Themenbereiche Natur & Landschaft

Natur, Nutzungsgeschichte und Naturschutz im Biesenthaler Becken

Von Andreas Krone und Volker Keuchel – 12/2020

Das Biesenhaler Becken wurde in den letzte beiden Eiszeiten geformt und stellt mit seinen wachsenden Mooren, Erlenbruch- und Laubmischwäldern, kleinen Fließgewässern, artenreichen Feuchtwiesen und den eingeschlossenen Hügeln ein Unikat unter den Brandenburger Naturlandschaften dar. Es erstreckt sich in Ost-West-Richtung ca. 3,5 km von Wullwinkel nach Lanke und in Nord-Süd-Richtung etwa sieben Kilometer von Biesenthal nach Lobetal. Die landschaftliche Schönheit des Gebietes wird auch durch die in das Becken eingelagerten Seen, wie den Streesee, den Hellsee und den Plötzensee geprägt.

Abb. 1: Lage und Morphologie des Biesenthaler Beckens
Abb. 1: Lage und Morphologie des Biesenthaler Beckens (Quelle: Lutze und Domnick 2017)

Landnutzung im Wandel der Zeiten

Das heutige Landschaftsbild und auch die Artenvielfalt im Biesenthaler Becken sind eng mit der Tätigkeit des Menschen verknüpft. Vor der Nutzung durch den Menschen, die mit der askanischen Besiedlung im 13. Jahrhundert begann, stellte sich die Natur im Biesenthaler Becken anders als heute dar.

Abb. 2: Morphologie und Gewässer des Biesenthaler Beckens
Abb. 2: Morphologie und Gewässer des Biesenthaler Beckens (Quelle: Lutze und Domnick 2017)

Die mineralischen kalkreichen Standorte außerhalb der Moorflächen waren in den letzten 2.000 Jahren mit Buchenwäldern (Fagus sylvatica) bestanden. Auf den sauren, trockenen Sandstandorten wurden die Wälder von Eichen (Quercus robur und Qercus petraea), aber auch Kiefern (Pinus sylvestris) und der Buche als Hauptbaumarten gebildet. Die Moorstandorte waren wahrscheinlich in Abhängigkeit von Moortyp, Moormächtigkeit und dem Vernässungsgrad vielgestaltig. Flachgründige Moorstandorte waren mit Erlenbrüchen bedeckt. Tiefgründige Moore waren dagegen mit Schilf und Seggenrieden bestandene Offenflächen. Teilweise können sich auf diesen Standorten auch lichte Moorwälder mit einer spärlichen Baumschicht aus Waldkiefern (Pinus sylvestris) und Moorbirken (Betula pubescens) sowie Zwergsträuchern (Vaccinium) entwickelt haben. Braunmoosmoore fanden sich an Verlandungsflächen und Hangquellmooren.

Die Seeflächen wurden vor der mit der menschlichen Nutzung einsetzenden Entwässerung zahlreicher und größer. So war der Wasserstand im Streesee früher etwa einen Meter höher als heute. Fließgewässer waren dagegen innerhalb des Biesenthaler Beckens kaum vorhanden. Das dem Becken aus den Fließen der Barnimhochfläche sowie dem Grundwasser zufließende Wasser, wurde von den großflächigen Mooren aufgenommen.

Mit der beginnenden Nutzung des Biesenthaler Beckens durch den Menschen waren tiefgreifende Veränderungen verbunden. Ursache für die Veränderungen war der wachsende Bedarf an Bau- und Brennholz sowie an Landwirtschaftsflächen zur Erzeugung von Nahrungsmitteln und Futter für die Tierhaltung. Aufgrund der vielfach nur geringen Effizienz insbesondere des Ackerbaus sowie des hohen Bedarfs an Raufutter wurden praktisch alle nutzbaren Flächen tatsächlich genutzt. Auf Flächen, die heute wieder mit Wald bestanden sind, wurde zeitweise Ackerbau betrieben, bis die vorhandene Humusschicht abgebaut war. Solche Flächen hatten nach Aufgabe der Nutzung den Charakter von Sanddünen. Dieser blieb auch wegen der Beweidung der Waldflächen mit Ziegen, Schafen und Rindern über lange Zeit erhalten und wurde erst mit der Begründung der Forstwirtschaft in Preußen ab Mitte des 19. Jahrhunderts beendet. Devastierte Wälder und Kahlflächen wurden wieder aufgeforstet, wobei auf den nährstoffarmen Standorten wie überall in Brandenburg meist die Kiefer gepflanzt wurde.

Anders als in vielen anderen Brandenburger Landschaften sind die Waldflächen im Biesenthaler Becken jedoch ausgesprochen abwechslungsreich. Bei einer Wanderung durch das Gebiet fällt vor allem das Nebeneinander verschiedener Waldbestände unterschiedlichen Alters auf. Als naturnahe Waldflächen können die vorhandenen Buchenwälder rund um den Hellsee, im Durchbruchstal des Hellmühler Fließes und an den Struwenbergen sowie die z. T. großflächigen Erlenbrüche auf Niedermoorstandorten angesehen werden. An der Westspitze des Hellsees stehen mit 400 Jahre alten Eichen die ältesten Bäume im Biesenthaler Becken.

Abb. 3: Eiche im Zerfallsstadium am Ufer des Hellsees
Abb. 3: Eiche im Zerfallsstadium am Ufer des Hellsees (Foto: Andreas Krone)
Abb. 4: Erlenbruchwälder im Biesenthaler Becken
Abb. 4: Erlenbruchwälder im Biesenthaler Becken (Foto: Andreas Krone)

Die ältesten Erlenbruchwälder im Gebiet sind jedoch nur etwa 70 Jahre alt. Beiden Waldtypen fehlt eine durchmischte Altersstruktur und vor allem das für die Artenvielfalt im Wald bedeutsame Totholz.

Die übrigen Waldbestände auf den mineralischen Standorten im Biesenthaler Becken werden von der Kiefer dominiert. Diese Bestände sind auf Anpflanzungen zurückzuführen, die in der Regel kleinflächig erfolgten und deshalb sehr vielgestaltig sind. Noch Ende der 1980er Jahre wurde südlich des Plötzensees eine fünf Hektar große Kahlschlagfläche mit Kiefern aufgeforstet. Es wurden aber auch standortfremde Baumarten wie Lärche (Larix decidua), Fichte (Picea abies), Hybridpappeln (Populus ×canadensis) und Douglasie (Pseudotsuga menziesii) gepflanzt. Auf Standorten mit älteren Nadelholzbeständen haben sich durch die Einwanderung der Rotbuche inzwischen Mischwälder entwickelt.

Aufgrund der vielfältigen geologischen und hydrologischen Verhältnisse konnten sich im Biesenthaler Becken großflächige Versumpfungsmoore (Bürgerwiesen) und Verlandungsmoore (Regesesee), Quellmoore und Hangquellmoore (Streesee Ostufer), großflächige Durchströmungsmoore (Pfauenwiesen) und kleine, tiefgründige Kesselmoore entwickeln. Eine Nutzung der Moorflächen als Wiesen war nur durch Entwässerung möglich. Flachgründige Moorflächen konnten auch beweidet werden. Auf den tiefgründigen Standorten herrschte dagegen die Mahdnutzung und Heugewinnung vor. Viele Wiesenflächen waren trotz Entwässerung jedoch nicht befahrbar. So wurden sie von Hand gemäht und das Mahdgut als Grünfutter bzw. als Heu von den Wiesenflächen getragen. Die Moorflächen wurden aber auch zur Torfgewinnung genutzt. So entstanden die Torfstiche nördlich des Langerönner Weges aus der Brennstoffgewinnung. In den Bürgerwiesen fanden zudem Flachabtorfungen statt. Die kleinteiligen Eigentumsflächen sowie die unterschiedliche Nutzbarkeit vor allem der Moorstandorte führte zu einem vielgestaltigen Nutzungsmosaik und war durch eine große Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten geprägt.

Einschneidende Veränderungen in der Nutzung vor allem der Moorflächen im Biesenthaler Becken fanden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges statt. Viele Wiesenflächen wurden während der Kriegsjahre nicht mehr genutzt.

Mit den LPG-Gründungen Anfang der 1950er Jahre fand auch die kleinbäuerliche Bewirtschaftung der landwirtschaftlich im Haupterwerb genutzten Flächen ihren allmählichen Niedergang. Da die tiefgründigen Moorwiesen von der verstärkt eingesetzten schweren Technik nicht mehr genutzt werden konnten, fielen sie entweder brach oder wurden nur noch im Nebenerwerb genutzt. Aber auch das Biesenthaler Becken blieb nicht von größeren Meliorationsvorhaben verschont. So wurde beispielsweise noch 1985 eine massive Entwässerung des Langerönner Morgenlandes durch Umverlegung des Unterlaufs des Rüdnitzer Fließes und der Anlage des sogenannten stillen Dons, eines breiten und tiefen Entwässerungsgrabens in diesem Teil des Biesenthaler Beckens, realisiert. Mit dieser Maßnahme sollten 30 Hektar maschinennutzbares Grünland gewonnen werden, wobei die Kosten ca. 175.000 Mark betrugen. Das Vorhaben war jedoch gänzlich erfolglos.

Abb. 5: Extensive Schafbeweidung
Abb. 5: Extensive Schafbeweidung (Foto: Frank Scheil)

Die Entwicklung der Nutzungsaufgabe setzte sich bis Ende der 1980er Jahre fort. Lediglich die größeren Flächen auf den mineralischen Standorten wurde noch für den Getreideanbau genutzt. In den Wintermonaten zog bei günstiger Witterung die 1.000 köpfige Hammelherde der KAP Schönfeld durch das Gebiet (Wilhelm Ziegler †, Schäfermeister, mündl. Mitt.).

Auf zwei Teilflächen nördlich der Hellmühle wird auf 22 Hektar auch heute noch Ackerbau betrieben. Die ehemaligen Ackerflächen im Bereich zwischen Streesee und Torfstichen werden heute als Grünland genutzt und mit Schafen beweidet.

Die aufgelassenen ehemaligen Wiesenflächen sind heute Erlenbruchwälder, Weidengebüsche und Schilfflächen. Großflächige Wiesennutzung findet auf der immer noch stark entwässerten Niederung des Upstallfließes bei Lobetal und im Ostteil des Beckens zwischen Biesenthal und Wullwinkel statt. Von den ehemaligen weiträumigen Wiesenflächen ist im Biesenthaler Becken nur noch etwa ein Drittel erhalten geblieben.

Naturschutzgebiet „Biesenthaler Becken“

Bereits im Januar 1988 wurde auf Initiative von Prof. Michael Succow ein Antrag gestellt, den Bereich des Streesees sowie der Pfauen- und Bürgerwiesen als Naturschutzgebiet auszuweisen. Dem folgte am 14. März 1990 die Unterschutzstellung einer 193 Hektar großen Fläche als Naturschutzgebiet durch den Bezirkstag Frankfurt/Oder. Zielstellung war es dabei zunächst die vielfältigen Moorflächen der Bürgerwiesen, Pfauenwiesen sowie um den Streesee zu erhalten.

Abb. 6: Renaturierte Moore im Biesenthaler Becken
Abb. 6: Renaturierte Moore im Biesenthaler Becken (Foto: Peter Gärtner)

Da die Unterschutzstellung nur einen kleinen Teil des Biesenthaler Beckens umfasste, wuchsen Anfang der 1990er Jahre die Bestrebungen, das Schutzgebiet zu erweitern. Auf Initiative der Naturschutzstation Zepernick erfolgten umfangreiche Untersuchungen zur Schutzwürdigkeit des Gebietes. Dabei wurden im Biesenthaler Becken insgesamt 37 Säugetierarten, 149 Vogelarten, 13 Lurch- und Kriechtierarten sowie elf Fischarten nachgewiesen (Langgemach 1993). Im Rahmen von vegetationskundlichen Untersuchungen konnten im Gebiet 512 Pflanzenarten kartiert werden (Seitz 1994, Köhler 1998). Darunter waren auch zahlreiche geschützte und gefährdete Arten.

Wegen der großen ökologischen Bedeutung des Biesenthaler Beckens über die bereits unter Schutz gestellte Fläche hinaus, erfolgte 1999 eine Erweiterung des Naturschutzgebietes auf die heutige Gesamtfläche von 990 Hektar. Der ebenfalls zum Biesenthaler Becken gehörende südliche Teil der Upstallniederung wurde auf Grund der dort noch praktizierten intensiven Grünlandbewirtschaftung nicht Bestandteil der Schutzgebiet-Erweiterung.

Schutzzweck ist der Erhalt und die naturnahe Entwicklung von wild wachsenden Pflanzengesellschaften, der Schutz und die Entwicklung standortgerechter Waldgesellschaften sowie von Pflanzengesellschaften feuchter bis nasser Standorte bis hin zu Sand- und Halbtrockenrasen. In der Schutzgebietsverordnung werden als besonders geschützte Arten Biber (Castor fiber), Fischotter (Lutra lutra), Steinbeißer (Cobitis taenia), Bitterling (Rhodeus amarus) und Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) genannt.

Weiterhin soll das Naturschutzgebiet als Bestandteil eines überregionalen Biotopverbunds im Einzugsbereich des Finowfließes entwickelt und die strukturelle Vielfalt, besondere Eigenart und hervorragende Schönheit des Landschaftsbildes erhalten werden.

Abb. 7: Die wiedervernässten Flächen sind in der rechten Bildhälfte besonders gut zu erkennen.
Abb. 7: Die wiedervernässten Flächen sind in der rechten Bildhälfte besonders gut zu erkennen. (Foto: Peter Gärtner)

Als fachliche Grundlage zur Umsetzung des Schutzzweckes wurde im Jahr 2008 ein Pflege- und Entwicklungsplan (PEP) erarbeitet. Er enthält flächendeckend für das gesamte Naturschutzgebiet Entwicklungsziele und notwendige Maßnahmen zur Umsetzung. Art und Umfang dieser notwendigen Maßnahmen sind dabei von den jeweiligen Biotoptypen abhängig. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang die schützenswerten Biotope von der Tätigkeit des Menschen abhängig sind. So entwickeln sich Waldflächen bei Einstellung der menschlichen Nutzung langfristig in natürliche Waldbiotope. Im Biesenthaler Becken wird sich auf den mineralischen Standorten ein geschlossener Buchenwald etablieren. Die Moore im Biesenthaler Becken sind durch die Entwässerung infolge der historischen Nutzung stark beeinträchtigt. Um eine Regeneration zu ermöglichen bzw. zu beschleunigen sind Initialmaßnahmen, wie der Rückbau oder das Verschließen von Entwässerungsgräben notwendig. Danach setzt auch bei diesen Biotoptypen wieder eine natürliche Entwicklung ein. Ein großer Teil der Artenvielfalt ist eng an die menschliche Nutzung gebunden. Artenreiche Wiesenflächen oder Trockenrasengesellschaften können nur durch eine Weiterführung der Nutzung erhalten werden. Ein Beispiel dafür sind die artenreichen Orchideenwiesenwiesen, die zum langfristigen Erhalt eine zweimalige Wiesenmahd ohne Düngung benötigen. Bei Einstellung der Wiesenmahd würden sich diese Wiesen innerhalb weniger Jahre zu artenarmen Schilfbeständen entwickeln.

Naturschutzarbeit

Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es vielfältige Bemühungen zum Schutz der Natur im Biesenthaler Becken. Die im Jahr 1990 gegründete Naturschutzstation Zepernick koordinierte bis zur Gründung des Naturpark Barnim im Jahr 1998 die Naturschutzarbeit im Biesenthaler Becken. Es wurden faunistische und floristische Kartierungen sowie Pflegemaßnahmen durchgeführt und bereits erste Gewässersanierungsmaßnahmen realisiert. 1992 gab es die ersten kleinen Verträge für die naturschutzfachliche Bewirtschaftung wertvoller und als Relikte der Kulturlandschaft zu erhaltende Feuchtwiesen.

Seit 1998 wird die Naturschutzarbeit im Schutzgebiet „Biesenthaler Becken“ vom Naturpark Barnim koordiniert. Grundlage für das Handeln der Naturparkverwaltung bildet dabei der Pflege- und Entwicklungsplan für das Gebiet. Hauptaugenmerk wird auf den Schutz und die Wiederherstellung der Moore, die Entwicklung naturnaher Waldgesellschaften und die ausgewogene Sicherung unseres Kulturerbes „artenreiche Feuchtwiese auf kalkreichen Standorten“ gelegt. Instrumente dafür sind Förderungen der extensiven Nutzung mit verschiedenen Fördermitteln des Landes Brandenburg und der Europäischen Union. Im Jahr 2016 wurde eine extensive Nutzung auf etwa 65 Hektar im Gebiet gefördert.

Die Umsetzung größerer Naturschutzprojekte des Naturparks erfolgte durch den Förderverein Naturpark Barnim. So wurden im Rahmen des INTERREG-Projektes „Naturpark Barnim und Drawiensky Nationalpark – Fledermausschutz in ländlichen Räumen“ in Zusammenarbeit mit der Naturwacht ehemalige Bunker und Keller im Naturpark zu Fledermaus-Winterquartieren umgebaut, darunter auch an zwei Standorten im Biesenthaler Becken. Bei einem weiteren INTERREG-Projekt lag der Schwerpunkt in der Renaturierung von Moorflächen und Fließgewässer im Naturpark Barnim. An sieben Standorten im Biesenthaler Becken fanden Maßnahmen zur Anhebung des Wasserstands in trockengelegten Mooren statt. An der ehemaligen Hellmühle wurde der Mühlstau in eine naturnahe Fischaufstiegsanlage umgestaltet.

Die Naturwacht des Naturpark Barnim ist vielfältig in die Naturschutzarbeit im Biesenthaler Becken eingebunden. Durch die Mitarbeiter des Reviers Ost werden Gebietskontrollen und das Monitoring ausgewählter Tier- und Pflanzenarten durchgeführt sowie Führungen organisiert.

Seit Anfang der 1990er Jahre engagiert sich die Biesenthaler Ortsgruppe der Naturfreunde im Gebiet. Es wurden Pflegemaßnahmen durchgeführt und an der Langerönner Mühle ein Naturlehrpfad angelegt. Mit der Unterhaltung der Ulli-Schmidt-Hütte, der Ausweisung des Natura Trails „Biesenthaler Becken“ im Jahr 2010 und einem umfangreichen Veranstaltungsangebot naturkundlicher Wanderungen liegt der Schwerpunkt der Arbeit heute in der Öffentlichkeitsarbeit und Naturtouristik.

Abb. 8: Mahd einer Orchideenwiese am Streesee im Jahr 2013
Abb. 8: Mahd einer Orchideenwiese am Streesee im Jahr 2013 (Foto: Frank Scheil)

Ein wichtiger Akteur bei der Umsetzung der Schutzziele im Naturschutzgebiet „Biesenthaler Becken“ sind die Berliner Forsten, in deren Besitz sich die Flächen um den Hellsee befinden. Die Waldflächen werden durch die Berliner Forsten nach den Richtlinien des Forest Stewardship Council (FSC) sowie von Naturland bewirtschaftet. Das bedeutet, dass insbesondere für die landschaftsprägenden Buchenaltbestände rund um den Hellsee die Naturschutz- und Erholungsnutzung Vorrang haben. Weiterhin sind im Rahmen der Zertifizierung 51 Hektar Waldfläche als Referenzfläche ausgewiesen, in denen keine Bewirtschaftung mehr erfolgt.

Der NABU Barnim ist seit Anfang der 1990er Jahre ehrenamtlich mit faunistischen Kartierungen und Pflegemaßnahmen im Gebiet aktiv. Ein Schwerpunkt der praktischen Pflegemaßnahmen lag dabei in der Pflege der Orchideenwiesen. Mit dem Kauf erster Grundstücke im Jahr 2002 und der Übernahme von 69 Hektar Wald von der bundeseigenen Treuhandnachfolgegesellschaft BVVG aus dem Bestand der ehemals volkseigenen Flächen der DDR durch die NABU Stiftung begann eine neue Qualität der Naturschutzarbeit des NABU im Schutzgebiet „Biesenthaler Becken“. Durch weitere Flächenübertragungen, Schenkungen sowie den Kauf von Einzelflächen sind mit Stand 2019 etwa 45 % der Naturschutzfläche im Besitz der NABU-Stiftung.

Das NABU-Eigentum an Naturschutzflächen sichert, dass der Schutzzweck und die Entwicklungsziele des Naturschutzgebietes fachgerecht umgesetzt werden können. Derzeit sind rund 233 Hektar Wald- und Feuchtgebiete der NABU-Stiftung von jeglicher Nutzung ausgespart. Während die naturnahen Buchenmischwälder und feuchten Bruchwälder am Plötzensee bereits gänzlich der ungestörten Entwicklung überlassen sind, werden die jüngeren Kiefern- und Lärchenschonungen durch ökologischen Waldumbau zu standorttypischen Laubmischwäldern entwickelt. Wo nach der Entnahme von Nadelbäumen der Unterwuchs an standorttypischen Laubbäumen fehlt, werden im Schutz von Holzgattern Buchen und Eichen zur Beschleunigung des Waldwandels gepflanzt. Die Pflanzungen erfolgten dabei durch die ehrenamtlichen Schutzgebietsbetreuer.

Feuchtwiesen und Trockenrasen mit einer Größe von 75 Hektar hat die NABU-Stiftung unter naturschutzfachlichen Auflagen an regionale Landwirte verpachtet. Zielstellung sind hierbei der Erhalt und die Entwicklung artenreicher Wiesen durch extensive Bewirtschaftung und Beweidung. Als naturnahes Gewässer bleibt der acht Hektar große Plötzensee störungsarm, da durch den Abschluss eines restriktiven Fischereipachtvertrages weite Teile des Ufers nicht mehr beangelt werden dürfen.

Durch die Bereitstellung ihrer Niederungsflächen hat die NABU-Stiftung die Wiedervernässungsmaßnahmen des Renaturierungsprojektes des Fördervereins Naturpark Barnim unterstützt und machte damit erst die Umsetzung des Projektes möglich. Auf den NABU-Flächen konnten in den letzten Jahren mit Hilfe von Ausgleichsmitteln auch mehrere leerstehende Gebäude am Plötzensee und am Langerönner See zurückgebaut werden.

Die Betreuung der NABU Flächen erfolgt durch eine Gruppe ehrenamtlicher Schutzgebietsbetreuer des NABU Barnim. Im Rahmen der Schutzgebietsbetreuung werden Kontrollen und Pflegemaßnahmen durchgeführt. Die dabei anstehenden Aufgaben reichen von der Müllberäumung bis zur Mahd von Orchideenwiesen. Mit anderen Biesenthaler Vereinen und interessierten Bürgern wurden in den letzten Jahren zum Waldumbau etwa 10.000 Bäume gepflanzt und entlang des Langerönner Wegs mit Mitteln des Ersatzpflanzungsfonds Barnim eine Obstbaumallee angelegt. Naturkundliche Führungen zu verschiedenen Themen sollen die Vielfalt und Schönheit der heimischen Natur nahebringen und zur Sensibilisierung für den Naturschutz beitragen.

Erfolge der Naturschutzarbeit

Abb. 9: Breitblättiges Knabenkraut (*Dactylorhiza majalis*)
Abb. 9: Breitblättiges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) (Foto: Andreas Krone)

Durch die Unterschutzstellung des Gebietes und die durchgeführten Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen konnte die Artenvielfalt im Biesenthaler Becken nicht nur erhalten, sondern auch erhöht werden. Die extensiv genutzten artenreichen Wiesenflächen sind heute Standort für selten gewordene Pflanzengesellschaften. So konnten auf einigen Wiesen in den letzten Jahren bis zu 1.000 blühende Orchideen gezählt werden.

Die extensive Bewirtschaftung mit einer großen Zahl blühender Pflanzenarten ist auch die Grundlage für eine artenreiche Insektenwelt. Davon profitieren Vogelarten wie Feldlerche (Alauda arvensis), Grauammer (Emberiza calandra), Braunkehlchen (Saxicola rubetra) und Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe). Die Bekassine (Gallinago gallinago), ein etwa drosselgroßer Schnepfenvogel, kann im Bereich der Bürger- und Pfauenwiesen regelmäßig bei ihren Balzflügen beobachtet werden. Das bei Sturzflügen mit den Steuerfedern erzeugte „Meckern“ hat ihr auch den Namen Himmelsziege eingebracht. Seit vielen Jahren brütete 2016 erstmals wieder der Kiebitz im Gebiet.

Die bewirtschafteten Wiesenflächen im Ostteil des Biesenthaler Beckens zwischen Biesenthal und Wullwinkel sowie am Uppstallfließ sind darüber hinaus prägende Elemente für das Landschaftsbild. Sie machen im Zusammenspiel mit den angrenzenden Waldflächen und Gewässern den landschaftlichen Reiz und die Erlebbarkeit der Beckenlandschaft aus.

In den Waldfläche fehlen höhlenreiche Altbäume und das für die Artenvielfalt wichtige Totholz. Für Baumhöhlen bewohnende Vogel- und Fledermausarten wurden vom NABU deshalb Nistkästen angebracht. Der Waldkauz (Strix aluco), Vogel des Jahres 2017, brütet regelmäßig in vier Nistkästen im Gebiet. Von 45 kontrollierten Fledermauskästen im Jahr 2019 waren 20 mit Fledermäusen besetzt.

Abb. 10: Biberdamm im Langerönner Fließ
Abb. 10: Biberdamm im Langerönner Fließ (Foto: Andreas Krone)

Der Biber (Castor fiber) hat sich Ende der 1990er Jahre über das Finowfließ im Biesenthaler Becken angesiedelt. Die Population hat sich inzwischen auf mindestens acht Biberfamilien ausgeweitet. Der Biber ist die einzige heimische Tierart, die durch den Bau von Dämmen und den Aufstau von Fließgewässern Landschaften verändern kann.

Abb. 11: Vom Biber geschaffene Überflutungsflächen im Biesenthaler Becken im Jahr 2019
Abb. 11: Vom Biber geschaffene Überflutungsflächen im Biesenthaler Becken im Jahr 2019 (Quelle: Andreas Krone)

Im Biesenthaler Becken sind durch die Tätigkeit des Bibers inzwischen etwa 70 Hektar Moorflächen wieder vernässt. Bei den vernässten Flächen handelt es sich dabei überwiegend um aufgelassene Moorstandorte, die nicht mehr genutzt wurden. Die Überflutung führt zum Absterben von Einzelbäumen und auch größeren Gehölzbeständen, wie zum Beispiel auf der Überflutungsfläche nördlich des Plötzensees. Gleichzeitig wurden dadurch jedoch Lebensstätten für eine große Zahl von Tier- und Pflanzenarten neu geschaffen. Die flach überstauten Flächen sind ideale Laichhabitate für die vorkommenden Amphibienarten. So sind im zeitigen Frühjahr in vielen Bereichen wieder die Rufe von Moorfrosch (Rana arvalis) und Grasfrosch (Rana temporaria) zu vernehmen und im Sommer erschallt das Konzert hunderter Teichfrösche (Pelophylax kl. esculentus).

Mit den Überflutungsflächen sind auch Lebensräume und Nistmöglichkeiten für seltene Vogelarten entstanden. So sind im Frühjahr jetzt wieder die dumpfen Balzrufe der Rohrdommel (Botaurus stellaris) zu vernehmen. Die kilometerweit hörbaren Rufe dieser ansonsten sehr versteckt lebenden Vogelart haben zu der volkstümlichen Bezeichnungen Moorochse geführt. Gut zu beobachten ist dagegen der elegante Flug der Rohrweihe (Circus aeruginosus), die jetzt wieder mit mindestens zwei Paaren im Gebiet brütet. Beide Vogelarten sind auf dichte, überflutete Röhrichtbestände als Nistplatz angewiesen. Schon Ende Februar sind die trompetenden Rufe der Kraniche (Grus grus) im Gebiet zu hören. Sie dienen der Revierabgrenzung und sind notwendig, weil inzwischen alle verfügbaren Nest-Reviere besetzt werden. Die Überflutungsflächen sind nicht zuletzt auch als Nahrungsgebiet für das Biesenthaler Storchenpaar (Ciconia ciconia) wichtig.

Abb. 12: Überflutungsfläche östlich des Plötzensees
Abb. 12: Überflutungsfläche östlich des Plötzensees (Foto: Andreas Krone)

Auf den tieferen Überflutungsflächen können zahlreichen Wasservögel beobachtet werden. So hat sich die Zahl der Schellentenpaare (Bucephala clangula) in den letzten Jahren deutlich erhöht.

Die Wiederbesiedlung mit aquatischen Lebewesen ist von der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer abhängig. Um einen Wiederaufstieg von Fischen und bodenbewohnenden Kleinlebewesen, sogenanntes Makrozoobenthos, im Finowfließ zu ermöglichen, wurden 2011 durch den Wasser- und Bodenverband „Finowfließ“ die Mühlenstaue an der Wehrmühle und der Kietzmühle in Biesenthal durch naturnahe Fischaufstiegsanlagen ersetzt. Im Jahr 2013 ersetzte der Förderverin Naturpark Barnim das Wehr der ehemaligen Hellmühle am Hellsee ebenfalls durch eine Fischaufstiegsanlage. Damit ist auch das Hellmühler Fließ wieder ökologisch durchgängig und es besteht die Hoffnung, dass sich die vom Aussterben bedrohte Kleine Flussmuschel (Unius crassus) wieder im Hellmühler Fließ ansiedeln kann.


Empfohlene Zitierweise

Andreas Krone und Volker Keuchel: “Natur, Nutzungsgeschichte und Naturschutz im Biesenthaler Becken” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_118-naturschutz-biesenthaler-becken/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

  • KÖHLER, F. (1998): Standort- und vegetationsökologische Untersuchungen an Niedermoorstandorten im Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken, Diplomarbeit, Humboldt-Universität zu Berlin. – Berlin.
  • KRONE, Andreas und Volker KEUCHEL (2017): Natur, Nutzung und Naturschutz im Biesenthaler Becken, in: LUTZE, Gerd W. und Hans DOMNICK (Hgg.): Das Biesenthaler Becken – Landschaft des Jahres 2017 im Barnim (Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße, Heft 18 / 2017). – Eberswalde, S. 75–83.
  • LANGGEMACH, T. (1993): Schutzwürdigkeitsgutachten für das Naturschutzgebiet „Biesenthaler Becken“. – Gutachten im Auftrag des Landesumweltamtes.
  • LUTZE, Gerd W. und Hans DOMNICK (Hgg., 2017): Das Biesenthaler Becken – Landschaft des Jahres 2017 im Barnim (Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße, Heft 18 / 2017). – Eberswalde.
  • SEITZ, B. (1994): Die Vegetation des Streeseebeckens – Bisherige Nutzung und Konzept für die Entwicklung als Naturschutzgebiet. Diplomarbeit, Humboldt-Universität zu Berlin. – Berlin.

Bildnachweise

  • Titelbild: Wiedervernässte Fläche östlich des Plötzensees im Biesenthaler Becken (Foto: Peter Gärtner)
  • Vorschaubild: Biesenthaler Becken mit dem Ort Biesenthal im Vordergrund (Foto: Peter Gärtner)