Themenbereiche Natur & Landschaft

Hangrutsche in der Fränkischen Schweiz

Von Klaus Bitzer – 09/2019

Schichtstufenlandschaften sind reliefbedingt anfällig für Hangrutschungen und Massenbewegungen. Anhand vieler Beispiele können Massenbewegungen und Hangrutschungen in der Fränkischen Schweiz aufgezeigt werden. Vor allem am westlichen Rand der Fränkischen Schweiz sind an den Schichtstufen des Braunen Jura (Dogger) und des Weißen Jura (Malm) zahlreiche Rutschungen in vorgeschichtlicher Zeit entstanden, die charakteristische Formen mit Abrisskanten, Buckelhängen und Rutschungen bilden.

Neben der Umrandung der Hochfläche wird auch in einigen Taleinschnitten im Inneren der Fränkischen Schweiz das stratigraphische Niveau des Ornatentons im Dogger-zeta angeschnitten, auf denen es zu Rutschungen von der Schichtstufe des Malm kommt (beispielsweise das Nord-Süd verlaufende Tal zwischen Götzendorf und Drügendorf sowie die südlichen Abschnitte des Leinleitertals). Große rezente Massenbewegungen sind selten und beschränken sich auf die Umgebung von Ebermannstadt im Wiesenttal und Unterzaunsbach im Trubachtal.

Abb. 1: Lage der behandelten Hangrutschungsgebiete
Abb. 1: Lage der behandelten Hangrutschungsgebiete

Ursache vieler Rutschungen der Schichtstufe des Malm ist eine Hangversteilung infolge der Verwitterungsbeständigkeit und Standfestigkeit der Kalksteine des Malm (vor allem der Massenkalke), die von den weichen und wasserstauenden Schichten des Ornatenton unterlagert werden. Die Schichten des Ornatentons bilden im Wechsel mit den „härteren Schichten“ des Malm die typische Stufenmorphologie mit Verflachung, Stufenstirn und Trauf. Der Ornatenton wirkt darüber hinaus als Stauhorizont für den Karstgrundwasserleiter des Malm und sorgt dadurch für Sickerwasseraustritte im Grenzbereich Malm/Ornatenton, was die Entstehung von Hangrutschen in diesem stratigraphischen Abschnitt in vielen Teilen des süddeutschen Schichtstufenlands zusätzlich begünstigt (JÄGER 2016). In der Regel bildet die Schichtstufe des Malm erst an der Basis des Malm-beta eine scharfe Kante, da der Malm-alpha meist mergelig ist und durch Hangschutt bedeckt morphologisch in den Ornatenton übergeht. Die darüber folgenden Kalksteine des Malm liegen in der Fränkischen Schweiz entweder als gebankte und geklüftete Kalke oder als dolomitisierte Massenkalke ohne Schichtungsmerkmale vor. Die Erosion und Freilegung der Massenkalke des Malm führt zu auffälligen Steilwänden und Felstürmen mit hoher Standfestigkeit und steilen Hangwinkeln. Derartige Massenkalke treten überwiegend im Inneren der Fränkischen Schweiz auf („Wiesentriff“), während am westlichen Rand vorwiegend gebankte Kalke ausstreichen. Diese erreichen an der Stufenstirn Hangneigungen von etwa 30°. Hangschuttbildung führt zu einer Verflachung der Hangwinkel. Die Terrasse, die durch den darunter folgenden Ornatenton gebildet wird, erreicht eine Breite bis zu 200 m und ist im oberen Bereich oft mit Malm-Hangschutt (Solifluktionsschutt) überdeckt. Gelegentlich liegen auch einzelne größere abgerutschte Malmblöcke darauf. Diese Verflachung weist selten mehr als 15° Hangwinkel auf und bildet die Gleitfläche, auf der Malmschutt und Einzelschollen abrutschen. HÜTTEROTH (1994) zeigte an Kartierungen am Staffelberg bei Staffelstein, an der Retterner Kanzel, an der Langen Meile bei Forchheim und am Hetzleser Berg die Dimensionen und charakteristischen Formen dieser Rutschungen (Abb. 1, Abb. 2–5).

Abb. 2: Bergrutsche am Staffelberg
Abb. 2: Bergrutsche am Staffelberg (Quelle: HÜTTEROTH 1994, S. 187)

Die darunterliegenden Sandsteine des Dogger-beta bilden eine weitere Stufe, wobei hier gelegentlich auftretende tonige Zwischenschichten zusätzliche lokale Verflachungen bewirken, auf denen es in geringerem Umfang zu Rutschungen kommen kann. Im Opalinuston des Dogger-alpha kommt es erneut zur Bildung flacher Hänge, die häufig mit pleistozänem Solifluktionsschutt bedeckt sind. Hangrutsche in Sandsteinen des Dogger-beta setzen in der Regel nicht direkt an der Oberkante der Doggerstufe an, sondern etwas tiefer (HÜTTEROTH 1994). Meist ist daher nur der untere Teil des Dogger-beta („Kellersandstein“) beteiligt. Morphologisch unterscheiden sich die Rutschungen der Sandsteine des Dogger in die Opalinustone durch weichere Formen aufgrund des weichen und bröseligen Charakters der Sandsteine, der zu einem raschen Zersatz der Rutschmasse führt. Die Schuttzungen solcher Rutschungen sind meist kurz im Gegensatz zu den Rutschungen der Malmkalke in die Ornatentone.

Abb. 3: Bergrutsche an der Friesener Warte
Abb. 3: Bergrutsche an der Friesener Warte (Quelle: HÜTTEROTH 1994, S. 189)

Erreicht eine im Malm initiierte Rutschmasse die Hangkante der Dogger-beta-Sandsteine, so kann durch die zunehmende Versteilung an der Dogger-beta-Kante eine erneute Bewegung in Gang gesetzt werden. Hierbei kommt es zu einer Durchmischung des Materials: zu Malmschutt und Ornatenton wird nun auch der Sandstein des Dogger-beta zur Komponente der Rutschmasse. Je nach Morphologie erreicht die Rutschmasse den Opalinuston, auf dem sie schließlich liegenbleibt, wie beispielsweise bei der Hangrutschung am Hasenberg bei Ebermannstadt im Jahr 1957. Die Morphologie dieser Rutschmasse zeigt einzelne rotierte Rutschschollen und eine komplexe Akkumulationsmasse (JÄGER 2016).

Hangrutsche entwickeln sich in den traufbildenden Festgesteinen als bis zu 100 m lange und 30 m breite hangparallele Abrisse (HÜTTEROTH 1994), die an listrischen (schaufelartig gekrümmten) Gleitflächen auf die Verflachungen (Ornatenton oder Opalinuston) abrutschen und dort liegenbleiben. Die entstehende Abrissnische im oberen Hangbereich kann dabei aufgrund der Morphologie in einem selbstverstärkenden Prozess durch die immer stärker werdende Durchfeuchtung die Rutschung in Gang halten oder den Bewegungsablauf beschleunigen. Das Einrutschen der Rutschschollen auf bzw. in die weichen und durchfeuchteten Ornatentone setzt eine langsame Rutschbewegung in Gang, die zur Ausbildung der typischen Buckelhänge führt.

Abb. 4: Bergrutsche rings um die Lange Meile
Abb. 4: Bergrutsche rings um die Lange Meile (Quelle: HÜTTEROTH 1994, S. 188)

Die Hangrutsche in der Fränkischen Schweiz sind häufig auf kurze Teilstrecken begrenzt und meist episodisch nachbewegt. Die Morphologie älterer Rutschmassen wird durch Erosion und Denudation rasch geglättet, Buckel werden eingeebnet und Wannen aufgefüllt. Rutschungen, die längere Strecken umfassen, weisen daher meist eine vielphasige Geschichte auf, bei der die älteren Phasen zunehmend schwer zu erkennen sind. Sie enthalten das gesamte stratigraphische Gesteinsspektrum des betreffenden Hangabschnitts.

Sturzartige Bewegungen sind im Bereich der Fränkischen Schweiz rezent so gut wie nicht bekannt, lediglich bei der Rutschung am Hasenberg bei Ebermannstadt im Jahre 1957 wird von sturzartigen Bewegungen berichtet (MÜLLER 1957). Am ehesten ist bei den Rutschungen aus vorhistorischer Zeit bei Kaspauer südwestlich von Weismain und am Burgleiten südöstlich Weismain an sturzartige Bewegungen zu denken.

Abb. 5: Bergrutsche an der Nord- und Westseite des Hetzleser Berges
Abb. 5: Bergrutsche an der Nord- und Westseite des Hetzleser Berges (Quelle: HÜTTEROTH 1994, S. 186)

Das Alter der Rutschungen ist nicht eindeutig zu bestimmen. Ältere (präweichselzeitliche) Rutschungen sind durch Solifluktionsvorgänge der letzten Kaltphase meist bereits komplett eingeebnet (HÜTTEROTH 1994). Rutschungen sind vermutlich nicht in den Phasen kompletter Bodengefrornis aufgetreten, sondern in den Übergangszeiten mit periodischem Auftauen bei weitgehendem Fehlen der Vegetation und fehlender Stabilisierung des Bodens durch Verwurzelung. Rezente Rutschungen sind eher als Nachrutschungen im Schutt älterer Rutschungen zu sehen. Die rezenten Rutschungen bei Ebermannstadt, die nicht als Nachrutschungen zu sehen sind, entstanden im Zusammenhang mit anthropogenen Veränderungen der Geländemorphologie im Umfeld von Steinbrüchen (v. FREYBERG 1957, 1961, 1964). Es zeigt sich, dass die Verteilung kleiner Rutschungen expositionsabhängig ist. Beispielsweise ist in manchen Tälern zu beobachten, dass Hänge mit in den Hang fallenden Schichten eine Tendenz zu schwächer ausgeprägten Rutschungsformen aufweisen als solche Hänge, die mit den Schichten fallen, so etwa im Talabschnitt zwischen Götzendorf und Drügendorf.

Rutschungen sind aber nicht nur naturwissenschaftlich beschreibbare Phänomene. Sie bilden zugleich Risikofaktoren für den wirtschaftenden Menschen: durch einen Hangrutsch kann ein Haus „verschüttet“, eine Straße verbaut , eine landwirtschaftliche Fläche nicht mehr nutzbar werden. Ein Naturrisiko kann häufig, unvermittelt, als ein Extremereignis, das die Menschen meist unvorbereitet trifft, auftreten – und von ihm dann als im Extremfall lebensbedrohende Naturkatastrophe bewertet werden.

So stellt der Straßenbau beim Anstieg auf die Albhochfläche am westlichen Rand sowie im Wiesenttal und im Trubachtal im Bereich des Ornatentons besondere Anforderungen an den Straßenunterbau. Hierzu gehören eine sorgfältige Entwässerung des Straßenbereichs, der weitgehende Verzicht auf Umlagerungen und künstliche Veränderungen der Hangmorphologie sowie die Verwendung ausgesteifter Baukörper im Unterbau zur Stabilisierung. Ältere Straßen im Bereich des Ornatentons zeigen lokal Risse auf dem Asphalt als Folge langsamer Rutschbewegungen. Rutschgefährdeter Baugrund erfordert beim Gebäudebau die Verwendung flexibler Hausanschlüsse, mit denen das Abreißen von Leitungen im Untergrund vermieden werden kann. Tiefbauarbeiten, wie sie im Falle einer Untertunnelung bei der diskutierten Umfahrung von Ebermannstadt notwendig wären, würden Schichten des Opalinustons betreffen, dessen Standfestigkeit ebenfalls eingeschränkt ist und würden dadurch aufwendige technische Sicherungsmaßnahmen erforderlich machen. Einzelne ältere Mauern auf Opalinuston beispielsweise bei Ebermannstadt sind geneigt und deuten eine fortdauernde langsame Bewegung des Untergrunds an. Während solche sich langsam entwickelnden Bauschäden als ungefährlich wahrgenommen und früher nicht mit Hangbewegungen in Verbindung gebracht wurden, erschienen seltene plötzliche sturzartige Bewegungen wie 1625 bei Gasseldorf den damaligen Augenzeugen als Katastrophe und Zeichen göttlicher Willensäußerung (siehe unten). Doch auch die kleineren Schäden durch Hangrutsche von 1957 und 1961 bei Ebermannstadt, die in der wissenschaftlichen Literatur und der Tagespresse ausführlich beschrieben wurden, sind eine natürlich bedingte Gefahr.

Weitere Beispiele für Hangrutsche in der Fränkischen Schweiz

1. Hangrutsch nördlich von Pausdorf

Ein gut erhaltener, in vorhistorischer Zeit entstandener Hangrutsch ist bei Pausdorf am Peussenberg, 2 km westlich von Stübig (Landkreis Bamberg), zu beobachten. Sowohl die Stau- als auch die Zerrungszone sind auf der Laserscanaufnahme gut zu erkennen (Abb. 6, l.). Es handelt sich um eine Rutschmasse aus den unteren Einheiten des Malm-alpha, die auf gut durchfeuchtetem Dogger-Ornatenton abgerutscht ist. Die Vertiefungen auf der nordöstlichen Hochfläche auf dem Laserscanbild sind keine Dolinen, sondern vermutlich Bombenkrater aus dem Zweiten Weltkrieg (Abb. 6, l.).

Abb. 6: Hangrutsch an der Grenze Malm/Dogger bei Pausdorf, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Uetzing, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

2. Hangrutsch an der Burgleite südöstlich von Weismain

In ähnlicher geologischer Position befindet sich an der Burgleite südöstlich von Weismain ein weiterer Hangrutsch, der weitgehend zugewachsen und im Gelände nur schwer zu erkennen ist (Abb. 7). Es handelt sich um eine Rutschmasse aus Malmschutt, die auf Ornatentonen abgeglitten ist und bis zum Niestener Mühlbach hinab reicht.

Abb. 7: Hangrutsch im Malm/Dogger an der Burgleite südöstlich Weismain, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Weismain, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

3. Hangrutsch bei Zultenberg

Abb. 8: Buckelhänge im Ornatenton an der Straße zur Giechburg.
Abb. 8: Buckelhänge im Ornatenton an der Straße zur Giechburg. (Foto: Klaus Bitzer)

Typisch für manche Bereiche des Albrandes ist der kleine Hangrutsch bei Zultenberg (Abb. 9), 3 km nordwestlich von Kasendorf, der in erster Linie der Steilheit der Schichtstufe geschuldet ist und bei dem das leichte Fallen der Schichten gegen den Hang dazu beiträgt, dass die Rutschmasse vergleichsweise klein ausfällt.

Im Gelände sind Hangrutsche anhand typischer unruhiger Morphologie mit buckeligen Formen (Abb. 8) zu erkennen. Die Aufnahme einer Hangrutschung an der Auffahrt zur Giechburg (ca. 30 km südwestlich von Zultenberg) im Bereich des Ornatentons zeigt die „buckelpistenartige“ Ausprägung der Oberfläche.

Abb. 9: Hangrutsch nordwestlich von Zultenberg, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Weismain, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

4. Hangrutsch bei Kaspauer

Eine steile Abbruchkante des Malm bildet über eine Länge von etwa 1.300 m die obere Begrenzung einer komplexen Hangrutschmasse östlich von Kaspauer, 1,5 km südwestlich von Weismain, bei der die durchfeuchteten Ornatentone des Dogger an der Basis der Rutschmasse liegen (Abb. 10). Ein ehemaliger Steinbruch liegt im Bereich der Abrisskante, der Hangrutsch ist jedoch bereits in vorhistorischer Zeit entstanden.

Abb. 10: Hangrutsch 1,5 km östlich von Kaspauer, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Weismain, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

5. Kleine Hangrutsche im Dogger-beta nördlich von Kümmel

An verschiedenen Stellen im Bereich der westlichen Schichtstufe des Jura (beispielsweise bei Tiefenhöchstadt) sind auch kleine Teilstücke des Dogger-beta-Sandsteins über kurze Strecken abgerutscht. Ein Beispiel für mehrere kleine Bergrutsche an der Oberkante der Sandsteine des Dogger-beta befindet sich nördlich der Ortschaft Kümmel (Abb. 11), etwa 1,5 km nordöstlich von Kleukheim (Landkreis Lichtenfels) gelegen. Kleinere Rutschbewegungen von der Schichtstufe des Malm auf Ornatenton sind etwa 100 m nördlich davon zu erkennen.

Abb. 11: Kleine Rutschbewegungen im Dogger-beta 0,6 km nördlich von Kümmel, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Lichtenfels, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

6. Hangrutsche bei Götzendorf

Am westlichen Rand der Albhochfläche sind trotz erheblichen Reliefs keine großen Hangrutsche zu erkennen. Ursache hierfür ist, dass auf der westlichen Begrenzung die Schichten gegen den Hang fallen, wodurch auf natürliche Weise die Hangstabilität gegen Rutschungen erhöht wird. Dieser Sachverhalt ist erkennbar in dem Nord-Süd verlaufenden Tal bei Götzendorf (Abb. 12). Auf der westlichen Talseite fallen die Schichten mit dem Hang, auf der östlichen Talseite fallen sie in den Hang. Obwohl die Schichten auf beiden Talseiten das gleiche Fallen mit nur wenigen Grad Neigung zeigen, ist auf der Talseite, auf der die Schichten mit dem Hang fallen (die westliche Talseite) eine deutlich stärkere Ausprägung der Rutschungen zu erkennen als auf der Talseite, auf der die Schichten gegen den Hang fallen (östliche Talseite). Diese Situation (westliche Talseite, Schichten fallen mit dem Hang) ist auch bei den Hangrutschen in Gasseldorf (1625) und bei Ebermannstadt zu beobachten.

Abb. 12: Hangrutsche in Malm und Dogger-beta/-gamma bei Götzendorf, nördlich von Drügendorf, Landkreis Forchheim. Auf der Laserscankarte wurden nur die Hangrutsche auf der westlichen Talseite koloriert. Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Buttenheim, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

7. Hangrutsch Gasseldorf (am 21. Februar 1625)

Im Bereich des Wiesenttals zwischen Ebermannstadt und Gasseldorf sind mehrere Hangrutsche aus der Vergangenheit bekannt. Der Hangrutsch bei Gasseldorf im Jahr 1625 wurde von der Bevölkerung als einschneidendes Naturereignis wahrgenommen, obwohl die heutigen Geländeverhältnisse und die Laserscan-Karten nur auf einen kleinen Hangrutsch hindeuten (Abb. 13).

Abb. 13: Der Hangrutsch bei Gasseldorf (oben rechts) und der Hangrutsch vom Februar 1961 am Südrand des Einbühls von Ebermannstadt unterhalb des mittlerweile zugewachsenen Steinbruchs (unten links). Auf der Laserscankarte wurden nur die Hangrutsche auf der westlichen Talseite koloriert. Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Ebermannstadt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

Der von Johann Carl angefertigte Stich (Abb. 14) des Hangrutsches von 1625 zeigt die Abrisskante des Malm und die Rutschmasse, die sich auf dem Ornatenton in das Wiesental bewegt hat. Der Blick auf den Hangrutsch erfolgt vom gegenüberliegenden Hang des hier endenden Leinleitertales. Die räumliche Ausdehnung wirkt etwas übertrieben. Gut beobachtet ist die typische Morphologie solcher Bereiche mit unruhigem Relief und mit Buckelhängen.

Abb. 14: Darstellung des Gasseldorfer Hangrutsches im Jahr 1625 von Johann Carl. Die Buchstaben A-N auf der Karte und in der darunter aufgeführten Legende wurden zur leichteren Lesbarkeit farbig hervorgehoben.
Abb. 14: Darstellung des Gasseldorfer Hangrutsches im Jahr 1625 von Johann Carl. Die Buchstaben A-N auf der Karte und in der darunter aufgeführten Legende wurden zur leichteren Lesbarkeit farbig hervorgehoben. (Quelle: HB864 des GERMANISCHEN NATIONALMUSEUMS NÜRNBERG)

Hier wird die unter der Karte ausgeführte Beschreibung des Hangrutsches in leichter lesbaren Schrifttypen der Gegenwart wiederholt:

„Demnach sich dieser Wunder Berg / so im Bisthumb Bamberg /zwischen Ebermanstatt und Gaiseldorff / auff der lincken Hand ligt / und die Trudenleiden genannt wird / hievor Dienstags den 22 Februarii / […], dieses instehenden 1625 Jahrs / zwischen 10. und 11. uhr vormittags durch sonderliche Wirckung und verhengnuß Gottes / sich mit schrecklichem krachen und geprassel auffgethan unnd von einander gerissen hat / also daß die umbwohnenden solches mit großer forcht und schrecken / angehört und gesehen haben / wie dann die tägliche Erfahrung mit sich bringt / daß sich derselbe noch immer und augenscheinlich von oben herab sencken / und fort schieben thut / und auch gegen Thal die Felder / so er antrifft in die höhe hebt / und gleichsam auß der Ebnen Berg und Hügel macht / wie dann auß beygedruckter Figur mit mehrem umbständig zu sehen ist. Es haben sich auch allbereit auff bemeldtem beweglichen theil deß Bergs / so bey die 20 Morgen oder Jauchert inn dem Umbkreiß helt unnd begreift / bey 200 Bäumen von geschlachten und wilden Obßfrüchten versenckt / zu Boden gerissen / unnd gar verschüttet. Derohalben dieser Berg / so vorhin mit Menschen und Vieh ohne gefahr besucht und genossen worden / nicht mehr wegen der erschröcklichen Felßrissen / Klüften un Steinritzen kann betryben werden. Man hat auch Sambstags zuvor / und ehe derselbe gerissen / oben auff dem Berg / ein unbequem Feuer gleich einer Kugel brennen sehen / aber unbewußt woher es kommen. Was nun solches schröckliche Wunderwerck bedeutet / und noch mit sich bringen wird / ist Gott allein bewußt / doch darauß gewiß anzunemen / daß solches ein Zeichen der Ungedult / so die Berg und Felsen über der Menschen Sünd haben und tragen. Wird uns aber zur warnung vorgestellt / daß wie auch unsere Hertzen / und nicht die Kleider zerreissen / durch wahre Buß in deß gerechten Gottes gefaste Zornes Ruthen fallen / damit nicht die Erde unter uns ihren Rachen auffthu und lebendig verschlinge. Der Barmhertzige Gott wolle die Hertzen der Menschen erweichen / und die angedrohete Straffen genedig von uns abwenden.

Kurtze verzeichnuß alles dessen / so in obstehender Figur notwendig zu sehen ist.

A der nochstehende theil deß Berges / so oben ein grosse Ebne / höch und läng hindersich hat / welcher vornen nach längst der Klufft in gestalt einer aufgesetzten Mauren anzusehen ist / als die von grossen harten Marbel oder Kalcksteynen zugericht were / und sich auff 1000 Werckschuh in die läng erstrecken thut.

B Das ander theil des Bergs / so sich abgerissen unnd inn die 50. 60. biß auff 70 Werckschuh weit von dannen gegen dem Thal hinab geschoben / und diese grosse Klufft eröffnet hat.

C Semd haufen grosser auffeinander stehender stuck Stein / in gestalt zerfallener Gemäuer / so inn erstbemeldter grosser Klufft absonderlich ledig und frey stehen.

D Drey Kirschbaum / welche gleichsam deß Bergs warzeichen und nechst oben an der schärff der Klufft stehen.

E Viel hundert unterschiedliche tieffe Erdklüfften / so inn dem gesenckten theil deß Bergs / hin und wider gesehen werden.

F Flachsrösten / so mit Waser angefüllt / unnd doch von dem Berg (ungeacht sie fast mitten inliegen) mit fort geschoben / und doch nicht verschütt oder umbkehrt werden.

G Ist das unterste theil des Bergs / der sich noch täglich über die Felder fortscheubt / und dieselben bedecken thut.

H Der Gehnsteig von Gaiseldorf nach Ebermanstatt / so vom Berg verschütt worden.

I Ein tiefer Holweg / darvon der schiebende Berg unfer gelegen / und künfftig denselben auch erreichen mögte.

K Ebermanstatt.

L Gaiseldorff.

M Rotenbühl / am Kreusenberg.

N Ein hoher felsiger Berg / so nechst an Gaiseldorff gelegen.

In Nürnberg bey Hanns Philipp Walch zu finden.“

Eine weitere Darstellung des Hangrutsches von der gegenüberliegenden Talseite der Wiesent durch einen unbekannten Autor mit dem Kürzel M.I.S. – es handelt sich um ein Flugblatt – zeigt eine Morphologie, die nur teilweise mit dem heutigen Relief übereinstimmt (Abb. 15). Auf der Darstellung wird der Bereich zwischen Gasseldorf und Ebermannstadt abgebildet. Die Darstellung erweckt den Eindruck, der Gasseldorfer Hangrutsch beziehe sich auf mehrere Rutschmassen und bedecke den gesamten Bereich des Hanges bis nach Ebermannstadt. Tatsächlich sind am Hang zwischen Gasseldorf und Ebermannstadt allerdings drei Rutschmassen zu erkennen (Abb. 16), von denen die westliche Rutschung am Einbühl (südlich des Druidenstein) im Jahr 1961 stattfand. Der Hangrutsch von 1625 ist auf die am weitesten östlich gelegene Rutschmasse unmittelbar bei Gasseldorf begrenzt. Auf der Darstellung in Abb. 15 stimmen Morphologie und Größenverhältnisse nicht mit den Geländeverhältnissen überein. Der Zeichner hat die Rutschung vermutlich nicht selber gesehen oder er hat die räumliche Verbreitung und Anordnung der Rutschmasse aus anderen Gründen übertrieben dargestellt.

Abb. 15: „Eygentliche abbildung deß Gaßldorffer Bergs/nechst bey Ebermannstatt“. Darstellung des Gasseldorfer Hangrutsches von 1625 auf einem zeitgenössischen Flugblatt.
Abb. 15: „Eygentliche abbildung deß Gaßldorffer Bergs/nechst bey Ebermannstatt“. Darstellung des Gasseldorfer Hangrutsches von 1625 auf einem zeitgenössischen Flugblatt.
Abb. 16: Hangrutsche im Bereich Ebermannstadt (mit Abbildungs-Nummer der Detaildarstellungen): Abb. 13: Gasseldorf, Abb. 18: Muckelteich/Breitenbachtal, Abb. 20: Hasenberg)
Abb. 16: Hangrutsche im Bereich Ebermannstadt (mit Abbildungs-Nummer der Detaildarstellungen): Abb. 13: Gasseldorf, Abb. 18: Muckelteich/Breitenbachtal, Abb. 20: Hasenberg) (Quelle: Topograph. Karte TK25 Blatt Ebermannstadt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)

8. Rutschung der Mülldeponie von Ebermannstadt am Muckelteich

Abb. 17: Verrutschter Deponiekörper am Hangrutsch in das Breitenbachtal
Abb. 17: Verrutschter Deponiekörper am Hangrutsch in das Breitenbachtal (Foto: Klaus Bitzer)

Im Bereich von Ebermannstadt ist es in der Vergangenheit zu mehreren Rutschungen gekommen, von denen drei größere Bewegungen in den Jahren 1957, 1961 (Rutschung am Einbühl) und 1979 stattfanden. Die Laserscan-Karten (Abb. 13, 18 und 20) zeigen ein unruhiges Relief, auf dem sich sowohl die jüngeren Hangrutsche als auch ältere Bewegungen unterscheiden lassen. Besonders eindrucksvoll ist der Hangrutsch am Muckelteich in das Breitenbachtal hinab (17./18. Februar 1979) im Bereich des früheren Müllplatzes östlich des Steinbruchs zu erkennen (Abb. 18). Hier hat sich am Ende der Rutschmasse eine Rutschzunge mit einem ausgeprägten Endwall entwickelt, die fast bis an den Breitenbach heranreicht. Die Anlage der Mülldeponie unterhalb des Steinbruchs auf gut durchfeuchtetem, schwach nach Osten geneigtem Ornatenton führte zum Abgleiten der Deponie. Der abgeglittene Deponiekörper wurde in dieser Position belassen und begrünt. Der verrutschte Müllkörper kann entlang der Rutschmasse beobachtet werden (Abb. 17).

Abb. 18: Hangrutsch am Muckelteich bei der Dreifaltigkeitskapelle (Ebermannstadt) Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Ebermannstadt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

9. Hangrutsch am Hasenberg bei Ebermannstadt

Abb. 19: Hakenschlagender Baum im Bereich des Bergrutsches am Hasenberg bei Ebermannstadt (18./19. Februar 1957)
Abb. 19: Hakenschlagender Baum im Bereich des Bergrutsches am Hasenberg bei Ebermannstadt (18./19. Februar 1957) (Foto: Klaus Bitzer)

Als Folge von Schneeschmelze und Niederschlägen kam es am 18./19. Februar 1957 bei Ebermannstadt zu einem großen Hangrutsch am Hasenberg („Burgstall“ in der Topographischen Karte, Abb. 16, links), bei dem die Feuersteinstraße auf 250 m Breite weggeschoben und 625.000 m3 Gestein bewegt wurden (Abb. 20). Die Rutschmasse bewegte sich dabei über eine Strecke von bis zu 350 m. Die Rutschzunge erreichte den Ortsrand von Ebermannstadt. Bei dieser Rutschung waren sowohl Rutschmassen aus dem unteren Malm über die Ornatentone als auch die darunter liegenden Sandsteine des Dogger-beta beteiligt. Die Rutschmasse blieb schließlich auf Opalinuston liegen. Die Geschwindigkeit der Rutschmasse soll bis zu 1 m/Minute erreicht haben, es soll auch sturzartige Bewegungen bei der Abscherung der Doggersandsteine gegeben haben (MÜLLER 1957).

Im Bereich dieses Rutsches zeigen hakenschlagende Bäume (Abb. 19), dass die Bewegungen jung sind und in Zukunft vermutlich episodisch erneut auftreten werden.

Abb. 20: Hangrutsch am Hasenberg vom 18. / 19. Februar 1957, Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Ebermannstadt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19

10. Hangrutsch im Trubachtal bei Unterzaunsbach

In ähnlicher geologischer Situation wie im 6 km nördlich gelegenen Ebermannstadt hat sich im Jahr 1936 auch bei Niederzaunsbach, 3 km östlich von Pretzfeld im Trubachtal, ein Hangrutsch entwickelt (MEYER & SCHMIDT-KAHLER 1992), dessen unterer Bereich noch heute im Gelände mehrere gut entwickelte Rutschzungen erkennen lässt (Abb. 21). Der Abrissbereich ist aufgrund der Bewachsung im Gelände schwer erkennbar. Beim Straßenbau von Wannbach nach Wichsenstein mussten die Bedingungen des rutschgefährdeten Untergrunds in Betracht gezogen werden.

Abb. 21: Rutschung in Unterzaunsbach am Fuß des Wachfels, bei den punktuellen Erhebungen auf der Laserscan-Karte handelt es sich vermutlich um Hügelgräber Quelle: links in Laserscan-Darstellung, rechts Topographische Karte TK 25 Blatt Ebermannstadt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19


Empfohlene Zitierweise

Klaus Bitzer: “Hangrutsche in der Fränkischen Schweiz” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/81_b_109-hangrutsche/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • FREYBERG, Bruno von (1957): Bilder vom Hangrutsch bei Ebermannstadt vom 18.–19. Februar 1957, in: Geologische Blätter für Nordost-Bayern 7, S. 125–132.
  • FREYBERG, Bruno von (1961): Das Bild des Bergrutsches 1961 vom Einbühl bei Ebermannstadt, in: Geologische Blätter für Nordost-Bayern 11, S. 155–161.
  • FREYBERG, Bruno von (1964): Zwei Schuttgenerationen auf dem oberen Dogger bei Ebermannstadt, in: Geologische Blätter für Nordost-Bayern 14, S. 30–31.
  • HAGENBERGER, Wulf (1961): Der Bergrutsch vom Einbühl bei Ebermannstadt, in: Geologische Blätter für Nordost-Bayern 11, S. 148–155.
  • HÜTTEROTH, Wolf-Dieter (1994): Bergrutsche an der nördlichen Fränkischen Alb, in: Mitteilungen der Fränkischen Geographischen Gesellschaft 41, S. 182–204.
  • JÄGER, Daniel (2016): Massenbewegungen im Fränkischen Schichtstufenland. ‒ Inaugural-Dissertation, Universität Würzburg.
  • KRONBERGER, Karl (1960): Der große Bergrutsch am Hasenberg bei Ebermannstadt, in: Berichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth 10, S. 77–82.
  • MEYER, Rolf K. F. & Hermann SCHMIDT-KAHLER (1992): Wanderungen in der Erdgeschichte (5). Durch die Fränkische Schweiz. ‒ München.
  • MÜLLER, Klaus Walter (1957): Der Bergrutsch bei Ebermannstadt (Fränk. Alb) vom 18.–19. Februar 1957, in: Geologische Blätter für Nordost-Bayern 7, S. 119–125.
  • REINDL, Joseph (1905): Ergänzungen und Nachträge zu v. Gümbels Erdbebenkatalog, in: Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Klasse der K. B. Akademie der Wissenschaften 35, S. 31–68.

Bildnachweise

  • Titelbild: Hangrutschung am Hasenberg bei Ebermannstadt 1957: Abrissstelle und Zerr-Risse (Quelle: FREYBERG 1957, S. 127)
  • Vorschaubild: Skizze der Bergrutschfläche am Hasenberg, Rutschungsfläche farbig hervorgehoben (Quelle: MÜLLER 1957, Tafel 3)