Ortsentwicklung von Wandlitz

Von Marlies Schulz – 12/2020

Steinzeitliche Funde am Südufer des Wandlitzer Sees zeigen, dass das heutige Wandlitz ein von alters her genutzter Wohnplatz ist. Die slawische Namenform wurde von einem Gewässernamen übertragen. Sie bezeichnet wohl den Wandlitzer See nach seiner Form oder Lage in einem Tal. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Entwicklung der Gemeinde entscheidend von der Nähe zu Berlin geprägt. Aufgrund des dörflichen Charakters und der attraktiven landschaftlichen Lage spielte die Ansiedlung von Industrie mit dem entsprechend starken Bevölkerungswachstum in Wandlitz – im Unterschied zu anderen Orten des Barnim – keine größere Rolle. Das alte Fischerdorf etablierte sich vor allem als Villenvorort und Ausflugsziel. In diese Tradition gehört letztlich auch die hermetisch abgeriegelte Wohnsiedlung des Politbüros der DDR, die den Namen Wandlitz bekannt gemacht hat, obwohl sie administrativ zur Stadt Bernau gehört. Heute knüpft Wandlitz in seiner Entwicklung an die starken touristischen Traditionen als Ausflugs- und Erholungsort an.

Abb. 1: Wandlitz und der Wandlitzer See im Frühjahr von Südosten
Abb. 1: Wandlitz und der Wandlitzer See im Frühjahr von Südosten (Foto: Peter Gärtner, 2015)

Wie frühgeschichtliche Befunde belegen, ist das Südufer des Wandlitzer Sees schon seit vielen Jahrhunderten von Menschen besiedelt. Von ca. 600 bis zu Beginn des 12. Jahrhunderts lebten hier slawische Fischer, Ackerbauern und Viehzüchter. Sie gaben ihrer Siedlung den Namen Wandlitz.

Eine planmäßige Ansiedlung von Bauern, die aus westlicher Richtung kamen, erfolgte ab dem 12. Jahrhundert. Die erste urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 1242: Das Dorf Wandlitz mit dem Wandlitzer See wurde von den Markgrafen von Brandenburg an das Kloster Lehnin verkauft. Erst mit der Reformation und der Säkularisierung im 16. Jahrhundert (1542) gelangten Wandlitz und der Wandlitzer See wieder in kurfürstlichen Besitz. Es gehörte zum Amt Mühlenbeck und später zu Liebenwalde.

Abb. 2: Ortsentwicklung von Wandlitz 1770 bis 2015 (zur Ansicht der Einzelbilder bitte anklicken)
Abb. 2: Ortsentwicklung von Wandlitz 1770 bis 2015 (zur Ansicht der Einzelbilder bitte anklicken) (Quelle: IfL)

Bis ins 19. Jahrhundert blieben Gestalt und Ausdehnung des Dorfes Wandlitz im Wesentlichen unverändert. Erst die dynamische Entwicklung von Berlin als Hauptstadt und Industriemetropole veränderten Besiedlung und Struktur des Ortes grundlegend. Entlang der Chausseen von Wandlitz nach Berlin siedelten sich Handwerker und Kaufleute an. Entscheidend für die weitere Entwicklung von Wandlitz war die verkehrsmäßige Anbindung an Berlin durch die Eröffnung der Niederbarnimer Eisenbahn von Berlin nach Groß Schönebeck im Jahre 1901. Die landschaftlich attraktive Lage mit Seen und Wald führte einerseits dazu, dass die Berliner Ausflüge nach Wandlitz unternahmen bzw. sich Ferienhäuser kauften. Andererseits erweiterten sich die Arbeits- und Absatzmöglichkeiten für die Bewohner von Wandlitz. Wandlitz besteht daher heute aus zwei entwicklungsgeschichtlich unterschiedlichen Teilen: zum einem aus dem alten Dorf Wandlitz, zum anderen aus der neuen Siedlung, der Villen- und Landhaus-Kolonie Wandlitzsee. Die Landhaus-Kolonie entstand in den Jahren 1906 bis 1908 an den Heiligen Drei Pfühlen als Ergebnis eines Architekturwettbewerbes. Zehn unterschiedliche Musterhäuser wurden dort errichtet, von denen sieben noch heute unverändert erhalten sind. Auch das 1923 eröffnete Strandbad am Wandlitzer See trug zu einem weiteren Anwachsen des Ausflugsverkehrs und zur Siedlungserweiterung bei. 1928 wurde dann das imposante und repräsentative Bahnhofensemble im Baustil der Neuen Sachlichkeit eingeweiht, das die Bedeutung von Wandlitz als moderner Erholungsort zum Ausdruck bringt. Das Bahnhofensemble steht unter Denkmalschutz. Beiderseits des Bahnhofgebäudes wurden Kolonaden mit Geschäften errichtet. Die Siedlungsfläche wuchs infolge dieser Entwicklungen immens. Neben Ferien- und Wohnhäusern entstanden zahlreiche Hotels und Ausflugslokale.

Abb. 3: Eingang zur Waldsiedlung
Abb. 3: Eingang zur Waldsiedlung (Foto: Peter Gärtner, 2021)
Abb. 4: Wandlitz im Herbst
Abb. 4: Wandlitz im Herbst (Foto: Peter Gärtner, 2015)

Auch in der Zeit der DDR war Wandlitz Erholungsort und Wohnort für viele Pendler, die in Berlin arbeiteten. Der Wandlitzer See, 1831 vom preußischen Staat privatisiert und seither in Privatbesitz, wurde im Rahmen des Bodenreformgesetzes in Volkseigentum überführt.

Der Name „Wandlitz“ ist vielen Menschen jedoch wegen einer Siedlung bekannt, die den Namen „Waldsiedlung Wandlitz“ führte, obwohl sie nicht auf dem Gebiet der Gemeinde Wandlitz lag, sondern auf dem Gebiet der Stadt Bernau. In dieser Siedlung, die von 1958 bis 1960 errichtet wurde, lebten bis 1989 die höchsten SED-Parteifunktionäre in Einzelhäusern in einer streng bewachten Parallel-Welt. Der Namen „Wandlitz“ wurde zu einem Synonym für das Herrschaftssystem der SED.

Seit 1990 knüpft Wandlitz verstärkt an die Traditionen des märkischen Erholungsortes an. Das Strandbad, Gaststätten und Hotels sowie die günstige Erreichbarkeit von Berlin aus befördern diesen Trend. Die Siedlungsfläche hat sich stark erweitert und die Bevölkerungszahl ist vor allem durch den Zuzug von jungen Familien mit Kindern angestiegen. Die „Waldsiedlung“ ist nach Umbau und Neubau Standort der Brandenburg Klinik, einer wichtigen medizinischen Einrichtung der Stadt Bernau.

Nach 1990 kam der Wandlitzer See in Besitz der Bundesrepublik Deutschland. 2003 wurde der See durch die zuständige Treuhand-Nachfolge-Organisation an den Meistbietenden verkauft. Im alten Teil von Wandlitz ist das BARNIM PANORAMA eine besondere Attraktion. Es beherbergt unter einem Dach sowohl das moderne Besucherinformationszentrum des Naturparks Barnim als auch das Wandlitzer Agrarmuseum mit der größten agrarhistorischen Sammlung des Landes Brandenburg. Wandlitz wurde 2003 im Rahmen der Gebietsreform des Landes Brandenburg Ortsteil der amtsfreien Gemeinde Wandlitz, zu der neun weitere Ortsteile gehören. Wandlitz ist Verwaltungssitz der Gemeinde.


Empfohlene Zitierweise

Marlies Schulz: “Ortsentwicklung von Wandlitz” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_132-ortsentwicklung-wandlitz/, Stand 10.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

  • MARCINEK, Joachim; SADLER, Wolfgang und Lutz ZAUMSEIL (1995): Von Berlin in die Mark Brandenburg (= Geographische Bausteine, Neue Reihe 41; Exkursionsführer 1). – Gotha.
  • http://www.wandlitz.info/wandlitz3.htm

Bildnachweise

  • Titelbild: Wandlitz und der Wandlitzer See aus der Luft, Frühjahr 2015 (Foto: Peter Gärtner)
  • Vorschaubild: Wandlitz 1770 bis 2015 (Quelle: IfL)