Themenbereiche Natur & Landschaft

Mehr als ein Museum: Barnim Panorama · Naturparkzentrum und Agrarmuseum Wandlitz

Von Peter Gärtner, Elke Kimmel, Claudia Schmid-Rathjen – 12/2020

Mitte der 1990er Jahre zog der Aufbaustab des Naturparks Barnim in den historischen Dorfkern von Wandlitz in unmittelbarer Nachbarschaft des Agrarmuseums Wandlitz. Dort hatten die Planungen zu einem Museumsneubau begonnen. Zugleich suchte der schließlich 1998 geschaffene länderübergreifende Naturpark nach einem Zentrum für Besucherinformation und Umweltbildung. Zwei Ziele, die viele Berührungspunkte versprachen und zur Grundlage für ein gemeinsames Vorhaben wurden.

Zwei Institutionen auf dem Weg zum gemeinsamen Haus

Abb. 1: Winterschlitten vor dem damaligen Heimatmuseum
Abb. 1: Winterschlitten vor dem damaligen Heimatmuseum (Foto: Gemeinde Wandlitz/Barnim Panorama)

Das Agrarmuseum Wandlitz konnte auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken, war aber in die Jahre gekommen. Seit 1997 waren mit einer Baustudie und 1998 mit einem Flächenkauf durch die Gemeinde Wandlitz erste Voraussetzungen für einen Neubau geschaffen worden. 1999 entstand ein erstes gemeinsames Rahmenkonzept von Agrarmuseum und Naturparkverwaltung, das mit einer Machbarkeitsstudie untersetzt wurde.

2009 bekam das Vorhaben durch eine neue Förderrichtlinie des Landes Brandenburg einen entscheidenden Impuls zur Umsetzung als gefördertes Besucherzentrum für die Naturparkregion. Im gleichen Jahr wurde unter Federführung des Bauamtes der Gemeinde Wandlitz mit den Ausschreibungs- und Auswahlverfahren und ersten Planungsarbeiten begonnen. In einem Wettbewerbsverfahren setzten sich die Ausstellungsplaner Kessler & Co. aus Mülheim an der Ruhr und das Berliner Architekturbüro reese lubic woehrlin mit ihren Entwürfen durch. Mit dem Zuwendungsbescheid über 3,9 Millionen Euro EU-Fördermittel aus dem Programm für ländliche Entwicklung (ILE) startete am 6. November 2010 das langjährig vorbereitete Neubauprojekt, als bis dahin größtes Investitionsvorhaben der Gemeinde Wandlitz. Am 15. Mai 2011 erfolgte die Grundsteinlegung und am 26. August 2011 das Richtfest für den ersten Trakt des Ausstellungsensembles.

Zeitrafferfilme vom Bau des Barnim Panorama 2011–2013

Länge: 2:43 Min., Blick von Norden auf das Grundstück während der Bauphase

Länge: 9:12 Min., Blick von Südwesten auf das Grundstück während der Bauphase
Mit herzlichem Dank an die Gemeinde Wandlitz für die Bereitstellung der Filme.

Für das Agrarmuseum begannen die bis dahin größten Veränderungen in seiner über 60-jährigen Museumsgeschichte. Komplexe Eigentumsverhältnisse von Grundstücken wie von Sammlungsobjekten galt es zwischen Gemeinde und Landkreis zu regeln. Bis Ende Juni 2012 wurde der Museumsbetrieb in den alten Räumlichkeiten weitergeführt. Parallel dazu waren die fachlichen Grundlagen für die neue Ausstellung zu recherchieren, Inhalte und Themen auszuwählen und zu konkretisieren. Dies erfolgte gemeinsam mit dem Naturpark Barnim. Begleitet wurde dieser Prozess von den Ausstellungsgestaltern, Architekten und seit Ende 2010 den Kuratoren Dr. Jasdan Joerges und Daniela Kratzsch. Die Begrenzung der Objektanzahl und der daraus resultierende Verzicht auf Exponate gehörte zu den schwersten Entscheidungen für die Mitarbeiter*innen des Museums.

Daneben liefen der Umzug aller Museumsbereiche mit einem Gesamtbestand von rund 10.000 Objekten, der auf drei Depots, drei Ausstellungsgebäude und Verwaltungsräumen verteilt war und von Oktober 2012 bis März 2013 in mehreren Etappen stattfand. Eine besondere logistische Herausforderung war die Umsetzung der landtechnischen Großobjekte wie Dampf-Pflug-Lokomobile, 200 PS-Traktor K 700 und mehrerer Mähdrescher im Hinblick auf die Einordnung in den Bauablauf und das zeitgleiche Straßenbaugeschehen.

Die Gemeinde organisierte einen öffentlichen Namenswettbewerb für das neue Haus. Am 7. September 2013 wurde mit der Eröffnung des Barnim Panorama Naturparkzentrum · Agrarmuseum Wandlitz ein neues Kapitel der Wandlitzer Museumstradition eingeleitet. Die Gemeinde Wandlitz übernahm die alleinige Trägerschaft dieser herausragenden Einrichtung und ihrer integrierten Dauerausstellung „Geformte und Genutzte Landschaft“ des Barnims und schuf dazu eigens ein Kulturamt. Die Arbeiten an den Außenanlagen waren im Jahr 2015 abgeschlossen. Seitdem werden die Ausstellungsgebäude ergänzt durch Schaugarten und Entdeckerpfad, der mit Erhol-, Lern- und Mitmachstationen den Barnim zu Lande, zu Wasser und in der Höhe (inklusive Baumhaus) abbildet.

Naturpark Barnim

Mit dem Barnim Panorama eröffnete sich für den Naturpark Barnim die Chance als Besucherinformationszentrum mit den Exponaten des Agrarmuseums Wandlitz die Formung und Entwicklung der Barnimer Kulturlandschaft als Beispiel brandenburgischer Kulturlandschaftsentwicklung mit ihren Umbrüchen, Chancen und ökologischen Problemen sichtbar zu machen und dabei moderne Ansprüche an die Landnutzung zu kommunizieren.

Im Prozess der Ausstellungsplanung und Gestaltung wurde das Fehlen jeglicher Exponate zur größten Herausforderung für den Naturpark. Ihre Beschaffung war darüber hinaus nicht im Rahmen der Ausstellung förderfähig und musste daher parallel durch die Naturparkverwaltung akquiriert und organisiert werden. Dazu zählen das Präparat eines Heckenrind-Bullen oder ein „Specht-Baum“: Beim Öffnen von Klappen in einem nachgebildeten Stamm werden Vogelpräparate sichtbar und die entsprechenden Vogelstimmen sind zu hören.

Abb. 2: Heckbulle Friedrich
Abb. 2: Heckbulle Friedrich (Foto: Barnim Panorama, Sebastian Heise)
Abb. 3: Baumstamm mit Vogelpräparaten
Abb. 3: Baumstamm mit Vogelpräparaten (Foto: Barnim Panorama, Sebastian Heise)
Abb. 4: Begehbare Karte im Ausstellungsraum
Abb. 4: Begehbare Karte im Ausstellungsraum (Foto: Barnim Panorama, Sebastian Heise)

Naturraumbezogene Forschungen für den Naturpark wurden besuchergerecht aufbereitet. Neben den Ausstellungsmachern von Kessler & Co. verdankt das Barnim Panorama einige spektakuläre Exponate der Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Partner waren u. a. die Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald, das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung Müncheberg (ZALF), das Landesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg (LGBR), das Institut für angewandte Gewässerökologie Seddin und die Hochschule für nachhaltige Entwicklung HNE Eberswalde. Ergebnisse dieser Kooperationen sind die begehbare Karte, ein sieben Meter Plastinat eines originalen Bohrkern des Wandlitzer Seebodens, Landschaftsanimationen oder der digitale Kartentisch. Sie leisten heute einen sichtbaren Beitrag zur Exklusivität der Ausstellung.

Um Brücken in die umgebende Landschaft und den Naturpark zu schlagen, hatte die Einbeziehung des Außengeländes von Beginn an einen hohen Stellenwert. Durch das Engagement der Gemeinde Wandlitz und die Einwerbung weiterer EU-ILE/LEADER_Fördermittel für den Außenbereich wurden ein Schaugarten und ein Naturerlebnispfad realisiert.

Der Schaugarten ist die lebendige Erweiterung der Ausstellung mit ihren Exponaten zu Anbau und Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten. Die Vielfalt der Ausstellung zum ländlichen Leben erfährt hier ihre Vertiefung, die wechselnde Möglichkeiten für Veranstaltungen, Sonderführungen und Umweltbildungsangebote eröffnet. Der von der Gemeinde Wandlitz betriebene Schaugarten leistet auch einen Beitrag zum Erhalt historischer Nutzpflanzen, der mit dem Verkauf von Saatgut über den Barnim Panorame-Shop verstärkt wird.

Als Besucherzentrum für den Naturpark Barnim hat das Haus auch die Funktion einer zentralen Umweltbildungsstätte. Der sogenannte Entdeckerpfad macht das Barnim Panorama für Kindergruppen hoch attraktiv und schafft die Möglichkeit exemplarisch Naturräume und ökologische Zusammenhänge des Naturparks im Rahmen zeitgemäßer Umweltbildung aktiv zu erkunden.

Der Naturpark umfasst ein breites Netzwerk von Brandenburger und Berliner Akteuren aus Land- und Forstwirtschaft, regionalem Gewerbe, Tourismus, Wissenschaft, Kommunen, Vereinen, Gesundheitswesen, Bildungseinrichtungen und vielen weiteren. Das Barnim Panorama im Herzen des Naturparks ist auf dem Weg für dieses Netzwerk zentraler Begegnungs- und Kommunikationsort zu werden.

Mehr als ein Museum

Hervorgegangen aus einem traditionsreichen Agrarmuseum und einer Großschutzgebietsverwaltung, konnte eine innovative Dauerausstellung, mit wechselnden Sonderausstellungen und ein auf eine Naturparkregion gerichtetes ganzjähriges Besucherangebot nachhaltig geschaffen werden.

In sechs Themenräumen mit moderner Präsentationsweise mit interaktiven Elementen, wie Audio- und Spielstationen eröffnen sich für die Besucher*innen neue Blicke auf altbekannte Dinge.

Natürliche und durch Menschen ausgelöste Landschaftsveränderungen einhergehend mit dem technischen Fortschritt in der Landwirtschaft und den dabei ablaufenden sozialen Umbrüchen sowie ökologischen Folgen bestimmen das Gesicht der Themenräume. Im Zentrum steht der Wandel der Kulturlandschaft:

  • Wilder Barnim
  • Bewegte Böden
  • Traktoren-Herde
  • See-Blicke
  • Land-Leben
  • Barnim-Geschichten

Als anerkanntes Besucherzentrum für die Naturparkregion bewirbt das Haus als Schaufenster des Barnims die vielfältigen Kultur- und Bildungsangebote der Naturparkregion. Zusätzlich fungiert das mit ServiceQ und rotem I zertifizierte Barnim Panorama als Tourist-Information und damit als Erstanlaufstelle für Touristen und Tagesgäste.

Abb. 5: Außenansicht des Barnim Panoramas
Abb. 5: Außenansicht des Barnim Panoramas (Foto: Anke Seeliger)

Die der architektonischen Gestaltung des Hauses zugrunde gelegten Prämissen, wie

  • Anpassung der Gebäudeform an die dörfliche Situation
  • Berücksichtigung von Blickachsen zur umgebenden Landschaft mit See, Uferbereich und historischem Dorfkern
  • Einsatz ökologischer und traditioneller Baustoffe wie Holz, Stroh, Lehm, Klinker und Feldsteinen
  • Beispielhafte Systemlösungen für einen nachhaltigen Betrieb wie Pelletheizung, Photovoltaikanlage, nachhaltige Regenwassernutzung usw.

machen das Barnim Panorama zu einem Beispiel für naturverträgliches, ökologisches und landschaftsbezogenes Bauen in einer Region, die durch die Nähe zum Berliner Raum einem verstärkten Siedlungsdruck ausgesetzt ist.

Die Neubauten nehmen diese Ausgangsforderungen beispielhaft auf und wurden mitten im historischen Dorfkern von Wandlitz in Anlehnung an den regionaltypischen Dreiseithof mit steinernem Stall, hölzerner Scheune und Nebengebäude, um die bestehende Dorfschule angeordnet. Dafür erhielt das Barnim Panorama im Jahr 2013 einen Sonderpreis des Brandenburgischen Baukulturpreises.

Mit dem Anspruch mehr als ein Museum zu sein, versteht sich das Barnim Panorama als regionales Kompetenzzentrum für nachhaltige Entwicklung, als Plattform für Begegnung und Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, als touristische Erstanlaufstelle und als Ort, der guttut.

http://www.barnim-panorama.de/


Empfohlene Zitierweise

Peter Gärtner, Elke Kimmel, Claudia Schmid-Rathjen: “Mehr als ein Museum: Barnim Panorama · Naturparkzentrum und Agrarmuseum Wandlitz” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_115-neubau-barnim-panorama/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

  • CIESLA, Burghard, Sigrid JACOBEIT, Christine PAPENDIECK und Claudia SCHMID-RATHJEN (2017): Zwischen Saat und Ernte kann viel geschehen – Vom Milchladen zum Agrarmuseum in Wandlitz, in: Museumsblätter H. 20, S. 72-77.
  • GÄRTNER, Peter (2001): BARNIM – HAUS Wandlitz. Eckpunkte des Projektes, in: BARNIM – HAUS Wandlitz, 1. Workshop, S. 29 ff. – Eberswalde/Wandlitz
  • GÄRTNER, Peter, Christine PAPENDIECK und Katja HAUPTLORENZ (2014): Mehr als ein Museum BARNIM PANORAMA, Naturparkzentrum Agrarmuseum Wandlitz, in: Museumsblätter, H. 24, S. 18-21.
  • GÄRTNER, Peter und Christine PAPENDIECK (2004): Mehr als ein Museum! Barnim Haus Wandlitz - Landwirtschaft und Naturschutz unter einem Dach, in: Tagungsband CIMA XCIII International Conference of Agricultural Museums, hg. v. Landschaftsverband Rheinland Bergisches Freilandmuseum Lindlar, S. 48-53
  • JOERGES, Jasdan und Daniela KRATZSCH (2011): Agrarmuseum Wandlitz Naturpark Barnim, Überarbeitung des Konzeptes – Potsdam.
  • KESSLER & CO. GMBH (2009): Das Barnim-Haus Wandlitz. Agrarmuseum und Besucherzentrum unter einem neuen Dach. Rahmenkonzept – Mülheim.
  • KIESEL, Joachim und Peter GÄRTNER (2013): Der Barnim - von der Natur- zur Kulturlandschaft – Ein Statusbericht zum Einsatz moderner Visualisierungsmethoden im Tagungsband Landschaftlicher Formenschatz beiderseits der Oder - zur Förderung des Tourismus - Landschaften mit neuen Methoden erklären und interpretieren – Walory krajobrazowe regionu po obu stronach Odry - Promocja turystyki - wyjaśnianie i intereptacja krajobrazów nowymi metodami. – Eberswalde.
  • KLEILEIN, Doris (2013): Barnim Panorama. Der moderne Dreiseithof, in: Bauwelt „Der Landschaft halber“, H. 26, S. 22-27.
  • PAPENDIECK, Christine (2001): Zur Gegenwart und Perspektive des Agrarmuseums Wandlitz, in: BARNIM – HAUS Wandlitz, 1. Workshop, S. 17 ff. – Eberswalde/Wandlitz.

Bildnachweise

  • Vorschau- und Titelbild: Das Barnim Panorama im Luftbild (Foto: Peter Gärtner 2015)