Stadtbild im Wandel: Wilsdruff am Ende der 1980er Jahre und heute

Von Mario Lettau – 12/2022

Nach 1300 wurde mitten in dem ursprünglichen Dorf mit dem Bau einer Stadtanlage begonnen. Diese brannte mehrfach nieder, zuletzt 1744. Im Zuge des Wiederaufbaus entstanden zumeist zweigeschossige Gebäude, 1846 der erste („Hochhaus“ genannte) Dreigeschosser. Ein kontinuierlicher Zuwachs erfolgte seit dem Bahnanschluss 1886. Aber bereits auf Fotos von etwa 1900 ist ein Verfall der älteren Bausubstanz unübersehbar. Dieser Trend konnte erst nach der Wende 1989/90 nachhaltig gestoppt und umgekehrt werden. Die Fotoschau spiegelt die unterschiedliche Entwicklung der Hausgrundstücke seit dieser Zeit wieder.

Standort 1: Marktkreuzung und Rathausecke um 1850 zur Kartenansicht >>

Abb. 1: Nordseite Markt mit alter Nikolaikirche um 1850
Abb. 1: Nordseite Markt mit alter Nikolaikirche um 1850 (Foto: Heimatmuseum der Stadt Wilsdruff)

Abb. 2: Markt mit Türmen
Abb. 2: Markt mit Türmen (Foto: Mario Lettau)

Das nach dem Stadtbrand von 1744 entstandene Marktbild prägten zweigeschossige Wohngebäude. An der Marktecke steht seit 1756 das im Stil des Rokoko erbaute neue Rathaus. Dahinter ist der Turm der nach 1300 errichteten Nikolaikirche zu sehen, der neogotische Neubau entstand 1897. Seitdem wurden auch die Häuser am Markt umgestaltet oder durch Neubauten ersetzt. Rechts zweigt die Dresdner Straße ab, die sich noch im 19. Jahrhundert zur Wilsdruffer „Einkaufsmeile“ entwickelte.

Standort 2: Das ehemalige Gasthaus „Goldener Löwe“ an der Marktgasse 2 zur Kartenansicht >>

Abb. 3: Goldener Löwe um 1900
Abb. 3: Goldener Löwe um 1900 (Foto: Heimatmuseum der Stadt Wilsdruff)
Abb. 4: Umbau des Goldenen Löwen um 1970
Abb. 4: Umbau des Goldenen Löwen um 1970 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 5: Goldener Löwe 2022
Abb. 5: Goldener Löwe 2022 (Foto: Mario Lettau)

Zu diesem Gebäude gehörte seit 1738 das Privileg zum Führen eines Gasthauses. Noch vor 1870 erfolgte der Einbau des großen Ballsaals. Bereits auf dem Foto von etwa 1900 ist ein Verfall der Bausubstanz am „Löwen“ wie auch an den Nachbargebäuden nicht zu übersehen. Zwischen 1973 und 1976 erfolgte eine umfassende Sanierung unter Einbeziehung benachbarter Gebäude. Nachdem 1990 der Betrieb der großräumigen Gastronomie und des Saales zum erliegen kamen, erfolgte 1995/96 der Abbruch des Gebäudekomplexes und dessen Ersetzung durch neue Wohn- und Geschäftshäuser, in deren Erdgeschoss nun auch die Ostsächsischen Sparkasse Dresden ihre Filiale einrichten konnte.

Standort 3: Das traditionsreiche Handwerkergrundstück an der Nossener Straße 7/Ecke Gezinge zur Kartenansicht >>

Abb. 6: Ecke Gezinge um 1950
Abb. 6: Ecke Gezinge um 1950 (Foto: Heimatmuseum der Stadt Wilsdruff, Fotograf: Paul Mehlig)

Abb. 7: Nossener Gezinge 2022
Abb. 7: Nossener Gezinge 2022 (Foto: Mario Lettau)

Dieses Foto von etwa 1950 belegt den zu dieser Zeit bereits weit fortgeschrittenen Verfall erheblicher Teile der historischen Bausubstanz. Das Gebäude im Bildmittelpunkt, das über viele Jahrzehnte im Besitz der Familie des Schmiedemeisters Loßner war, wurde 1958 abgebrochen und das Grundstück in eine Freifläche umgewandelt. Der Abriss der links davon gelegenen dreiteiligen Häuserzeile erfolgte erst 2006, ein Ersatzneubau entstand im Jahr 2020. An der langen Passage der Nossener Straße befindet sich auch als viertes bzw. drittes Gebäude das ehemalige Druckhaus des Wilsdruffer Tageblattes, das seit 2019 nach umfassender Sanierung als Wohngebäude dient.

Standort 4: Das Gebäude der „Volksbank“ an der Marktgasse 1 zur Kartenansicht >>

Abb. 8: Wilsdruffer Gewerbebank
Abb. 8: Wilsdruffer Gewerbebank (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 9: Volksbank 2022
Abb. 9: Volksbank 2022 (Foto: Mario Lettau)

Dieses schon lange Zeit gewerblich genutzte Wohn- und Geschäftshaus an der östlichen Marktseite gelangte 1938 als Geschäftslokal in den Besitz der „Wilsdruffer Volksbank“. Seit 1945 wurde es von der „Bank für Handwerk und Gewerbe Wilsdruff“ genutzt, 1983 jedoch baupolizeilich gesperrt. Nach weiterem Verfall brach man es vor den Kommunalwahlen im Mai 1989 ab. Der Neubau entstand bereits im Jahr 1995.

Standort 5: Der „Gasthof zur Guten Quelle“ am Kirchplatz 6 mit Blick zum Rathaus zur Kartenansicht >>

Abb. 10: Wilsdruff 1986
Abb. 10: Wilsdruff 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 11: Meißner Passage 2022
Abb. 11: Meißner Passage 2022 (Foto: Mario Lettau)

Eine Nutzung als Gastwirtschaft lässt sich für das Gebäude im Vordergrund bis zum Jahr 1811 zurückverfolgen. Ihre Blütezeit erlebte die „Quelle“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem aus dem polnischen Przemyśl eingewanderten Johann Kny. Die Stilllegung der Gastwirtschaft erfolgte 1955, danach betrieb der Konsum in den Räumen noch einige Jahre eine Möbelhandlung. Nach unübersehbarem Verfall erfolgte im Frühjahr 1989 der Abriss. Das Gebäude wurde nicht wieder errichtet und stattdessen die Grundfläche 2004 im Zuge der Neugestaltung des Kirchplatzes in diesen als PKW-Parkplatz einbezogen. Das Rathaus wurde 2003 umfassend saniert. Es beherbergt heute Räumlichkeiten für Trauungen sowie einen Sitzungssaal.

Standort 6: Die Rückseite des „Gasthauses zur Guten Quelle“ am Kirchplatz 6 zur Kartenansicht >>

Abb. 12: Gute Quelle 1988
Abb. 12: Gute Quelle 1988 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 13: Rückseite der Guten Quelle 2022
Abb. 13: Rückseite der Guten Quelle 2022 (Foto: Mario Lettau)

Die Fotos zeigen die zum Kirchplatz gerichtete Rückseite des Gebäudes im Jahr 1988 in einem ruinösen Zustand sowie den neu geschaffenen Parkraum vor den neugestalteten Fassaden an der Meißner Straße.

Standort 7: Die Westseite der Meißner Straße zwischen Markt und Einmündung des Stadtgrabens zur Kartenansicht >>

Abb. 14: Meißner Straße 1986
Abb. 14: Meißner Straße 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 15: Meißner Passage 2022
Abb. 15: Meißner Passage 2022 (Foto: Mario Lettau)

Die beiden vorderen Gebäude gehören zum Grundstück Meißner Straße 2, dessen Kern ein Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke zum Markt bildet (siehe auch Bilder im Standort 1). Dieses beherbergte wohl seit den 1870er Jahren das „Modewarengeschäft Eduard Wehner“. Der Ladenumbau und die Erneuerung der Fassade im Jahr 1912 prägten über Jahrzehnte das Erscheinungsbild des Gebäudes. In den Jahren 2008/09 folgte nach dem Abriss ein auch aus Sicht des Denkmalschutzes vorbildlicher Ersatzneubau.

Standort 8: Die Nordseite der Dresdner Straße vom Markt bis zur Einmündung des Pfarrer-Paul-Richter-Weges zur Kartenansicht >>

Abb. 16: Dresdner Straße 1986
Abb. 16: Dresdner Straße 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 17: Dresdner Straße 2022
Abb. 17: Dresdner Straße 2022 (Foto: Mario Lettau)

Die innere Dresdner Straße, besonders deren sonnige Nordseite, entwickelte sich noch im 19. Jahrhundert zur „Einkaufsmeile“ der Stadt, geprägt von einem für die Kleinstadt breiten Branchenmix. Gesichtsprägend wirkten die in den Anfangsjahren des vergangenen Jahrhunderts geschaffenen Fassadenerneuerungen, besonders die Einbauten der großen Schaufenster. Auch angesichts erheblich gewachsener Konkurrenz, konnte der Straßenzug seinen Rang verteidigen. Die Wohn- und Geschäftshäuser haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Sanierung und Neugestaltung von Fassade und Geschäftsräumen erfahren.

Standort 9: Das traditionsreiche Wohn- und Geschäftsgebäude an der Dresdner Straße 11 zur Kartenansicht >>

Abb. 18: Wilsdruff 1986
Abb. 18: Wilsdruff 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 19: Matthes 2022
Abb. 19: Matthes 2022 (Foto: Mario Lettau)

Hier befand sich eines der frühesten Kaufmannsgeschäfte in Wilsdruff, das vom langjährigen Bürgermeister Gustav Scheffler bis zu seinem Tod 1854 geführt wurde. Er vermittelte auch schon kleine Geldgeschäfte. Später etablierte sich hier für ein Jahrhundert ein „Schuhlager mit Reparaturwerkstatt“, bevor in den 1970er Jahren der Konsum Einzug hielt. Nach längerem Leerstand konnte das Gebäude 2014/15 grundhaft saniert und die Gewerbefläche wieder vermietet werden.

Standort 10: Der Pfarrer-Paul-Richter-Weg von der Einmündung in die Dresdner Straße aus zur Kartenansicht >>

Abb. 20: Wilsdruff 1986
Abb. 20: Wilsdruff 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 21: Paul-Richter-Weg 2022
Abb. 21: Paul-Richter-Weg 2022 (Foto: Mario Lettau)

Diese Straße ist ein kurzer Verbindungsweg zum Kirchplatz sowie dem früheren Schlossgebäude der Familie von Schönberg-Roth-Schönberg. Sie war bis zur Wende 1989/90 noch nicht grundhaft ausgebaut und es fehlte ein Fußweg. Die Straßenfront bestand aus Hinterhöfen und Zufahrten für Gewerbebetriebe. Im Zuge der Stadtkernsanierung erfolgte um 2000 eine komplette Neugestaltung der Straße, während die Grundstücke durch ihre Inhaber auf Vordermann gebracht werden konnten.

Standort 11: Das frühere „Gasthaus Uebigau“ an der Dresdner Straße 17 zur Kartenansicht >>

Abb. 22: Restaurant Uebigau 1986
Abb. 22: Restaurant Uebigau 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 23: Uebigau 2022
Abb. 23: Uebigau 2022 (Foto: Mario Lettau)

Auf der linken Bildhälfte ist ein Fleischergeschäft zu finden, das seit mehr als 100 Jahren existiert. Rechts gegenüber befand sich das „Gasthaus Uebigau“, das bereits 1950 geschlossen wurde. In dem Gebäude wurde 1845 der spätere Dresdner Fabrikant Anton Reiche geboren. Während das die Fleischerei beherbergende Gebäude saniert werden konnte, erfolgte 1997 nach dem Abriss des Gasthauses der Neubau eines wesentlich größeren Wohn- und Geschäftsgebäudes mit eigener Tiefgarage.

Standort 12: Das „Torhaus“ an der Abzweigung der Töpfergasse von der Dresdner Straße zur Kartenansicht >>

Abb. 24: Wilsdruff 1986
Abb. 24: Wilsdruff 1986 (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 25: Torhaus 2022
Abb. 25: Torhaus 2022 (Foto: Mario Lettau)

Im Jahr 1926 wurde an der Stelle, an der sich das frühere „Dresdner Tor“ befand, das alte Gebäude abgebrochen und durch Kaufmann Alfred König unter dem Namen „Torhaus“ ein modernes Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Später beherbergte es bis zum Jahr 1990 eine Verkaufsstelle des Konsums. Danach wurde es privatisiert, konnte aber noch nicht saniert werden. Der weitere Straßenzug zeigt die baulich nahezu unveränderte Dresdner Straße.

Standort 13: Die frühere „Möbelfabrik Gebrüder Müller“ an der Fabrikstraße 2 zur Kartenansicht >>

Abb. 26: Wilsdruff um 1985, Möbelfrabrik
Abb. 26: Wilsdruff um 1985, Möbelfrabrik (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 27: Müller 2022
Abb. 27: Müller 2022 (Foto: Mario Lettau)

Das Fabrikgebäude der in den 1870er Jahren gegründeten Firma erreichte nach mehreren Erweiterungen im Jahr 1900 seine endgültige Größe. Mit zeitweiligen Beschäftigungszahlen im hohen zweistelligen Bereich beherbergte es nun die größte Fabrikanlage der Wilsdruffer Möbelindustrie. Das äußere Erscheinungsbild änderte sich in den folgenden mehr als 100 Jahren kaum noch. Nach der Enteignung 1972 wurden hier in den 1980er Jahren nur noch auswärts gefertigte Möbel verpackt. Der Rückübertragung folgte eine Nutzung als Gewerbe- und Dienstleistungszentrum. 2020/21 wurde das Gebäude schließlich von einem privaten Investor zum Wohnquartier umgebaut.

Standort 14: Das Gebäude von „Frühaufs Brauerei“ an der Freiberger Straße 55 zur Kartenansicht >>

Abb. 28: Wilsdruff 1988, Brauerei
Abb. 28: Wilsdruff 1988, Brauerei (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 29: Frühauf 2022
Abb. 29: Frühauf 2022 (Foto: Mario Lettau)

Zeitgleich mit dem Bahnanschluss der Stadt errichtete August Frühauf 1886 gegenüber dem Bahnhof eine Industriebrauerei. Diese stellte im Jahr 1958 den Braubetrieb ein und wurde geschlossen. Im Jahr 1985 ging das Objekt an eine ortsansässige Speditionsfirma, welche das Gebäude nach erfolgter Sanierung nun als Firmenzentrale nutzt.

Standort 15: Das Grundstück der früheren „Möbelfabrik Arthur Eckelt“, Hohe Straße 5 zur Kartenansicht >>

Abb. 30: Eckelt
Abb. 30: Eckelt (Grafik: Richard Zschumpelt)

Abb. 31: Eckelt
Abb. 31: Eckelt (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 32: Eckelt vorn 2022
Abb. 32: Eckelt vorn 2022 (Foto: Mario Lettau)

Abb. 33: Eckelt hinten 2022
Abb. 33: Eckelt hinten 2022 (Foto: Mario Lettau)

Um 1900 errichtete die Familie Eckelt schrittweise eine Möbelfabrik, die 1905 an den Kaufmann Arthur Eckelt überging. Infolge von Kampfhandlungen brannte die Fabrik am 7. Mai 1945 aus und wurde bald darauf aufgegeben. Das Gelände wurde jedoch über viele Jahrzehnte lang nicht komplett geräumt und blieb ungenutzt. Die Räumung erfolgte erst nach dem Jahr 2010, woraufhin zwischen 2014 und 2017 mehrere Wohngebäuden errichtet wurden.

Standort 16: Die Schaufenster am Wohn- und Geschäftshaus Freiberger Straße 6 zur Kartenansicht >>

Abb. 34: Freiberger Straße um 1985, Friseur
Abb. 34: Freiberger Straße um 1985, Friseur (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 35: Freiberger Straße 2022, Schaufenster links
Abb. 35: Freiberger Straße 2022, Schaufenster links (Foto: Mario Lettau)

Abb. 36: Freiberger Straße um 1985, Laden
Abb. 36: Freiberger Straße um 1985, Laden (Foto: Sammlung Görner, Wilsdruff)

Abb. 37: Freiberger Straße 2022, Schaufenster rechts
Abb. 37: Freiberger Straße 2022, Schaufenster rechts (Foto: Mario Lettau)

Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein geräumiges Wilsdruffer Wohn- und Geschäftshaus in Nähe des Marktplatzes. Die Fotos zeigen die unterschiedliche Schaufensterkultur am Ende der 1980er Jahre und heute.


Empfohlene Zitierweise

Mario Lettau: “Stadtbild im Wandel: Wilsdruff am Ende der 1980er Jahre und heute” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/83_b_110-stadtsanierung-wilsdruff/, Stand 10.12.2022

Quellen und weiterführende Literatur

Bildnachweise

  • Titelbild: 360 Grad Panorama des Wilsdruffer Marktplatzes (Foto: Volker Nacke)
  • Vorschaubild: Karte von etwa 1988 mit Fotos Wilsdruffer Gebäuden (Collage: Werner Engelmann)