Wölbäcker auf dem Barnim
Von Sixten Bussemer und Axel Heise – 12/2020
Auch wenn schon seit langem bekannt, gerieten Wölbäcker erst in den letzten Dekaden stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, werden aber inzwischen vor allem in den Forsten Norddeutschlands intensiver untersucht. Äußerlich können sie über ihren regelhaften sanftwelligen Formenschatz identifiziert werden, was jedoch erfahrungsgemäß vor allem unter Wald nicht leicht fällt.
Entstehung, Aufbau und Verbreitung von Wölbäckern
Als wichtiges Element der Kulturlandschaftsentwicklung wurde der älteste Wölbacker in Deutschland im frühen Mittelalter angelegt. Bis ins 18. Jahrhundert hinein lassen sich Wölbacker als weit verbreitete Wirtschaftsfom in Norddeutschland nachweisen (TROUILLIER, 2017). Sie besitzen eine kleinräumige Grundstruktur mit schmalen, länglichen Ackerstreifen, die zur Mitte hin gewölbt sind. In einer Art Wellenmuster sind Wölbäcker häufig miteinander vergesellschaftet, wobei der zentrierte Ackerscheitel in Richtung des Randes durch längsseitige Ackerfurchen von benachbarten Exemplaren getrennt wird. Formgebend war ein Beetpflug, der den Boden mit einem fixierten Streichbrett nur in eine Richtung durchpflügen konnte. Dieser spezielle Pflug verfügte über ein Radvorgestell und Pferdebespannung. Ausgehend vom mittleren Ackerschollenpaar wurde der Ackerstreifen immer längsseits, in parallel laufenden Bahnen durchgepflügt. Da der oberflächennahe Boden stets in Richtung der Ackermitte geworfen wurde, bildete sich über viele Jahre ein Gefälle zwischen dem mächtigeren, häufig humosen Ackerscheitel und der geringer mächtigen humosen Ackerfurche am Rand des Wölbackers heraus.
Bezüglich ihres Nutzens und der Verbreitung existieren regional differenzierte Deutungsansätze. Bei der Besitzmarkierung entsprach häufig ein Flurstreifen auch einem Wölbacker. Häufig wurden Wölbäcker auch an grundwasserbeeinflussten Standorten angelegt, um eine bessere Drainage zu ermöglichen. Die charakteristische Wölbung schafft zudem verschiedene Standortbedingungen auf engem Raum. Während auf dem Ackerscheitel bei fruchtbarerem Boden eine schnellere Austrocknung einsetzt, können in der Ackerfurche bei niedrigerer Bodenfruchtbarkeit Sickerwässer über längere Zeiträume gespeichert werden. Dadurch wurden extreme Ernteverluste vermieden. Längere Niederschlagsperioden konnten jedoch im Bereich der Ackerfurchen auch die mit der Staunässe einhergehende Ackerfäule hervorrufen (Becker 1998). In der Geländemorphologie ergaben sich weitere Vorteile in einer reduzierten Bodenerosion sowie einer Oberflächenvergrößerung in der Anbaufläche.
Mit der Umwandlung vom Beetpflug zum Kehrpflug wurde schließlich das Relief wieder nivelliert, was häufig eine Löschung der Wölbäcker zur Folge hatte.
Wölbäcker auf dem Barnim
Heute existieren Wölbäcker auf dem Barnim nur noch in reliktischer Form unter alten Waldbeständen, die eine konservierende Wirkung haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Gegend bei Albertshof zwischen Bernau und Rüdnitz, welche zumindest seit dem ausgehenden Mittelalter immer waldbedeckt war (Schmettau 1767–1787). Diese eher sandige Landschaft (Laufer 1881, Berendt 1882) war für die leichten Beetpflüge auch gut zu bearbeiten. Da die Wölbäcker auch hier noch nicht flächendeckend diagnostiziert und kartiert worden sind, konzentrierte sich unsere Forschung neben der Geländebegehung auf die Auswertung digitaler Geländemodelle (DGM). Die zugrunde liegenden Daten werden dabei vom Laserscan aus Flugdaten gewonnen und können mit einer Höhengenauigkeit von bis zu 30 cm präzise Angaben über die Geländemorphologie von Wölbäckern machen.
Nahe der Verbindungsstraße Bernau – Albertshof konnten sich unter Waldbedeckung Wölbackerkomplexe erhalten (Abb. 1 und 2). Das Digitale Geländemodell (DGM) zeigt hier einen nördlichen Wölbackerkomplex, der auf einer Länge von etwa 400 m geradlinig von südwestlicher in nordöstliche Richtung verläuft (Abb. 3 oben). Am nordöstlichen Kartenausschnitt wird hier eine Auflösung der Wölbackerstruktur erkennbar. Ein sich südlich anschließender Wölbackerkomplex verläuft mit schärferen Konturen auf einer Länge von 400 m bogenartig von nordwestlicher- in östlicher Richtung. Am östlichen Kartenrand nahe der Albertshofer Chaussee ist ebenfalls eine Auflösung der Wölbackerstruktur zu beobachten.
In beiden Wölbackerkomplexen haben die Ackerstreifen eine Breite von etwa zehn Metern. Die Höhenunterschiede zwischen den Ackerscheiteln und den Ackerfurchen liegen zumeist zwischen 15 und 30 cm. Ein Einzelexemplar wurde dabei 2017 im Rahmen eines Bodenpraktikums von Greifswalder Studenten aufgegraben und beschrieben (Abb. 4).
Tiefbohrungen ergaben den hier ubiquitären sandigen Untergrund, dessen genetischer Hintergrund von Gärtner (1993) als kamesähnlich beschrieben wurde. Die aufgegrabene Profilwand zeigt einen reliktischen Gley auf Schmelzwasserablagerungen, der durch einen ehemals höher liegenden Grundwasserspiegel angelegt wurde. Im Liegenden wurde ein grundwasserstauender Geschiebelehm gefunden, welcher aus bodenkundlicher Sicht einem Tonhäutchenhorizont entspricht.
Um einer Grundwasserspannung entgegenzuwirken, wurde im historischen Landbau wahrscheinlich an diesem Standort humoser Oberboden in Richtung der Wölbackerkrumme gepflügt und verlagert. Das Profil zeigt am Nord- und Südrand Pflugspuren (damit einen ehemaligen Pflughorizont), welche in Richtung der Wölbackermitte tendenziell auf über einen halben Meter Mächtigkeit zunehmen. In diesen reliktischen Ackerpflughorizont hat sich unter dem Einfluss der rezenten Bewaldung ein humoser Oberboden hereingearbeitet, der entsprechend den saureren heutigen standörtlichen Bedingungen graue Auswaschungsmerkmale aufweist. Tiefer wurde dann eine bräunliche Wiederausfällung der gelösten Bodenminerale beobachtet. Die insgesamt jedoch eher helle Farbe im Bereich des reliktischen Ackerpflughorizontes deutet einen sehr niedrigen Humusgehalt an, welcher wahrscheinlich durch Mineralisierungsprozesse im Laufe der letzten Jahrhunderte zustande kam.
Die Wölbäcker des Barnims stellen jedoch nicht nur ein Zeugnis einer historischen Bewirtschaftungsform dar, sondern bilden in heutigen Waldgebieten wie Albertshof auch einen Ansatz zur Rekonstruktion historischer Kulturlandschaftsstrukturen. Um sie vor forstwirtschaftlichen Eingriffen wie Rodung, Pflügen oder Holzrücketechnik zu bewahren, sollte jenen markanten Reliefformen heute der Bodendenkmal- und Naturschutzstatus zuerkannt werden.