Abb. 19) und Betzenstein. In einigen Fällen weitet sich die Hauptachse in Form eines seitlich geöffneten Marktplatzes, so in Ebermannstadt (Abb. 20) und in bescheidenerem Ausmaß auch in Waischenfeld und Pottenstein.

Abb. 21: Die Hauptstraße von Betzenstein mit zahlreichen prächtigen Fachwerkhäusern
Abb. 21: Die Hauptstraße von Betzenstein mit zahlreichen prächtigen Fachwerkhäusern (Foto: Herbert Popp)
Abb. 22: Die Hauptstraße von Waischenfeld, unterhalb der Burg gelegen, ist durch Fachwerkhäuser geprägt.
Abb. 22: Die Hauptstraße von Waischenfeld, unterhalb der Burg gelegen, ist durch Fachwerkhäuser geprägt. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 23: Von den zahlreichen Fachwerkhäusern in Pottenstein sind viele erst in den letzten Jahrzehnten wieder freigelegt worden.
Abb. 23: Von den zahlreichen Fachwerkhäusern in Pottenstein sind viele erst in den letzten Jahrzehnten wieder freigelegt worden. (Foto: Herbert Popp)

Diese Plätze sind nicht nur besonders reizvoll, weil sie durch ihre Weite die Randbebauung ganz besonders gut zur Geltung kommen lassen. Die Plätze ermöglichen auch das Abhalten von Events im weitesten Sinn, vom Viktualienmarkt bis zum Rosenmarkt oder Osterbrunnenfest. Ein sehr häufig vorzufindendes und zugleich sehr fotogenes Element sind die zahlreichen Fachwerkhäuser. Sie sind, funktional gesehen, der Ausdruck des Bauens in einer Umgebung, in der es keinen Sandstein, sondern nur Kalk gibt. Das Siedlungsbild ist somit zu einem gewissen Ausmaß das Abbild der geologischen Verhältnisse der Umgebung. Besonders reizvolle Fachwerkensembles finden sich in Betzenstein (Abb. 21), Waischenfeld (Abb. 22) und Pottenstein (Abb. 23) – wobei das Fachwerk in vielen Fällen erst in jüngerer Vergangenheit wieder freigelegt worden ist.

Scheunenviertel außerhalb der Altstadt

Abb. 24: Östlich an das Stadtgebiet von Betzenstein schließt sich ein Scheunenviertel mit einzelstehenden Gebäuden an.
Abb. 24: Östlich an das Stadtgebiet von Betzenstein schließt sich ein Scheunenviertel mit einzelstehenden Gebäuden an. (Foto: Herbert Popp)

Auch wenn es ein Siedlungselement jüngeren Datums ist, nämlich erst im 19. Jahrhundert entstand, bilden doch für mehrere der Städte die Scheunenviertel charakteristische und prägende Viertel. Ihre Existenz setzt zunächst voraus, dass die jeweilige Stadt einen hohen Anteil an landwirtschaftlichen Anwesen mit Scheunen innerhalb des ummauerten Areals umfasste, dass somit die Orte Ackerbürgerstädte waren. Und das traf eigentlich für alle hier vorgestellten Städte zu. Zum zweiten aber mussten, sofern ein gravierender Brand seit der Zugehörigkeit zu Bayern auftrat, durch Verordnung des Obermainkreises aus Gründen des Brandschutzes die Scheunen nunmehr außerhalb der Stadtmauern wiedererrichtet werden.

Abb. 25 a: Ebermannstadt besitzt heute zwei größere Scheunenviertel. An der Mühlenstraße, entlang der Wiesent, erstreckt sich das Obere Scheunenviertel.
Abb. 25 a: Ebermannstadt besitzt heute zwei größere Scheunenviertel. An der Mühlenstraße, entlang der Wiesent, erstreckt sich das Obere Scheunenviertel. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 25 b: Die größere Ansammlung von Scheunen findet sich in der Peunt im Unteren Scheunenviertel.
Abb. 25 b: Die größere Ansammlung von Scheunen findet sich in der Peunt im Unteren Scheunenviertel. (Foto: Herbert Popp)

Sehr malerisch sind die Scheunenviertel von Gräfenberg und von Betzenstein (Abb. 24), die in lockerer Anordnung und als Fachwerkhäuser angelegt worden sind. Besonders große und stadtbildprägende Scheunenviertel finden sich heute in Ebermannstadt (Abb. 25, a-b) mit dem Oberen Scheunenviertel an der Mühlenstraße (oben) und dem Unteren Scheunenviertel in der Peunt (unten). In Pottenstein, Hollfeld, Waischenfeld und Weismain sind nur sehr wenig Scheunen außerhalb der Stadt vorhanden. Das ist ein verlässlicher Hinweis darauf, dass in ihnen im 19. Jahrhundert keine gravierenden Brände ausgebrochen sind.

Zusammenfassung

Die sieben Städte der Fränkischen Schweiz sind seit ihrer Gründung im Spätmittelalter nur wenig gewachsen. Meist wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg die Fläche der historischen Stadtanlage entscheidend überschritten. Aufgrund der geringen wirtschaftlichen und baulichen Dynamik wurde die vorhandene Bausubstanz nicht abgerissen und durch neuere Gebäude ersetzt. Es waren eher die zahlreichen Brände, die jeweils Schäden hervorgerufen haben. Es scheint jedenfalls in den Städten immer noch (baulich) ein Hauch von Mittelalter hindurch.

Eine ganz entsprechende Entwicklung nahm die ehemalige Freie Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber. Diese Stadt, die im Mittelalter natürlich viel größer und auch bedeutender war als alle Fränkische-Schweiz-Städtchen, hat eine Gemeinsamkeit mit ihnen. Sie verlor seit dem Spätmittelalter an Bedeutung, geriet ins Abseits der (Fern-)Handelsbeziehungen, wurde immer unwichtiger – bewahrte im wirtschaftlichen Niedergang aber ihre überkommene Bausubstanz. Es war erst die Geistesbewegung der Romantik (die auch für das Gebiet der Fränkischen Schweiz bestens bekannt ist), die Rothenburg wiederentdeckte, die Stadt als ungeheuer eindrucksvoll empfand und sie, bildlich gesprochen, wachküsste wie der Prinz im Märchen sein Dornröschen. Personen wie Carl Spitzweg, aber auch der Brite John Murray verkündeten den Mythos vom lebendigen Mittelalter einer breiten Leserschaft, weit über Deutschland hinaus. Seither besuchen jährlich Millionen von Besuchern die Stadt.

Zwar haben die Romantiker um Tieck und Wackenroder hier in der Fränkischen Schweiz andere Eigenschaften als die Schönheit der kleinen malerischen Städtchen entdeckt und lobend verkündet, aber der Vergleich mit Rothenburg bleibt dennoch erwähnenswert. Es gibt also nicht nur eine, sondern sogar eine größere Zahl von historischen Stadtensembles, die allesamt sehr klein sind. In der Fachliteratur findet man für solche winzigen Städte in einer absteigenden Skala (von Großstadt, Mittelstadt, Kleinstadt und Landstadt) die Bezeichnung Zwergstädte.

Die Fränkische Schweiz besitzt, so gesehen, in der Tat sieben Zwergstädte. Mit ihnen könnte in einem bisher wenig beachteten Bereich die Romantik-Rezeption der Fränkischen Schweiz über eine gezielte Marketing-Strategie, ähnlich wie Seßlach im Landkreis Coburg, auf der Basis der Überreste ihrer historischen Vergangenheit, deutlich erweitert werden.


Empfohlene Zitierweise

Herbert Popp: “Das bauliche Erscheinungsbild der Städte der Fränkischen Schweiz” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/81_b_102-erscheinungsbild-der-staedte/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • ACKERMANN, Hans (1973): Gräfenberg in Vergangenheit und Gegenwart. ‒ o.O.
  • DIPPOLD, Günter (1996/ 2011): Weismain. Eine fränkische Stadt am nördlichen Jura. 2 Bde. ‒ Weismain.
  • GEISLER, Walter (1924): Die deutsche Stadt. Ein Beitrag zur Morphologie der Kulturlandschaft (= Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde 22/ 5). ‒ Stuttgart.
  • POPP, Herbert (2015): Die Städte Oberfrankens von oben betrachtet. ‒ Petersberg.
  • POPP, Herbert (2017): „Klein-Rothenburgs“ in Oberfranken. Zwergstädte als bauliche Kleinode, in: ECHT Oberfranken 8 (Nr. 42), S. 32–41.
  • SCHIRMER, Reinhold (1930): Die städtischen Siedlungen des Obermaingebietes und des Fichtelgebirges (= Heimatkundliche Arbeiten aus dem Geographischen Institut der Universität Erlangen 3). – Erlangen.
  • Stadt Betzenstein (Hg., 2011): Betzenstein. Geschichte und Geschichten. ‒ Betzenstein.
  • Stadt Waischenfeld u. Kurt NEUNER (Hg., 2015): Waischenfeld. 700 Jahre Stadtrecht 1315–2015. ‒ Waischenfeld 2015.

Bildnachweise

  • Vorschaubild: Gräfenfeld von Süden (Foto: Herbert Popp, 2015)
  • Titelbild: Altstadt von Hollfeld (Foto: Herbert Popp, 2015)