Die Hoffnungstaler Stiftung in Lobetal – Diakonie mit Tradition

Von Jan Cantow – 12/2020

Die auf den 1905 durch Friedrich von Bodelschwingh gegründeten Verein Hoffnungstal e. V. zurückgehende Hoffnungstaler Stiftung Lobetal blickt auf mittlerweile über 115 Jahre diakonisches Handeln zurück. Ausgehend von der Obdachlosenfürsorge bietet die Stiftung heute ein breites Spekturm von Angeboten im Bereich Diakonischer Hilfen, Bildung und Dienstleistungen. Erfahren Sie im folgenden Artikel mehr über die bewegte Stiftungsgeschichte von der Gründung bis heute.

Einführung

Die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal ist eine rechtsfähige kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts im Stiftungsverbund der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mit Sitz in Bernau bei Berlin, Ortsteil Lobetal. Die gemeinnützige Stiftung geht zurück auf den 1905 von Friedrich von Bodelschwingh d. Ä. (1831–1910) gegründeten Verein Hoffnungstal e. V. Lobetal unterhält soziale Einrichtungen und Dienste für Menschen, die auf Hilfe und Begleitung angewiesen sind, und engagiert sich in der Ausbildung von sozialen Berufen. Standorte befinden sich in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

1. Gründungsumfeld

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte eine tiefgreifende soziale Umschichtung und rasante Mobilisierung der preußischen Gesellschaft. Durch die zunehmende Mechanisierung der agrarischen Produktion im Kontext der industriellen Revolution verloren viele ehedem ortsansässige Landarbeiter und verarmte Kleinbauern ihre ökonomische Lebensgrundlage. Ein großer Teil der ländlichen Bevölkerung zog zunächst ohne feste Unterkunft auf der Suche nach auskömmlicher Arbeit als Tagelöhner von Ort zu Ort. Verschiedene soziale Hilfsangebote für mobile Obdachlose, wie Naturalverpflegungsstationen, Arbeiterkolonien und Herbergen zur Heimat, die überwiegend aus nichtstaatlicher, zumeist christlich motivierter Initiative erwuchsen, wurden unter der Bezeichnung Wandererfürsorge zusammengefasst. (SCHEFFLER 1987)

Je länger je mehr bestimmte eine ausgeprägte Landflucht, die eine zunehmende Verstädterung nach sich zog, den Charakter der Binnenwanderung. Dies galt in besonderem Maße für die nordöstlichen Provinzen Preußens und das Großherzogtum (beider) Mecklenburg (M.-Schwerin und M.-Strelitz). Der überwiegende Teil der arbeitslos gewordenen Landbevölkerung Ostpreußens, Westpreußens und Posens wanderte in rasch wachsende Großstädte ab, die sich zu Metropolen entwickelten.

Trotz eines rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs im 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich fehlten soziale Sicherungssysteme noch weitgehend. Die soziale Frage spitzte sich in den Metropolen, wie Berlin, zu. In den rasch hochgezogenen Mietskasernen herrschte extremes Wohnungselend. Geringe Einkommen oder fehlende Erwerbsmöglichkeiten führten zu Massenarmut, zogen steigende Obdachlosigkeit sowie eine Zunahme des Bettelns und eine erhöhte Verbrechensquote nach sich. 1886 eröffnete in der Berliner Fröbelstraße das Städtische Obdachlosenasyl „Palme“. Es umfasste 40 Schlafsäle allein für nächtliche Obdachlose. 3.000–3.500 überwiegend männliche Obdachlose nahmen diese Notschlafstelle täglich in Anspruch. (BIELEFELD 2021)

2. Aufbauphase (1905–1909)

Abb. 1: Friedrich von Bodelschwingh
Abb. 1: Friedrich von Bodelschwingh (Quelle: Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel)

2.1 Friedrich von Bodelschwingh

Friedrich von Bodelschwingh d. Ä. (1831–1910) (SCHMUHL 2005) beklagte eine zunehmende Verrohung der Sitten und die Entchristlichung der pauperisierten Bevölkerungsschichten in den Großtädten. Er wollte mit sozialen Hilfeangeboten, die im Kontext der Inneren Mission standen (JÜLLIG u. RÖPER 1998), Voraussetzungen für eine Rechristianisierung schaffen. Das Elend der Berliner Obdachlosen lernte er als Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, dem er von 1904–1908 angehörte, kennen. Mehrfach suchte er in Begleitung des für das städtische Armenwesen zuständigen Stadtrates Emil Münsterberg das Berliner Obdachlosenasyl auf. Die Notlage der Berliner Obdachlosen lernte Bodelschwingh auch bei Besuchen der Schrippenkirche (SCHEER 2007) in der Ackerstraße kennen.

2.2 Verein Hoffnungstal

Am 28. März 1905 wurde auf Anregung Friedrich von Bodelschwinghs im Berliner Abgeordnetenhaus der Verein Hoffnungstal für die Obdachlosen der Stadt Berlin e. V. gegründet. Der Verein Hoffnungstal bezweckte, „… in einer bezw. mehreren ländlichen Arbeiterkolonien obdach- und arbeitslosen, aber zur Arbeit fähigen und willigen Männern jeden Standes und jeder Religion für längere Zeit eine Zufluchts- und Bewahrungsstätte zu bieten …“ (SATZUNG 1905) Private Initiativen wie die Schrippenkirche oder die Gründung des Vereins Hoffnungstal konnten zwar die fehlenden sozialen Sicherungssysteme nicht ersetzen. Sie bewirkten jedoch eine Linderung akuter Notstände.

Abb. 2: Kolonisten beim Anlegen der Obstplantage, Lobetal (um 1910)
Abb. 2: Kolonisten beim Anlegen der Obstplantage, Lobetal (um 1910) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

2.3 Arbeiterkolonie

Die Arbeiterkolonie eröffnete dem Einzelnen als Alternative zur Arbeits- und Obdachlosigkeit die Möglichkeit, statt den Lebensunterhalt zu erbetteln, ihn durch Arbeit zu verdienen. Nutzbringende Arbeit statt Bettelei, menschenwürdige Unterkünfte statt massenhaftem Kampieren in Obdachlosenasylen und sinnstiftende, christlich geprägte Gemeinschaft statt Gottlosigkeit und Verrohung sollten das Leben bestimmen und die Kolonisten für eine Rückkehr in die Gesellschaft vorbereiten. Bodelschwingh hatte das Prinzip „Arbeit statt Almosen“ bereits bei ländlichen Wanderarmen in Westfalen mit der 1882 erfolgten Gründung der ersten Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf (SCHEFFLER 2006) in der Bielefelder Senne erfolgreich erprobt, bevor er es zwei Jahrzehnte später auf die veränderten Bedingungen in der Reichshauptstadt anwandte. Wie in den meisten Arbeiterkolonien wurden auch in den Kolonien des Vereins Hoffnungstal Arbeitsnachweise geführt. Durch den Nachweis von Arbeit außerhalb der Kolonie wurde die Arbeitswilligkeit des Kolonisten mit der Chance auf eine Reintegration in die Gesellschaft belohnt. Bodelschwingh wollte, dass die „Fleißigsten auch einmal zu einem eigenen Heim auf eigener Scholle gelangen können.“ (BODELSCHWINGH 1905)

Abb. 3: Einzelstübchen Hoffnungstal (1905)
Abb. 3: Einzelstübchen Hoffnungstal (1905) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

2.4 Einzelstübchen

Eine exklusive Neuerung in den Arbeiter-kolonien des Vereins Hoffnungstal bestand in der Unterteilung der Unterkünfte in separate Schlafstellen. Die kleinen Séparées waren etwa ein Meter vierzig breit und zwei Meter lang. Sie waren durch Trennwände gegeneinander abgegrenzt und besaßen einen Vorhang. Die Einrichtung bestand aus einem Bett und einem verschließbaren „Stuhlschrank“ mit aufklappbarer Sitzplatte. In seinem „Kämmerlein“ konnte der Kolonist, ganz im Gegensatz zu den Schlafsälen des Obdachlosenasyls, allein für sich sein, seine Habseligkeiten sicher aufbewahren und nach Feierabend in ein eigenes kleines Refugium zurückkehren. Bodelschwingh ließ Unterkünfte mit Einzelstübchen errichten, um das Selbstwertgefühl des Einzelnen zu stärken und – durchaus in missionarischer Absicht – der gestärkten Persönlichkeit das stille Gebet zu ermöglichen. Die Kolonisten sollten sich, so Bodelschwingh, „als geachtete Persönlichkeiten (fühlen), die in der Stille ihrer Kämmerchen sich wieder auf sich selbst besinnen und vor allem mit ihrem Gott allein sein können.“ (BODELSCHWINGH 1907)

2.5 Gustav Lilienthal

Gustav Lilienthal (1849–1933) (REICHHARDT 1989), Bruder des Flugpioniers Otto Lilienthal (1848–1896) (SCHWIPPS 1986), wurde zum Lobetaler Baumeister der ersten Jahre. Er war ein Anhänger der Lebensreformbewegung und vielseitiger Tüftler und Erfinder auf den Gebieten der Flugtechnik und des Bauwesens. Lilienthal war beseelt vom kostengünstigen und modularen Bauen. Er besaß u. a. ein Patent auf die nach seiner Firma „Terrast-Baugesellschaft“ benannte Terrast-Decke. Die von ihm entwickelten, auch in Eigenregie herstellbaren Zement-Hohlblocksteine fanden unter anderem Verwendung in der „Vegetarischen Obstbaukolonie Eden“ in Oranienburg und in der von Lilienthal gegründeten Wohnungsbaugenossenschaft „Freie Scholle“ in Berlin-Waidmannslust. Lilienthal erfand eine besondere Bauweise aus vorgefertigten Wandelementen, die als ein Vorläufer der heutigen Fertigteilbauweise gesehen werden muss. Bodelschwingh war von Lilienthals System nicht nur begeistert, weil es kostengünstig schien. Die Verwendung fertiger Bauelemente bot den Kolonisten die Möglichkeit, selbst anzupacken und ihr eigenes Heim in kürzester Zeit selbst aufzurichten.

Abb. 4: Die ersten Kolonisten von Hoffnungstal (1905)
Abb. 4: Die ersten Kolonisten von Hoffnungstal (1905) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

2.6 Hoffnungstal

In Rüditz bei Bernau pachtete der Verein Hoffnungstal 1905 einen Gutshof. Ausschlaggebend für die Ortswahl war die Nähe zu Berlin, das einen halben Tagesmarsch entfernt lag und daher von den Obdachlosen fußläufig erreichbar war. Die ersten 17 Männer bezogen den Gutshof im Juni 1905. Im gleichen Jahr wurden von den Berliner Stadtgütern 700 Morgen minderwertiger Wald und 80 Morgen Ackerland hinzugepachtet. Arbeit war reichlich vorhanden. Bau- und Brennholz konnten durch Rodung gewonnen und Sumpfland trockengelegt werden. Es wurde Bodenverbesserung durch Rigolen und Einbringung von Dung aus den Berliner Abmelkwirtschaften betrieben. Der Gartenbau brachte Erträge, die zur Deckung des Eigenbedarfs und zum Verkauf dienten. Eine Feldbahn wurde errichtet, die sowohl Anschluss an die Berlin-Stettiner Eisenbahn als auch an die Hobrechtsfelder Wirtschaftsbahn hatte. Die erste Wohnbaracke mit je zwei Schlafsälen zu 25 Betten wurde im November 1905 eingeweiht. Gustav Lilienthals innovative Bauweise mit vorgefertigten Wand- und Deckenelementen fand Verwendung. Die Arbeiterkolonie Hoffnungstal war gedacht „für reifere Männer, die schon am Leben verzweifelnd, hier wieder fröhliche Hoffnung fassen sollen“ (BODELSCHWINGH 1905)

Abb. 5: Lobetal (1907)
Abb. 5: Lobetal (1907) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

2.7 Lobetal

1906 erwarb der Verein westlich von Rüdnitz gelegene Waldungen von der königlichen Forstverwaltung. Auf dem Gelände wurde das Projekt Hoffnungstal weiterentwickelt. Die Kolonie war gedacht „für die jugendlichen Arbeitslosen, die hier wieder fröhliche Loblieder anstimmen sollen.“ (BODELSCHWINGH 1905) Sie würden, so Bodelschwingh, „sich die Baracke selbst aufschlagen und dann in einem Wiesenthal sofort einen Garten anlegen und der guten Mutter Erde mit Schweiß und Arbeit wieder selbst ihre Nahrung abnötigen und wieder lernen, wie gut selbstverdientes Brot schmeckt.“(BODELSCHWINGH 1905) Gleichsam als Pforte zu dem hinter den Unterkunftsbaracken blühenden Obst- und Gemüsegarten konzipierte Bodelschwingh Lobetal als ein Dreiseithof-Ensemble mit parkähnlichem, kleinbürgerlich anmutendem Ziergarten als Gegenentwurf zum „gottlosen Sumpf“ des „Berliner Sündenlebens“. Eine 1907 errichtete, kaum mehr als mannshohe, ursprünglich fast ebenerdig stehende Christusstatue begrüßte den Ankömmling am Eingang, zugewandt mit einladender und aufrichtender Geste. Der nach dem Vorbild des Segnenden Christus von Bertel Thorvaldsen gestaltete, Erlösung verheißende, „Einladende Christus“ begegnete dem „mühseligen und beladenen“ (Mt 11,28) Bettler als seinem „geringsten Bruder“ (Mt 25,40) auf Augenhöhe.

Abb. 5: Lobetal (um 1910)
Abb. 5: Lobetal (um 1910) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

1907 wurde Lobetal durch die Kolonie Gnadental “für die bereits ermatteten, aber doch noch arbeitsfähigen Greise“ (BODELSCHWINGH 1905) ergänzt. Der Ausbau von Lobetal fand einen ersten Höhepunkt mit dem 190809 erfolgten Wiederaufbau der in Berlin abgerissenen Lazarus-Kapelle, einer im Hinblick auf die kleine Kolonie, gewaltigen, alles überragenden Fachwerkkirche. Der Transport des demontierten Fachwerks der Lazarus-Kapelle, die 1892 als Notkirche für die aus der Berliner Markus-Gemeinde ausgegründete Lazarus-Gemeinde errichtet worden war, erfolgte mit der Bahn bis zum Bahnhof Rüdnitz und von dort mit der Feldbahn (Lorenbahn) weiter nach Lobetal. Gustav Lilienthal begleitete den Wiederaufbau, bei dem die Kolonisten mitwirkten. Im Kirchensaal wurden Gottesdienste gefeiert, alle Mahlzeiten eingenommen und Versammlungen abgehalten. „Einladender Christus“ und Lazarus-Kapelle bildeten den Rahmen der kleinen Ansiedlung mit Erweiterungspotenzial. Die Lazarus-Kapelle und der „Einladende Christus“ stehen heute unter Denkmalschutz. (ROHOWSKI 2020)

3. Festigung (1910–1935)

Abb. 6: Friedrich Onnasch
Abb. 6: Friedrich Onnasch (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

3.1 Kontinuität

Mit der Einweihung der Lazarus-Kapelle 1909 erfolgte zugleich die Einführung des Geistlichen Vorstehers, Friedrich Onnasch (1881–1945) (PAGEL u. METZ 1995). Bodelschwingh besuchte Lobetal nach dem Ende der Legislaturperiode (1908) kaum noch. Die trotz rechtlicher Selbständigkeit des Vereins engen Beziehungen zu Bethel wurden insbesondere getragen durch die Leitung der Häuser (Hauseltern) und das Personal, das sich weit überwiegend aus Diakonen und Diakonenschülern der Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth in Bethel rekrutierte (NEUMANN 2010; FRICK 1977). Nach dem Tod des Gründervaters konsolidierte sich die Entwicklung im Kernbereich. Der Landkauf beförderte dabei den inneren Ausbau Lobetals zu Ungunsten Hoffnungstals, das auf Pachtland errichtet war. (ONNASCH 1912)

Abb. 7: Arbeiterkolonie Dreibrück (um 1915)
Abb. 7: Arbeiterkolonie Dreibrück (um 1915) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

3.2 Erweiterung

Den ersten Arbeiterkolonien Hoffnungstal, Lobetal und Gnadental folgte 1914 die Arbeiterkolonie Dreibrück im Havelländischen Luch bei Nauen (BERICHT 1914). Die Gründung von Dreibrück traf zusammen mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, was den Betrieb der Außeneinrichtung erschwerte und die beabsichtigte Erweiterung zunächst verzögerte. Der Erhalt des Standortes konnte jedoch gesichert werden. In Dreibrück wurden wesentlich höhere landwirtschaftliche Erträge erzielt als auf den kargen Böden Lobetals und Hoffnungstals. In den 1920er Jahren profitierte Dreibrück von den Zuweisungen Obdachloser durch die Stadt Berlin. 1922 erfolgte die Errichtung einer zweiten „Heimstätte“, wobei demontierte Teile einer Lilienthalschen Baracke aus Hoffnungstal verbaut wurden.

3.3 Stagnation

Der Versuch, die Arbeit über den Kernbereich Hoffnungstal/Lobetal hinauszutragen, blieb zunächst stecken. Das Werk geriet in den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Existenznot. Die Novemberrevolution fegte das alte Regime hitzig hinweg. Im Herbst 1919 beklagte Fritz von Bodelschwingh (1877–1946) in einen, an die Freude Hoffnungstals gerichteten Bittbrief, dass „die aufregende Unruhe Berlins mit ihrer Abwechselung, das zuchtlose Leben dort und die Erwerbslosenunterstützungen eine stärkere Anziehungskraft (hätten) als die stille Arbeit in Hoffnungstal. … Das Unkraut zwischen den Bäumen müssen wir wachsen lassen …“ (BODELSCHWINGH 1919). Diese Situation veränderte sich in den Krisenjahren (1918–1923) der jungen Weimarer Republik kaum.

3.4 Sanierung

192324 erholte sich Lobetal wirtschaftlich wieder. In der Phase der relativen Stabilisierung („Goldene Zwanziger“) der Weimarer Republik (1923–1929) flossen erhebliche Mittel in die sozialen Systeme. Die Hoffnungstaler Anstalten bauten ihr Hauptarbeitsfeld die Wandererfürsorge stetig aus. In Berlin hatte die Zahl der Obdachlosen einen Spitzenwert erreicht. Die Stadt war bestrebt, das Obdachlosenasyl zu entlasten und verwies auf die Arbeiterkolonien (BIELEFELD 2021). Dieses Angebot nahmen viele Obdachlose wahr, zumal die Weigerung eine Verhaftung nach sich ziehen konnte. Es drohten Gefängnisstrafen oder Zwangseinweisungen ins Arbeitshaus auf der Basis des Gesetzes über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen (AYAß 1993). Die Arbeiterkolonien nahmen in dieser Zeit besonders viele Wanderer auf und stießen schon bald an die Grenze ihrer Kapazität. Nachdem bereits durch den Ausbau von Dreibrück erweitert wurde, führte der Erwerb eines Gutes 1925 zur Einrichtung der Arbeiterkolonie Reichenwalde bei Storkow. Reichenwalde profitierte von den Zuweisungen aus Berlin in besonderem Maße. 1932 übernahmen die Hoffnungstaler Anstalten die 1929 gegründete Herberge zur Heimat in Eberswalde.

Abb. 8: Arbeiterkolonie Reichenwalde, Wirtschaftshof (um 1925)
Abb. 8: Arbeiterkolonie Reichenwalde, Wirtschaftshof (um 1925) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 9: Gutshaus Blütenberg (vor 1935)
Abb. 9: Gutshaus Blütenberg (vor 1935) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 10: Herberge z. Heimat Eberswalde, Schlafsaal (um 1930)
Abb. 10: Herberge z. Heimat Eberswalde, Schlafsaal (um 1930) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

Die christliche Herbergsarbeit ging auf Theodor Perthes (1809–1864) zurück, der 1854 in Bonn die erste Herberge zur Heimat für wandernde Handwerksgesellen gegründet hatte. Die Herbergen zur Heimat boten den verarmten Wandergesellen, freilich mit christlich-moralischem Missionseifer gepaart, eine saubere Unterkunft und hygienische Grundbedingungen bei moderaten Preisen an. Sie stellten eine Alternative zu den privat betriebenen Herbergen dar, wo übermäßiger Alkoholgenuss, Glücksspiel und Prostitution die Szenerie bestimmten. Mit der Übernahme der Herberge in Eberswalde erweiterte Lobetal sein Portfolio in der Wandererfürsorge. Die Wandererfürsorge als Kerngeschäft Lobetals wurde des Weiteren durch die 1935 in der Nähe von Eberswalde errichtete Arbeiterkolonie Blütenberg gestärkt. Auf diese Weise entstand in den 1920er und 1930er Jahren ein großer Verbund, der mit fast 900 Plätzen (1935) in Arbeiterkolonien und Herbergen zum größten Träger von Wandererfürsorgeeinrichtungen im Deutschen Reich aufstieg (BRAUNE 1935) und unter der Bezeichnung Hoffnungstaler Anstalten firmierte.

Abb. 11: Mädchenheim Gottesschutz, Erkner (um 1910)
Abb. 11: Mädchenheim Gottesschutz, Erkner (um 1910) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 12: Altersheim Friedenshöhe (um 1930)
Abb. 12: Altersheim Friedenshöhe (um 1930) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

3.5 Erneuerung

Neben der räumlichen Ausweitung erfolgte eine strukturelle Erneuerung. Die klassischen Wandererfürsorgeeinrichtungen wurden durch weitere Handlungsfelder ergänzt, die 1935 bereits über ein Drittel (500 Plätze) der Gesamtkapazität ausmachten. Die Hoffnungstaler Anstalten gewannen dadurch an Stabilität und Robustheit. Die Flexibilität in Krisenzeiten nahm zu. Durch die 1924 erfolgte Übernahme des 1909 von Friedrich von Bodelschwingh gegründeten Heims „Gottesschutz“ in Erkner (BODELSCHWINGH 1909) entstand ein neuer, mit 170 Plätzen sehr umfangreicher und wachstumsorientierter Arbeitszweig, die sogenannte Rettungsarbeit an gefallenen Frauen und Mädchen. Die traditionell ausschließlich männlich ausgerichtete Arbeit Lobetals wurde aufgebrochen. 192627 wurde am Mechesee in Lobetal das Altersheim Friedenshöhe mit 130 Plätzen errichtet. 1935 baute Lobetal in Eberswalde das Mühlbachhaus zu einer Seniorenresidenz aus. In der ehemaligen Fabrikantenvilla verbrachten Selbstzahler aus „gehoben Ständen“ einen vergleichsweise komfortablen Ruhestand. Mit dem Ausbau der Altenarbeit erschloss sich Lobetal ein zukunftsfähiges Arbeitsfeld. 1930 errichtete Lobetal für arbeits- und obdachlose Schnitterfamilien das Familienheim Ernterast. 1935 hatte diese Einrichtung bereits 130 Plätze. Die Kinder der Schnitterfamilien besuchten den Kindergarten oder die Familienschule. Es wurden Kompetenzen entwickelt und bauliche Voraussetzungen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geschaffen.

4. Behauptung (1933–1945)

Abb. 13: Pastor Paul Braune (um 1935)
Abb. 13: Pastor Paul Braune (um 1935) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

4.1 Paul Gerhard Braune

Paul Gerhard Braune (1887–1954), der für die Phase der Sanierung und Erneuerung steht, leitete die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal von 1922 bis zu seinem Tod im Jahr 1954. Er führte Lobetal erfolgreich aus einer wirtschaftlichen Notlage. Unterstützt und gefördert wurde er vom Betheler Anstaltsleiter Fritz von Bodelschwingh (1877–1946), mit dem ihn auch eine persönliche Freundschaft verband. Tief verwurzelt in der staatskirchlichen Logik des Deutschen Kaiserreichs, in dem die preußische Hohenzollern-Monarchie die Einheit von Thron und Altar verkörperte, lehnte Braune als nationalkonservativer Preuße die Weimarer Republik ab. Von 1926 bis 1932 stieg Braune in die Spitze der Inneren Mission auf. Als erfolgreicher Sanierer, taktischer Verhandlungsführer bei der Durchsetzung verbandlicher Interessen, geschickter Syndikus in vorgefundenen Rechtsräumen und pragmatischer Opportunist entfaltete er eine anerkannte Gestaltungskraft.

Seinem christlichen Menschenbild und rechtsstaatlichem Grundverständnis folgend, leistete Braune im Nationalsozialismus substanziellen Widerstand gegen die Euthanasie, setzte sich für »nichtarische« Christen, die nach Arierparagraph und Nürnberger Gesetzen als Juden galten, ein und stritt für die Unabhängigkeit der Inneren Mission gegenüber der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Seine 1940 erfolgte Verhaftung durch die Gestapo bedeutete einen tiefen Einschnitt. Vor dem Hintergrund der damit verbundenen Politisierung entwickelte er sich zum Gegner der Diktatur. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs geriet er als christlicher Demokrat, zu dem er geworden war, und Führer der Inneren Mission im Osten Deutschlands sehr bald in Konflikt mit dem stalinistischen Regime in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR. Kurz vor seinem Tod gelang Braune mit der Abwehr eines staatlichen Übernahmeversuchs in Lobetal ein für die gesamte DDR-Diakonie bedeutsamer Erfolg, der wesentlich dazu beitrug, ihren Fortbestand auf Dauer zu sichern. (BRAUNE 1989, CANTOW u. KAISER 2005, CANTOW 2012)

4.2 Auseinandersetzungen

Unmittelbar nach der Machtübertragung an Hitler setzte die Gleichschaltung auf wohlfahrtspflegerischem Gebiet ein. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, zu denen auch die Innere Mission (Diakonie) zählt, mussten eine Arbeitsgemeinschaft unter Führung der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) eingehen. Ideologische Grundlage der Auseinandersetzungen war das nationalsozialistische Postulat der Volksgemeinschaft, in der die NSV den Alleinvertretungsanspruch auf alle wohlfahrtspflegerischen Aufgaben für die gesunden deutschen Volksgenossen beanspruchte. Paul Gerhard Braune setzte sich als Vizepräsident des Centralausschusses für Innere Mission gegen die Gleichschaltungsbestrebungen der NSV ein (HAMMERSCHMIDT 1999). Verschiedene Angriffe auf Braune kulminierten 1937 in dem gescheiterten Versuch, ihn als Anstaltsleiter und Bürgermeister in Lobetal abzusetzen. Im Dezember 1939 mussten die Hoffnungstaler Anstalten 54 Hektar Lobetaler Ackerlandes an das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) abgeben. Auf dem Areal entstand eine militärische Anlage, die den Decknamen „Koralle“ führte und ab 1943 als Führungszentrum des OKM unter dem persönlichen Kommando des Großadmirals Karl Dönitz stand (HOLZ u. RICHTER 2002).

4.3 Finanzierungslage

Nach Kriegsbeginn gerieten die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal unter wirtschaftlichen Druck. Es mussten „Zwangsspenden“ für das Winterhilfswerk und die Deutsche Arbeitsfront geleistet werden. Die eigene Sammlungstätigkeit als wichtige Finanzierungsquelle drohte wegzubrechen. Auf dem Hauptarbeitsfeld, der Wandererfürsorge, waren die Hoffnungstaler Anstalten den Vereinnahmungsbestrebungen der NSV ausgesetzt.

Abb. 14: Paul Braune mit Bewohnerinnen des Mädchenheims Gottesschutz (um 1935)
Abb. 14: Paul Braune mit Bewohnerinnen des Mädchenheims Gottesschutz (um 1935) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

4.4 Zwangssterilisationen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Eugenik zu einer Leitwissenschaft. Auch die Kirchen und ihre Sozialverbände zeigten sich aufgeschlossen. Sterilisationen erfolgten, um Menschen mit vermeintlich erblichen Erkrankungen von der Fort-pflanzung aus-zuschließen. Das 1933 erlassene Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses legitimierte Zwangssterilisationen und fand ein mehrheitlich positives Echo in der deutschen Gesellschaft. Ihm fielen ca. 400.000 Menschen zum Opfer (BOCK 2010). Lobetal wirkte im Heim „Gottesschutz“ in Erkner an der Umsetzung des Gesetzes mit (CANTOW 1997).

Abb. 15: Auszug aus Braunes Denkschrift gegen die Euthanasie (1940)
Abb. 15: Auszug aus Braunes Denkschrift gegen die Euthanasie (1940) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

4.5 Euthanasie

1940 wurde deutlich, dass die Nationalsozialisten die gezielte „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ organisierten. Die „Aktion T4“, Auftakt eines geheimen „Euthanasie-Programms“, lief an. Die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal erhielten bereits 1939 Meldebögen zur Erfassung der Bewohnerinnen und Bewohner. Den damaligen Anstaltsleiter und Vizepräsidenten des Centralausschusses für Innere Mission, Pastor Braune erreichten zahlreiche Berichte und alarmierende Nachrichten, die ihn veranlassten, Kontakt mit verschiedenen Reichsministerien (Justizminister Franz Gürtner, Reichskirchenminister Hanns Kerrl), der Reichskanzlei (Friedrich Wilhelm Kritzinger), Vertretern des konservativ-bürgerlichen Widerstandes (Preußischer Innenminister Johannes Popitz), Widerstandskreisen im Oberkommando der Wehrmacht (Hans von Dohnanyi) und bedeutenden Ärzten (Karl Bonhoeffer, Ferdinand Sauerbruch) aufzunehmen. Braune sprach mit den Hauptverantwortlichen Viktor Brack (Kanzlei des Führers) und Herbert Linden (Abteilung Volksgesundheit im Reichsinnenministerium). Im Ergebnis der Gespräche, die Braune in enger Abstimmung mit dem Betheler Anstaltsleiter Fritz von Bodelschwingh führte, verfasste er unter Verwendung der ihm zugesandten Materialien eine Denkschrift gegen die Euthanasie, die, für Hitler bestimmt, beim Chef der Reichskanzlei (Hans Heinrich Lammers) eingereicht wurde. Braune konnte zwar verhindern, dass Bewohnerinnen im Mai 1940 aus dem Heim „Gottesschutz“ in Erkner abtransportiert wurden (KAMINSKY 2005). Aber erst weiterer Proteste, von denen die Predigten des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen(1878–1946) die stärkste Wirksamkeit entfalteten, führten dazu, dass Hitler im August 1941 den Abbruch der Aktion T4 befahl. Die Morde an kranken und behinderten Menschen wurden jedoch weiter fortgeführt. Insgesamt fielen der „Euthanasie“ über 200.000 Menschen zum Opfer. In Lobetal gelang es, weitere Verlegungen zu verhindern.

4.6 Zwangsarbeit

Nach dem Wegbruch der Spendenerträge entwickelte sich die landwirtschaftliche Produktion zur existenziellen Finanzierungsbasis. Während des Zweiten Weltkriegs mussten die Hoffnungstaler Anstalten als landwirtschaftliches Gut im Rahmen der Erzeugungsschlacht (CORNI u. GIES 1997) ihre Existenzberechtigung nachweisen, indem sie einen über den Eigenbedarf hinausreichenden Beitrag zur „Volksernährung“ erbrachten. Doch die sogenannten „vollen Kräfte“ wurden in kriegswichtige Wirtschaftsbetriebe abgezogen oder an die Front kommandiert. In den Arbeiterkolonien blieben nur begrenzt arbeitsfähige Männer zurück. Die Alters- und Pensionärsheime füllten sich dagegen. Mit fortschreitendem Kriegsverlauf erfolgte der Einsatz sogenannter „fremder Kräfte“ in den landwirtschaftlichen Betrieben. Nach der Besetzung Frankreichs kamen französische Kriegsgefangene nach Lobetal und in die Außeneinrichtungen. In Reichenwalde wurde 1942 ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene errichtet. Die Herberge zur Heimat in Eberswalde war mit polnischen Zwangsarbeitern belegt, die in den Eberswalder Rüstungsbetrieben arbeiten mussten. Ein Unrechtsbewusstsein in Bezug auf den Zwangscharakter des Ausländereinsatzes bestand nicht. (CANTOW 2005b)

Abb. 16: Pfarrer Ernst Flatow (*1887) am 13. Apeil 1942 deportiert
Abb. 16: Pfarrer Ernst Flatow (*1887) am 13. Apeil 1942 deportiert (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

4.7 Jüdische Menschen

Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 führte den Begriff „nicht-arischer Abstammung“ in die Rechtswirklichkeit der nationalsozialistischen Gesellschaft ein. In den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 wurde mit den ausgrenzenden Begriffen „Volljude“ und „jüdischer Mischling“ die Entrechtung, Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Menschen legitimiert und eine der Voraussetzungen für die spätere Vertreibung und „Vernichtung“ im Holocaust geschaffen. In Lobetal fanden von 1933–1945 ca. 90 jüdische Menschen Aufnahme. Einige blieben hier vor dem Holocaust bewahrt. Sie wurden in Lobetal und den Außeneinrichtungen – besonders in Erkner – versteckt oder lebten dort unter falscher Identität.

Die Hilfe für Christen mit jüdischen Vorfahren, die als „Nichtarische Christen“ aus der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft ausgeschlossen und verfolgt wurden, stand dabei im Vordergrund. Sie erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Büro Grüber in Berlin, welches sich vor allem um die Organisation der Auswanderung bemühte. In Lobetal fanden mehrheitlich alte und pflegebedürftige Menschen und Menschen, die auf ihre Ausreise warteten, eine Zufluchtsstätte. Am 13. April 1942 wurden 10 jüdische Menschen aus Lobetal und Hoffnungstal in das Warschauer Ghetto deportiert. Eine Bewohnerin aus dem Heim Gottesschutz in Erkner und zwei Bewohner aus der Arbeiterkolonie Dreibrück wurden ebenfalls am 13. April 1942 deportiert. An die Deportationen nach Warschau erinnert ein Gedenkstein mit den Namen der Deportierten. Zwei weitere Bewohnerinnen des Altersheims Mühlbachhaus in Eberswalde wurden am 8. Dezember 1944 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. (CANTOW 2005a, CANTOW 2008)

4.8 Homosexuelle

Bereits Mitte der 1930er Jahre kam es zu ersten staatlichen Übergriffen im Rahmen der Homosexuellenverfolgung auf der Basis des § 175 Strafgesetzbuch. In den Hoffungstaler Anstalten lebten bis 1943 über 60 homosexuelle Bewohner weitgehend integriert. Lobetal war lange Zeit ein sicherer Ort, der Unterbringung, Arbeit und Versorgung bot. 1942 führten jedoch Denunziationen zu umfangreichen Verhaftungen. In Prozessen vor dem Sondergericht wurden unter Anwendung des sogenannten Heimtückegesetzes beispiellos hohe Strafen bis hin zu Todesurteilen ausgesprochen. Pastor Braune reichte vergebens Gnadengesuche ein. In den „Blutnächten von Plötzensee“ wurden vom 7. zum 8. September 1943 die vier zum Tode verurteilten homosexuellen Bewohner aus Lobetal ermordet. (PRETZEL 2002, PRETZEL 2005) Ein Gedenkstein erinnert in Lobetal an die Hingerichteten.

5. Anpassung (1943–1970)

5.1 Flüchtlinge

In den Jahren 1943–1947 änderte sich das Bild Lobetals grundlegend. Kriegsschäden waren zwar kaum zu beklagen. Der Abwurf einer britischen Luftmine im November 1943 und russische Splittergranatentreffer im April 1945 hatten im Ort Lobetal nur geringe Zerstörungen zur Folge. Menschenleben waren nicht zu beklagen. Die Luftangriffe der Alliierten auf Berlin führten dort jedoch in den letzten beiden Kriegsjahren zu zahlreichen Evakuierungen. Allein in Lobetal fanden über 200 „Bombengäste“ aus Berlin Aufnahme. Mit dem Vorrücken der Roten Armee im Osten setze eine beispiellose Fluchtwelle ein. Zahlreiche Flüchtlinge fanden vorrübergehend oder dauerhaft Unterkunft in Einrichtungen der Hoffnungstaler Anstalten. In den letzten Kriegsmonaten waren die Hoffnungstaler Anstalten Zufluchtsort für evakuierte Kinder- und Waisenheime aus Ostpreußen sowie männliche Jugendliche, die den Kontakt zu ihren Verwandten verloren hatten. (BÖRNERT 2005)

Abb. 17: Jugendliche vor zweisprachigem Ortsschild (um 1946)
Abb. 17: Jugendliche vor zweisprachigem Ortsschild (um 1946) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

5.2 Sowjetische Besatzungszone

In der Zeit der sowjetischen Besetzung kam es zur Ausplünderung der Wirtschaftsbetriebe. Die Versorgungslage verschlechterte sich dramatisch. Frauen wurden vergewaltigt. Über 200 Heimkehrer fanden Aufnahme in Lobetal. Zur Unterbringung von Kriegsbeschädigten kaufte Lobetal eine vordem von der SS genutzte Baracke in Rüdnitz. Durch die Aufnahme von Evakuierten, Flüchtlingen und Heimkehrern stieg die Einwohnerzahl stark an und die Ernährungslage verschlechterte sich. In den ersten beiden Nachkriegsjahren starben allein im Ort Lobetal wöchentlich 8–13 Menschen an Typhus und Ruhr. Bis Ende 1947 stieg die Zahl der Toten auf ca. 600. Auf dem Lobetaler Friedhof erinnert ein Mahnmal daran. Unter der Flagge der Bodenreform drohte 1946 die Enteignung des Landbesitzes. 1948 wurden mit der Währungsreform zunächst alle Konten gesperrt. Lobetal war überfordert. Bethel wurde um Hilfe gebeten und warb unter seinen Freunden, die ab 1946 lebensrettende „Pfundpäckchen“, vergleichbar den amerikanischen Care-Pakten, mit Lebensmitteln nach Lobetal schickten. (BÖRNERT 2005)

Abb. 18: Dr. Marie-Luise Schikarski (rechts), Visite im Ärztehaus Lobetal (um 1965)
Abb. 18: Dr. Marie-Luise Schikarski (rechts), Visite im Ärztehaus Lobetal (um 1965) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

5.3 Strukturwandel

Lobetal erlebte in den Kriegsjahren einen Strukturwandel. Alte, pflegebedürftige, gesundheitlich beeinträchtigte und Menschen mit Arbeitseinschränkungen waren zurückgeblieben. Für sie war das Modell der Arbeiterkolonie ungeeignet. Es entstanden geriatrische und psychiatrische Pflegeheime mit regelmäßiger ärztlicher Betreuung und erweiterter Medikamentenversorgung. Lobetal baute die Altenarbeit aus und errichtete eine Krankenstation, die neben der akutmedizinischen Versorgung den Ausgangspunkt der Lobetaler Epilepsiearbeit bildete. Einrichtungen für männliche Jugendliche mit herausforderndem Verhalten wurden als „Burschenheim“ oder „jugendpsychiatrische Pflegeeinrichtung“ deklariert. Disziplinierung und die schwere Arbeit in der Landwirtschaft waren feste Bestandteile der Lebenswirklich der Jugendlichen.

5.4 Konfrontation

Die Entwicklung der Hoffnungstaler Anstalten zwischen 1949–1990 vollzog sich vor dem Hintergrund des wechselhaften Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in der DDR (BESSIER 1993ff.) Mit der Verkündung des planmäßigen Aufbaus des Sozialismus intensivierte die SED 1952 ihre Versuche zur Verdrängung der Kirchen aus der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit. Die staatlichen Organe der DDR beargwöhnten und behinderten die kirchliche Sozialarbeit. Die zunehmende Bekämpfung kirchlichen Wirkens in den 1950er Jahren führte im Vorfeld des 17. Juni 1953 bereits im April und Mai 1953 zur Beschlagnahme mehrerer diakonischer Einrichtungen in Sachsen-Anhalt (HÜBNER 1997). Die Besetzung Lobetals erfolgte am 18. Mai 1953. Paul Braune gelang es jedoch, die Enteignung Lobetals abzuwenden. Er wandte sich mit einem Protestschreiben an den stellvertretenden Ministerpräsidenten, Otto Nuschke. (KAISER 2005, NUSCHKE 1983)

Abb. 19: Karl Pagel (um 1965)
Abb. 19: Karl Pagel (um 1965) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

5.5 Kooperation

Neben den staatlichen Angriffen auf die kirchlich-diakonische Arbeit setzten bereits in der zweiten Hälfte der 1950er Jahren erste Funktionalisierungstendenzen ein. Der Diakonie wurde ein Platz im DDR-Gesundheitswesen zugewiesen. Die Fürsorge für Menschen mit Behinderungen, denen in der DDR-Gesellschaft der 1950er Jahre kein Platz eingeräumt wurde, schob der Staat auf die konfessionellen Träger ab. (HÜBNER u. KAISER 1999, HÜBNER 1998)

Dem Lobetaler Anstaltsleiter Karl Pagel (1914–2013) (PAGEL 1997) gelang der Umbau der Hoffnungstaler Anstalten von einer Arbeiterkolonie zu einer Behindertenhilfe- und Altenpflegeeinrichtung mit Epilepsiekrankenhaus. Die stationäre Behindertenhilfe galt als Teilgebiet der Psychiatrie. Pagel kooperierte in dem Bestreben, die Arbeit Lobetals unter den Bedingungen der DDR leichter und reibungsärmer zu gestalten, sehr eng mit staatlichen Stellen und dem Ministerium für Staatssicherheit. (JOSTMEIER 1996)

Abb. 20: Jahresfest: Lobetal (1965)
Abb. 20: Jahresfest: Lobetal (1965) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

5.6 Freundeskreis

Der gelungene Aufbau des Lobetaler Freundeskreises in der DDR setze Ende der 1950er Jahre ein und ist wesentlich Karl Pagel zu verdanken. Lobetal galt als das Bethel des Ostens. Der Freundesbrief „Zwischen Hoffnungstal und Lobetal“ (ab 1956) sprach, anders als der „Bote von Bethel“, die Unterstützer der Bethel-Arbeit in der DDR direkt an. Es wuchs ein Freundeskreis von nahezu 40.000 Menschen. Das Lobetaler Jahresfest besuchten jährlich mehr als 3.000 Freunde und Unterstützer.

6. Paradigmenwechsel (1970–1990)

Abb. 21: Neue Mitarbeiterwohnungen in Lobetal
Abb. 21: Neue Mitarbeiterwohnungen in Lobetal (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 22: Eben-Ezer und Kapernaum (1975-1977)
Abb. 22: Eben-Ezer und Kapernaum (1975-1977) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

6.1 Lobetal und Bethel

Kalter Krieg, der Bau der Berliner Mauer und die deutsche Teilung lockerten zwar die traditionell engen Verflechtungen zwischen Bethel und Lobetal und abweichende rechtliche, gesellschafts- und sozialpolitische Rahmenbedingungen führten zu unterschiedlichen Ausprägungen der Sozialen Arbeit Bethels und Lobetals. Doch die enge Verbundenheit blieb erhalten. Bethler Mitarbeiter besuchten regelmäßig Lobetal. Die Diakone der Brüderschaft Nazareth-Lobetal pflegten die traditionellen Verbindungen in den Westen in besonderem Maße. (BAUER 2002, JOSTMEIER 1996) Fördernd wirkten sich der KSZE-Prozess und die Normalisierung der Innerdeutschen Beziehungen im Gefolge der Neuen Ostpolitik der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt aus.

Vielen mit Lobetal verbundenen Menschen galt Friedrich von Bodelschwingh III. (1902–1977), Neffe Fritz von Bodelschwinghs, als das Gesicht Bethels. Er predigte auf den Jahresfesten und berichtete aus der Arbeit der v. Bodelschwinghschen Anstalten. Bethel unterstützte Lobetal durch Sach- und Geldmittel und finanzierte u. a. den Bau des 1973 fertiggestellten Krankenhauses Tabor. Im Rahmen von Sonderbauprogrammen für die DDR-Diakonie, die vom Diakonischen Werk (West) der EKD finanziert wurden, erhielt Lobetal Mittel für die Errichtung von Eben-Ezer und Kapernaum. 1967 erfolgte der erste mit Westmitteln finanzierte Bau von Mitarbeiterhäusern. Ab 1973 errichtete die Firma OKAL Mitarbeiterwohnhäuser in Lobetal.

Abb. 23: Gruppenausflug Bucheneck (1968)
Abb. 23: Gruppenausflug Bucheneck (1968) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

6.2 Integration und Normalisierung

Bereits in den 1960er Jahren wurden in der DDR, zeitversetzt zur Antipsychiatriebewegung im Westen, Reformvorstellungen in der stationären Behindertenhilfe entwickelt, die einem Paradigmenwechsel gleichkamen. Die Wohnverhältnisse für Menschen mit Behinderungen in den Hoffnungstaler Anstalten wurden ab den 1970er Jahren durch Neubauten, zum Teil mit Unterstützung Bethels, schrittweise verbessert. Zwei- bis Vier-Bett-Zimmer in neuen Wohnstätten entstanden. Sie lösten die alten Schlafsäle mit „Einzelstübchen“ ab. Gruppenausflüge und Theaterbesuche wurden fester Bestandteil der Freizeitgestaltung. Menschen mit Behinderungen, die in der DDR im öffentlichen Raum lange Zeit kaum wahrnehmbar waren und nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Integration in die Gesellschaft erhielten, wurden nach und nach Teil der Lebenswirklichkeit in der DDR (SCHARF et al. 2019). Eine Integration ins Arbeitsleben erfolgte durch Rehabilitandenarbeitsplätze mit Vergütung nach Leistungseinschätzung. Als Bestandteil der Normalisierung brach die historisch gewachsene Geschlechtertrennung in den Einrichtungen sukzessive auf. Partnerschaften entwickelten sich.

Abb. 24: Webarbeiten in der ersten Therapiewerkstatt („Heldenkeller“), Lobetal 1973
Abb. 24: Webarbeiten in der ersten Therapiewerkstatt („Heldenkeller“), Lobetal 1973 (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

6.3 Förderung statt Versorgung

In der DDR wurden geistig beeinträchtigte Menschen über einen langen Zeitraum mit dem Attribut der Schulbildungsunfähigkeit stigmatisiert und ausgegrenzt. Bei der Überwindung eines defizitorientierten Ansatzes in der Behindertenhilfe halfen rehabilitationswissenschaftliche Erkenntnisse und die Nutzung vorhandener Erfahrungen und Möglichkeiten der pädagogischen Förderung geistig behinderter Menschen (BARSCH 2007). In den 1970er Jahren wurden in den Hoffnungstaler Anstalten arbeitstherapeutische- und kunsttherapeutische Beschäftigungsprojekte implementiert. 1973 eröffnete die Lobetaler Therapiewerkstatt zur Förderung von Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen. Webarbeiten, Arbeiten mit Textil, Keramik, Metall, Pettigrohr und Montagen standen im Vordergrund. Angebote der Bewegungstherapie und Musiktherapie wurden entwickelt.

6.4 Neue Fachlichkeit

Die Umsetzung von Normalisierungs- und Integrationskonzepten erforderte qualifizierte Fachkräfte. Als Orientierung diente das bundesdeutsche Berufsbild Heilerziehungspfleger/in. Auf der Basis vergleichbarer Curicula entstanden unter dem Dach des Diakonischen Werkes des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR neue Möglichkeiten der Qualifizierung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Behindertenhilfe. 1971 begann der Aufbau einer zentralen diakonischen Ausbildungsstätte, die sich 1976 als Diakonisches Qualifizierungszentrum (DQZ) institutionalisierte.

Abb. 25: Ausbildung zum Rehabilitationspfleger (1976)
Abb. 25: Ausbildung zum Rehabilitationspfleger (1976) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

1986 bezog das DQZ das maßgeblich mit Mitteln des Diakonischen Werkes (West) und Bethels in Lobetal errichtete Bonhoefferhaus. Dort ist heute das Diakonische Bildungszentrum Lobetal angesiedelt. Einige große diakonische Einrichtungen erkannten bereits Ende der 1960er Jahre die aus der Errichtung rehabilitationswissenschaftlicher Lehrstühle an staatlichen Universitäten resultierenden Potenziale für einen möglichen Paradigmenwechsel in der Arbeit mit behinderten Menschen und organisierten den Wissenstransfer in die Praxis der sozialen Arbeit über eigene Qualifizierungskonzepte. Lobetal konzentrierte sich zunächst auf die Einführung der Arbeitstherapie. Ab 1970 wurden in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Rehabilitation in Berlin-Buch entsprechende Ausbildungen realisiert.

1973 regten leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen eigenständigen Ausbildungsgang zum/zur Rehabilitationspfleger/in an, der am 1. September 1974 begonnen wurde. Diese Qualifizierungsmöglichkeit besaß nicht nur fachlich sondern auch wegen der staatlichen Anerkennung innerdiakonischer Abschlüsse durch die Ausbildungsvereinbarung vom 2. Juni 1975 (VEREINBARUNG 1975) eine hohe Attraktivität. Die Grundausbildung bestand zu gleichen Teilen aus medizinisch-pflegerischen und rehabilitationspädagogischen Inhalten (Förderung). Sie erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Dozenten und Dozentinnen der Sektion Rehabilitationspädagogik der Humboldt-Universität zu Berlin. Diakonik und Religionspädagogik (Bibelarbeit, Katechetik, Andachten) waren Bestandteil eines Aufbaukurses, der die dreijährige Ausbildung komplettierte.

Abb. 26: EEG-Abteilung im neuen Krankenhaus Tabor, Lobetal (um 1980)
Abb. 26: EEG-Abteilung im neuen Krankenhaus Tabor, Lobetal (um 1980) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

6.5 Epilepsiekrankenhaus

Die staatliche Teilung Deutschlands erforderte die Einrichtung eigener Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten für epilepsiekranke Menschen. Vor 1945 wurden entsprechende Aufnahmegesuche an Bethel/Bielefeld, das die Arbeit mit Epileptikern seit 1867 betreibt, weitergegeben. Im Haus Neugnadental begann am 4. Juli 1950 die Aufnahme anfallskranker Männer. Die 1952 erbaute Krankenstation wurde ab 1961 in die Behandlung Epilepsiekranker einbezogen. Vorzugsweise fanden hier Frauen stationäre Aufnahme. Das Haus Neugnadental und die Krankenstation bildeten eine Funktionseinheit, die 1962 als Krankenhaus staatlich anerkannt wurde.

Die 1959 aus Bethel kommende Psychiaterin Frau Dr. Marie-Luise Schikarski führte das Krankenhaus als Chefärztin. Sie transferierte Wissen um den wirksamen Einsatz der in den 1950er und 1960er Jahren im Westen neu entwickelten Psychopharmaka und Antiepileptika, was den Aufbau einer DDR-weit führenden Epilepsie-Ambulanz ermöglichte. Am 7. Mai 1973 wurde das neue Krankenhaus „Tabor“ – eine Spende der v. Bodelschwingschen Anstalten Bethel – bezogen. Ein großzügiges Angebot an Platz und Ausstattung unter einem Dach schuf gute Bedingungen für Patientinnen und Patienten sowie die Mitarbeitenden. Labor- und EEG- Diagnostik sowie Röntgenuntersuchungen konnten vor Ort betrieben werden. Neu in die Behandlung aufgenommen wurde die Beschäftigungstherapie.

Abb. 27: Uwe Holmer vor dem Pfarrhaus (um 1990)
Abb. 27: Uwe Holmer vor dem Pfarrhaus (um 1990) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

6.6 Aufnahme Erich Honeckers

Pastor Uwe Holmer (geb. 1929), Lobetaler Anstaltsleiter von 1983–1990, nahm auf Bitten der Kirchenleitung den gestürzten SED-Partei- und DDR-Regierungschef, Erich Honecker und seine Frau Margot vom 30. Januar bis 3. April 1990 im Lobetaler Pfarrhaus auf. (HOLMER 2009) Die Aufnahme Honeckers fand ein sehr geteiltes Echo. Sie steht als Zeichen der Versöhnung und zugleich in der Gründungstradition Lobetals, die auf den Bodelschwinghschen Grundsatz: „… dass Ihr mir Niemanden abweist“ zurückgreift.

7. Perspektivenwechsel (1990–2010)

7.1 Bethel und Lobetal

Die staatlich verordnete Trennung von Bethel wurde im Gefolge der Wende (198990) dauerhaft überwunden. Die Verbundenheit in der DDR-Zeit erleichterte die Wiederherstellung einer tragfähigen Gemeinschaft mit Bethel. Der Bethel-Vorstand übernahm im Aufsichtsrat Verantwortung für den Verein Hoffnungstal. Lobetal nutzte mit Bethel-Know-how die Chancen, Möglichkeiten und Instrumentarien des bundesdeutschen Sozialstaats für eine nachhaltige Modernisierung und Festigung des Werkes. Im Zeitraum von 1990–2010 befand sich der Verein Hoffnungstal als Träger der Hoffnungstaler Anstalten Lobetal im Verbund der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Es wurden vorhandene Arbeitszweige ausgebaut und neue erschlossen. Lobetal übernahm Einrichtungen in den Ländern Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Abb. 28: Bezug der Außenwohngruppe Grenzweg, Elisenau (1994)
Abb. 28: Bezug der Außenwohngruppe Grenzweg, Elisenau (1994) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

7.2 Enthospitalisierung und Ambulantisierung

Die Anstaltsstrukturen und Heime aus der DDR-Zeit entsprachen 1990 vielfach nicht den Erfordernissen der bundesdeutschen Sozialgesetzgebung. Ersatz- und Neubauten führten zur weiteren Verbesserung der Wohnverhältnisse. Im Zuge der Entflechtung und Dezentralisierung großer Komplexeinrichtungen wurden kleinere Wohngruppen gebildet, neue Standorte erschlossen und ambulante Beratungsangebote entwickelt. Anstelle des Hauselternprinzips trat die Wohnstättenleitung.

Abb. 29: Ambulante Begleitung (um 2000)
Abb. 29: Ambulante Begleitung (um 2000) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

7.3 Personenzentrierung

Die Hilfebedarfe des Einzelnen wurden differenziert ermittelt, um individuelle, bedarfsorientierte Angebote zu entwickeln und diese gegenüber dem Kostenträger abzurechnen. Auf der Basis des wertschätzenden Grundsatzes, „Es ist normal, verschieden zu sein“ (Richard von Weizsäcker, 1993) stand die Umsetzung weiterentwickelter Integrations- und Förderkonzepte im Vordergrund. Um die Fachlichkeit nachhaltig zu gewährleisten, gründete Lobetal eine Fachschule für soziale Berufe.

7.4 Assistierte Selbstbestimmung

In den 2000er Jahren rückten inklusive und sozialräumliche Ansätze, die das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmte Lebensgestaltung (Empowerment), Teilhabe und Partizipation zum Grundsatz diakonischen Hilfehandelns erklärten, in den Mittelpunkt. Assistenz erhielt den Vorrang gegenüber stützender Hilfe und stellvertretender Begleitung. Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetz (BTHG) ab 2016 wurde das Behindertenrecht neu gefasst. Es gibt Menschen mit Behinderungen mehr Teilhabe und individuelle Selbstbestimmung.

Abb. 30: Moderne Video-EEG-Diagnostik im Krankenhaus Tabor, Bernau (um 2010)
Abb. 30: Moderne Video-EEG-Diagnostik im Krankenhaus Tabor, Bernau (um 2010) (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

7.5 Epilepsiezentrum

Die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen mit Beginn der 1990er Jahre ermöglichten eine Neugestaltung und Erweiterung der klinischen und rehabilitativen Epilepsiearbeit. Mitte der 1990er Jahre wurde deutlich, dass für die Lobetaler Epilepsieklinik ein Neubau erforderlich wird. Dabei benötigte der zukünftige Standort die Nähe zu einem leistungsfähigen Allgemeinkrankenhaus und die Anbindung an eine öffentliche Infrastruktur. Am 13. September 2003 wurde das neue Krankenhaus Tabor in Bernau als die zu dieser Zeit modernste Epilepsieklinik in den neuen Bundesländern eingeweiht. Das Krankenhaus verfügt über drei Stationen mit 56 Betten.

7.6 Stiftungsgründung

2011 brachte der Verein Hoffnungstal sein Vermögen in die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal ein. Die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal agiert im Stiftungsverbund der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel neben den Stiftungen Bethel, Nazareth und Sarepta.

8. Stiftung (ab 2011)

8.1 Stiftungsverbund

In den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel engagieren sich rund 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen und Dienste in sechs Bundesländern in Europas größtem diakonischem Unternehmen für kranke, behinderte oder sozial benachteiligte Menschen und in verschiedensten Ausbildungsstätten. Bethels Vision ist das selbstverständliche Zusammenleben, das gemeinsame Lernen und Arbeiten aller Menschen in ihrer Verschiedenheit: unabhängig von Alter, Leistungsfähigkeit, Herkunft sollen sie mit gleichen Rechten und Chancen in der Gesellschaft leben.

Auf Grundlage dieser Vision arbeiten die Bethel-Einrichtungen in der Region Berlin-Brandenburg eng zusammen. Neben der Verbindung der Lobetaler Einrichtungen untereinander entwickelte sich eine enge Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin-Lichtenberg. Die Epileptologie am KEH ist der Berliner Standort des Epilepsie-Zentrums Berlin Brandenburg. Qualität und Wirtschaftlichkeit der Angebote werden durch interne Vernetzung verbessert und durch externe Zertifizierungen bestätigt. Ziel ist es, Synergieeffekte zu nutzen und die Leistungsfähigkeit zu verbessern, um Menschen, die Hilfe benötigen, auch zukünftig Heimat zu bieten.

8.2 Wachstum

Im Oktober 2012 wurden die Einrichtungen und Dienste der traditionsreichen Berliner Diakoniestiftung Lazarus und im Jahre 2017 die Schrippenkirche mit dem Hotel Grenzfall Teil der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal. Der Lazarus-Campus an der Mauergedenkstätte mit dem Bereich Teilhabe, der Hospizarbeit, der Altenhilfe, der Beruflichen Bildung, der Kinder- und Jugendhilfe sowie dem geistlichen Leben entwickelte sich zu einem diakonischen Zentrum der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Berlins Mitte.

Weitere Einrichtungen folgten. So ging der ehemalige Fachbereich der sozialpsychiatrischen Rehabilitation der Asklepios Kliniken (Brandenburg) an die Lobetaler Wohnen gGmbH über (2017). Zum 1. Januar 2018 kam die Diakonisches Werk Niederlausitz (DWNL) gGmbH als Tochtergesellschaft hinzu. Die Gesellschaft ist in der Niederlausitz mit stationären, teilstationären und ambulanten Angeboten der Altenhilfe, aber auch mit Angeboten für Kinder und Jugendliche, für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten und für Migrantinnen und Migranten sowie geflüchteten Menschen aktiv. 2020 kam die Bremer Einrichtung „Michaelis Haus Am Doventor“ hinzu. Bedeutende Neubauten in der Ortschaft Lobetal entstanden mit dem Haus „Trau dich“ 2020 (Jugendhilfe) und dem „Inklusiven Wohnen Lobetal“ 2021 (Bereich Teilhabe).

8.3 Aktuelle Angebote

Die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal bietet ein breites Spektrum von Angeboten im Bereich Diakonischer Hilfen, Bildung und Dienstleistung. Diese umfassen:

  • Bereich Teilhabe ambulant und stationär
  • Altenhilfe ambulant und stationär
  • Hospize ambulant und stationär
  • Suchthilfe ambulant und stationär
  • Kinder- und Jugendhilfe ambulant und stationär
  • Kitas und Schulsozialarbeit
  • Angebote für Geflüchtete
  • Medizinische Angebote ambulant und stationär
  • Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit Behinderung
  • Ausbildung in sozialen Berufen
  • Hotel und Gastgewerbe
  • Landwirtschaft

Empfohlene Zitierweise

Jan Cantow: “Die Hoffnungstaler Stiftung in Lobetal – Diakonie mit Tradition” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_109-lobetaler-stiftungen/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

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  • PAGEL, Karl (1997): Die Spur im Dunkel hinter mir. Zeugnis von meinem Leben – Berlin.
  • PRETZEL, Andreas (2002): Anstiftung und Beihilfe zum Mord an Homosexuellen. NS-Verbrechen der Berliner Justiz, in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft 33 / 34, S. 11–38.
  • PRETZEL, Andreas (2005): Homosexuelle in Lobetal, in: CANTOW, Jan und Jochen-Christoph KAISER (Hgg.): Paul Gerhard Braune (1887–1954). Ein Mann der Kirche und Diakonie in schwieriger Zeit – Stuttgart, S. 166–179.
  • REICHHARDT Hans J. (Hg., 1989): Gustav Lilienthal. Baumeister. Lebensreformer. Flugtechniker – Berlin.
  • ROHOWSKI, Ilona (2020): „So wird die Kapelle vor‘m Trödel bewahrt. Und dienet den Christen auf bessere Art“ Wanderung einer Berliner Kirche in die Mark Brandenburg, in: Brandenburgische Denkmalpflege, Neue Folge 6, H. 2, S. 33–42.
  • Satzung des Vereins „Hoffnungstal“ für die Obdachlosen der Stadt Berlin (1905).
  • SCHARF, Bertold; SCHLUND, Sebastian und Jan STOLL (2019): Segregation oder Integration? Gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der DDR, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 70, 1 / 2, S. 52–70.
  • SCHEER, Regina (2007): Den Schwächeren helfen, stark zu sein. Die Schrippenkirche im Berliner Wedding 1882–2007 – Berlin.
  • SCHEFFLER, Jürgen (Hg., 1987): Bürger & Bettler. Materialien und Dokumente zur Geschichte der Nichtsesshaftenhilfe in der Diakonie, Bd. 1. 1854–1954. Vom Herbergswesen für wandernde Handwerksgesellen zur Nichtsesshaftenhilfe – Bielefeld.
  • SCHEFFLER, Jürgen (2006): Die Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf (1882 bis 1970), in: BENAD, Matthias und Hans-Walter SCHMUHL (Hgg.): Bethel-Eckardtsheim. Von der Gründung der ersten deutschen Arbeiterkolonie bis zur Auflösung als Teilanstalt (1882–2001). – Stuttgart, S. 115–140.
  • SCHMUHL, Hans-Walter (2005): Friedrich von Bodelschwingh – Reinbek bei Hamburg.
  • SCHWIPPS, Werner (1986): Lilienthal. Die Biographie des ersten Fliegers – Gräfelfing.
  • Vereinbarung über die Ausbildung von mittleren medizinischen Fachkräften für eine Tätigkeit in evangelischen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen in der DDR v. 2.6.1975.
  • WEBER, Herrmann (1999): Geschichte der DDR – München.

Bildnachweise

  • Vorschaubild: Lobetal 2015 (Foto: Peter Gärtner, 2015)
  • Titelbild: Lobetal 1907 (Quelle: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)