Natur- und Kulturlandschaft um die Neubürg

Von Klaus Bitzer und Herbert Popp – 09/2019

Die Exkursion widmet sich dem durch Juraablagerungen geprägten Naturraum südwestlich von Mistelgau im Bereich der östlichen Fränkischen Schweiz. Hier ragt ein Berg in besonders imposanter Weise aus seiner Umgebung heraus. Es handelt sich um die Neubürg, einen Zeugenberg im Malm, der bis zu 587 m Höhe einnimmt. Er ist sowohl in geologischer, hydrologischer als auch botanischer Hinsicht interessant, er stellt aber auch in seiner siedlungsgeschichtlichen Prägung ein ergiebiges, zugleich aber bislang viel zu wenig bekanntes Objekt dar.

Kartenüberblick Exkursion: Natur- und Kulturlandschaft um die Neubürg Kartenausschnitt zurücksetzen

Technische Hinweise: Fußexkursion ab Wanderparkplatz unterhalb des Gipfelplateaus der Neubürg als Rundwanderung von 12 km Länge. Bequeme Wanderschuhe werden empfohlen. Höhenunterschied von 150 m zwischen dem tiefsten (Rumpelsbrunnen, 430 m) und dem höchsten Punkt (Neubürg, 580 m) der Exkursionsstrecke.

Exkursionsdauer: Etwa 4 bis 5 Stunden.

Möglichkeiten zum Einkehren: Keine Einkehrmöglichkeiten, weder in Wohnsgehaig noch in Harloth gibt es Gaststätten oder Wirtshäuser. Insofern ist eine Verproviantierung überlegenswert. Stilvolle Plätzchen zum Einnehmen eines Picknicks sind vorhanden (z. B. auf dem Gipfelplateau der Neubürg).

Abkürzungsmöglichkeiten (bei Zeitknappheit): Angesichts der Kürze der Exkursion weniger zu empfehlen.

Geeignete Kartengrundlage: Amtliche Topographische Karte 1:25.000 (ATK25) Blatt 6134 Waischenfeld. – München 2009.

Einleitung

Die Neubürg ist in der östlichen Fränkischen Schweiz ein aus ihrer Umgebung herausragender Berggipfel. Er ist aus mehreren Himmelsrichtungen von weitem als waldloses, sargdeckelartiges Plateau sichtbar (Abb. 1). Entsprechend hat man von seinem Gipfel aus einen eindrucksvollen Blick sowohl über weite Teile der Fränkischen Schweiz als auch in den Hummelgau und das Obermainische Hügelland, zum Frankenwald und zum Fichtelgebirge (Abb. 2). Die Neubürg ist somit landschaftsprägend. Ihre Sonderstellung wurde in den vergangenen Jahrzehnten aufgegriffen, indem eine Initiative zur Regionalentwicklung begonnen wurde mit der Bezeichnung „Rund um die Neubürg“.

Abb. 1: Blick über Mistelgau und Gollenbach zum Zeugenberg der Neubürg
Abb. 1: Blick über Mistelgau und Gollenbach zum Zeugenberg der Neubürg (Foto: Herbert Popp)
Abb. 2: Blick vom Gipfel der Neubürg nach Nordosten über Mistelgau und Bayreuth zum Fichtelgebirge mit dem Ochsenkopf
Abb. 2: Blick vom Gipfel der Neubürg nach Nordosten über Mistelgau und Bayreuth zum Fichtelgebirge mit dem Ochsenkopf (Foto: Herbert Popp)

Abgesehen von dieser Verwendung des Begriffs liegt die Neubürg mit ihrer unmittelbaren Umgebung im Schatten der Nachbargebiete. Der Berg ist nur Ziel für wenige Wanderer, es existiert nur magere und qualitativ vielfach problematische wissenschaftliche und Heimatliteratur zu ihm. Deshalb will die Exkursion versuchen, den Kenntnisstand zu diesem Zeugenberg sachgerecht wiederzugeben und mittels einer Exkursion zu Fuß um diesen Berg und auf seine Hochfläche dazu anregen, ihn zu besuchen.

Die Exkursion beginnt am Wanderparkplatz unterhalb des Berggipfels der Neubürg. Von dort beginnt die Wanderung zunächst der Straße in Richtung Mistelgau bergabwärts folgend. Nach ca. 500 m zweigt ein Feldweg nach links ab, der so genannte Kreuzleitenweg. Dieser führt bis zum Ortsrand von Harloth.

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Die Strecke verlief bis hierher stetig abwärts und ist damit im Schichtpaket der mesozoischen Sedimente bis in den Dogger (Brauner Jura) angekommen. Hier stehen Sandsteine des Dogger-beta (Eisensandstein) an, zum Teil mit herumliegenden sogenannten Eisenschwarten, in denen besonders stark angereichertes Eisenerz in den Sandsteinen harte, mehrere Zentimeter mächtige Horizonte bildet. Die Schichten fallen mit 30° in den Berg, was für diesen Bereich der Fränkischen Alb ungewöhnlich steil ist. Im angrenzenden Feld findet man marine Fossilien des Dogger (Brachiopoden, Muscheln) sowie Reste primitiver Verhüttung der Eisenschwarten in Form von Schlackenresten, die durch das Pflügen weiträumig verteilt wurden.

Abb. 3: Hohlweg im Dogger westlich von Harloth
Abb. 3: Hohlweg im Dogger westlich von Harloth (Foto: Herbert Popp)

Am Ortsrand von Harloth befindet sich ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich auf Biogasgewinnung spezialisiert hat. Die seit 2004 existierende Biomasseanlage besitzt eine elektrische Leistung von 215 kW, sie hat beispielsweise im Jahr 2016 1,5 Mio. kWh Strom erzeugt.

Der Feldweg führt von Harloth weg (nicht zurück zur Straße) in Richtung Süden (in Richtung der Höhe 531 auf der ATK25), wobei der Weg wieder bis zur Wegbiegung leicht bergauf geht.

Station 2: Fischteiche am Hang zur Kartenansicht >>

Abb. 4: Gefasster Quellaustritt am Hang
Abb. 4: Gefasster Quellaustritt am Hang (Foto: Herbert Popp)
Abb. 5: Einer der Forellenfischteiche am Hang, gespeist aus der Quelle
Abb. 5: Einer der Forellenfischteiche am Hang, gespeist aus der Quelle (Foto: Herbert Popp)

Nach der Biegung des Weges nach Westen folgen drei Fischteiche, am Waldrand gelegen, in ungewöhnlich steiler Position am Hang. Fischteiche befinden sich normalerweise im Talgrund im Bereich des Grundwasserspiegels auf eher flachem Gelände. In diesem völlig anderen Fall wurden die Teiche unterhalb mehrerer Wasseraustritte aus Dogger-beta-Sandsteinen am Hang angelegt. Der Grund liegt darin, dass hier lokal über einer eingelagerten Ton-Stauschicht Wasser austritt. Wie die gefassten Quellen belegen, ist hier offenbar eine dauerhafte Frischwasserversorgung für die Fische gewährleistet (Abb. 4). Das Quellwasser zeigt jedoch anhand leicht erhöhter Chlorid-Werte den Einfluss der nahegelegenen Straße (Salzstreuung), die oberhalb entlangläuft. Die Anlage der Teiche unterhalb der Quelle dürfte ein weiteres Mal auf die Existenz einer tonigen Zwischenschicht im Dogger-beta zurückzuführen sein, die eine Versickerung des Wassers aus den Teichen verhindert.

In den insgesamt drei Teichen (ein vierter liegt trocken) wird Forellenzucht betrieben (Abb. 5). Um Verletzungen der Fische durch Vögel (vor allem Reiher) zu verhindern, sind die Teiche mit Netzen bespannt.

Der Weg verläuft weitgehend entlang der Höhenlinien (isohypsenparallel) bis zum nördlichen Ortsrand von Wohnsgehaig. Dort nach rechts in das Flurstück Äußerer Graben abbiegen und dem Weg weiter folgen, bis der Rumpelsbrunnen erreicht wird.

Station 3: Rumpelsbrunnen zur Kartenansicht >>

Abb. 6: Quellaustritt oberhalb des Rumpelsbrunnen
Abb. 6: Quellaustritt oberhalb des Rumpelsbrunnen (Foto: Herbert Popp)
Abb. 7: Eigentliche Quelle des Rumpelsbrunnen
Abb. 7: Eigentliche Quelle des Rumpelsbrunnen (Foto: Herbert Popp)

Am Waldrand, noch oberhalb des Rumpelsbrunnen, befindet sich ein Quellhorizont, der das Wasser des sich darüber erstreckenden unteren Ackerbereichs drainiert (Abb. 6). Es handelt sich um die Reste einer früher angelegten Felddrainage. Das Wasser fließt 5 m lang oberirdisch in Richtung Waldweg. Auf dieser Strecke kann die undurchlässige tonige Zwischenschicht, die das Versickern des Wassers verhindert, mit dem Hammer freigelegt werden. Es handelt sich um fette plastische und gut durchfeuchtete Tone. Hierdurch ist eine Bewirtschaftung von Feldern nicht mehr möglich, sondern nur noch Waldwirtschaft. Wenige Meter weiter nördlich versickert der kleine Bach in den klüftigen Sandsteinen des Dogger-beta-Sandsteins erneut und kommt erst am Rumpelsbrunnen wieder an die Oberfläche zurück (Abb. 7). Das Wasser des Rumpelsbrunnen tritt somit hier ein zweites Mal oberflächlich ans Tageslicht. Erneut setzt dieser Quellaustritt im Dogger voraus, dass eine lokale Stauschicht eingelagert ist. Von der Quelle fließt das Bächlein den Hang hinab und mündet weiter unterhalb in den Leimbach, der sich wiederum in die Truppach ergießt.

Vom Rumpelsbrunnen geht es den Weg zurück bis zur Ortsmitte von Wohnsgehaig.

Station 4: Der Ort Wohnsgehaig zur Kartenansicht >>

Abb. 8: Wohngsgehaig in der Uraufnahme von 1850
Abb. 8: Wohngsgehaig in der Uraufnahme von 1850 (Quelle: Uraufnahme von Wohnsgehaig im Maßstab 1:2.500 aus dem Jahr 1850, Ausschnitt aus Blatt NW 84-6, W87, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)

Es ist ungewöhnlich, ein stattliches Dorf vorzufinden, das derart hoch gelegen ist wie Wohnsgehaig (513 m), wenn man zugleich berücksichtigt, dass über dem Ort die wasserdurchlässigen Kalksedimente des Malm (Weißen Jura) lagern und somit kein oberflächlich vorhandenes Wasser zu erwarten wäre. Der Grund für seine Existenz ist eine austretende Quelle am Fuß der Malmtafel der Neubürg (am Wanderparkplatz) im Ornatenton, die in der Vergangenheit die Versorgung mit Trinkwasser sichergestellt hat. Noch höher als Wohnsgehaig liegen in der Fränkischen Schweiz lediglich Hohenmirsberg, (562 m, Landkreis Bayreuth), Herzogenreuth (556 m, Landkreis Bamberg) und Wattendorf (531 m, Landkreis Lichtenfels).

In der Literatur gibt es eine umfangreiche Spekulation zur Bedeutung des Ortsnamens. Zunächst lässt sich feststellen, dass neben der Bezeichnung Wohnsgehaig auch andere Ortsnamen gängig waren. Im Lehensbuch des Markgrafen Friedrich (1425) heißt der Ort Wonßkaw, 1456 findet sich die Schreibweise Wenßkau, für 1520 findet man die Schreibweise Monsgehag (SCHNÖRER 1974, S. 3, PFAFFENBERGER & AUMÜLLER 2000, S. 11-13). Das kartographische Uraufnahmeblatt von 1850 bezeichnet den Ort als Wohngehai (vgl. Abb. 8). Die Einheimischen nennen ihren Ort ganz einfach Wohnsghaa.

Einen hohen Stellenwert nimmt in der Reflexion über die Genese und Bedeutung dieses Ortsnamens die Position ein, wonach Wohnsgehaig nichts anderes als Wodansgehege bedeute (vgl. GÖTZ 1898, S. 127), also gewissermaßen das Gehege, das Revier zum Wotan-Heiligtum der Neubürg. Diese germanische Interpretation mag sehr eingängig sein, sie ist indes pure Spekulation und mit Sicherheit als falsch einzustufen. Sie geistert dennoch immer noch in Reiseführern herum: „Der Name von Wohnsgehaig leitet sich vom Göttervater Wotan ab.“ (LUZAR 2004, S. 69). Deshalb sei hier nochmals klar betont, dass diese Interpretation völlig irrig ist, nicht zuletzt auch deshalb, weil keine germanische Besiedlung der Neubürg nachzuweisen ist.

Spielt diese mythologische Sicht auf Wohnsgehaig immer noch eine gewisse Rolle in der Wahrnehmung des Ortes und des Ortsnamens, so war seine wirtschaftliche Bedeutung infolge der naturräumlichen Benachteiligung nie besonders hoch. Nach HELLER (1829, S. 208) besitzt der Ort „156 Einw. und ein Wirthshaus. In der Nähe entspringt der Schmierbach.“ Dieser Bach entspringt südwestlich der Neubürg und mündet in Nankendorf in die Wiesent. Das Uraufnahmeblatt des Ortes aus dem Jahr 1850 (Abb. 6) zeigt, dass das Dorf damals noch ohne Kirche war (erst 1859 wurde eine Kapelle errichtet), die katholische Bevölkerung von Wohnsgehaig pfarrte nach Nankendorf und Waischenfeld.

Abb. 9: Der nördliche Teil von Wohnsgehaig wird heute optisch durch die Vielzahl seiner Photovoltaikplatten geprägt.
Abb. 9: Der nördliche Teil von Wohnsgehaig wird heute optisch durch die Vielzahl seiner Photovoltaikplatten geprägt. (Foto: Herbert Popp)

Beim Betreten des Dorfes von Norden her fallen sofort die großflächigen Photovoltaikflächen auf den Dächern mehrerer Scheunen und Ställe auf. Auf dem Luftbild erkennt man besonders deutlich, dass diese Flächen (und auf ihrer Basis die Gewinnung erneuerbarer Elektroenergie) prägend für das heutige Ortsbild sind (Abb. 9). Vier größere landwirtschaftliche Betriebe, deren Dächer mit den Photovoltaikplatten bestückt sind, lassen sich in Wohnsgehaig erkennen, davon drei im nördlichen Teil des Dorfes und einer auf der Höhe der Bushaltestelle. Diese besitzen allesamt eine stattliche Leistung von über 40 kWp (Kilowatt peak) mit einer jährlichen Stromeinspeisung ins Netz von je über 40.000 kWh. Wohnsgehaig ist geradezu zu einem Modellfall für die Gewinnung erneuerbarer Energie geworden.

Abb. 10: Siedlungsgrundriss von Wohnsgehaig heute
Abb. 10: Siedlungsgrundriss von Wohnsgehaig heute (Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)

Trotz dieser Dynamik hat sich selbst in der Gegenwart die räumliche Erstreckung des Dorfes, verglichen mit 1850, nur unwesentlich verändert (Abb. 10). Und dementsprechend ist die Bevölkerungszahl seit Jahrzehnten stark rückläufig: von 455 Einwohnern (1859) sank die Zahl auf 453 (1870), auf 274 (1929) und auf 233 (1970). Seit 1972 wurde Wohnsgehaig zu Mistelgau eingemeindet, sodass seine Einwohnerzahlen seither nicht mehr separat veröffentlicht werden. Die Bevölkerungsabnahme ist auch über die Schülerzahlen der Volksschule Wohnsgehaig, die bis 1973 bestand, gut ablesbar: waren es 1889 noch 106, 1899 76, 1909 74, 1919 60, 1929 60, 1939 40 und 1949 39 Schüler, so sank deren Zahl seither immer weiter ab auf 25 (1965), um dann aber unerklärlicherweise im letzten Jahr vor der Schließung wieder auf 39 Schüler (1973) anzusteigen (SCHNÖRER 1974, S. 6 f.) bis zur Eingliederung der Schulstelle in den Schulverband Nankendorf/Plankenfels.

Abb. 11: Das ehemalige Dorfwirtshaus Schamel in Wohnsgehaig, Foto wohl um 1900
Abb. 11: Das ehemalige Dorfwirtshaus Schamel in Wohnsgehaig, Foto wohl um 1900 (Quelle: SCHNÖRER 1974, Anhang)
Abb. 12: Das ehemalige Dorfwirtshaus (Hausnr. 13) wurde restauriert und zum Wohnhaus umfunktioniert.
Abb. 12: Das ehemalige Dorfwirtshaus (Hausnr. 13) wurde restauriert und zum Wohnhaus umfunktioniert. (Foto: Herbert Popp)

Das so genannte neue Schulhaus, welches das alte Schulhaus (das von 1837–1910 bestand und abgerissen wurde) durch einen Neubau ersetzte, besaß selbst für diesen Neubau nur ein einziges Klassenzimmer. Auch dieses neue Schulhaus, das sich im Gebäude mit der heutigen Nr. 29, direkt neben der Kapelle am südlichen Dorfrand gelegen, befand, wurde 1974 geschlossen, abgerissen und durch ein Wohnhaus ersetzt. Das Dorf hat auch weitere wichtige Gemeinschafts- und Versorgungsfunktionen verloren, so etwa das Dorfwirtshaus Schamel, das inzwischen als Wohngebäude dient (Abb. 11 und 12). Das heutige Zentrum von Wohnsgehaig ist die Bushaltestelle mit Wendeplatz, genannt Pfannenflickerplatz, und dem Pfannenflickerbrunnen. Immerhin gibt es im Ort noch einen Burschenverein, eine Freiwillige Feuerwehr und eine Jagdgenossenschaft. Das lokale Vereinsleben ist somit noch nicht ausgestorben.

Abb. 13: Tausendjähriger Weißdorn in Wohnsgehaig
Abb. 13: Tausendjähriger Weißdorn in Wohnsgehaig (Foto: Herbert Popp)

Etwas abseits der Dorfstraße (in östlicher Richtung) am Anwesen Nr. 27 befindet sich eine botanische Rarität: ein angeblich Tausendjähriger Weißdorn (Abb. 13). Es wird in den Medien immer wieder die Aussage wiederholt, dass es sich um einen Baum handle, der 1.000 bis 1.200 Jahre alt sei, was bislang argumentativ nie zu belegen versucht wurde. Er wird aufgeführt im Baumregister von baumkunde.de als Nr. 1606. Zugleich stellt sich die Frage, weshalb dieser Baum so lange bereits hier steht und vor allem welche Funktion er hatte. „Ein 1200 Jahre alter Weißdornstrauch dürfte ein Restbestand der Einfriedung von der Neubürg sein“, so spekuliert der Internet-Auftritt fraenkische-schweiz.bayern-online.de, was als äußerst unwahrscheinlich erscheint. Zwar findet sich in der Tat um Wohnsgehaig und die Neubürg immer wieder heckenartig Weißdorn, Schlehen und Wildkirschen verbreitet. Doch auf eine Einfriedung, die der Text bemüht, gibt es nirgendwo irgendeinen Hinweis.

Noch weiter südlich im Dorf taucht die Kapelle von Mariä Himmelfahrt auf. Diese Kapelle wurde 1859 errichtet, 1929 erneuert und ist inzwischen in die Pfarrei Nankendorf eingegliedert. Heute wird hier vierzehntägig am Mittwoch ein Gottesdienst vom Pfarreienverbund Waischenfeld abgehalten. Diese Informationen weisen darauf hin, dass in Wohnsgehaig katholische Bevölkerung lebt. Aber nicht nur: Im Protestantischen Kirchen-Jahrbuch für das Königreich Baiern (1812), wird unter dem Kapitel: „Generaldecanat Baireuth“ angegeben, dass zum evangelischen Pfarrsprengel Mengersdorf „von Wohnsgehaig 8 Häuser“ gehören. Wohnsgehaig war somit historisch bikonfessionell. Und das ist ein deutlicher Hinweis auf seine Randlage im Konkurrenzbereich rivalisierender Territorialherrschaften: der Markgrafen von Bayreuth und der Bischöfe von Bamberg.

An der Bushaltestelle in der Ortsmitte führt in östliche Richtung ein Weg aus dem Ort hinaus und auf die Neubürg hinauf. Auf dem Weg zum Plateau lohnt es sich an verschiedenen Stellen anzuhalten.

Station 5: Die Neubürg (auch Wonnebürg, Leimbürg, Sauhügel genannt) zur Kartenansicht >>

Abb. 14: Ausschnitt aus der Karte des Jagdgebiets Mengersdorf/Truppach von Peter Sengelaub aus dem Jahr 1607. Die Karte wird hier wegen der Beschriftung eingesüdet wiedergegeben, d. h. Süden liegt oben. Man sieht am unteren Bildrand quer die Truppach fließen, an der das Dorf Mengersforf beschriftet ist. Nach Süden (nach oben) zweigt ein Weg ab, der im oberen Teil des Kartenausschnitts halbrechts umbiegt, um die rote Linie auf der Karte (das ist die Territorialgrenze zum Bistum Bamberg) zu überqueren. Es ist ein kreisrunder Berggipfel mit Bewaldung abgebildet, der die Aufschrift „Die Leimburg“ trägt. Hierbei handelt es sich um die Neubürg.
Abb. 14: Ausschnitt aus der Karte des Jagdgebiets Mengersdorf/Truppach von Peter Sengelaub aus dem Jahr 1607. Die Karte wird hier wegen der Beschriftung eingesüdet wiedergegeben, d. h. Süden liegt oben. Man sieht am unteren Bildrand quer die Truppach fließen, an der das Dorf Mengersforf beschriftet ist. Nach Süden (nach oben) zweigt ein Weg ab, der im oberen Teil des Kartenausschnitts halbrechts umbiegt, um die rote Linie auf der Karte (das ist die Territorialgrenze zum Bistum Bamberg) zu überqueren. Es ist ein kreisrunder Berggipfel mit Bewaldung abgebildet, der die Aufschrift „Die Leimburg“ trägt. Hierbei handelt es sich um die Neubürg. (Quelle: Karte aus VOLLET 1977, S. 53, Original: Staatsarchiv Bamberg StAB A 240 R 32)

Der Plateauberg der Neubürg ist heute weitgehend unbewaldet, was aber nicht immer so war. Nach MÜLLER (1976, S. 108) war der gesamte Gipfel mit Laubwald bedeckt. Die Jagdgebietskarte von Peter Sengelaub aus dem Jahr 1607 bezeichnet die Neubürg als die Leimburg und bildet sie als dichte Waldfläche ab (Abb. 14).

Damit erfahren wir, dass die Neubürg früher andere Namen aufwies. So erwähnt HELLER (1829, S. 125), der Berg habe „in älteren Zeiten Leinebürg oder Wonneburg“ geheißen. Die erstgenannten Bezeichnungen, die in mehrere Quellen überliefert sind, heißen Leynburg (1406), Leinpurg (1465), Leynburg (1476), Leimpurk (1436) und Leimburg (1706). Eine recht spekulative Interpretation dieses Namens behauptet: „Diese Namen stehen wahrscheinich im Zusammenhang mit den Tuchmärkten [= Leinen], die bis ins 20. Jahrhundert hinein auf der Neubürg stattfanden.“ (www.garnerian.de/kultorte/neubürg.htm). Wahrscheinlicher ist die Herleitung der Leinburg/Leimburg über die alte Geleitstraße, die (wie heute) am Nordrand des Berges vorbeiführte. Zur Sicherung der Grenze an dieser Straße ließ schon Konrad III., der letzte Schlüsselberger, einen Burgstall errichten. Dieser und der an ihn anschließende Berg hießen Leimburg. Namengebend für das Präfix Leim-, war dabei vermutlich das Material des Lehms, aus dem dieser Burgstall errichtet wurde. Der Begriff Wonneburg wurde Ende des 18. Jahrhunderts von dem Bayreuther Superintendenten Künneth zur Bezeichnung des Berges verwendet (STUHLFAUTH 1936, S. 59). PEEK (2003, S. 247) behauptet demgegenüber, der Name Wonnebürg sei erst seit der Romantik üblich geworden. Noch eine weitere Bezeichnung für die Neubürg ist für das 17. Jahrhundert überliefert: nämlich Sauhügel. Diese Namengebung mag etwas zu tun haben mit dem Baumbestand des ehemaligen Waldes, der auch Buchen und Eichen umfasste und so eine ideale Grundlage für die Schweinemast war (PFAFFENBERGER 2000, S. 12).

Weshalb entstand schließlich die heute gängige Bezeichnung Neubürg? Sicher ist, dass sie jüngeren Datums ist. MÜLLER (1967, S. 2) gibt hierfür eine Erläuterung, die nicht voll befriedigt, die hier aber in Ermangelung von Alternativen angeführt werden soll. Er meint, es handle sich um eines jener Beispiele, bei denen Grenzsituationen mittels Gegensatzpaaren (z.B. alt-neu) ausgedrückt wurden, wobei die grenznahen Lokalitäten als neu apostrophiert werden.

Abb. 15: Gipfelplateau der Neubürg, von Süden aus betrachtet
Abb. 15: Gipfelplateau der Neubürg, von Süden aus betrachtet (Foto: Herbert Popp)

Die gegenwärtige Kahlheit des Gipfelbereichs der Neubürg kam erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts zustande. Im Rahmen der napoleonischen Kriege musste auch Wohnsgehaig Kontributionszahlungen an die Franzosen leisten. Durch Abholzen des Baumbestandes auf der Neubürg, die erst 1806 von der Gemeinde Wohnsgehaig erworben worden war, und den Verkauf des Holzes wurden diese beglichen. Die kahle Fläche war wiederum günstig dafür, dass Woll- und Tuchmärkte auf dem Plateau abgehalten werden konnten, eine Tradition, die bis ins frühe 20. Jahrhundert andauerte.

Beim Aufstieg zum Gipfelplateau erkennt man, von Südwesten kommend, sehr gut die Schichttafel aus Werkkalken (Malm-beta), die auf den Doggerschichten aufsitzt (Abb. 15). Sie ist es, die den sargdeckelähnlichen Charakter des Gipfelplateaus bildet. Rund um den Anstieg findet man im Hangbereich eine dichte Heckenlandschaft, die vorwiegend aus Schlehen, Weißdorn, Hartriegel und Wildkirschen besteht. Diese Büsche sind kalkliebend und finden hier, vor allem in windgeschützter Umgebung, günstige Wachstumsbedingungen.

Station 6: Auf dem Gipfelplateau der Neubürg zur Kartenansicht >>

Nach Erreichen des Gipfelplateaus erkennt man zur Linken mehrere dolomitisierte Felsen. Unterhalb dieser Felsen, die als Hochstein bezeichnet werden, fand man 1930 bei Arbeiten zum Wasserleitungsbau in 1,5 m Tiefe eine eiserne Speerspitze der Hallstattstufe C (800–620 v. Chr.) von 16 cm Länge (STUHLFAUTH 1936, S. 59). Dieser Fund (Abb. 16), der leider wenige Jahre später verschollen ging, ist eines der besten Zeugnisse für die vorgeschichtliche Besiedlung der Neubürg.

Die Hinweise auf eine frühzeitliche Besiedlung der Neubürg durch den Menschen sind zwar vorhanden, aber nicht sehr umfangreich. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Berg in vorgeschichtlicher Zeit befestigt war. Im Neolithikum (in der Jungsteinzeit, ca. 6.400–3.500 v. Chr.) war er „mindestens begangen, wenn nicht schon besiedelt“ (STUHLFAUTH 1936, S. 59). Steinabsplisse und Bandjaspis, die man finden konnte, belegen dies.

Abb. 16: Speerspitze aus der Hallstatt-C-Zeit, gefunden auf der Neubürg
Abb. 16: Speerspitze aus der Hallstatt-C-Zeit, gefunden auf der Neubürg (Quelle: Stuhlfauth, Adam, Vor- und Frühgeschichte Oberfrankens: in Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, Bd. 33, 1. und 2. Heft.)

Während der Hallstattzeit, also in der Phase, aus der der Speerfund stammt, war die Bergebene sicherlich besiedelt. Auf die Hallstatt A-Phase (1.200–1.000 v. Chr.) weisen Scherben mit Kanneluren (Furchen und Riefen) hin, aus der Hallstatt D-Phase (620–450 v. Chr.) stammt eine Bronzenadel, die man finden konnte. Sie besitzt einen platten Kopf und ein kleines daran befestigtes Häkchen (STUHLFAUTH 1936, S. 59). Die meisten Scherbenfunde sowie ein Fragment eines Mahlsteins aus Sandstein gehören der Frühlatènezeit (450–250 v. Chr.) an.

Besonders vor dem Hintergrund der in zahlreichen Publikationen vermittelten Vorstellungen von der germanischen Besiedlungsgeschichte der Neubürg muss man betonen, dass keltische Besiedlung (Latène) sehr wohl nachgewiesen wurde, die darauf folgende germanische Siedlungstätigeit hingegen bisher auf der Neubürg nicht bestätigt werden kann. Das ist von Wichtigkeit, weil die Bezeichnung Wonnebürg für den Berg, ähnlich wie beim Ortsnamen Wohnsgehaig, vielfach in den Internetbeschreibungen auf den germanischen Gott Wotan Bezug nimmt. Aussagen, wie die Neubürg sei eine Kultstätte der Germanen (fraenkische-schweiz.bayern-online) sind durch den historischen Wissensstand nicht belegt und damit allenfalls als Mythos zu akzeptieren.

Überhaupt gibt es zur Neubürg wenig gesichertes Wissen, aber viele Sagen und Mythen. Nicht zu Unrecht wird dieser Berg daher in der Literatur als sagenumwoben bezeichnet.

Das Gebiet der Hochfläche der Neubürg ist als ökologisch besonders wertvolle Fläche auch in den bayerischen Ökoflächenkataster aufgenommen worden. Dies ist ein Verzeichnis ökologisch bedeutsamer Flächen, die staatlicherseits für den Naturschutz angekauft oder gepachtet wurden. Für die Neubürg wurden hierbei zwei Klassen von Schutzflächen ausgewiesen, und zwar Ausgleichs- und Ersatzflächen gemäß der naturschutzrechtlichen und der baurechtlichen Eingriffsregelung (grün) sowie Landschaftspflegeflächen der ländlichen Entwicklung (violett). Diese Flächen umfassen die Hangbereiche rund um die Hochfläche, die jeweils hohe Buschanteile aufweisen und Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen sind. Der westliche Bereich betrifft die relativ steilen Hangflächen, die zugleich sehr naturnah sind, die östlichen Flächen erstrecken sich auf den ehemaligen Steinbrucharealen (Abb. 17). Beeinträchtigte Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes sollen auf den so ausgewiesenen Flächen wiederhergestellt werden. Die gepunktete Fläche bezeichnet das Gebiet, das zum Landschaftsschutzgebiet gehört.

Abb. 17: Ökoflächenkataster Neubürg
Abb. 17: Ökoflächenkataster Neubürg (Daten: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)

Als besonders schützenswert auf der Neubürg gelten die nach der Abholzung im frühen 19. Jahrhundert entstandenen Magerrasen, die Mähwiesen, Hecken und Gehölze. Hier gedeihen besonders viele Tier- und Pflanzenarten, die gut an Trockenheit und Nährstoffarmut angepasst sind. Diese Vergesellschaftung seltener Tiere und Pflanzen bezeichnet man als Biotopkomplex.

An der Westseite der Neubürg treten dolomitisierte Kalksteine der Rifffazies mit schwach sichtbarer Schichtung und zahlreichen Makroporen auf. Fossilien sind selten. Man stößt gelegentlich auf grauschwarze Flintknollen im Kalkstein, wie sie im Malm in der südlichen Frankenalb häufig sind. Die Sicht nach Westen zeigt deutlich die Muldenform der Frankenalb und das Ansteigen zum westlichen Albrand Richtung Bamberg. Die bei guter Sicht weit im Westen erkennbaren Windräder sind bereits nahe am westlichen Albrand gelegen. Die durch die Hollfelder Störung bei Plankenfels verursachte morphologische Stufe ist ebenfalls deutlich auszumachen.

In ihrem heutigen Erscheinungsbild als baumloses Gipfelplateau ist die Neubürg eine Lokalität, von der aus man einen eindrucksvollen Überblick über die umgebenden Gebiete hat. Diese Qualität wurde ab 1968 bereits von der Arbeitsgemeinschaft Bayreuth des CVJM (Christlicher Verein Junger Männer) für ihren alljährlich am letzten Septembersonntag stattfindenden Jungschar-Ballontag genutzt. Nach bescheidenen Anfängen wurde dieser Ballontag bald zu einem regionalen Fest, zu dem Scharen von Menschen, meist Familien mit ihren Kindern, auf die Neubürg strömten. Die Veranstaltung war zunächst für die Jungschararbeit des CVJM (unter 14-jährige) konzpiert, sie entwickelte sich aber binnen weniger Jahre zu einem Event mit einem Einzugsbereich der Teilnehmerschaft von fast 50 km, die sogar zum Teil mit Bussen anreiste. Höhepunkt der Veranstaltung war jeweils das Steigenlassen eines mit Helium gefüllten Ballons, an dem die Adresse des Absenders auf einer Postkarte befestigt wurde. Diejenigen Ballons, die nach einigen Wochen von besonders weit entfernten Fundorten Rückantworten erhielten, wurden prämiert. Die von dem Verein organisierte Veranstaltung war extrem beliebt, da es durchaus auch – ähnlich wie auf dem Walberlafest – Getränke-, Bratwurst- und Kuchenverkauf gab. Für die Kinder wurden, in Gruppen aufgeteilt, gemeinsame Spiele durchgeführt, während sich die Eltern und Angehörigen daneben ausruhen konnten. Die Nachfrage nach dem Ballontag wurde sehr groß. Rekordjahr war 1979 mit 5.000 Gästen, 6.000 Ballons, 200 Helfern, 750 Kindern in 18 Spielgruppen. Die Auflagen, die das Landratsamt als Genehmigungsbehörde einforderte, stiegen ständig. Beim letzten Ballontag 1984 waren nicht nur 10 Toiletten und mehrere Urinale gefordert, sondern es mussten 900 Autostellplätze ausgewiesen werden. Auch mit der Flugsicherung am Flughafen Nürnberg musste das Steigenlassen der Ballons abgestimmt werden. Letztmalig 1975 stiegen alle 3.300 Ballons auf einmal, dies sei eine Gefährdung des Luftraums, so die Flugsicherung. Ab 1976 stiegen die Ballons nur noch in mehreren Tranchen. Das endgültige Aus entschied das Landratsamt Bayreuth mit der Feststellung, die Neubürg sei ein Wasserschutzgebiet (CVJM-AG BAYREUTH 1997).

Auf der Hochfläche geht es weiter Richtung Süden.

Abb. 18: Die Kunstobjekte des Skulpturenprojektes NaturKunstRaum Neubürg
Abb. 18: Die Kunstobjekte des Skulpturenprojektes NaturKunstRaum Neubürg (Quelle: Verein für Regionalentwicklung „Rund um die Neubürg – Fränkische Schweiz e. V.“ 2018)

Am Wegesrand befinden sich mehrere Wildkirschbäume, die hier gedeihen. Nach 200 m wird eine Steinskulptur erreicht, ein radartiges Objekt aus Sandstein. Dies ist ein erstes der insgeamt zehn Objekte auf der Hochfläche, die hier seit 2003 zu finden sind (Abb. 18). Diese Objekte gehören zu einem LandArt-Projekt, bei welchem Kunstwerke, möglichst aus den Materialien der Region errichtet, in einer landschaftlichen Umgebung stehen, mit der sie harmonieren. Der Anspruch dieser Skulpturen in reizvoller Landschaft ist es, eine ästhetische Gestaltung zu leisten: die Sinneswahrnehmungen des Betrachters von Raum und Zeit sollen neu angeregt werden. „Mensch und Natur werden durch eine ganzheitliche, emotional-physische Wahrnehmung mit Hilfe der Kunst zusammengeführt“ (PIETSCHMANN 2003, S. 26), so lautet der Anspruch des Open-Air-Kunstmuseums.

Dieses Projekt wurde von der Entwicklungsgesellschaft „Rund um die Neubürg“ initiiert, eine mit staatlichen MItteln geförderte Initiative zur Regionalentwicklung. Sie wurde 1999 begründet. Mittels eines ILEK (Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept) erstrebt man eine „langfristige [..] Weiterentwicklung, Verbesserung und Sicherung der ökonomischen, sozialen, ökologischen und kulturellen Lebensgrundlage dieses ländlichen Raums.“ (ILEK „Rund um die Neubürg – Fränkische Schweiz“ 2013, S. 1). Unter aktiver Beteiligung der 11 Gemeinden (nach dem Austritt von Heinersreuth 2013 nur noch 10 Gemeinden) soll eine zielgerichtete Entwicklung der Region angestrebt werden, in der Hoffnung, „eine hohe Akzeptanz und Identifikation mit den Ergebnissen“ (S. 2) zu erreichen. Konkret erfolgte Projekte sind bisher z. B. der Bauernmarkt neben der Therme Obernsees, Radwege, Märchenschau, gemeinsame Vermarktung der Region – und eben auch die Durchführung des Projektes NaturKunst-Raum, das von der Öfentlichkeit überwiegend positiv bis begeistert aufgenommen worden ist.

Neben dem Werk mit Namen Lebensrad (von Wolfgang Pietschmann) folgen auf dem Rundgang, die Objekte Samen der Zeit (von Jean-Michel Moraud), Milchstraße (von Carlotta Brunnetti) und Kumulus (von Angelika Summa). Je nach gewählten Gestaltungsmaterialien sind die Objekte noch fast wie neu (z. B. Lebensrad, Kumulus) oder sie sind mit der Natur eins geworden, d. h. durch Vegetationsbewuchs und Abtragung von losen Steinen kaum noch als Kunstwerk zu identifizieren (Milchstraße).

Am Ostrand der Neubürg führt ein Pfad leicht bergab.

An dieser Seite befinden sich alte, aufgelassene Steinbruchanlagen in Kalksteinen des Malm-beta, die vorwiegend als Bausteine für die Gebäude in Wohnsgehaig abgebaut wurden. Dogger-beta-Sandsteine sind wegen des bröseligen Charakters als Bausteine wenig geeignet. Wegen des kapillaren Wasseraufstiegs in den Poren des Sandsteins haben manche Gebäude aus Dogger-beta-Sandsteinen feuchte Keller und Wände, Ähnliches gilt auch für den lokal häufiger verwendeten und stabileren Sandstein des Rhät. Eine besonders starke Nachfrage erlebte der Kalksteinbruch Mitte der 1930er Jahre, als Kalksteine für den Autobahnbau Bayreuth-Nürnberg abgebaut wurden. Der Steinabbau wurde in den 1960er Jahren eingestellt, als die Neubürg zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde. Die Schichten des Malm fallen in den ehemaligen Abbruchbereichen mit 30° nach Süden, was für die Fränkische Alb in diesem Bereich ungewöhnlich steil ist. Es handelt sich um eine lokale Anomalie, zu der auch das an der westlichen und südlichen Umrandung der Neubürg zu beobachtende Einfallen der Schichten in den Berg zählt. Geophysikalische Messungen haben die Ursache nicht klären können.

Abb. 19a: Die Figur Galaxie wurde 2018 aufgestellt.
Abb. 19a: Die Figur Galaxie wurde 2018 aufgestellt. (Foto: Herbert Popp)
Abb. 19b: Die Figur Zwerglein des Wohnsgehaiger Hügels kommt ebenfalls aus dem Jahr 2018.
Abb. 19b: Die Figur Zwerglein des Wohnsgehaiger Hügels kommt ebenfalls aus dem Jahr 2018. (Foto: Herbert Popp)

Weiter geht es vorbei an der Figur Bronzestele (von Axel Luther, Abb. 2), hinter der in besonders eindrucksvoller Weise die Landschaft des Hummelgaus, des Bayreuther Beckens und des Fichtelgebirges zu sehen ist. In Richtung Südosten erkennt man den Geseeser Sattel des Creußener Gewölbes mit dem Zeubachtal und dem Übergang in die Albhochfläche östlich von Waischenfeld. Nach Norden ist teilweise die Trassenführung der ehemaligen Bahnlinie von Bayreuth nach Hollfeld zu erkennen, die von Bayreuth über Mistelbach nach Mistelgau durch das Tal der Weides nördlich von Wohnsgehaig nach Obernsees und von dort nach Plankenfels und weiter Richtung Norden nach Hollfeld führte. Ein Grund für die Streckenführung der Bahn über Mistelgau war der Transport von Holz aus den von der Neubürg gut zu sehenden ausgedehnten Forstgebieten südlich und südöstlich von Wohnsgehaig bei Glashütten.

Das Kunstobjekt Bronzestele ist eine Ammonitenspirale auf einer Stele. Der Rand der Spirale ist transparent, sodass das Objekt wie eine Lichtspirale erscheint (vgl. HESS 2018, S. 72). Noch weiter hangabwärts befindet sich das Objekt Die Öffnung der Kraft (von Beat Breitenstein). Es ist in doppelter Weise instruktiv für die Skulpturenausstellung. Zum einen hat, ähnlich wie bei der Milchstraße oder dem Zeitmesser, der Zahn der Zeit durch Moder und Fäulnis des stammartigen Objektes dazu beigetragen, dass es verrottet und umgestürzt ist. Zum anderen ist dieses Objekt aber auch offenbar nicht bei allen Besuchern auf Akzeptanz gestoßen, wurde es doch schon vor Jahren einmal abgesägt (und danach wieder restauriert). Ob dieser Vandalismus Ausdruck von Protest oder ein dummer Streich unter Alkoholeinfluss war, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Doch gibt es jüngst noch einen zweiten Fall, der verdeutlicht, dass nicht jedermann mit den Kunstobjekten einverstanden ist. Fünf neue Objekte, die jeweils auf einem schweren Kalksteinblock positioniert und im April 2018 feierlich hätten eingeweiht werden sollen, konnten nicht aufgestellt werden, da die fünf provisorisch an der Straße deponierten zentnerschweren Blöcke spurlos verschwanden. Ein neuer Eröffnungstermin kam erst im September 2018 zustande. Die fünf neu hinzugekommenen Objekte sind: Feder von Robert Siebenhaar, Balance von Fritz Föttinger, Himmelstrichter von Christian Degen, Galaxie von Ralf Vizetum und Zwerglein des Wohnsgehaiger Hügels von Markus Schuster. Drei dieser neuen Objekte wurden im Steigungsbereich zum Hochplateau, zwei am Rand des Hochplateaus selbst aufgestellt (Abb. 19)

Abb. 20: Panoramafilmschwenk von der Neubürg aus

Klaus Bitzer, Oktober 2018, Länge: 1:47,
Die Drohnenbefliegung vermittelt einen Rundumblick von Wohnsgehaig über die Neubürg bis in den Hummelgau. Der Aufstieg der Drohne erfolgt am Südrand von Wohnsgehaig mit Blickrichtung nach Norden. Auffällig ragen mehrere Windräder auf der Albhochfläche heraus, es sind dies die Windparks von Alladorf und Thurnau. Etwas weiter links tauchen weitere Windräder auf, die zu den Windparks Görauer Anger und Stadelhofen gehören. Auffällig ist der hohe Waldbedeckungsgrad, der zu einem hohen Anteil (halbrechts) die Forste von Limmersorf, Neustädtlein und Heinersreuth betrifft. Am linken Bildrand liegen im Tal der Truppach die Orte Mengersdorf und Truppach. – Im Ort Wohnsgehaig erkennt man sehr deutlich die hohe Konzentration von Photovoltaikflächen auf den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, wie unter Station 4 beschrieben. – Mit dem leichten Rechtsschwenk taucht die Kuppe der unbewaldeten Neubürg auf. Die Weiß-Juratafel ist sehr gut zu erkennen, an ihren Hängen findet man eine Buschvegetation. Einige Dolomitfelsen ragen heraus. Hinter der Neubürg erkennt man den Hohen Berg (530 m) und an seinem rechten Fuß die Häuser von Mistelgau im Hummelgau, halbrechts tauchen die Rücken der Zeugenberge von Schobertsberg (543 m) und Sophienberg (584 m) auf. Im Hintergrund, durch den Dunst kaum erkennbar, erstreckt sich das Bayeuther Becken.

Station 7: Wanderparkplatz unterhalb der Neubürg zur Kartenansicht >>

Abb. 21: Mit dem Landart-Kunstwerk eines Riesen verkleidete Quelle am Wanderparkplatz der Neubürg
Abb. 21: Mit dem Landart-Kunstwerk eines Riesen verkleidete Quelle am Wanderparkplatz der Neubürg (Foto: Herbert Popp)

Am Parkplatz unterhalb der Neubürg befindet sich eine Quelle, die aus den Schichten des Malm gespeist wird. Da die Neubürg einen Zeugenberg darstellt, dessen Gipfelbereich aus Kalksteinen und Dolomiten des Malm besteht, bilden diese Schichten hier einen lokalen Grundwasserleiter, der von den undurchlässigen Schichten des Ornatentons unterlagert wird und den man früher für die Wasserversorgung von Wohnsgehaig nutzte. Später erschloss man etwas unterhalb der Straße zusätzliche Quellen aus dem darunter liegenden Aquifer im oberen Bereich des Dogger-beta (vgl. Standort 2). Heute ist die Wasserversorgung von Wohnsgehaig über Fernleitung an die Ortschaft Mistelgau angeschlossen.

Die erwähnte Quelle am Parkplatz wurde als eines der LandArt-Objekte gefasst (Abb. 21), als Riese von Wolfgang Pietschmann. „In Anlehnung an Sagen der nordischen Mythologie um den Zeugenberg nennt Pietschmann das Exponat auch ‚Wotan wacht‘.“ (HESS 2018, S. 72). Damit lässt sich dieses Objekt auch als Hommage an die Sage vom Wundertuch der Neubürger Zwerge interpretieren, eine Art Tischlein-deck-dich, das ein Schäfer bei der Begegnung mit Zwergen erhalten hatte. Sie schenkten ihm ein Tuch, mit dem sich Speisen herbeizaubern ließen. Er durfte lediglich niemandem erzählen, wie er zu dem Leinentuch gekommen war. Als er seiner Frau nach langem Drängen das Geheimnis verriet, verlor das Tuch seinen Zauber und die Zwerge erstachen sich im Streit gegenseitig, weil sie das Tuch an einen Unwürdigen geschenkt hatten. „Neun Tage quoll Blut aus dem Berge und färbte das Wasser der schönsten Quelle am Nordwesthange rot. Jener Bronn hieß von da an Blutsquelle oder Zwergbrunnen.“ (BECHER 1995, S. 46).

Am Rand des Parkplatzes wurde 2018 ein neuer Info-Pavillon errichtet, der über die Neubürg und ihre Umgebung informiert, aber auch bei Schlechtwetter als Schutzhütte dienen kann.


Empfohlene Zitierweise

Klaus Bitzer und Herbert Popp: “Natur- und Kulturlandschaft um die Neubürg” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/81_e_506-natur-und-kulturlandschaft-um-die-neubuerg/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT (2017): Zeugenberg Neubürg E von Wohnsgehaig. Geotop-Nummer 472R046 (= https://www.lfu.bayern.de/gdi/dokumente/geologie/geologieerleben/geotop_pdf/472R046.pdf).
  • BECHER, Angela (1995): Neubürg und Sophienberg – Zeugenberge der Nordalb (= Heimatbeilage zum Amtlichen Schulanzeiger des Regierungsbezirkes Oberfranken, Nr. 218). – Bayreuth CVJM-ARBEITSGEMEINSCHAFT BAYREUTH (Hg., 1997): 25 Jahre CVJM – AG Bayreuth – Chronik. – Bayreuth.
  • Die Region - Fränkische Schweiz – Bayern-online. (http://fraenkische-schweiz.bayern-online.de/die-region/staedte-gemeinden/mistelgau/kultur/geschichte/)
  • GEO-PLAN (Hg., 2013): Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) „Rund um die Neubürg – Fränkische Schweiz“. – Bayreuth (https://neubuerg-fraenkische-schweiz.de/wp-content/uploads/2017/05/ILEK-Integriertes-Ländliches-Entwicklungskonzept-Neubürg.pdf).
  • GÖTZ, Wilhelm (1898): Geographisch-Historisches Handbuch von Bayern. II. Band: Ober-, Mittel- und Unterfranken. Rheinpfalz. Schwaben und Neuburg. – München.
  • HELLER, Joseph (1829): Muggendorf und seine Umgebungen oder die fränkische Schweiz. Ein Handbuch für Wanderer in diese Gegend, mit den Reiserouten und nothwendigen Notizen für Reisende. – Bamberg.
  • HESS, Rüdiger (2018): Klatschschnäbler, Windlöffel und Samen der Zeit. Land-Art-Ausstellung auf der Neubürg, in: ECHT Oberfranken 9 (Nr. 48), S.70–73.
  • LUZAR, Nicole (2004): Fränkische Schweiz. Natur, Kultur, Geschichte erleben. – Betzenstein.
  • MÜLLER, Wilhelm (1967): Von der Neubürg zum Plankenstein. Grenzen, die niemand mehr kennt, in: Heimatbote. Monatsbeilage der Fränkischen Presse 18 (Nr. 5), S. 1–3.
  • MÜLLER, Wilhelm (1976): Rechtsbrauch und Sage im Hummelgau, in: Land und Geschichte. Beiträge zur historischen Landeskunde Ostfrankens. – Bayreuth, S. 99–129.
  • PEEK, Thomas (2003): Die Neubürg. Zur Geschichte eines Zeugenberges, in: Schönere Heimat 92 (3), S. 243–248.
  • PIETSCHMANN, Wolfgang (2003): NaturKunstRaum Neubürg. Landschaftsprojekt mit ästhetischen Wurzeln von LandArt, in: REGIONALE ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT „RUND UM DIE NEUBÜRG – FRÄNKISCHE SCHWEIZ“ (Hg.): NaturKunstRaum Neubürg. LandArt im Landkreis Bayreuth. – Bayreuth, S. 26–27.
  • PFAFFENBERGER, Helmut (1993): Unser Hummelgau. Bd. 2: Landschaft und Geschichte(n). – Mistelbach.
  • PFAFFENBERGER, Helmut (2000): Die Neubürg (Teil I). Leinburg und Sauhügel genannt, in: Hummelgauer Heimatbote 13 (Nr. 49), S. 10–14.
  • PFAFFENBERGER, Helmut und H. AUMÜLLER (2000): Wohnsgehaig. Wotansgehege? – „Wannsgehey“? – „Weneskaw“? Versuch einer Ortsnamenerklärung, in: Hummelgauer Heimatbote 13 (Nr. 48), S. 11–17.
  • PROTESTANTISCHES KIRCHEN-JAHRBUCH FÜR DAS KÖNIGREICH BAIERN (1812). Bd. 1. – Sulzbach 1812 (bavarica.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10383424_0006.html)
  • SCHNÖRER, Günther (1974): Wohnsgehaig – ein sterbendes Dorf. – Erlangen (= Staatsexamensarbeit Erlangen-Nürnberg) (unveröff.).
  • STUHLFAUTH, Adam, in: Vor- und Frühgeschichte Oberfrankens Bd. 33 1. und 2. Heft
  • STUHLFAUTH, Adam (1937): Vorgeschichtliche Forschungen in der bayerischen Ostmark, in: Bayerische Vorgeschichtsblätter 14, S. 53–65.
  • Verein für Regionalentwicklung „Rund um die Neubürg – Fränkische Schweiz e. V.“ (Hg., 2019): NaturKunstRaum Neubürg [Faltblatt]. Mistelgau, o.S.
  • VOLLET, Hans (1977): Abriß der Kartographie des Fürstentums Kulmbach-Bayreuth (= Die Plassenburg. Schriften für Heimatforschung und Kulturpflege in Ostfranken, Bd. 38). – Kulmbach.

Bildnachweise

  • Titelbild: NaturKunstRaum – Landart-Skulptur auf der Neubürg, hier: Lebensrad (Foto: Herbert Popp)
  • Vorschaubild: Wohnsgehaig (links) und die Neubürg (rechts) (Foto: Herbert Popp