Zur Geschichte des Gebietsausschusses und der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz
Von Reinhard Löwisch – 09/2019
Im Frühjahr 1974 eröffneten die Landräte der Landkreise Forchheim und Bayreuth die Tourismuszentrale als landkreisübergreifende Touristinformation und als Geschäftsstelle des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz im Fremdenverkehrsverband Nordbayern e. V. (heute: Tourismusverband Franken e. V.) Damit beschritten die Politiker touristisches Neuland. Eine vergleichbare Einrichtung, die die Aktivitäten der touristischen Gemeinden bündelt, gab es seinerzeit in Franken noch nicht.
Die Geschichte des kommunalen Tourismus, des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz, beginnt allerdings bereits früher, nämlich im Jahre 1951. Zu jener Zeit fand die Neugründung des Nordbayerischen Fremdenverkehrsverbandes (heute Tourismusverband Franken) in Nürnberg statt mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit kompetente Partner in ganz Franken zu mobilisieren, um den Tourismus in Franken neu zu installieren. In der Fränkischen Schweiz war dieser Partner der Fränkische Schweiz-Verein (FSV), der vier Jahre vorher durch den damaligen Landrat von Ebermannstadt, Dr. Rudolf Eberhard, nach seiner Auflösung in der NS-Zeit wieder ins Leben gerufen worden war. Die durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges entstandene Not zwang zum Handeln, in vielen Hotels und Gasthöfen waren Flüchtlinge und Besatzungstruppen einquartiert, die schlechten Straßenverhältnisse und fehlende Infrastruktur verhinderten einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Ein erster Neubeginn einer touristischen Werbung nach dem Zweiten Weltkrieg war die Bildbroschüre „Fränkische Schweiz“ des Fremdenverkehrsverbandes Nordbayern mit vierseitigem Texteinlegeblatt, formuliert von August Sieghardt, aus dem Jahr 1952, in einer Auflage von 40.000 Exemplaren. Diese Broschüre ist das erfreuliche Zeichen dafür, dass die Tourismusarbeit für die Fränkische Schweiz wieder neu angelaufen war.
Eine der ersten Aufgaben des Fremdenverkehrsverbandes Nordbayern e. V. war die Gründung von regionalen Gebietsausschüssen als verlängerter Arm. Der FSV mit seinen bis dato 20 Mitgliedsgemeinden trat als einer der ersten Vereine dem Verband bei. Damit waren auch die touristischen Grenzen der Fränkischen Schweiz (mit den 20 Ortsgruppen des Heimatvereins) vorerst neu gesteckt.
Der FSV-Geschäftsführer Heinrich Uhl war seit 1951 Obmann in diesem Gremium. Der erste Jahresbericht des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz findet sich im Geschäftsbericht des Fremdenverkehrsverbandes Nordbayern e. V. aus dem Jahre 1957. In diesem Jahr war Rudolf Eberhard bereits der erste Vorsitzende dieses Verbandes und bayerischer Finanzminister. Uhl lobte in diesem Rückblick den Fortschritt beim Straßenbau und die Tatsache, „dass nur noch ganz wenige Gasthäuser und Privatzimmer kein fließendes Wasser im Zimmer haben“. Ein Jahr später konnte Uhl schon ganz konkret berichten, dass Sportfischen zu einer der beliebtesten Urlauberaktivitäten zähle. Pottenstein, Egloffstein und Gößweinstein bekamen 1958 als erste Gemeinden der Fränkischen Schweiz das Prädikat „Staatlich anerkannter Luftkurort“. Ein weiteres Jahr später gaben Streitberg, Muggendorf, Behringersmühle und Gößweinstein, Egloffstein und Waischenfeld den ersten (gemeinsamen) Ortsprospekt nach dem Kriege heraus.
1960 berichtete Uhl, dass „immer mehr Busgruppen, durch Reisebüros vermittelt in die Fränkische Schweiz kommen“. Skandinavier, Niederländer und Engländer bevorzugten meist das Wiesenttal und hier besonders den Gasthof in Doos zum Sportfischen und Wandern. Bis 1962 ging der Gebietsausschuss Fränkische Schweiz im FSV auf. Rechtsrat Uhl war seit 1951 auch Hauptvorsitzender des FSV und bemühte sich, beiden anspruchsvollen Posten gleichermaßen gerecht zu werden. Den Gebietsausschuss betrachtete er als Instrument, um vermehrt Gäste in die Fränkische Schweiz zu locken, den FSV als Organisation, die sich vor allem um die touristische und infrastrukturelle Erschließung der Region kümmerte. Die Anlage und die Pflege von Wanderwegen waren die Aufgabenschwerpunkte. Aus Altersgründen gab Uhl beide Posten 1962 ab und damit trennten sich die Wege des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz und des FSV.
Auf seiner Jahresversammlung in Pottenstein im Sommer 1962 wählte der FSV den Amtsnachfolger Eberhards, Landrat Franz Josef Kaiser aus Ebermannstadt, zum Ersten Vorsitzenden des Heimatvereins. Das Amt des Gebietsausschussvorsitzenden ging an den damaligen Landrat von Pegnitz, an Dr. Heinrich Dittrich. Dieser kümmerte sich bis 1971 um die Belange des Fremdenverkehrs in der Fränkischen Schweiz. 1964 brachte er nach 1952 einen weiteren Gebietsprospekt nach dem Krieg in einer Auflage von 54.000 Exemplaren unter die Leute, dazu gehörte auch eine Relief-Karte aus der Vogelperspektive. Der Fremdenverkehr in Franken stieg rasant an. Laut Geschäftsbericht des Nordbayerischen Fremdenverkehrsverbandes konnten die Übernachtungszahlen von 1954 auf 1964 auf rund 7,3 Millionen fast verdoppelt werden. Auch in der Fränkischen Schweiz entwickelte sich der Fremdenverkehr sehr positiv. Hatte Gößweinstein zum Beispiel 1957 noch 38.000 Übernachtungen, waren 1965 bereits 61.000 und 1974 rund 128.000 Übernachtungen gemeldet. Die Gäste kamen vor allem aus Nord- und Westdeutschland, aus den Niederlanden und aus Dänemark. 19 Gemeinden besaßen 1966 bereits eigene Ortsprospekte, wie Dittrich im Jahresbericht erwähnte.
Um dem steigenden Gästeaufkommen Rechnung zu tragen, veröffentlichte der Gebietsausschuss 1967 einen neuen Prospekt mit Panoramakarte, mit einer Auflage von 240.000 Exemplaren (Abb. 2). Im gleichen Jahr gründete sich auf Anregung von Landrat Dittrich eine „Werbegemeinschaft Fränkische Schweiz“ mit dem Gößweinsteiner Touristinfoleiter Heinrich Endrös an der Spitze. Diese verbuchte 1969 ihren größten Erfolg mit einem Reisepreisausschreiben der Werbegemeinschaft. 4.600 Antworten erreichten die Gößweinsteiner Touristinfo, wo die Werbegemeinschaft ihren Sitz hatte. Sie verloste bei dieser Aktion Preise im Wert von 10.000 Mark. Dadurch konnte allein Gößweinstein im Vergleich zum Vorjahr 400 Gäste mehr und damit insgesamt 6.320 Gäste begrüßen, Behringersmühle meldete gar ein Plus von 14 Prozent.
Am 6. November 1971 übernahm der Forchheimer Landrat Otto Ammon die Leitung des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz. Landrat Dittrich ernannte er zum Ehrenvorsitzenden. Am 11. März 1972 veranstaltete Ammon in Ebermannstadt eine Versammlung, bei dem es vor allem darum ging, den Fremdenverkehr weiter zu forcieren. Im gleichen Jahr bezuschusste der Gebietsausschuss Reisevorschläge in einem Merian-Heft über die Fränkische Schweiz (Abb. 3a), das auch eine Kartenbeilage umfasste (Abb. 3b). 1973 forderte Ammon lautstark die Schaffung eines zentralen Tourismusbüros für die Region, das auch als Geschäftsstelle des Gebietsausschusses fungieren sollte.
Am 1. April 1974 konnte Landrat Otto Ammon im ehemaligen Landratsamtsgebäude in Ebermannstadt, zusammen mit Landrat Dr. Josef Kohut aus Bayreuth, die „Tourismuszentrale Fränkische Schweiz“ (TZ) begründen (Abb. 4) und eine entsprechende Zweckvereinbarung formulieren, in der als ihre Hauptaufgabe „die Förderung des Fremdenverkehrs“ bezeichnet wird. Im Rechenschaftsbericht von 1975 schrieb Ammon rückblickend: „Ich brauche meiner Freude über die Gründung einer Fremdenverkehrseinrichtung durch die beiden Landkreise Bayreuth und Forchheim nicht noch einmal zum Ausdruck bringen. Die Verhandlungen hierüber waren zäh, aber auch fair. Maßgebend scheint mir, dass die Einrichtung überhaupt zustande gekommen ist.“ Die erste Geschäftsführerin der Tourismuszentrale war Christl Thömmes, die durch ihren Mann, den Geschäftsführer des deutschen Fremdenverkehrsverbandes, beste Beziehungen zur internationalen Presse hatte. Mit dem Beginn dieser Ära hatte die „Werbegemeinschaft Fränkische Schweiz“ ihren würdigen Nachfolger gefunden und stellte die Arbeit ein.
Eine der ersten Aufgaben der TZ war die Herausgabe eines Erlebnispasses, der den Gästen Vergünstigungen in 15 Sehenswürdigkeiten gewährte. In den Folgejahren wurde die Messearbeit ausgebaut, verstärkt Anzeigenwerbung betrieben und weitere Gebietsprospekte erstellt. Bereits 1975 ging die Tourismuszentrale erstmals zur weltgrößten Tourismusmesse, der Internationalen Tourismus Börse (ITB), in Berlin und belegte eine Fläche im so genannten „Frankenstand“ des heutigen Tourismusverbandes Franken. 1978 ging die Tourismuszentrale erstmals nach Hamburg zur Messe „Reisen 78“, und brachte ein eigenes Unterkunftsverzeichnis (im Bäderformat) auf den Markt. Außerdem konnte ein 25-minütiger Film „Im Schlupfwinkel deutschen Gemütes“ in Zusammenarbeit mit Hans Max von Aufseß für rund 12.000 Mark fertig gestellt werden, der auf der ITB 1979 erstmals der Öffentlichkeit gezeigt wurde. 1979 wurde das erste Themenjahr gefeiert. Man nannte es: „150 Jahre Fränkische Schweiz“. Anlass war das Buch von Joseph Heller über „Muggendorf und die Fränkische Schweiz“ von 1829, in dem nach damaligem Kenntnisstand der Begriff „Fränkische Schweiz“ zum ersten Mal in einem Reiseführer verwendet worden ist. Der Aufwand lohnte sich. 1980 konnte die TZ 900.000 Übernachtungen registrieren, 1991 waren es bereits 1,4 Millionen Übernachtungen, die für einen touristischen Jahresumsatz von über 350 Millionen Mark sorgten und den Tourismus damit endgültig zu einem der wichtigsten wirtschaftlichen Standbeine der Region werden ließen. Bisher erfolgreichstes touristisches Jahr war 1993 mit mehr als 1,7 Mio. Übernachtungen allein in den Landkreisen Bayreuth und Forchheim.
Zum 30. September 1991 ging Christl Thömmes in den Ruhestand. Am 1. Oktober wurde Franz Xaver Bauer als ihr Nachfolger von Landrat Ammon in sein Amt eingeführt. Kurz zuvor gelang es Frau Thömmes noch, innerhalb des früheren Landratsamtes in den ehemaligen Sitzungssaal umzuziehen, dorthin, wo die TZ noch heute ihre Büroräume hat.
Die 1990er-Jahre wurden das Jahrzehnt der Themenjahre, das als eine sehr erfolgreiche Phase in der Tourismusarbeit, die mittlerweile sehr professionell geworden ist, charakterisiert werden kann.
- 1993 200 Jahre Entdeckung der Fränkischen Schweiz durch die Romantiker und 1. Kunstsommer Fränkische Schweiz mit Galerie Tauber in Pegnitz
- 1994 Minnesänger in Franken ─ Wirnt von Grafenberc
- 1995 Höhlenjahr. Erster Höhlenprospekt, in dem die drei Schauhöhlen beschrieben wurden
- 1996 Landleben erleben
- 1997 Schlüsselbergerjahr: Ritter, Burgen und Dörfer
- 1998 Bierjahr: Erstmals Brauerei-Prospekt
- 1999 Gut gerüstet ins Jahr 2000
- 2000 Spielzeugland Franken mit dem ersten Prospekt zum Thema. Aufhänger: das Spielzeugmuseum in Gößweinstein.
Seit 1. Januar 2012 ist Sandra Schneider aus Kelheim Leiterin der Tourismuszentrale. Sie kann auf die Mitarbeit von mittlerweile sechs Angestellten bauen und hat vor allem die Online-orientierte Arbeit verstärkt und die Online-Buchbarkeit sowie das neue Leitbild eingeführt. Seit 1971 wird der jeweilige Landrat des Landkreises Forchheim auch zum Ersten Vorsitzenden des Gebietsausschusses Fränkische Schweiz gewählt, seit 1. Mai 2014 heißt der Chef nun Dr. Hermann Ulm. Der Stellvertreter im Amt des Gebietsausschussvorsitzenden ist Landrat Hermann Hübner, vormaliger Bindlacher Bürgermeister und seit Mai 2008 der Amtsnachfolger Dietels als Landrat des Kreises Bayreuth. Seit 1976 ist der Landkreis Bamberg und seit 1986 der Landkreis Kulmbach (mit den Gemeinden Thurnau, Wonsees und Kasendorf) dem Gebietsausschuss angeschlossen, so dass die Tourismuszentrale mittlerweile in vier Landkreisen tätig ist.
Die Mitglieder im Gebietsausschuss Tourismus setzen sich aus drei Gremien zusammen:
Vorstand: Laut Zweckvereinbarung von 1991 sind in der Vorstandschaft jeweils die Landräte der beteiligten Landkreise als geborene Mitglieder vertreten, wobei der Landrat des Kreises Forchheim als 1. Vorsitzender (als größter Zahler) und der Landrat des Kreises Bayreuth als sein Stellvertreter (zweitgrößter Zahler) fungieren. Dazu entsendet der Landkreis Bamberg zwei Kreisräte, der Landkreis Bayreuth drei Kreisräte, der Landkreis Forchheim drei Kreisräte und der Landkreis Kulmbach einen Kreisrat in die Vorstandschaft, die damit komplett ist. Der Leiter der Tourismuszentrale ist ebenfalls geborenes Mitglied. Er fungiert auch als Protokollführer. Gewählt wird die Vorstandschaft – analog zu den Kommunalwahlen – alle sechs Jahre. Das nächste Mal also im Jahre 2020.
Zusätzlich gibt es einen Beirat, der immer dann hinzugezogen wird, wenn neue Weichenstellungen geplant sind. Er besteht aus dem Vorsitzenden des Fränkische Schweiz-Vereins, dem Vorsitzenden bzw. Geschäftsführer des Naturparks Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst, den vier Kreisvorsitzenden der Hotel- und Gaststättenverbände der Landkreise, dem Vertreter des Vereins und der Anbietergemeinschaft „Urlaub auf dem Bauernhof“ sowie Vertretern touristischer Einrichtungen, wie dem Fränkische Schweiz-Museum, dem Freizeitpark Schloss Thurn oder dem Wildpark Hundshaupten. Der Beirat hat nur beratende Funktion. Er wird nach Bedarf vom 1. Vorsitzenden einberufen und kann um weitere (Fach-) Teilnehmer erweitert werden.
Die Mitgliederversammlung, die einmal jährlich stattfindet und in der auch der Haushalt beschlossen wird, besteht demnach aus der Vorstandschaft, dem Beirat und den 44 Gemeinden, die derzeit Mitglied im Tourismusverband Franken sind. Zusätzlich werden die vier Wirtschaftsförderer der Landkreise, Regionalmanager sowie sonstige Einzelmitglieder, wie z. B. der Verkehrsverein Gößweinstein, eingeladen und die 1. Vorstände der 9 regionalen Tourismusverbände, so dass theoretisch bis zu 80 Personen anwesend sein können. Der Gebietsausschuss ist Teil des Tourismusverbandes Franken, weshalb nur die Gemeinden von der TZ vertreten werden können, die Mitglied beim Tourismusverband Franken sind. Letzterer entscheidet auch darüber, in welchem der 16 fränkischen Tourismusgebiete der Ort (das Mitglied) eingegliedert und betreut wird.