Leinefelde - Geburtsort von Johann Carl Fuhlrott

Von Mario Küßner – 11/2018

Der in Leinefelde geborene Johann Carl Fuhlrott hat als Professor für Naturgeschichte an der Universität Tübingen als erster überhaupt mit dem Neandertaler eine vormoderne Menschenform beschrieben.

Gedächtnissäule für Johann Carl Fuhlrott in Leinefelde (Foto: Gerold Wucherpfennig 2018)
Gedächtnissäule für Johann Carl Fuhlrott in Leinefelde (Foto: Gerold Wucherpfennig 2018)

Johann Carl Fuhlrott, der die Erstbeschreibung des Typusexemplars eines klassischen Neandertalers (Neandertal 1) aus der Feldhofer Grotte als vormodernen Menschen durchführte, war ein Eichsfelder (Narr u. Weniger 2001). Fuhlrott wurde 1803 in dem damaligen Dorf Leinefelde in eine Gastwirtsfamilie geboren und war mit zehn Jahren verwaist. Er wuchs bei seinem Onkel in Seulingen auf, der katholischer Priester war, und ging dann zum Studium nach Bonn und Münster. Nach einer kurzen Anstellung als Lehrer in Heiligenstadt wurde er Lehrer an der Oberrealschule in Elberfeld und später parallel Professor für Naturgeschichte an der Universität Tübingen. Fuhlrott war verheiratet und hatte sechs Kinder. Er starb 1877 in Elberfeld.

Im Jahr 1856 waren in der Kleinen Feldhofer Grotte im Neanderthal – einem nach dem Theologen Joachim Neander benannten Talabschnitt der Düssel zwischen Mettmann und Erkrath – bei Steinbrucharbeiten menschliche Skelettreste gefunden worden, die J. C. Fuhlrott und später auch dem Anatom Hermann Schaafhausen zur Bearbeitung übergeben worden sind. Zuerst Fuhlrott und dann auch Schaafhausen erkannten an eindeutig außerhalb der Variationsbreite des anatomisch modernen Menschen liegenden Merkmalsausprägungen – wie den Überaugenwülsten und der Hinterhauptswulst sowie insgesamt dem kompakten Knochenbau mit starken Muskelansätzen – das Vorliegen eines vormodernen Menschen (Fuhlrott 1865). International ist der Neanderthaler als eigene archaische Menschenform akzeptiert worden, was sich in der Benennung als Homo neanderthalensis durch William King 1864 widerspiegelt. In Deutschland gab es jedoch seit der Präsentation 1857 Widerspruch. Zum einflussreichsten Kritiker wurde Rudolf Virchow, der aufgrund pathologischer Veränderungen an den Knochen insgesamt an das Vorliegen krankhaft veränderter Knochen eines modernen Individuums glaubte. Erst nach Virchows Tod 1902 setzte sich auch im deutschen Sprachraum die Erkenntnis von Fuhlrott durch.


Empfohlene Zitierweise

Mario Küßner: “Leinefelde - Geburtsort von Johann Carl Fuhlrott” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/79_b_104-fuhlrott/, Stand 29.11.2018

Quellen und weiterführende Literatur

  • FUHLROTT, Johann Carl, Der fos­si­le Mensch aus dem Ne­an­der­thal und sein Ver­hält­nis zum Al­ter des Men­schen­ge­schlechts, Duis­burg 1865.
  • BÜRGER, Willy (1930): Johann Carl Fuhlrott, der Entdecker des Neanderthalmenschen (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals 2), Wuppertal-Eberfeld.
  • NARR, K. J. und WENIGER, G.-C. (Hg.) (2001): Der Neanderthaler und sein Entdecker: Johann Carl Fuhlrott und die Forschungsgeschichte. Neanderthal-Museum, Mettmann.

Bildnachweise

  • Vorschaubild: Portrait von Prof. Dr. Johann Carl Fuhlrott (Bürger 1930)
  • Titelbild: Die Hirnschale des Homo Neandertalensis (Bürger 1930)