Grenzübergänge im ehemals geteilten Eichsfeld

Von Gerold Wucherpfennig – 11/2018

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war das Eichsfeld ein strukturschwaches, ländliches Gebiet abseits der großen Wirtschaftsräume und Verkehrsadern. Die Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte die periphere Lage und die ohnehin vorhandenen Standortnachteile noch einmal erheblich. Sämtliche Verkehrswege und sonstigen infrastrukturellen Verflechtungsbereiche wurden 1945 abrupt getrennt und zunehmend hermetisch abgeriegelt.

Schrittweise Öffnung der Grenze zwischen November 1989 und Juni 1990
Schrittweise Öffnung der Grenze zwischen November 1989 und Juni 1990 (Quelle: IfL)

Ein kleiner „Lichtblick im Schatten“ des Todesstreifens war die Einrichtung der Grenzübergangsstelle (Güst) Duderstadt-Worbis 1973 im Rahmen des sogenannten „kleinen Grenzverkehrs“ zwischen den beiden deutschen Staaten (Titelbild).

Erst mit der Grenzöffnung am 9. November 1989 änderte sich die Situation, dann allerdings sehr dynamisch. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 wurden innerhalb weniger Wochen nahezu alle vor 1945 bestehenden öffentlichen Wegebeziehungen wiederhergestellt; im Jahr 1999 auch die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Werrabrücke zwischen Lindewerra und Oberrieden. Näheres ist der Karte zu entnehmen.

Ehemalige Grenzanlage auf dem Pferdeberg
Ehemalige Grenzanlage auf dem Pferdeberg (Foto: Gerold Wucherpfennig, 2017)
Ehemalige innerdeutsche Grenze mit Kolonnenweg als Bestandteil des Grenzlandmuseums Eichsfeld bei Teistungen
Ehemalige innerdeutsche Grenze mit Kolonnenweg als Bestandteil des Grenzlandmuseums Eichsfeld bei Teistungen (Foto: Gerold Wucherpfennig, 2017)
Grenzmuseum Schifflersgrund in Asbach-Sickenberg
Grenzmuseum Schifflersgrund in Asbach-Sickenberg (Foto: Gerold Wucherpfennig, 2017)

Um auch nachfolgenden Generationen die frühere Grenzsituation im Sinne der Erinnerungskultur nachhaltig und nachvollziehbar darzustellen, wurden an der thüringischen Landesgrenze zu Niedersachsen, Hessen und Bayern vier Grenzmuseen eingerichtet. Zwei davon befinden sich im Eichsfeld. Es handelt sich hierbei um das 1991 gegründete Grenzmuseum Schifflersgrund und das 1995 am ehemaligen Grenzübergang Duderstadt-Worbis eingerichtete Grenzlandmuseum Eichsfeld in Teistungen. Beide Museen konservieren historisch bedeutsame Reste der früheren Grenzanlage, informieren über die Geschichte der Teilung Deutschlands sowie das Leben an und mit der Grenze. Zudem sind sie ein wichtiger außerschulischer Lernort für die Vermittlung jüngerer deutscher Geschichte.

Von insgesamt etwa 1400 km ehemaliger innerdeutscher Grenze befinden sich 763 km in Thüringen und davon allein 125 km im Eichsfeld. Heute bildet dieser ehemalige innerdeutsche Grenzstreifen im Eichsfeld ein Teilstück des sogenannten „Grünen Bandes“ zwischen dem noch nahezu vollständig erhaltenen Kolonnenweg und der thüringisch-hessischen bzw. thüringisch-niedersächsischen Landesgrenze.

Nach der Wiedervereinigung entwickelte sich hier auf dem einstigen Todesstreifen im Rahmen der natürlichen Sukzession ein wertvolles Biotopverbundsystem, in dem viele seltene Tier- und Pflanzenarten ein Rückzugsgebiet fanden. Der Freistaat Thüringen beabsichtigt deshalb, dieses „Grüne Band“ auf 763 km Länge durch Landesgesetz als „Nationales Naturmonument“ auszuweisen, um es dauerhaft für die Entwicklung von Natur und Landschaft zu sichern und der Nachwelt zu erhalten.

 „Grünes Band“ im Bereich der Gobert
„Grünes Band“ im Bereich der Gobert (Foto: Uwe Christ, Bildrechte: Naturparkzentrum Fürstenhagen)
Einheitsbrunnen in Duderstadt
Einheitsbrunnen in Duderstadt (Foto: Gerold Wucherpfennig, 2016)

Empfohlene Zitierweise

Gerold Wucherpfennig: “Grenzübergänge im ehemals geteilten Eichsfeld” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/79_b_115-grenzuebergaenge/, Stand 29.11.2018

Bildnachweise

  • Vorschaubild: Einheitsdenkmal in Duderstadt (Foto: Gerold Wucherpfennig, 2016)
  • Titelbild: Grenzübergang Duderstadt-Worbis (Foto: Konrad Lochner, um 1985 / Bildrechte Grenzlandmuseum Eichsfeld)