Der Regenbogensee – Prototyp eines mesotrophen Weichwassersees

Von Sixten Bussemer und Christoph Kunkel – 12/2020

Der kleine Regenbogensee mit seinem bewaldeten Einzugsgebiet gehört zu den Perlen des Barnim. Auf der Exkursion wird seine Entwicklung besprochen, welche auf eine glaziale Rinne zurückgeht. Heute stellt er den seltenen Gewässertyp eines mesotrophen Weichwassersees dar.

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Der Regenbogensee ist Teil des markanten Rinnensystems zwischen Finow und Havel, zu dem auch größere Gewässer wie Liepnitzsee, Wandlitzsee und Obersee gehören. Sie entstanden unter komplizierten eisrandnahen Verhältnissen unterhalb niedertauenden Inlandeises. Nach dem Rückzug der Gletscher blieb jene Rinne mit ihren vielen Eintiefungen funktionslos zurück. In einer kleinen Senke vor dem Liepnitzsee entwickelte sich über Jahrtausende der Regenbogensee, dessen Geschichte in den Ablagerungen des Gewässergrundes archiviert wurde. Über Pollenanalysen konnte das Erscheinungsbild der Umgebung im Verlaufe des Holozäns rekonstruiert werden.

Hinweg

Vom Jägerheim Ützdorf, einem Ortsteil der Großgemeinde Wandlitz, führt der Weg nach Südwesten am Campingplatz vorbei zum markierten Einstieg in den Wald hinter der Schranke (52°45,131 N; 13°30,754 E). Nach etwa 50 m Weg unter alten Rotbuchen öffnet sich der Blick auf den Liepnitzsee. Ohne vom Steilufer abzusteigen wenden wir uns nach rechts über dicht gepackte Buchenblätter und Bucheckern hinweg durch das Unterholz über eine erste vermoorte Niederung hinweg (links führt eine Holzbrücke zum empfehlenswerten Rastplatz unter alten Buchenkronen). Auf dem Talweg durch ein weiteres Moor gehend erreichen wir nach etwa 200 m die Hauptwasserscheide zwischen Liepnitz- und Regenbogensee. Durch weitere kleine Zwischensenken mit Fichtenforst an den Hängen gelangen wir zur Holzbrücke am Ostufer des Sees (52°45,046 N; 13°30,201 E). Sie führt über einen kleinen Torfkörper, welcher nach Sondierungen mit Hilfe einer Moorschappe durch Greifswalder Studenten bis zu drei Meter tief reicht.

Hier befindet sich die erste Station der Exkursion. Da der See selbst recht klein ist hat man alle Standpunkte der Wanderung praktisch immer im Blick und es spielt keine große Rolle in welcher Richtung sie abgelaufen wird.

Station 1: Erlenbruch am Nordostufer zur Kartenansicht >>

Abb. 1: Blick von der Holzbrücke nach Osten ins Erlenbruch
Abb. 1: Blick von der Holzbrücke nach Osten ins Erlenbruch (Foto: Sixten Bussemer)
Abb. 2: Widertonmoos und Kahlmützenmoos auf Baumstümpfen
Abb. 2: Widertonmoos und Kahlmützenmoos auf Baumstümpfen (Foto: Sixten Bussemer)

Von dieser Nordostecke des Sees kann noch einmal jenes System von Seen, Kleinstgewässern und bereits verlandeten Einheiten in beide Richtungen nachvollzogen werden. Diese Becken-Schwellen-Struktur ist typisch innerhalb einer glazialen Rinne. Aufgrund ähnlicher Entstehung, Klima und Stoffhaushalt entwickelte sich der Großteil der verlandeten Senken zu Moorbirken-Erlenbruchwäldern. Sie deuten auf mäßig nährstoffreiche Standorte hin. An diesem Standort ist es ein schmaler Erlenbruch mit massenhafter Verbreitung von Sumpffarn und Sumpfsegge eher nur im Randbereich. Auf der Landseite fallen Moose auf den Baumaumstümpfen auf.

Station 2: Die Entstehung des Sees zur Kartenansicht >>

Der Regenbogensee ist morphologisch ein Rinnensee. An diesem Standort lässt sich dieser Typus hervorragend beobachten. Die Hänge sind an dieser Stelle bis zu 25° steil und ragen fast 20 m über das Niveau des Sees hinaus. Die Oberkante der Rinne variiert in ihrem Verlauf deutlich in Höhe und auch in Tiefe. Ein Grund dafür liegt in der Entstehung des Rinnensystems: Ursprünglich war das Gebiet des Regenbogensees komplett vom heranströmenden Inlandeis Skandinaviens bedeckt. Während der kurzen Sommer schmolz Eis an der Gletscheroberfläche und das Schmelzwasser drang über Spalten bis an den Grund des immer noch mächtigen Gletschers. Dies erzeugte am Grund des Gletschers einen unheimlichen Druck und drückte es zum Rand hin über unter dem Eis befindlichen Bahnen. Der Druck war so hoch, dass das Schmelzwasser große Rinnen ausspülte und das Wasser teilweise bergauf floss. Die Fließgeschwindigkeit war hoch, weshalb feine Bestandteile wie Ton und Schluff fortgespült wurden, Sande und Kiese jedoch liegen blieben. Aus jenem Grund ist Sand an den Rändern der glazialen Rinne das bedeutendste und heute landschaftsprägende Substrat, was in bis zu zehn Meter tiefen Bohrungen auf den nördlichen Wasserscheiden des Regenbogensees beobachtet wurde.

Station 3: Pollenanalyse zur Kartenansicht >>

Von dieser Station gibt es einen guten Blick auf das Zentrum des Sees, wo im Jahre 2008 eine Seebohrung durchgeführt wurde. Ein Schlaggerät drückt dazu eine Sonde mit Plastikrohr in die Ablagerungen, die sich seit Jahrtausenden am Gewässergrund ansammelten – in diesem Fall über sechs Meter mächtig. Nur ein kleiner Teil davon ist noch der ausklingenden Eiszeit zuzuordnen. In sechs Meter Tiefe befinden sich Nachweise eines Ausbruchs eines Eifelvulkans (heutiger Laacher See) kurz vor dem Ende der Weichselkaltzeit. Die weitere Landschaftsentwicklung konnte von Jaqueline Strahl vom brandenburgischen geologischen Dienst mit Hilfe der Pollenanalyse rekonstruiert werden (Bussemer u. a. 2013).

Eine Kältesteppe mit Süßgräsern und Beifuß sowie einige Exemplare von Kiefer und Wachholder wuchsen damals in der Umgebung. Mit Einsetzen des Holozäns wurde es wärmer und Kiefern-Birken-Wälder etablierten sich. Die Hasel breitete sich massenhaft aus. Im Atlantikum, der wärmsten Phase des Holozäns vor ungefähr 9.000 – 6.000 Jahren, wurden die Kiefernwälder von den Eichenwäldern verdrängt. Erle, Esche und Linde traten als bedeutende Gehölze dazu. Nach dem Atlantikum wurde es etwas kühler und trockener, wodurch die Eichenmischwälder an Ulmen verarmten. Erstmals sind Rot- und Hainbuche nachweisbar, wenn diese auch nur sehr gering in den Wäldern vertreten sind (Bussemer u. a. 2013). In den Folgejahren bis heute wird die Rotbuche zur dominierenden Baumart in Mitteleuropa und auch im Einzugsgebiet des Regenbogensees aufsteigen. Allein die heutige menschliche Nutzung reduziert ihren Anteil am Arteninventar deutlich.

Station 4: Ausmaße des Regenbogensees zur Kartenansicht >>

Abb. 3: Blick vom Westufer über den See
Abb. 3: Blick vom Westufer über den See (Foto: Sixten Bussemer)

Die Station bietet den vollständigsten und schönsten Blick auf den Regenbogensee. Es handelt sich nach Vermessungen des IAG Seddin um ein kleines Gewässer mit einer Oberfläche von gerade einmal 2,56 ha und einem Volumen von 54.057 m³ Wasser. Nur an wenigen Stellen übertrifft die Wassertiefe drei Meter, weshalb er auch nicht zu den geschichteten Seen gehört. Nach FFH-Richtlinien handelt es sich um einen mesotrophen Weichwassersee vom Typ 3130, welcher in unserer nährstoffreichen Kulturlandschaft nur noch selten vorkommt. Huminstoffe färben das Wasser bei geringen Sichttiefen unter 0,4 m braun und auch die Phospatgehalte sind relativ hoch. Die Sichttiefe schwankt zwischen (eher sommerlichen) 30 und 120 cm.

Der Regenbogensee ist eingebettet in das Naherholungsgebiet Barnim, weshalb insbesondere in den Sommermonaten Tagesgäste aus Berlin die Wanderwege füllen. Ziel ist in der Regel jedoch eher der nahe gelegene Liepnitzsee. Genutzt wird der Regenbogensee ausschließlich zur Fischerei – weder existiert eine Badestelle noch gibt es Bootsverleihe wie an den umgebenden Seen üblich.

Station 5: Buchenwälder zur Kartenansicht >>

Ohne kulturelle Eingriffe des Menschen wäre die hier vorkommende Naturlandschaft geprägt von Buchendominanz. Große Hallenbuchenwälder wechseln sich darin mit gerade erst aufwachsenden oder absterbenden Beständen ab. Jene mosaikartigen Anordnungen lassen sich heute noch in den letzten verbleibenden Buchenurwäldern in den Karpaten beobachten. Am Regenbogensee ist jedoch die forstliche Landnutzung schon lange angekommen. Diverse Kartenwerke, die bis in das 17. Jahrhundert hinein reichen, zeigen zumindest durchgehenden Baumbestand seitdem an. Förster legen das Wachstum der Bäume fest – ein Mosaik aus alten und jungen Beständen weicht einer exakten Planung mit kürzeren Umtriebszeiten. Die auch für den Regenbogensee allgemein gültige Buchendominanz ist in dieser Südwestecke nur noch teilweise vorhanden – stellenweise wurde sogar ein Endemit eingebracht. Die Douglasie ist eigentlich in Nordamerika heimisch, dass sie nicht hierher gehört zeigt sich auch noch auf anderem Wege – sie verjüngt sich nicht.

Was der Mensch forstlich nicht ändern kann, ist die Krautschicht, welche stark von Klima, Lichtverhältnissen und Untergrund abhängt. Drahtschmiele ist beinahe überall im Einzugsgebiet verbreitet und zeigt mäßig saure und trockene Standorte an. Die kleine Pillensegge ist hier an stark sauren Standorten zu finden.

Station 6: Die Südseite des Sees zur Kartenansicht >>

Auf dem Weg zur Südostseite des Sees werden Hagermoos-Buchenwälder häufiger, an Station 6 verläuft dann die Rinne west-ost-gerichtet. Entsprechend ist der Hang auf dieser Südseite in die nördliche Himmelsrichtung orientiert und bekommt weniger Sonne ab, wodurch das Sickerwasserdargebot höher ist. Dies beschleunigt die Versauerung, weshalb die Braunerden im südlichen Einzugsgebiet des Regenbogensees an vielen Standorte podsoliert sind (Bussemer u. a. 2013). Auffällig ist an diesem Standort, wie in der gesamten Südostecke des Einzugsgebietes ein erhöhtes Vorkommen von Reitgras. Vermutlich sorgte die Auflichtung durch das Herausschlagen älterer Buchen dafür, dass sich diese lichtbedürftige Art massenhaft in der Krautschicht ausbreiten konnte. Das liegengelassene (Tot)Holz wird dann von Pilzen wie dem Zunderschwamm besiedelt. Der Uferweg weist neben Schwimmblättern hier recht dichtes Röhrricht auf.

Abb. 4: Aufgelichteter Buchenbestand am steilen Hang über dem Südufer
Abb. 4: Aufgelichteter Buchenbestand am steilen Hang über dem Südufer (Foto: Sixten Bussemer)
Abb. 5: Totholz mit Zunderschwamm am Südufer
Abb. 5: Totholz mit Zunderschwamm am Südufer (Foto: Sixten Bussemer)
Abb. 6: Röhrricht am Südufer
Abb. 6: Röhrricht am Südufer (Foto: Sixten Bussemer)

Empfohlene Zitierweise

Sixten Bussemer und Christoph Kunkel: “Der Regenbogensee – Prototyp eines mesotrophen Weichwassersees” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/80_e_507-rund-um-den-regenbogensee/, Stand 07.12.2020

Bildnachweise

  • Titelbild: Ruderboot am Ufer Foto: Peter Gärtner
  • Vorschaubild: Totholz im Regenbogensee Foto: Peter Gärtner