Die Wüstung Hugenworbis

Von Mario Küßner – 11/2018

Nachdem eine erste Aufsiedelung der Kleinregion um die Hasenburg bereits am Ende der Bronzezeit und in der frühen Eisenzeit erfolgt war, brachte der Landesausbau des Mittelalters zahlreiche Orte mit wechselvoller Entwicklung hervor. Mit der Wüstung Hugenworbis liegt eine der wenigen gut untersuchten Ortswüstungen in Nordthüringen und gleichzeitig ein Beleg für die differenzierte mittelalterliche Siedlungsgeschichte vor. Eng verbunden ist die Geschichte der Siedlung mit der nahegelegenen Harburg.

Lageplan der Wüstung Hugenworbis
Lageplan der Wüstung Hugenworbis (Quelle: TIMPEL u. REUßE 1986, S. 232)

Die Gemarkung Breitenworbis und die umliegenden Gebiete sind bereits früh von Osten und Süden her auch dauerhaft besiedelt worden. Neben jungsteinzeitlichen Siedlungsnachweisen ist v.a. die frühe Eisenzeit nachgewiesen. Mit der „Schwedenschanze“ auf dem Klei ist neben der Hasenburg eine weitere große Höhensiedlung bekannt. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre führte das Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens unter der Leitung von W. Timpel umfangreiche Untersuchungen auf der mittelalterlichen Dorfwüstung Hugenworbis etwa 3 km nordöstlich von Breitenworbis durch. Wenige ältere Funde lassen Beziehungen zur Befestigung auf dem Klei vermuten. Der früh- bis hochmittelalterliche Ort war nach den archäologischen Befunden spätestens im 9. Jahrhundert besiedelt und 1165 nach der Zerstörung der nahegelegenen Harburg zunächst aufgegeben worden. Nach einem Hiatus entstand im 13. Jahrhundert eine Siedlung, auf die sich die Ersterwähnung 1268 und weitere Nachrichten, zuletzt 1675 auf das bereits aufgelassene Vorwerk Hugenworbis beziehen.

Hugenworbis, Ausgrabungsbefund mit Hausresten und Brunnen
Hugenworbis, Ausgrabungsbefund mit Hausresten und Brunnen (Foto: TLDA, Grabungsdokumentation Hugenworbis)
Am originalen Standort erhaltene Reste eines Hauses und eines Brunnens
Am originalen Standort erhaltene Reste eines Hauses und eines Brunnens (Foto: Mario Küßner)

Die Datierung ist in ihrer Gesamtheit durch die geborgene Keramik gegeben: wellenverzierte Keramik des 9./10. Jahrhunderts; für das 10. bis 12. Jahrhundert liegen Scherben von Kugelbodenkeramik vor. Spätmittelalterliche Keramik ist zahlreich vertreten, während glasierte Ware des 15. und 16. Jahrhunderts nur einen geringen Anteil ausmacht und die auch aus den Quellen ersichtliche weniger umfangreiche Neubesiedlung anzeigt. Nach dem Fundaufkommen scheint das Dorf in der früh- bis hochmittelalterlichen Phase prosperiert zu haben, während im 14. bis 16. Jahrhundert eine weilerartige Siedlung (Vorwerk) anzunehmen ist.

Verstürzte Flechtwerkwand
Verstürzte Flechtwerkwand (Foto: TLDA, Grabungsdokumentation Hugenworbis)

Mit der frühen Dorfphase ist eine Uferbefestigung in der Niederung des Molbachs verbunden, die aus senkrecht in den Boden eingestellten Pfosten bestand. Unmittelbar anschließend muss ein Gebäude gestanden haben, von dem Pfosten und Balken – teilweise in Verbindung – und Reste einer aus Rutengeflecht mit beidseitigem Lehmbewurf bestehenden aufgehenden Wand in der dauerfeuchten Niederung überdauert haben.

Etwa 30 m nordwestlich des besiedelten Areals am Rande der Flur „Auf dem Kirchhofe“ ist der zur Siedlung gehörende kleine Friedhof teilweise – einige von Westen nach Osten ausgerichtete Bestattungen – untersucht worden. Auch die Reste einer kleinen Kirche konnten identifiziert werden. Damit ist Hugenworbis eines der wenigen Beispiele für die direkt durch Sachzeugnisse nachgewiesene Grundstruktur eines mittelalterlichen Dorfes im Landkreis Eichsfeld.


Empfohlene Zitierweise

Mario Küßner: “Die Wüstung Hugenworbis” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/79_b_123-die-wuestung-hugenworbis/, Stand 29.11.2018

Quellen und weiterführende Literatur

  • TIMPEL, Wolfgang u. Harald REUßE (1986): Archäologische Untersuchungen auf der Wüstung Hugenworbis bei Breitenworbis, Kr. Worbis, in: Ausgrabungen und Funde 31, S. 231–234.
  • TIMPEL, Wolfgang (1998): Frühmittelalterliche Burgen in Thüringen, in: HENNING, Joachim u. Alexander T. RUTTKAY (Hgg.): Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa, Bonn, S. 151–173.
  • http://www.battern.de/battern/hugenworbis.html

Bildnachweise

  • Vorschau- und Titelbild: Am originalen Standort erhaltene Reste eines Hauses und eines Brunnens (Foto: Mario Küßner)