Die Glashütten der Dorfwüstung Volsbach bei Wingerode

Von Mario Küßner und Hansjörg Küster – 11/2018

Am Höhenzug des Zehnsberges liegt zwischen Wingerode und Hundeshagen im Beurener Klosterholz die Dorfwüstung Volsbach. Ende der 1970er Jahre sind dort bei Rettungsgrabungen die Reste von zwei Glashütten untersucht worden. Das waldreiche Obereichsfeld war für die Anlage von Waldglashütten im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit hervorragend geeignet.

Ehemalige Glashütten um Leinefelde-Worbis, darunter auch die beiden Glashütten des Dorfes Volsbach
Ehemalige Glashütten um Leinefelde-Worbis, darunter auch die beiden Glashütten des Dorfes Volsbach (Quelle: LAPPE u. MÖBES 1984, S. 208)

Die Glashütte Volsbach I lag im Ort, von der wohl ehemals bestehenden Kirchburg durch einen Hohlweg getrennt. Bau- und Ofenschutt sowie Holzkohle und Glasbruch zeigten den Standort der Anlage an. Im Osten hatte ein Gebäude bestanden, im Westen lag eine kleine Schuttkippe – vermutlich zur Zwischenlagerung – und zwischen diesen befand sich der Ofen. Es konnte ein Glasofen von insgesamt 8 m x 4 m Grundfläche aufgedeckt werden.

Grabungsbefund eines Schmelzofens der Glashütte Volsbach I
Grabungsbefund eines Schmelzofens der Glashütte Volsbach I (Foto: TLDA, Grabungsdokumentation Volsbach)

Im Westen hatte man den mit trocken verlegten Sandsteinplatten ausgestatteten Heizraum gebaut, an den sich zuerst der Schürkanal, dann der Schmelzraum mit den Glasbänken und dem dazwischenliegenden Feuergraben anschloss. Im Osten lag ein Anbau, vom dem aus die Beschickung vorgenommen worden ist. Alle Bereiche mit starker Hitzebeeinflussung wiesen eine Ummantelung mit Glasrückständen auf. Der Ofen war in Sandstein aufgeführt worden, das Fundament und (soweit erkennbar) auch das Aufgehende mit einem Lehm-Sand-Gemisch gebunden. Datiert wir die Anlage recht gut zunächst durch einen in Bodennähe der Kippe liegenden zwischen 1497 und 1500 geprägten Pfennig des Kurfürstentums und Herzogtums Sachsen (Kurfürst Friedrich III. und Herzog Albrecht).

Lageplan der Glashütte Volsbach II
Lageplan der Glashütte Volsbach II (Quelle: LAPPE u. MÖBES 1984, S. 212)

Außerhalb des abgegangenen Ortes lag 1,3 km nordöstlich im oberen Hüttengrund die Glashütte Volsbach II mit sechs Öfen. Neben den Öfen bestanden weitere Anlagen und südöstlich lagen fünf rechteckige Eintiefungen, die von den zugehörigen Gebäuden stammen. Nur ein Ofen der Waldglashütte ist untersucht worden. Er zeigte den selben Aufbau, wie der oben beschriebene aus der Hütte Volsbach I. Beide Öfen gehören zu einem in Mitteleuropa weit verbreiteten Typ.

Keulenglas aus Volsbacher Produktion
Keulenglas aus Volsbacher Produktion (Foto: TLDA)
Stangenglas, rekonstruiert aus Gefäßresten von der Abwurfhalde der Glashütte Volsbach
Stangenglas, rekonstruiert aus Gefäßresten von der Abwurfhalde der Glashütte Volsbach (Foto: TLDA)
Volsbacher Glas
Volsbacher Glas (Foto: TLDA)
Volsbacher Glas
Volsbacher Glas (Foto: TLDA)
Volsbacher Glas
Volsbacher Glas (Foto: TLDA)

Nach den Untersuchungen von Ulrich Lappe und Günter Möbes war nicht nur das große Holzangebot und die Nähe zum Wasser, sondern auch das Vorkommen eines dunklen homogenen Quarzsandes wichtiger Standortvorteil. Die Untersuchungen erbrachten zahlreiche Funde, v.a. Glas und Glasbruch, aber auch Keramik – darunter Hafen – sowie Model aus weißbrennendem porösen Ton und zahlreiche Eisengegenstände.
Produziert hat man in Volsbach in erster Linie Keulengläser, aber auch Stangengläser als typische grüne Waldgläser, nur selten gefärbt. Nach der Gefäßkeramik liegt der Produktionszeitraum der Hütten zwischen dem 14./15. Jahrhundert und Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts. Nach den Gläsern begann die Produktion vermutlich an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert; 1548 ist der Ort Volsbach bereits wüst.

Darstellung eines Schmelzofens bei Georg Agricola 1550
Darstellung eines Schmelzofens bei Georg Agricola 1550 (Quelle: LAPPE u. MÖBES 1984, S. 216)

Mitteleuropäische Glashütten der damaligen Zeit mussten im Wald liegen. Dort stand nicht nur Holz bzw. Holzkohle für den Schmelzprozess von Quarzsand zur Verfügung, sondern auch Pottasche, für deren Herstellung große Mengen an Holz erforderlich waren. Pottasche ist ein anderer Name für Kaliumcarbonat, das bei der vollständigen Verbrennung von Holz zurückblieb. Pottasche wurde seit dem 17. Jahrhundert beim Schmelzen von Quarz als Flussmittel oder Katalysator zugesetzt. Dadurch wurde die Temperatur abgesenkt, bei der Quarz flüssig wurde. Pottasche ersetzte in den mitteleuropäischen Glashütten Soda, die man in den älteren Glashütten an den Mittelmeerküsten verwendet hatte. Zur Herstellung von Soda veraschte man Pflanzen, die an Salzstellen wuchsen. Mit Soda oder Natriumcarbonat als Katalysator konnte man farbloses Glas herstellen, das mit Pottasche hergestellte Glas war grün, wenn man keine weiteren Zusätze verwendete. Nach dem Vorbild mitteleuropäischer Waldglashütten entstanden später die bedeutenden Betriebe der Glaserzeugung in Schweden und schließlich in Finnland.


Empfohlene Zitierweise

Mario Küßner und Hansjörg Küster: “Die Glashütten der Dorfwüstung Volsbach bei Wingerode” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/79_b_127-glashuetten-wingerode/, Stand 29.11.2018

Quellen und weiterführende Literatur

  • LAPPE, Ulrich u. Günter MÖBES (1984): Glashütten im Eichsfeld, in: Alt-Thüringen 20, S. 207–232.
  • LOIBL, Werner (1996): Asche zu Glas. Die Flußmittel Asche, Pottasche und Soda in fränkischen Glashütten vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. – Lohr am Main.

Bildnachweise

  • Vorschaubild: Gläser aus Volsbacher Produktion (Foto: TLDA)
  • Titelbild: Blick über die ehemalige Siedlung Volsbach (Foto: 77win, via wikimedia commons, CC BY-SA 3.0)