Die Geschichte des Leipziger Mariannenparks

Von Vera Kallinich, Robert Lämmchen, Stephan Pietsch, Maximilian Stintzing – 04/2020

Kennen Sie den Mariannenpark? Die im Leipziger Ortsteil Schönefeld-Abtnaundorf gelegene, weitläufige Erholungsanlage hält einige spannende Geschichten und Orte zum Verweilen bereit. Erfahren Sie einige spannende Details über die Entwicklung des ehemaligen Volksparks und tauchen Sie mit einem Exkursionsspiel selbst in dessen Historie ein.

Abb. 1: Ansicht des Rosengartens im Mariannenpark
Abb. 1: Ansicht des Rosengartens im Mariannenpark (Copyright: Leibniz-Institut für Länderkunde)

Der im Leipziger Ortsteil Schönefeld-Abtnaundorf nahe dem Stannebeinplatz gelegene Mariannenpark kann auf eine interessante Geschichte zurückblicken. Der Park gilt, in seiner nahezu ursprünglich erhaltenen Form, als Beispiel für die gartenbauliche Architektur eines Volksparks des frühen 20. Jahrhunderts und wurde zunächst als „Volkspark Schönefeld“ geplant. Mit seinen klar begrenzten Strukturen, der vielfältigen Bepflanzung und den allgemein nutzbaren Flächen, wie die Tummelwiese oder die Sportfelder, sollte er von allen sozialen Schichten genutzt werden können. Dies war zugleich Ausdruck einer reformorientierten Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Mehrheit der Einwohner*innen des damals noch nicht eingemeindeten Schönefelds. „Das Volk soll sich im Volkspark tummeln können, sonst hat er keinen Sinn.“ (Migge 1913, S. 25). Die Anlage sollte also schon in dieser Zeit einen Ausgleich zu den Mühen und Strapazen des Lebens in der Stadt darstellen, die Lebensqualität steigern und zur Naherholung dienen (Stadt Leipzig 2020)

Begründerin des Parks war Baroness Clara Hedwig von Eberstein (1817–1900), die als kinderlose Erbin des Ritterguts Schönefeld verfügte, dass nach ihrem Tod aus ihrem Vermögen eine Stiftung zur Unterbringung und Versorgung „unbemittelter Töchter höherer Civil-Staatsbeamter und Militärs“ (Tartz 2011) gegründet werden sollte. Diese Stiftung sollte, wie der Mariannenpark selbst, nach ihrer Mutter benannt werden. Neben dem Erhalt des Schönefelder Schlosses als Wohnstätte für mittellose Frauen, sicherte sie in ihrem Testament den Fortbestand und die Öffnung des zum Gut gehörenden Parks für die Öffentlichkeit.

Bereits drei Jahre nach ihrem Tod beschloss der Schönefelder Gemeinderat, eben diese Fläche als einen öffentlichen Park landschaftsplanerisch zu gestalten und einigte sich mit dem Kuratorium des Mariannenstifts sowohl darauf, einen Erbpachtvertrag anzulegen, als auch darauf einen von zwei Entwürfen zur Parkgestaltung ausarbeiten zu lassen (Denzer, Dix, Porada 2015: 247). Leberecht Migge (1881–1935), einer der einflussreichsten Gartenarchitekten des frühen 20. Jahrhunderts, verfasste einen modernen Plan des Geländes, an dessen Umsetzung ab dem Jahr 1913 zeitweise bis zu 250 arbeitslose Menschen aus Schönefeld beteiligt waren (Stadt Leipzig 2020).

Abb. 2: Ursprünglicher Plan des „Volksparks Schönefeld“ von Leberecht Migge. Der Rodelberg ist auf dem Plan in etwa in seiner heutigen Form zu erkennen, während der Teich niemals umgesetzt wurde.
Abb. 2: Ursprünglicher Plan des „Volksparks Schönefeld“ von Leberecht Migge. Der Rodelberg ist auf dem Plan in etwa in seiner heutigen Form zu erkennen, während der Teich niemals umgesetzt wurde. (Quelle: Von Leberecht Migge - Urprung unbekannt, Gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48254185)

Nach der Eingemeindung Schönefelds im Jahre 1915 (Denzer, Dix, Porada 2015: 245) war nicht mehr der Gemeinderat Schönefeld, sondern der Leipziger Gartenbeauftragte Carl Hampel (1849–1930) – ein Konkurrent Migges – verantwortlich für den weiteren Ausbau des „Volkspark Schönefeld“. Der Vertrag mit Leberecht Migge wurde aufgelöst. Während und auch nach dem ersten Weltkrieg musste die Fertigstellung des Parkes mehrfach verschoben werden, sodass dieser erst im Frühjahr 1928 durch Carl Hampels Nachfolger, Nicolaus Molzen (1881–1954), mit leichter Änderung fertiggestellt und eröffnet werden konnte. Hierbei wurde unter anderem der von Migge geplante Teich nicht angelegt, dafür aber der Rosengarten im südlichen Teil des Parkes ergänzt. Drei Jahre später wurde er in „Mariannenpark“ umbenannt.

Nachdem der Park den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden hat, änderten sich die Besitzverhältnisse im Rahmen der darauffolgenden gesellschaftlichen Veränderungen grundlegend. 1949 wurde der Grundbesitz des Mariannenstifts der Stadt Leipzig übertragen (Denzer, Dix, Porada 2015, S. 247) und ein städtisches Alten- und Pflegeheim im Schloss eingerichtet, die Parkpflege wurde von dem VEB (Volkseigenen Betrieb) Garten- und Landschaftspflege übernommen. Dieser unternahm einige Änderungen, wie zum Beispiel die Errichtung eines Reichsbahnkinderwochenheimes, der heutigen CVJM-Kindertagesstätte im nördlichen Teil des Parks. Dennoch blieb der „Volkspark“ in seinen gestalterischen Grundzügen gut erhalten und „wurde 1991 als Denkmal der Garten- und Landschaftsgestaltung in die Kulturdenkmalliste des Landes Sachsen aufgenommen“ (Stadt Leipzig 2020).

Abb. 3: Das Schloss mit Teich und Garten
Abb. 3: Das Schloss mit Teich und Garten (Foto: Lisa Merkel)

Der Verein Schloss Schönefeld e.V., welcher im Jahre 1990 durch eine Elterninitiative gegründet wurde, ist bis heute Träger der Einrichtungen auf dem Schlossgelände. Zunächst musste das Schloss aufwendig saniert und umgebaut werden. Im Jahr 1994 wurde es wiedereröffnet und dient bis heute als moderne Förderschule für Kinder und Jugendliche sowie als Wohnstätte für erwachsene Menschen mit Behinderung. Zur Entlastung des ehrenamtlichen Vorstandes und Vereins, welcher heute noch etwa 100 aktive Mitglieder hat, wurden im Jahr 2005 zwei Tochterunternehmen gegründet und die Einrichtungen übergeben, um den weiteren Betrieb zu sichern (Schloss Schönefeld e.V. 2020b).

Das in Leipzig vom Leibniz-Institut für Länderkunde durchgeführte Projekt SpielRäume – Entdeckungs- und Erlebnisraum Landschaft, welches durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert ist, ermöglichte eine Aufbereitung dieser Thematik in Form eines GPS-basiertem Lernspiels. Wir möchten Sie einladen, die verschiedenen Epochen der Parkgeschichte an der Seite von Clara Hedwig von Eberstein zu durchlaufen und dabei vielleicht auch auf wichtige Zeitzeugen zu treffen. Dies ermöglicht es Ihnen, den Mariannenpark auf neue Art und Weise zu entdecken.

Abb. 4: QR-Code in Actionbound
Abb. 4: QR-Code in Actionbound

Laden Sie sich hierfür einfach die kostenlose App Actionbound auf ihr mobiles Endgerät (kostenfrei erhältlich sowohl im Google Play Store als auch im App Store), scannen Sie den untenstehenden QR Code und folgen Sie den Anweisungen auf dem Bildschirm. Das Spiel startet am Eingang zum Mariannenpark an der Kreuzung Rohrteichstraße/Schönefelder Allee und endet an der Gedächtniskirche Schönefeld. Die zu Fuß zurückzulegende Strecke beträgt ca. 2,5 Kilometer. Das gesamte Erlebnis nimmt in etwa 60 bis 90 Minuten in Anspruch und ist für jede Altersgruppe geeignet. Viel Spaß!


Empfohlene Zitierweise

Vera Kallinich, Robert Lämmchen, Stephan Pietsch, Maximilian Stintzing: “Die Geschichte des Leipziger Mariannenparks” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/78_b_156-mariannenpark/, Stand 15.04.2020

Quellen und weiterführende Literatur

Bildnachweise

  • Titelbild: Eingangsbereich zum Mariannenpark an der Kreuzung Rohrteichstraße und Schönefelder Allee (Foto: Lisa Merkel)
  • Vorschaubild: Große Wiese im Mariannenpark (Foto: Lisa Merkel)