Die Zeugenberge der Fränkischen Schweiz und ihre Vegetation
Von Eckhardt Jungfer und Martin Feulner – 09/2019
Zeugenberge sind wichtige Elemente der Schichtstufenlandschaft. Sie liegen als Inseln abgetrennt vor der eigentlichen Schichtstufe, wobei ihre oberen geologischen Schichten nicht bis zur Stufe durchziehen. Bei schmalen Gesteinsbrücken (Verbindungen) zwischen Stufenstirn und Zeugenberg spricht man von Halbzeugenbergen. Im klassischen Fall ist das Gesteinspaket in einem Graben abgesenkt und damit vor der Erosion geschützt worden (Staffelberg). Bei extrem widerständigem Gestein kann aber auch die fluviatile Erosion ausreichen, um einen Zeugenberg von dem Schichtverband hinter der Schichtstufe zu trennen (Walberla).
Die bekanntesten Zeugenberge der Fränkischen Schweiz, der Staffelberg im Norden, das Walberla und der Hetzleser Berg im Westen sowie die Neubürg im Osten, werden im Folgenden vorgestellt. Sie sind unterschiedlichen Typen einer Genese zuzuordnen, die im nachfolgenden Schemabild veranschaulicht werden (Abb. 2). Als Beispiel für den Typ D wird auch der weniger bekannte Schießberg vorgestellt. Es sollen hier nicht sämtliche Zeugenberge der Fränkischen Schweiz vorgestellt werden, so fehlen z. B. der Ansberg/Veitsberg, der Kordigast oder der Sophienberg (Abb. 1).
Der klassische Zeugenberg: Staffelberg (Typ A)
Beim Staffelberg ist das Gesteinspaket zwischen zwei Störungszonen in einem tektonischen Graben abgesenkt und damit, vor der Erosion verschont, bis in den Malm-delta noch erhalten. Dort, wo ein geologischer Graben liegt, ragt nach der Erosion der Deckschichten ein erhabener Berg über das Umland als Vorposten der Fränkischen Alb, die sogenannte Reliefumkehr. Weiter westlich sind keine Schichtglieder des oberen Malm erhalten. Kloster Banz, gegenüber dem Main, befindet sich bereits auf den stratigraphisch tiefer liegenden oberen Schichten des Eisensandsteins (Dogger-beta), der auch die Bausteine für das Kloster lieferte.
Ein weiteres Element muss aber noch im Zusammenhang mit dem Begriff Zeugenberg erwähnt werden: das erhabene Herausragen gegenüber der Umgebung. Gerade beim Staffelberg imponiert die mächtige Riffkuppel und unterstreicht das Außergewöhnliche dieses Zeugenbergs (Abb. 3 u. 4). Denn westlich des Mains existieren noch zahlreiche Restvorkommen von Doggersandstein in Kuppenlage, die strukturell gesehen durchaus Zeugenberge sind. Ihnen fehlt aber die Erhabenheit, das Herausragende. So stehen sie eindeutig im Schatten des außergewöhnlichen Staffelbergs. Nicht zuletzt aufgrund dieser das Obermaintal überragenden Position wurde der Staffelberg zu einem Symbolberg der Franken, der z. B. auch im Frankenlied besungen wird.
Der Aufsitzer-Zeugenberg: Beispiel Schießberg (Typ D)
Folgt man dem von der Erosion zerfransten Westrand der Fränkischen Alb weiter nach Süden, dann erkennt man nördlich von Eggolsheim einen Restberg mit einer kleinen Sandsteinkappe aus Dogger-beta, den Schießberg. Mit 421 m Höhe überragt er die sanften Hügel des Opalinustons (Dogger-alpha) und bildet einen Aufsitzer-Zeugenberg. Ähnliche Lagerungsverhältnisse kann man dann auch weiter östlich bei Langer Meile und Burg Feuerstein beobachten. Im Bereich der Mirsberger Höhe, auf der Langen Meile, sind es Gesteine des Malm-gamma, die durch Erosion abgetrennt wurden, während die Burg Feuerstein und der Wachknock sogar isolierte Riffstrukturen erkennen lassen, die dem stratigraphisch jüngeren Malm-delta zugeordnet werden. Entsprechende Fossilfunde sichern diese Einschätzung ab.
Der Hetzles oder das Hetzlaser Gebirge (Typ C)
Der Hetzleser Berg, der Lindelberg, der Vogelhof sowie das Malmvorkommen beim Bremenhof gehören zum Zeugenberg-Komplex des Hetzlaser Gebirges, das östlich von Erlangen die Schichtstufe der Fränkischen Alb dominiert. Von den weiter östlich liegenden Weißjura-Kalken wurde der Hetzles durch die sich einschneidende Schwabach und die Oberläufe des Ehrenbachs getrennt. Auch eine muldenförmige Einsenkung wurde diskutiert, konnte aber bisher nicht nachgewiesen werden.
Um Geologie wie Geomorphologie der Fränkischen Schweiz zu verstehen, ist der Weg von der Ortschaft Hetzles auf das Dach des Tafelbergs ein guter Einstieg. Gleich nach dem Nordende der Ortschaft sind in einem Hohlweg links der Straße feine lamellenartige Sedimente in Wechsellagerung mit kalkigen Sedimenten zu erkennen (vgl. Abb. 5). Diese Papierschiefer genannten Ablagerungen gehören zu den Posidonienschiefern des Lias-epsilon, dem Schwarzen Jura, der seine Farbe den organogenen Beimischungen verdankt, also Eiweißen und Fetten von Meerestieren, die nur unzureichend abgebaut worden sind. Einige Bänke stinken beim Anschlag mit dem Hammer. Weiter nach oben folgen dann die weichen Hänge des Opalinustons (Dogger-alpha) sowie die kompakteren Sandsteine des Eisensandsteins, Dogger-beta (beides Brauner Jura). Nach einer Verebnung, die durch tonige, z. T. auch mergelige Gesteine gekennzeichnet ist, folgt dann der Anstieg in den wohlgebankten Kalken des Malm-beta, besonders gut im alten Steinbruch am Streitbaum zu beobachten.
Die Ehrenbürg oder das Walberla (Typ A)
Die Ehrenbürg ist ein isoliert stehender Bergkomplex östlich von Forchheim. Durch den Ehrenbach ist er von der Juratafel vollständig getrennt (Abb. 7). Geologisch gesehen gehört die Ehrenbürg zur Wiesent-Riffzone, die den mergeligeren Nordwestteil des Jurameeres vom kalkigeren im Südosten trennt. Die Ehrenbürg selbst zeigt eine Verzahnung von Riffkalken mit Bankkalken im Zentrum des Berges.
Verantwortlich für die Abtrennung von der Juratafel der Fränkischen Alb ist die Pautzfelder Störung, die sich nach Querung der Wiesent in der Ehrenbach-Linie fortsetzt. Dabei ist im Bereich von Unterweilersbach der Nordflügel um ca. 50 m abgesenkt (!), sodass im Norden der Opalinuston (Dogger-alpha) direkt an den Amaltheenton des Lias grenzt. Damit befindet sich das Walberla eher in einer Horst- als in einer Grabensituation. Entscheidend dafür, dass das Walberla in dieser tektonischen Ungunstsituation dennoch erhalten geblieben ist, sind die Riffe, die in geologischer Vergangenheit eine Art von Bollwerk gegen die Kräfte der Abtragung bildeten und nun nur noch als kümmerliche Reste erhalten sind. Das wird deutlich an den Schichtflächen in den Dolomitfelsen (Abb. 8), die zu den ehemaligen Riffkuppeln mit bis zu 30 Grad ansteigen. Die zentralen Riffkuppeln müssen also außerhalb des Walberla gelegen sein. Bedenkt man, dass die Fränkische Alb schon vor 150 Mio. Jahren gehoben und während der Kreidezeit und des Tertiärs unter überwiegend tropischem Klima verkarstet wurde, dann versteht man, warum im Inneren der Riffe Höhlen, Gänge, Deckenlöcher, Verstürze und Klufthöhlen als Ergebnisse einer tropischen Verwitterung zu finden sind, bei der zum Schluss nur noch Kegel und Turmkarst übrig bleiben. Genetisch gesehen ist das Walberla daher eher ein Inselberg, strukturell gesehen aber durchaus ein Zeugenberg.
Die Neubürg, ein Zeugenberg im Osten (Typ B)
Da die Fränkische Alb geologisch gesehen eine Muldenstruktur aufweist, sind Zeugenberge nicht nur am West-, sondern auch am Ostrand der Alb vorhanden. Der außergewöhnlichste von diesen an der Frontstufe im Osten ist die Neubürg, ein fast 600 m hoher Restberg, von dem man eine weitreichende Rundumsicht von Bayreuth über das Fichtelgebirge bis in die Nördliche Oberpfalz (Rauher Kulm) hat. In den oberen Bereichen besteht die Neubürg z. T. aus Bankkalken, z. T. auch aus Riffkalken, die von Ornatenton (Malm-alpha und Doggertonen bzw. Sandsteinen) unterlagert werden. Die (fast) wasserundurchlässigen Tone bilden einen Quellhorizont, der das auf die Neubürg fallende Niederschlagswasser in einer Quelle auf dem Parkplatz unterhalb des Plateaus austreten lässt.
Es überrascht nicht, dass die hier vorgestellten Zeugenberge als besonders exponierte und die übrige Landschaft überragende Orte als Siedlungsplätze bereits sehr frühzeitig Zeugnisse menschlicher Besiedlung aufweisen. Dies gilt vor allem für die Kelten vor etwa 4.000 v. Chr. bis zur Zeitenwende. Auch wenn hier nicht diese archäologischen und historischen Tiefen ausgeleuchtet werden sollen, soll doch schlaglichtartig auf sie eingegangen werden.
Auf allen diesen Bergplateaus existieren Siedlungsreste. Man entdeckte Fundstücke, die vor allem von Kult- und Wohnstätten sowie Befestigungswällen herrühren. Die ältesten derartigen Reste auf dem Walberla stammen wohl von ca. 1400 v. Chr. Eine holzgestützte Trockensteinmauer, die wohl um 1300 v. Chr. entstand, sowie ein antikes Haupttor mit Befestigungsanlage (ca. 500 v. Chr.) konnten freigelegt und rekonstruiert werden. Anfang des 4. Jh. v. Chr. wurde die Anlage verlassen.
Auf dem Staffelberg reichen Zeugnisse menschlicher Besiedlung bis etwa 5000 v. Chr. zurück. In der Landschaft sichtbar wurde 2010 eine Pfostenschlitzmauer rekonstruiert, die aus der frühlatènezeitlichen Phase (450–250 v. Chr.) stammt. Vom Oppidum Menosgada aus der Spätlatènezeit (150 v. Chr. bis Christi Geburt) ist noch ein Abschnittswall gut erhalten.
Auch auf der Neubürg ist eine bronzezeitliche Siedlung nachgewiesen, die wohl eine befestigte Höhensiedlung war. Bodenkundliche Artefakte, die bei Grabungen gefunden wurden, belegen, dass die Neubürg von der Jungsteinzeit bis zur Latènezeit (vorrömische Eisenzeit) besiedelt war. Kalksteinbraunlehme und Rendzinen, die vorherrschenden Bodentypen, sind insofern als Bodendenkmale, also als geschützte Böden zu verstehen.
Heute besteht die Attraktion der Zeugenberge vor allem für Wanderer darin, sie zu besteigen und von dort aus eindrucksvolle Blicke in die umgebenden, tiefer liegenden Gebiete vorzufinden.
Die Vegetation der Zeugenberge
So wie die Geologie der Zeugenberge von der Alb zeugt und doch gegenüber der Umgebung abweicht, so weicht auch die Vegetation der Zeugenberge von der sie umgebenden Landschaft ab, und dies so auffällig, dass diese Berge wahre Kleinodien der Flora und Fauna sind.
Vergleicht man die Pflanzenarten der Zeugenberge wie dem Staffelberg oder dem Walberla mit der Umgebung, und speziell mit den Arten der Alb, so stellt man schnell fest, dass viele davon nur auf den Zeugenbergen zu finden sind. Betrachtet man dann noch das Verbreitungsmuster von Arten wie dem Elsässer Sommerwurz (Orobanche alsatica) oder der Gewöhnlichen Bartgras (Bothriochloa ischaemum), so stellt man fest, dass auf den Zeugenbergen viele Arten aus ausgesprochenen Wärmegebieten vorkommen, die in der Alb selbst fehlen. Das liegt wohl einerseits an der besonderen Randlage in unmittelbarer Nachbarschaft zu den wärmebegünstigten Flusstälern, andererseits an einer Klimagunst durch hohe Sonneneinstrahlung und der fehlenden Beschattung. Am Staffelberg sind diese Zeugen der Klimagunst die Wenigblütige Kohlkresse (Fourraea alpina) oder der Rundblättrige Storchschnabel (Geranium rotundifolium), die submediterrane Florenelemente darstellen. Neben den Arten ist das Besondere auch die Vielfalt an unterschiedlichen Lebensräumen, die die Zeugenberge bieten. Allein die steilen Aufstiege mit den kleinräumig wechselnden Wäldern und Felsbändern sind hierbei Refugien seltener Pflanzengesellschaften und die Felsen beherbergen viele endemische Arten wie Mehlbeer- und Habichtskrautarten. Auf den verebneten Hochflächen sind Magerrasen zu finden, die noch schafbeweidet sind. Ganz besonders erwähnenswert sind die Kalkscherbenäcker. Diese beherbergen seltene Ackerunkräuter wie das Adonisröschen (Adonis vernalis) oder den Ackerrittersporn (Consolida regalis, vgl. Abb. 10). Das Besondere an diesen Äckern ist, dass sie zwar steinig und schwer bearbeitbar sind, aber die Steine auch die Sonnenwärme speichern und nachts wieder an den Boden abgeben, was das Wachstum der Ackerfrüchte fördert.
Der Besucherdruck ist natürlich auf den genannten Zeugenbergen sehr hoch, was eine Bedrohung für die Tier- und Pflanzenwelt darstellt. Auf dem Staffelberg gibt es eine Gaststätte und eine Kapelle. Besonders groß sind die Besuchermassen, die zum Walberla-Fest, das alljährlich zu Ehren der Heiligen Walburga, der namensgebenden Heiligen der Kapelle, stattfindet, auf das Walberla strömen. Tausende Menschen machen sich Anfang Mai dorthin auf um zu feiern, zu pilgern und den Gottesdienst zu besuchen. Daher bedurfte es in der Vergangenheit Anstrengungen zur Besucherlenkung. Die Vegetation des Walberla weist so viele Besonderheiten auf, dass es zu Recht Naturschutzgebiet geworden ist.