Rundgang durch Liebenwalde

Von Uwe Schan – 12/2020

Südwestlich der Schorfheide, dort, wo der Finowkanal zwischen Wiesen und Wäldern in die Havel mündet, liegt Liebenwalde. Der Rundgang führt den Besucher durch die Gegenwart und die über 800-jährige Geschichte der Kleinstadt.

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Einleitung

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand im Schatten der um 1200 angelegten und 1245 erstmals erwähnten Burg Liebenwalde die gleichnamige Siedlung. Bereits 1244 hatte Liebenwalde als Sitz einer Propstei eine wichtige Stellung in der Pfarreiorganisation des Umlandes. Wirtschaftlich prägten von Beginn an Ackerbau und Viehzucht sowie die Funktion als Lokalmarkt den Ort. Im Jahr 1254 soll er städtische Rechte von Markgraf Johann erhalten haben.

Kriege und Brände sowie der Verlust der Verwaltungsfunktionen behinderten das weitere Aufblühen der Stadt. Der Bau des ersten Finowkanals von 1605 bis 1620 war ein Lichtstreif, doch der Dreißigjährige Krieg ließ jede wirtschaftliche Entwicklung erlahmen, der Kanal verfiel, die einst unabhängige Stadt wurde Amtsuntertan und konnte sich erst schrittweise ab 1719 davon wieder befreien.

König Friedrich II. befahl die Anlage des zweiten Finowkanals (1743–1746), welcher bald zur neuen Lebensader der Stadt avancierte. Schiffer, Kahnbauer und andere Gewerke siedelten sich an. Das Handwerk erfuhr einen Aufschwung, welcher im 19. Jahrhundert durch die Einrichtung einer holzverarbeitenden Industrie Fortgang fand. In den Jahren des Kaiserreiches nahm Liebenwalde einen beachtlichen Aufschwung. 1901 erhielt es Anschluss an das Eisenbahnnetz und 1904 ein Krankenhaus. Es entstanden Hotels und Gaststätten, bereits bestehende Betriebe expandierten und neue Industriezweige siedelten sich an. Trotz allem blieb neben der Holzindustrie sowie der Schifffahrt die Landwirtschaft maßgeblich und das bis in die heutige Zeit.

Liebenwalde ist durch Brände mehrfach zerstört worden. Das letzte große Feuer von 1832 vernichtete nahezu vollständig die Bebauung am und auf dem Markt, sodass die heutigen Häuser und die Kirche in die Zeit nach diesem Brand datieren.

Station 1: Marktplatz, Rathaus, Denkmal zur Kartenansicht >>

Der Rundgang beginnt im Herzen der Stadt: Dem Marktplatz mit Rathaus. Vermutlich verfügte der Ort seit dem Mittelalter über das Marktrecht, nachweisbar sind Märkte jedoch erst seit dem 18. Jahrhundert.

Abb. 1: Rathaus und Kriegerdenkmal um 1920
Abb. 1: Rathaus und Kriegerdenkmal um 1920 (Foto: Uwe Schan)

Als städtisches Gemeinwesen besaß Liebenwalde von alters her ein Rathaus, das jedoch mehrfach Bränden (1600, 1627) zum Opfer fiel. Der Vorgängerbau des heutigen Gebäudes wurde 1783 / 1784 errichtet. Er musste jedoch 1878 aus Platzgründen einem Neubau weichen. Anlass hierfür war die Einrichtung eines Amtsgerichtes in Liebenwalde, das bis 1952 seinen Sitz im Rathaus hatte. Das Gebäude wurde 1879 vollendet.

Abb. 2: Krieger- und Siegesdenkmal
Abb. 2: Krieger- und Siegesdenkmal (Foto: Uwe Schan)
Abb. 3: Ehemaliges Stadtgefängnis
Abb. 3: Ehemaliges Stadtgefängnis (Foto: Uwe Schan)

Als Sitz eines Amtsgerichtes musste Liebenwalde auch über ein Gefängnis verfügen. Ein solches wurde 1880 gleich hinter dem Rathaus errichtet und bis 1952 genutzt.

Zur Erinnerung an die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870 / 71 wurde am 19. August 1888 ein Krieger- und Siegesdenkmal errichtet. Die nicht unbeträchtlichen Baukosten wurden über Spenden und auf Beschluss der Stadtverordneten durch Einnahmen der Stadt finanziert.

Station 2: Kirche und Pfarrhaus zur Kartenansicht >>

Abb. 4: Die Stadtkirche um 1880
Abb. 4: Die Stadtkirche um 1880 (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)
Abb. 5: Pfarrhaus
Abb. 5: Pfarrhaus (Foto: Uwe Schan)

Seit der mittelalterlichen Besiedlung des Stadtgebietes befinden sich an dieser Stelle die Kirche und der Friedhof, letzteren verlegte man jedoch ab 1812 vor die Stadt. Der heutige Kirchenbau wurde nach einem Stadtbrand 1832 nach Plänen des Bauinspektors Hermann aus Zehdenick errichtet. Er orientierte sich bei seinem Entwurf auf Weisung der Regierung an dem von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Typ der „Normalkirche“. Allerdings fanden die Zeichnungen Hermanns in der vorgelegten Fassung nicht die Zustimmung Schinkels, der in seiner Funktion als Oberbaudirektor Preußens nunmehr die Pläne überarbeitete und dem Kirchenbau seine Handschrift verlieh. Beim Stadtbrand von 1832 wurde das Pfarrhaus ebenfalls ein Raub der Flammen. Doch in Liebenwalde kannte man die Not und schnell schritt die Bürgerschaft zu einem Neuanfang. Bereits 1833 stand das neue und heute noch zu sehende Pfarrhaus als eingeschossiger Bau mit Satteldach.

Station 3: Post und Marktschule zur Kartenansicht >>

Zwei wichtige Einrichtungen der Stadt befanden sich in der damaligen Kirchstraße: das Postamt und die Stadtschule.

Abb. 6: Postamt um 1980
Abb. 6: Postamt um 1980 (Quelle: Bestand Heimatmuseum Liebenwalde)
Abb. 7: Postamt heute
Abb. 7: Postamt heute (Foto: Uwe Schan)

Ein erstes Postwärteramt wurde in Liebenwalde am 1. November 1809 eingerichtet. Seit 1897 befanden sich die Räumlichkeiten in der Kirchstraße und auch heute noch kündet der Schriftzug „Postamt“ am Gebäude von der einstigen Funktion.

Abb. 8: Ehemaliges Schulgebäude Marktplatz 7
Abb. 8: Ehemaliges Schulgebäude Marktplatz 7 (Foto: Uwe Schan)

Ein Schulmeister (zugleich Küster) für Liebenwalde findet bereits Mitte des 16. Jahrhunderts Erwähnung. Die Schule stand offenbar westlich der Kirche vor der Einmündung der Havelstraße. Später fand der Unterricht in einem Gebäude am Marktplatz und im 1878 abgerissenen Rathaus statt. Auch die Schule wurde während des Stadtbrandes am 10. April 1832 ein Raub der Flammen, danach errichtete man das abgebildete Gebäude.

Bereits um 1900 klagten die Lehrer über zahlreiche Mängel in den Klassenräumen, aber erst 1957–1959 wurde der neue Schulbau an der Zehdenicker Straße errichtet.

Station 4: Breite Straße und Wilhelmsplatz zur Kartenansicht >>

Abb. 9: Hotel Stadt Berlin
Abb. 9: Hotel Stadt Berlin (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)
Abb. 10: Denkmalgeschütztes Haus Marktplatz Nr. 2
Abb. 10: Denkmalgeschütztes Haus Marktplatz Nr. 2 (Foto: Uwe Schan)

Die Breite Straße hieß einst „Große Straße“ und führte in Richtung Norden zur früheren Burg, dem späteren Sitz des Amtes Liebenwalde. Bis Anfang der 1950er Jahre betrieb hier die Familie Hafemann das Hotel „Stadt Berlin“ mit dazu gehörigem Restaurant und Kaufmannsladen. Später wurde das Gebäude als Kino genutzt. Das gegenüber liegende Haus Marktplatz 2 ist eines von 13 Baudenkmälern auf der Denkmalliste des Landes Brandenburg in Liebenwalde. Nach der fachgerechten Restaurierung erstrahlt es wieder in seinem früheren Glanz.

Abb. 11: Wilhelmsplatz um 1895
Abb. 11: Wilhelmsplatz um 1895 (Quelle: Bestand Heimatmuseum Liebenwalde)
Abb. 12: Wilhelmsplatz heute
Abb. 12: Wilhelmsplatz heute (Foto: Uwe Schan)

Auf die Breite Straße mündet die einstige Angerstraße (heute Rudolf-Breitscheid-Straße). Hier lädt der „Wilhelmsplatz“ mit seinem Grün und den Bänken zum Verweilen ein. Von Ortsfremden gelegentlich belächelt, da die Bezeichnung als Platz etwas übertrieben scheint, soll sein Name darauf zurückzuführen sein, dass hier früher die meisten männlichen Bewohner auf den Vornamen Wilhelm hörten und die Anwohner ihn dann kurzerhand „Wilhelmsplatz“ tauften.

Station 5: Burg Liebenwalde zur Kartenansicht >>

Abb. 13: Das um 1800 am Standort der alten Burg errichteten Wohn- und Haupthaus
Abb. 13: Das um 1800 am Standort der alten Burg errichteten Wohn- und Haupthaus (Foto: Uwe Schan)

Ausgangspunkt für die Besiedlung Liebenwaldes stellte der Bau einer deutschen Befestigungsanlage auf einem slawischen Burgwall als Grenzfeste gegen Mecklenburg und Pommern durch die askanischen Markgrafen um 1200 dar. Hier residierte ein Vogt, dessen Amtsbezirk die südwestliche Uckermark umfasste. Im Schatten der Burg entstand bald darauf eine Siedlung, die heutige Stadt Liebenwalde.

Von der mittelalterlichen Festung künden noch Reste der Ringmauer mit Schalenturm und das ehemalige Torgebäude, das später als Gefängnis die Jahrhunderte überdauerte. Das heutige Wohn- und Haupthaus stammt aus der Zeit um 1800, der Vorgängerbau diente als Jagdaufenthalt Kurfürsten und Königen sowie dem Amtshauptmann als Verwaltungssitz. 1875 gelangte die Anlage in den Besitz der Familie Wieland, die bis heute versucht, den historischen Komplex zu erhalten.

Station 6: Weinberg zur Kartenansicht >>

Abb. 14: Die 1959 eröffnete Werner-Seelenbinder-Schule
Abb. 14: Die 1959 eröffnete Werner-Seelenbinder-Schule (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)

Der Weg führt nun über freies Feld, von welchem man einen Blick auf die Altstadt erhaschen kann, dann entlang ruhig gelegener Einfamilienhäuser, über den Weinberg. Hier wurde bis in das 18. Jahrhundert, eigentlich untypisch für diese Gegend, tatsächlich in größerem Stil Wein angebaut. Hier befindet sich auch die heute unter Denkmalschutz stehende Werner-Seelenbinder-Schule.

Station 7: Krankenhaus und Poliklinik zur Kartenansicht >>

Abb. 15: Poliklinik um 1960
Abb. 15: Poliklinik um 1960 (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)
Abb. 16: Krankenhaus Liebenwalde nach der Aufstockung
Abb. 16: Krankenhaus Liebenwalde nach der Aufstockung (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)

Um den Ansprüchen einer modernen Krankenversorgung Rechnung zu tragen errichtete die Stadt ab 1904 an der Zehdenicker Chaussee einen einstöckigen Krankenhausbau mit 18 Betten. Ab 1921 erfolgte nach Übernahme durch den Kreis Niederbarnim die Aufstockung des Gebäudes sowie die Einrichtung einer Röntgenabteilung. Durch den Bau einer Poliklinik 1953 erfuhr der Standort eine erhebliche Aufwertung, die Bettenzahl belief sich schließlich auf 120. In den 1960er Jahren setzte jedoch ein allmählicher Niedergang ein, der sich bis 1989 fortsetzte und 1990 zur Schließung beider Institutionen führte. Das ehemalige Krankenhaus wurde zu einer modernen Wohneinheit umgestaltet und die denkmalgerecht sanierte Poliklinik bietet Raum für mehrere Praxen sowie einer Tagespflege für Senioren.

Station 8: Mühlensee zur Kartenansicht >>

Abb. 17: Häuser am See 3
Abb. 17: Häuser am See 3 (Foto: Uwe Schan)

Dem Wanderweg entlang des Mühlensees folgend, der seinen Namen von der hier einst arbeitenden Wassermühle erhielt, taucht auf der linken Seite ein weiteres Baudenkmal der Stadt Liebenwalde auf: Das Haus Nr. 3 der Häuser am See.

Station 9: Stadtpark, Denkmale zur Kartenansicht >>

Abb. 18: Jahn-Eiche im Stadtpark
Abb. 18: Jahn-Eiche im Stadtpark (Foto: Uwe Schan)

Entlang der Seepromenade gelangt man zum Stadtpark, einem Wahrzeichen Liebenwaldes. Im Winter 1909 / 1910 durch den Verschönerungsverein auf dem Areal des alten Friedhofs erschaffen und um 2004 aufwendig rekonstruiert, wird er seither von Bürgern und Gästen zur Erholung genutzt. Die hier am 30. September 1928 vom Männer-Turnverein Liebenwalde gepflanzte Jahn-Eiche zeugt von langer sportlicher Tradition.

Abb. 19: Kriegerdenkmal als Postkarte um 1930
Abb. 19: Kriegerdenkmal als Postkarte um 1930 (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)

Weitergehend auf der rechten Seite kommt ein Bauwerk ins Blickfeld, das an eine dunkle, leidvolle Zeit der deutschen Geschichte gemahnt, das 1921 geweihte Kriegerdenkmal. Solche Denkmäler dienten zu jener Zeit der Verklärung des „Heldentodes“ auf dem „Feld der Ehre“. Heute erinnert es auch an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges und mahnt den Frieden zu erhalten.

Station 10: Altstadt zur Kartenansicht >>

Abb. 20: Zehdenicker Straße 10
Abb. 20: Zehdenicker Straße 10 (Foto: Uwe Schan)
Abb. 21: Ernst-Thälmann-Straße 45
Abb. 21: Ernst-Thälmann-Straße 45 (Foto: Uwe Schan)

Am Stadtpark führt die B 167 vorbei, anschließend wird nach kurzer Zeit die Hauptkreuzung Liebenwaldes erreicht. Hier sei auf die denkmalgeschützten Häuser der Ernst-Thälmann-Straße 45 und der Zehdenicker Straße 10 hingewiesen, die durch ihre Eigentümer liebevoll restauriert wurden.

Abb. 22: Mittelstraße 9
Abb. 22: Mittelstraße 9 (Foto: Uwe Schan)
Abb. 23: Mittelstraße 9
Abb. 23: Mittelstraße 9 (Foto: Uwe Schan)

Nach dem Überqueren der Kreuzung befindet man sich wieder in der Kernstadt Liebenwaldes. Von dort geht es weiter zur Rudolf-Breitscheid- und Mittelstraße. Die Mittelstraße hat viel ihrer einstigen Bebauung eingebüßt. Die Stadt Liebenwalde kauft diese Grundstücke auf, um sie einer Bebauung zuzuführen. Hier stechen vor allem die Hausnummern 5 und 9 ins Auge, welche denkmalgerecht saniert werden.

Abb. 24: Rudolf-Breitscheid-Straße 36
Abb. 24: Rudolf-Breitscheid-Straße 36 (Foto: Uwe Schan)
Abb. 25: Rudolf-Breitscheid-Straße 40
Abb. 25: Rudolf-Breitscheid-Straße 40 (Foto: Uwe Schan)

Die Mittelstraße mündet in die Rudolf-Breitscheid-Straße. Dieser links folgend, steht man nach kurzer Wegstrecke vor den Hausnummern 36 und 40. Diese denkmalgeschützten Häuser wurden von ihren Besitzern mit Liebe zum Detail ebenfalls restauriert. In der Rudolf-Breitscheid-Straße sind die Häuser mit den Nummern 12 und 14 schöne Beispiele dafür, wie sich Altes mit Neuem verbindet und das Stadtbild einer fortlaufenden Veränderung unterliegt.

Abb. 26: Rudolf-Breitscheid-Straße 12
Abb. 26: Rudolf-Breitscheid-Straße 12 (Foto: Uwe Schan)

Haus Nummer 12 ist zweigeteilt. Links befindet sich der erhalten gebliebene Teil des im 18. Jahrhundert im Fachwerkstil erbauten Originalhauses mit seiner nur maximal zwei Meter messenden Deckenhöhe. Die andere, rechte Hälfte des Fachwerkhauses wurde 1934 abgerissen, an ihrer Stelle errichtete man das größere, imposantere „grüne Haus“. Bis zum heutigen Tag sind die beiden Haushälften durch eine Tür verbunden.

In der Rudolf-Breitscheid-Straße 14 entsteht zur Zeit ein neues Eigenheim – also Wand an Wand Uralt, Alt und Neu, der ständige Wandel im Lauf der Stadtgeschichte.

Weiter geht es in die Ernst-Thälmann-Straße. Hier sei noch auf die bereits sanierten Denkmäler mit den Hausnummern 23 und 33 hingewiesen, bevor der Ausgangspunkt erreicht wird und der Rundgang durch Liebenwalde endet.


Empfohlene Zitierweise

Uwe Schan: “Rundgang durch Liebenwalde” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/80_e_518-liebenwalde/, Stand 07.12.2020

Bildnachweise

  • Titelbild: Zeichnung der Burg (r.) und der Stadt Liebenwalde (Quelle: Ansichtskartensammlung Jörn Lehmann)
  • Vorschaubild: Rathaus Liebenwalde (Foto: Peter Gärtner)