Stadtentwicklung von Oranienburg

Von Marlies Schulz – 12/2020

Die Entwicklung von Oranienburg ist entscheidend geprägt von der günstigen Verkehrslage und der Nähe zu Berlin. Aus der hohenzollerschen Residenz wurde schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein bedeutender Industriestandort, besonders für die chemische Industrie und die Metallindustrie. Diese starke Industrialisierung der Stadt bestimmte auch ihr Schicksal während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs und noch weit darüber hinaus: Wegen der hier angesiedelten Rüstungsbetriebe war Oranienburg ein Hauptziel allierter Bombenangriffe, wurde schwer zerstört und brauchte nach dem Krieg lange für einen Neubeginn. Auch die Deindustrialisierung nach der Wiedervereinigung traf Oranienburg zunächst schwer, doch profitierte die Stadt in der Folge von ihrer Lagegunst. Seit Ende der 1990er Jahre entwickelt sich die Wirtschaft dynamisch und Oranienburg knüpft an seine Traditionen als attraktiver Erholungs- und Wohnort im Umland von Berlin an.

Frühgeschichtliche Funde belegen, dass das Stadtgebiet und dessen Umfeld schon lange besiedelt war. Im slawischen Mittelalter wird der Havelübergang eine wichtige Rolle für den Handelsverkehr gespielt haben. Um 1200 errichteten die askanischen Markgrafen von Brandenburg beim Havelübergang an der Stelle des heutigen Oranienburger Schlosses eine Burg. Die zugehörige Pfarrsiedlung Bötzow wurde 1216 erstmalig erwähnt. Bötzow war ein Angerdorf, deren Kirche auf der höchsten Stelle stand. Im 16. Jahrhundert wurde an Stelle der Burg ein kurfürstliches Jagdhaus errichtet. In diesem Jahrhundert ereigneten sich in der Siedlung mehrere Brände und auch während des Dreißigjährigen Krieges erlitt der Ort viele Schäden.

Abb. 1: Der Oranienburger Schlossplatz
Abb. 1: Der Oranienburger Schlossplatz (Foto: © FINISH Werbeagentur)

Im Jahre 1650 erhielt die erste Gemahlin des Großen Kurfürsten, Louise Henriette, geborene Prinzessin von Nassau-Oranien, Bötzow als Geschenk. Sie ließ ein Schloss nach holländischem Muster errichten und 1653 bekam der Ort den Namen Oranienburg. Ab 1688 ließ Markgraf Friedrich III., der Sohn Louise Henriettes, das Schloss (und den dazugehörigen Park) erheblich umbauen und erweitern. 1696 wurde die Berliner Straße angelegt und es entstanden repräsentative Gebäude. 1699 siedelte man acht Hugenottenfamilien in Oranienburg an. In dieser Zeit war in Oranienburg auch erstmals Militär stationiert.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderte sich das maßgeblich durch die Hohenzollern-Dynastie geformte Oranienburg: 1802 verkauften die Hohenzollern das Schloss an den Berliner Apotheker Dr. J. G. Hempel, der in dem Gebäude eine Baumwollweberei einrichtete, die aber nur bis 1807 arbeitete. Nach dem Sieg über die napoleonische Fremdherrschaft richtete der Sohn des Apothekers, Dr. G. F. A. Hempel, 1814 im Schloss eine Schwefelsäurefabrik ein, die seit 1832 „Chemische Produkten-Fabrik Oranienburg“ hieß. In dieser Fabrik entdeckte Prof. Dr. F. F. Runge 1834 das Anilin und erzeugte die ersten Anilinfarben. Ab 1840 wurden die ersten Paraffinkerzen produziert.

Positiv für den Wirtschaftsstandort Oranienburg war die Anlage von schiffbaren Gewässern (Malzer Kanal und Oranienburger Kanal) sowie der Bau der Chaussee Berlin–Neustrelitz ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1877 nahm die „Nordbahn“ auf der Teilstrecke Berlin–Neubrandenburg den Betrieb auf. Diese gute verkehrsmäßige Anbindung, die sich ab 1891 durch den Vorortverkehr noch verbesserte, und die landschaftlich reizvolle Umgebung bewirkten, dass sich Oranienburg in zweifacher Hinsicht entwickelte: einerseits als Industrieort, andererseits als Wohn- und Erholungsort insbesondere für Berliner, die sich hier Villen errichteten. So entstanden die Neustadt und die Villenkolonie am Lehnitzsee. Von den 1880er Jahren bis ins frühe 20. Jahrhundert siedelten sich auch weitere Industriebetriebe an, wie die Chemische Fabrik Dr. Heinrich Byk, Deutsche Gasglühlicht-Auer-Gesellschaft, Hüttenwerk Kayser. Dieser Entwicklung folgte der Ausbau der technischen Infrastruktur. 1893 gründete im Westteil Oranienburgs die „Obstbau-Kolonie Eden“ die erste von Vegetariern angelegte Siedlung in Deutschland.

Abb. 2: „Obstbau-Kolonie Eden“: Neues Genossenschaftshaus mit Schule
Abb. 2: „Obstbau-Kolonie Eden“: Neues Genossenschaftshaus mit Schule (Quelle: Peter Gärtner, 2021)

Mit der Eröffnung des Großschifffahrtsweges Berlin–Stettin 1914, der Inbetriebnahme der Zweigbahn von Oranienburg nach Kremmen und Nauen 1915 sowie der Elektrifizierung der Vorortstrecke (der späteren S-Bahnstrecke) Berlin–Oranienburg 1925 verbesserte sich die Verkehrsanbindung weiter und die Siedlungsfläche wuchs. 1925 entstand der Stadtteil Oranienburg-Süd. Die Wirtschaft entwickelte sich in der Folge sehr dynamisch und auch das gesellschaftliche Leben war rege und vielfältig. Es gab auch kämpferische Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen, so z.B. 1931 Straßenkämpfe zwischen SA-Angehörigen und Kommunisten.

Abb. 3: Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen
Abb. 3: Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen (Foto: © TKO gGmbH)

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde im März des Jahres 1933 von der SA in einer stillgelegten Brauerei in der Stadt das erste Konzentrationslager Preußens eingerichtet. Häftlinge waren überwiegend Kommunisten, Sozialdemokraten, linke Intellektuelle, Mitglieder bürgerlicher Parteien und Juden. Im Juli 1934 wurde das Lager in der Brauerei durch die SS geschlossen und die Häftlinge in ein anderes Konzentrationslager überführt. Mitte 1936 begann der Aufbau des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Neben den Häftlingsbaracken entstanden große Kasernenkomplexe für die SS-Wachverbände und ab 1938 auch SS-Führer- und Siedlungshäuser. Das KZ Sachsenhausen sollte nicht nur als „Muster- und Vorzeigelager“ dienen, sondern war auch „Ausbildungs- und Schulungslager“ für SS-Wachtruppen. Die NS-Gewaltherrschaft bedeutete auch das Ende für das bisherige jüdische Leben in der Havelstadt. Das Schloss Oranienburg diente von 1934 bis 1937 als Kaserne für die nationalsozialistische SS-Standarte „Brandenburg“, danach als „Polizeischule für Auslandsverwendung“ und 1941 bis 1943 als Kolonialpolizeischule. 1936 bis 1938 entstand mit den Flugzeuge produzierenden Heinkel-Werken Oranienburg ein wichtiger Rüstungsbetrieb, der bis zum Ende des Krieges nachhaltig die Wirtschaftsstruktur in der Region prägte. Für die Beschäftigten wurden Wohnsiedlungen angelegt, z.B. die Weiße Stadt in Leegebruch.

Abb. 4: Stadtentwicklung Oranienburg 1770–2016 (Zur Einzelansicht bitte anklicken.)
Abb. 4: Stadtentwicklung Oranienburg 1770–2016 (Zur Einzelansicht bitte anklicken.) (Quelle: IfL)

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren in den Industriebetrieben der Stadt viele Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt, die dort unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten mussten. Im Zweiten Weltkrieg war Oranienburg mit seiner kriegswichtigen Industrie insbesondere den Heinkel-Flugzeugwerken und dem Werksflugplatz, den Auerwerken (Uranprojekt) und den Byk-Guldenwerke ein bevorzugtes Ziel alliierter Bombenangriffe. Besonders verheerende Auswirkungen hatte die hohe Konzentration von Bomben mit chemischen Langzeitzündern. Die Luftangriffe hinterließen massive Schäden, ca. 65 % der Gebäude und Häuser der Stadt wurden völlig zerstört oder schwer beschädigt. Viele Menschen kamen ums Leben.

Im April 1945 wurde die Stadt durch russische und polnische Truppen befreit. Die Verwaltung der Stadt erfolgte durch die sowjetische Militärkommandantur. Außerdem wurden sowjetische Truppen in der Stadt stationiert, so z. B. in den Anlagen des Werkflugplatzes und in der Weißen Stadt, die damit für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich war.

Im August 1945 verlegte der sowjetische Geheimdienst NKWD das Speziallager Nr. 7 in das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen. Inhaftiert waren hier vorwiegend untere Funktionäre des NS-Regimes, aber auch politisch Missliebige und willkürlich Verhaftete sowie von sowjetischen Militärtribunalen Verurteilte. Ab 1948 war Sachsenhausen als Speziallager Nr. 1 das größte von drei Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone. Bis zur Auflösung des Lagers im März 1950 waren hier insgesamt ca. 60.000 Menschen inhaftiert, von denen mindestens 12.000 an Unterernährung und Krankheiten starben.

Der Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg war für Oranienburg sehr schwer und der Wiederaufbau nahm viele Jahre in Anspruch. Nur langsam entwickelten sich das produzierende Gewerbe und das Handwerk. Wegen der deutschen Teilung und des Kalten Krieges wurde ab 1950 eine Bahnstrecke von Oranienburg nach Berlin-Karow gebaut, die der Umfahrung von Berlin-West diente. 1952 nach Auflösung des Landes Brandenburg und Bildung der Bezirke im Zuge der DDR-Verwaltungsreform wurde Oranienburg Kreisstadt im neu gebildeten Bezirk Potsdam. Das Oranienburger Schloss beherbergte von 1952 bis 1958 eine Offiziersschule der Kasernierten Volkspolizei bzw. der Volksarmee. 1963 bezog ein Ausbildungsregiment der DDR-Grenztruppen das historische Gebäude. Das öffentliche Leben in der Stadt war damit geprägt von einer Vielzahl von Militärangehörigen. Die sowjetische Garnison nutzte fast die gesamte Weiße Stadt und unter anderem den ehemaligen Heinkel-Werkflugplatz.

Auf dem Gelände der ehemaligen Auerwerke, die durch die Bombenangriffe zerstört wurden, entstand 1957 bis 1959 das Wohngebiet „Lindenring“. Während das Schloss bis 1960 weitgehend wiederhergestellt wurde, riss man im Innenstadtbereich zahlreiche historische Bauten ab und zerstörte die historische Stadtstruktur. Später ab 1967 entstand hier das Wohngebiet „Oranienburg-Zentrum“. Im April 1961 wurde die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen eröffnet.

Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 veränderte sich für viele Einwohner Oranienburgs das Leben, denn die Verbindungen zum Westteil Berlins wurden gekappt und die S-Bahn-Linie nach Westberlin eingestellt. Dagegen wurde eine Strecke zwischen Hohen Neuendorf und Blankenburg gebaut, wodurch Oranienburg eine direkte S-Bahn-Verbindung mit dem Ostteil Berlins erhielt.

Mitte der 1970er Jahre waren das Chemisch-Pharmazeutische Werk (ehemals Byk-Guldenwerke), das Kaltwalzwerk, der VEB Plastimat und der VEB Spezialfarben (vormals Hannalin) die wichtigsten Industriebetriebe im Ort. Im Rahmen des Wohnungsbauprogramms der DDR entstanden in den 1970er und 1980er Jahren in allen Oranienburger Stadtteilen neue Wohngebiete. 1974 wurde Sachsenhausen in die Stadt eingemeindet. 1987 / 1988 begann die Sanierung und Rekonstruktion der Altstadt.

Mit der Wiedervereinigung veränderte sich die politische und wirtschaftliche Situation in Oranienburg grundlegend. Dies betraf auch die Verkehrsanbindung, so konnte man ab 1992 von Oranienburg aus mit der S Bahn wieder Frohnau und damit den westlichen Teil Berlins erreichen.
Oranienburg ist seit der Kreisgebietsreform des Landes Brandenburg von 1993 Kreisstadt des Kreises Oberhavel. Im Jahr 2003 wurden die Gemeinden Friedrichsthal, Germendorf, Lehnitz, Malz, Schmachtenhagen, Wensickendorf und Zehlendorf nach Oranienburg eingemeindet und Sachsenhausen, das bereits zur Stadt gehörte, wurde ein Ortsteil. Die Stadt ist damit durch eine Mischung von städtischen und ländlich geprägten Räumen gekennzeichnet.

Die Einwohnerzahl von Oranienburg hat sich bezogen auf die heutigen Grenzen der Stadt von 1991 bis heute erhöht, so lebten 2019 rund 45.000 Einwohner in Oranienburg. Dieses Bevölkerungswachstum ist Folge des Berliner Suburbanisierungsprozesses und ging in den letzten beiden Jahrzehnten mit umfangreichem Wohnungsneubau, insbesondere in Form von Einfamilienhäusern, sowie mit einer Zunahme der Siedlungsfläche einher, die aber in den einzelnen Ortsteilen sehr unterschiedlich ist.

Die Stadt Oranienburg ist Mittelzentrum und Teil einer der 15 vom Land Brandenburg 2005 ausgewiesenen Regionalen Wachstumskerne (RWK). Oranienburg, Henningsdorf und Velten bilden einen RWK mit den Branchenkompetenzfeldern Biotechnologie, Kunststoffe/Chemie und Metallbe- und verarbeitung/Mechatronik. Sie sind leistungsstarke Standorte, die durch die Wirtschaftsförderpolitik des Landes seit Ende der 1990er Jahre unter dem Motto „Stärken stärken“ besonders unterstützt werden. Nachdem nach 1990 viele Betriebe geschlossen und zahlreiche Arbeitsplätze verloren gegangen waren, wurden einige Unternehmen privatisiert und umstrukturiert. Die Zahl der Erwerbslosen war immens. Seit Ende der 1990er Jahre entwickelt sich die Wirtschaft positiv und neues Gewerbe konnte angesiedelt werden. Sowohl Großunternehmen als auch mittelständische und kleine Unternehmen prägen gegenwärtig die Wirtschaftsstruktur, zudem gibt es einen breiten Branchenmix. Zwischen 2006 und 2017 hat die Zahl der Unternehmen in allen Betriebsgrößen zugenommen, wodurch sich die Zahl der Erwerbslosen von 2007 und 2017 halbierte. Der überwiegende Teil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind im Dienstleistungssektor tätig und 25,8 % im produzierenden Gewerbe. Die Stadt weist eine sehr positive Arbeitsplatz- und Beschäftigtenentwicklung auf. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Oranienburg arbeiten, ist im Zeitraum von 2005 bis 2015 um 35 % gestiegen. Die Arbeitslosenquote ist von 10,9 % im Jahr 2007 auf 5,6 % im Jahr 2017 gesunken. Die Zahl der Einpendler ist fast so groß wie die Zahl der Auspendler, wobei rund 11.000 Personen nach Berlin pendeln.

Beispiele für Unternehmen in dem Cluster Kunststoffe/Chemie sind die TAKEDA GmbH (Herstellung pharmazeutischer Produkte, Niederlassung), ORAFOL Europe GmbH (Herstellung von Spezialfolien, Hauptsitz, ca. 900 Mitarbeiter), Plastimat Oranienburg GmbH und GENAN GmbH (Altreifenrecycling, Niederlassung). Das Logistikzentrum der REWE Group hat 2011 ein Vollsortimentslager in Oranienburg eröffnet. Das Cluster Metall wird durch Unternehmen wie METAG Metallverarbeitung GmbH, Maschinenfabrik Schmachtenhagen GmbH, surfaced GmbH und ORPU Pumpenfabrik GmbH geprägt. Zahlreiche der genannten Unternehmen haben überregionale Bedeutung. Die Vielfalt der Branchen und die positive Entwicklung des Arbeitsplatzangebotes sind Ausdruck der Lagegunst zu Berlin, der guten technischen Infrastruktur und einem breiten Angebot von gut erschlossenen Gewerbe- und Industrieflächen in Oranienburg.

Insgesamt gibt es neun Gewerbegebiete. Besonders entwicklungsfähig ist der Gewerbepark Süd auf dem ehemaligen Konversionsgelände Flugplatz (ehemaliger Heinkel-Werksflugplatz), der mit 89 Hektar der größte Gewerbestandort im RWK Oranienburg-Hennigsdorf-Velten ist. Er liegt unmittelbar an der neuen vierspurigen Schnellstraße B 96, die eine Verbindung zur A 111 / A 100 Richtung Berlin ermöglicht. Außerdem ist mit dem Kreuz Oranienburg eine Anbindung an die A 10 (Berliner Ring) gegeben. Die Fläche wird voraussichtlich 2021 erweitert. Hier angesiedelt sind die REWE Group (Logistikzentrum für Lebensmittelmärkte in Nordostdeutschland), die GENAN Holding A/S (Unternehmen für Altreifenrecycling) und die Merkur GmbH (Herstellung von Verpackungshülsen aus Papier). Zahlreiche der Unternehmen in Oranienburg haben überregionale Bedeutung. Die Stadt hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort im nördlichen Berliner Umland entwickelt. Die Vielfalt der Branchen und die positive Entwicklung des Arbeitsplatzangebotes sind Ausdruck der Lagegunst zu Berlin, der guten technischen Infrastruktur und einem breiten Angebot von gut erschlossenen Gewerbe- und Industrieflächen in Oranienburg.

Oranienburg ist auch ein wichtiger Verwaltungsstandort als Kreisstadt des Landkreises Oberhavel. In der Stadt gibt es die Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg und die Milchwirtschaftliche Lehr- und Untersuchungsanstalt Oranienburg e. V. (MLUA), die für die neuen Bundesländer zuständig ist.

Abb. 5: Oranienburg im Herbst von Südosten
Abb. 5: Oranienburg im Herbst von Südosten (Foto: Peter Gärtner, 2015)

Oranienburg zeichnet sich aber nicht nur durch vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten und eine gute Verkehrsanbindung aus. Die Stadt weist auch gute Lebensbedingungen und ein attraktives Wohnumfeld mit nahegelegenen Grün- und Wasserflächen auf. Besonders hervorzuheben ist der neu gestaltete attraktive Stadtkern mit dem Oranienburger Schloss mit Park, Museum und Orangerie. Das Schlossgebäude und die umliegenden Flächen sind ein herausragendes und beeindruckendes Beispiel für Stadtsanierung und Funktionswandel seit 1990. Ende 1989 wurde das im Schloss Oranienburg stationierte Grenzausbildungsregiment aufgelöst.

1996 wurde das Schloss Eigentum der Stadt Oranienburg. Heute befindet sich dort das Schlossmuseum der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, das Kreismuseum und die Stadtverwaltung. 1994 verließen die sowjetischen Streitkräfte Oranienburg. Die Weiße Stadt wurde saniert und ist seitdem wieder ein Wohngebiet.

Abb. 6: Die Orangerie heute
Abb. 6: Die Orangerie heute (Foto: © TKO gGmbH)
Abb. 7: Der Oranienburger Schlosspark im Frühling
Abb. 7: Der Oranienburger Schlosspark im Frühling (Foto: © TKO gGmbH)

Im Zentrum der Stadtentwicklung seit 1991 standen mit der Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm des Landes Brandenburg und der Festlegung der Oranienburger Innenstadt als Sanierungsgebiet im Jahr 1994 (44 Hektar, seit 2006 73 Hektar) die Beseitigung der vorhandenen massiven städtebaulichen Missstände der alten Stadtmitte. Die Landesgartenschau im Jahr 2009 war Ausgangspunkt eines großen Stadtentwicklungsprogrammes. Die städtebauliche Planung orientierte sich an der Struktur der barocken Altstadt. Wichtigste Maßnahmen waren die Verlegung der Bundesstraße 96 mit der Schlossbrücke, die neue Brücke über die Havel, die Sanierung des Schlosses, die Aufwertung des Schlossparks und die Rekultivierung ehemaliger Militärbrachen im Schlossareal, die Erneuerung des Schlossplatzes und der Neubau der Bibliothek mit Tourist-Information und Galerie. Positive Veränderungen erfolgten auch an der Havel, unter anderem die Ufergestaltung und die Errichtung des Schlosshafens. Insgesamt flossen mehr als 27 Millionen Euro in der Zeit von 1991 bis 2015 in die Sanierung der Innenstadt. Auch weiterhin wird unter anderem mit Fördermitteln die Innenstadt saniert und aufgewertet und es wird im Rahmen des Stadtumbauprogramm das wohngebiet Weiße Stadt/Quartier Walther-Buth-Straße neu gestaltet. Die erfolgten Maßnahmen führten zu einer völligen Veränderung des Stadtbildes und zu einer sehr positiven Wiederbelebung der historischen Mitte. Außerdem sind in den Ortsteilen attraktive Kultur- und Sportstätten entstanden. Oranienburg hat sich seit 1990 in städtebaulicher, wirtschaftlicher und touristischer Hinsicht sehr dynamisch entwickelt. Der Schlosskomplex und die Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen sowie der Gedenkort Klinkerwerk dokumentieren die wechselvolle Geschichte in sehr eindrucksvoller Weise. Das 2007 beschlossene und 2019 fortgeschriebene integrierte Stadtentwicklungskonzept INSEK bildet die Grundlage für die Entwicklung der Stadt bis 2035.

Das gesamte Stadtgebiet leidet trotz systematischer Suche und Bergung von Altmunition noch immer unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Bombenblindgänger erschweren noch heute die Stadtentwicklung. Von 1990 bis 2018 wurden vom Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) des Landes Brandenburg rund 200 Bomben entschärft. Noch werden ca. 260 Blindgänger im Boden vermutet. Oranienburg ist bundesweit die Stadt mit der größten Kampfmittelbelastung und -gefährdung. Dieser Sachverhalt bindet jährlich erhebliche finanzielle Mittel der Stadt. Im August 2019 ist Oranienburg zur Modellregion Kampfmittelsuche erklärt worden. Das Land Brandenburg und der Bund unterstützen die Stadt mit finanziellen Mitteln bei der Kampfmittelbeseitigung.


Empfohlene Zitierweise

Marlies Schulz: “Stadtentwicklung von Oranienburg” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_134-stadtentwicklung-oranienburg/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

Bildnachweise

  • Titelbild: Oranienburg im Herbst von Südosten (Foto: Peter Gärtner, 2015)
  • Vorschaubild: Stadtentwicklung Oranienburg 1770–2016 (Quelle: IfL)