Auf dem Fernradweg Berlin–Usedom durch den Naturpark

Von Kerstin Bosse – 12/2020

Auf dem Fernradweg Berlin–Usedom führt die Route von einem der nördlichen Berliner Randbezirke in die Stille der Natur und quert dabei eines der abwechslungsreichsten Naturschutzgebiete des Naturparks. Hier findet sich ein breites Spektrum der Baugeschichte: Hinterlassenschaften der ältesten Zeugnisse der deutschen Besiedlung des Gebietes im 12. und 13. Jahrhundert, Relikte eines städtischen Zentrums des Mittelalters in Bernau, die älteste Wasserstraße Deutschlands und die größte Krankenhausstadt Europas aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Die Tour beginnt am S-Bahnhof in Berlin-Buch und endet am Bahnhof Zerpenschleuse, von wo aus stündlich mit der Bahn zurückgefahren werden kann.

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Einleitung

Die Tour führt von einer der typischen Siedlungen des Berliner Speckgürtels vorbei an dem mittelalterlichem Bernau mit seiner Fülle an Baudenkmalen, streift märkische Straßendörfer und führt nach Biesenthal mit seinem historischen Schlossberg, von wo aus schon im 13. Jahrhundert die Askanier den Barnim eroberten. Die Nähe zu Berlin in Verbindung mit der Stille der Natur schätzten zu Beginn des 20. Jahrhunderts sozial engagierte Bürger und errichteten Sozialeinrichtungen wie den Krankenhauskomplex Buch oder die Arbeiterkolonie für Obdachlose „Lobetal“. Eingebettet sind die historischen Orte verschiedener Epochen in eine abwechslungsreiche Wald-, Wiesen- und Seenlandschaft, die aufgrund ihrer Artenvielfalt Natur- oder Landschaftsschutz genießt.

Station 1: Bucher Campus zur Kartenansicht >>

Abb. 1: Auf dem Campus Berlin-Buch
Abb. 1: Auf dem Campus Berlin-Buch (Foto: Andrea Brodersen, 2016)
Abb. 2: Auf dem Bucher Campus
Abb. 2: Auf dem Bucher Campus (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Die Tour startet am S-Bahnhof von Berlin-Buch, einer ausgedehnten Berliner Stadtrandsiedlung. In der Nähe des Bahnhofs erinnern villenartige Bauten im Stil des Historismus mit weitläufigen Parks an die zu Beginn des 20. Jahrhunderts größte Krankenhausstadt Europas. Architekt war der Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann, der die kommunale Bautätigkeit Berlins zu dieser Zeit wesentlich prägte. Heute hat sich der Standort zu dem größten biomedizinischen Zentrum Deutschlands entwickelt und wurde durch hochmoderne Bauten ergänzt. Von den fünf historischen Baukomplexen wird heute nur noch die ehemalige Irrenanstalt in der Karower Straße 11 medizinisch genutzt. Die anderen Gebäudekomplexe wurden zu hochwertigen Wohnungen umfunktioniert.

Station 2: Schlosspark Buch und Stadtgut in Berlin-Buch zur Kartenansicht >>

Die erste urkundliche Erwähnung des Rittergutes Buch geht in das Jahr 1342 zurück. In den folgenden Jahrhunderten erlebte das Anwesen mehrere Besitzerwechsel, bevor es 1742 an den Preußischen Staatsminister Adam Otto von Viereck überging. Viereck war es, der das zwischenzeitlich zum Schloss herangewachsene Haupthaus im Barockstil umbauen sowie eine Orangerie und eine Kirche errichten ließ. Darauf folgende Besitzerwechsel brachten weitere Gebäudeumbauten und Veränderungen des Parks vom holländischen über den französischen zum englischen Gartenstil mit sich. 1898 kaufte die Stadt Berlin das Anwesen mit Schloss, Park und Gutshof und anliegenden Flächen. Seitdem diente das Schloss bis 1920 den damaligen Berliner Oberbürgermeistern als Sommersitz, der Park wurde für die Bürger zugänglich und der Gutshof zum Stadtgut Buch.

Abb. 3: Barockkirche Buch
Abb. 3: Barockkirche Buch (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Obgleich Schloss und Orangerie ohne größere Schäden den Zweiten Weltkrieg überdauert hatten, wurden beide in der DDR abgerissen. Die künstlerisch herausragende Barockkirche, 1731 bis 1736 von dem bedeutenden Berliner Architekten Friedrich Wilhelm Diterichs errichtet und im Krieg nach einem Bombentreffer nahezu ausgebrannt, wurde dagegen ab 1951 wiederaufgebaut, jedoch ohne Turmaufsatz. Heute gehört die Schlosskirche zu einer von vier erhaltenen Barockkirchen Berlins und verfügt über prachtvolle barocke Ausstattungsstücke, wie das von Johann Georg Glume geschaffene Epitaph für Adam Otto von Viereck.

Die alten Bäume im umgebenden Park beherbergen Käferarten wie den Eremit und den Heldbock, beides Seltenheiten. Aufgrund dieser Vorkommen genießt der Park als sogenanntes Flora-Fauna-Habitat europäischen Schutz.

1981 war der ehemalige Gutshof zum Atelier- und Werkstattkomplex für Berliner Künstler umfunktioniert worden. Die politische Wende brachte einschneidende Veränderungen. 2009 wurde der Künstlerhof von der COMBAG AG übernommen und mit Leben erfüllt. Nach und nach entsteht nun ein Ensemble aus Gastronomie, Gewerbe, Kunst und Kultur.

Station 3: Stadt Bernau zur Kartenansicht >>

Nachdem die Siedlungen des Berliner Speckgürtels durchquert sind, führt der Weg durch Bernau. Trotz moderner Plattenbauten der 1980er Jahre kann an den erhaltenen alten Straßenzügen der Charakter einer mittelalterlichen Stadt nachempfunden werden.

Abb. 4: Königstor, das heutige Steintor, Postkarte um 1930
Abb. 4: Königstor, das heutige Steintor, Postkarte um 1930 (Quelle: Archiv Bernauer Heimatmuseum)
Abb. 4: Das Steintor in Bernau
Abb. 4: Das Steintor in Bernau (Foto: Frank Liebke, 2005)

Die Anfang des 13. Jahrhunderts gegründete Stadt wurde im Mittelalter vor allem wegen ihrer Tuchmacher und Bierbrauer bekannt. Historische Ausstellungsstücke im Bernauer Heimatmuseum sind Zeugnis dieser Gewerke.

Bemerkenswert ist die fast vollständig erhaltene Stadtmauer aus dem 13. / 14. Jahrhundert mit eingebauten Lughäusern, dem Steintor mit Hungerturm (heute Heimatmuseum) und dem 29 m hohen Pulverturm. Das umgebende dreifache Wall- und Grabensystem verlor im 17. Jahrhundert seine Bedeutung für die Stadtverteidigung und wurde im 19. Jahrhundert zur Parkanlage umgestaltet. Ein für Brandenburg herausragender Sakralbau des Spätmittelalters ist die St.-Marien-Kirche. In ihrer heutigen Gestalt wurde die vierschiffige Hallenkirche im Stil der Spätgotik nach 200-jähriger Bautätigkeit 1519 fertiggestellt. Sie ist der Nachfolgerbau einer romanischen und 1280 gotisch umgebauten Basilika. Bemerkenswert ist die Inneneinrichtung dieser Zeit, wie beispielsweise der Flügelaltar mit Bildern aus der Schule von Lucas Cranach dem Älteren von um 1520.

Zudem sind in Bernau einige Profanbauten des 16. Jahrhunderts bewahrt, wie es sie in der Region aufgrund häufiger Stadtbrände und wegen der Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges nur selten gibt. Beispiele hierfür sind das Kantorhaus (Tuchmacherstraße 13) als ältestes erhaltenes Wohngebäude, das Lateinschulhaus (Am Kirchplatz 10) sowie das Gasthaus Schwarzer Adler (Berliner Straße 33). Typisch für die Hausbauweise des 17. Jahrhunderts ist das sogenannte Henkerhaus, in welchem die Scharfrichter von Bernau wohnten (Am Henkerhaus 1). Heute beherbergt es einen Teil des Bernauer Heimatmuseums.

In den 1980er Jahren wurde Bernau Experimentierfeld des sozialistischen Stadtumbaus. Weite Teile der zunehmend verfallenden Altbausubstanz wurden durch moderne Plattenbauten ersetzt, wobei der mittelalterliche Stadtkern durch das Aufnehmen der historischen Straßenzüge erhalten werden sollte. (weiterführende Tour: Spaziergang durch die Innenstadt von Bernau)

Station 4: Ladeburg (Ortsteil von Bernau) zur Kartenansicht >>

Abb. 6: Dorfkirche in Ladeburg
Abb. 6: Dorfkirche in Ladeburg (Foto: Andrea Brodersen)

Auch Ladeburgs Entstehungszeit geht auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Aus dieser Zeit ist die romanische Feldsteinkirche erhalten. Sie gilt als eine der wenigen Sakralbauten, die als Zeugnisse der frühen deutschen Besiedlung der Region bewahrt geblieben sind. Zu erkennen ist noch die typische Bauweise mit sorgfältig behauenen und schichtenweise vermauerten Feldsteinen. Einzigartig im Barnim ist die fünfseitige Apsis, die üblicherweise rund angelegt wurde. Ebenso erhalten ist ein spitzbogiges Kalksteinportal aus dem 13. Jahrhundert in der Chornordwand.

Ursprünglich als Chorturmkirche erbaut, befand sich der Kirchturm östlich des Langhauses und nicht wie üblich auf der Westseite. Dieser ungewohnte Anblick brachte dem Ort die Bezeichnung „Verkehrt Ladeburg“ ein. Im Zuge umfangreicher Restaurationsarbeiten Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der ursprüngliche Turm abgetragen und auf der üblichen Westseite des Langhauses ein quadratischer Backsteinturm errichtet. Damit entledigte sich der Ort auch der diskriminierenden Bezeichnung.

Station 5: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal zur Kartenansicht >>

Abb. 7: Lobetal um 1910
Abb. 7: Lobetal um 1910 (Quelle: Archiv der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 8: Spargelpflanzen um 1907
Abb. 8: Spargelpflanzen um 1907 (Quelle: Archiv der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)

Der Bernauer Ortsteil Lobetal ist ein Standort der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, die ihren Ursprung in der Initiative des Pastors Friedrich von Bodelschwingh hat. Der Pastor gründete hier 1905 die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal als Arbeiterkolonie für obdachlose Menschen. Durch diese Einrichtung ermöglichte Bodelschwingh den Obdachlosen einen Neuanfang und beabsichtigte, getreu seines Mottos: „Arbeit statt Almosen“, ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Arbeiterkolonien zu Einrichtungen für alte und behinderte Menschen umgewandelt und übernahmen später auch die Nachsorge für Suchtkranke sowie die medizinischen Behandlungen von Menschen mit Epilepsie.

Abb. 9: Alte Schmiede vor der Restaurierung
Abb. 9: Alte Schmiede vor der Restaurierung (Quelle: Archiv der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal)
Abb. 10: Alte Schmiede Lobetal 2016
Abb. 10: Alte Schmiede Lobetal 2016 (Foto: Andrea Brodersen)
Abb. 11: Historische Wohnhäuser der Lobetaler Anstalten
Abb. 11: Historische Wohnhäuser der Lobetaler Anstalten (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Das Erscheinungsbild des Ortes hat sich nach der politischen Wende durch Modernisierung und Neubauten stark verändert. Erhalten geblieben ist die großzügige, offene Gestaltung der Wohn- und Arbeitsstätten, die alten, kranken und behinderten Menschen ein Leben in der Gemeinschaft bieten und jeden gemäß seiner Fähigkeiten fördern und am Arbeitsleben teilhaben lassen. Die „Alte Schmiede“ der ehemaligen Arbeiterkolonie ist rekonstruiert und mit Originalwerkzeugen ausgestattet und steht als Touristentreff und Begegnungsstätte Bewohnern und Besuchern offen.

Station 6: Langerönner Mühle zur Kartenansicht >>

Abb. 12: Langerönner Mühle
Abb. 12: Langerönner Mühle (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Inmitten des Waldes, an der Grenze des NSG und FFH-Gebietes „Biesenthaler Becken“ stoßen Sie auf den Gebäudekomplex der Langerönner Mühle. Die einstige Getreide- und Schneidemühle aus dem 14. Jahrhundert brannte mehrfach ab und wurde wieder aufgebaut bis kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts der Mühlenbetrieb endgültig eingestellt wurde.

Nach 1945 nutzten die Nationale Volksarmee und das Ministerium des Inneren der DDR das nun umgebaute und weiträumig abgezäunte Gelände. Anwohner berichteten von regelmäßigen Bustransporten mit männlichen Personen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren aus Afrika und Latainamerika. Wozu dieses Anwesen genutzt wurde, bleibt weiterhin fraglich. Nach 1990 stand das Gebäude leer und ging vor einigen Jahren in Privatbesitz über.

Station 7: NSG und FFH-Gebiet „Biesenthaler Becken“ zur Kartenansicht >>

Abb. 13: Radtour im NSG Biesenthaler Becken
Abb. 13: Radtour im NSG Biesenthaler Becken (Foto: Sebastian Heise, 2015)
Abb. 14: Blick vom Radweg auf die Feuchtwiesen im Biesenthaler Becken
Abb. 14: Blick vom Radweg auf die Feuchtwiesen im Biesenthaler Becken (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Das europäische und nationale Schutzgebiet ist geprägt von Fließen, Seen und verschiedenen Moortypen, die sich nach der letzten Eiszeit durch Verlandungsprozesse bildeten und bis zu 18 m mächtige Torf- und Muddeschichten aufweisen. Heute sind die Niedermoore durch Erlenbrüche, verschilfte Flächen mit Flachwasserbereichen und artenreichen Feuchtwiesen in der Landschaft wahrnehmbar. In ehemaligen Gletscherspalten abgelagerte Schmelzwassersande sind als Hügel erhalten, auf denen Kiefern stocken oder sich Trockenrasen entwickelt hat. In dem kleinflächigen Mosaik erschallt der vielstimmige Ruf des Kranichs, der Biber hinterlässt seine sichtbaren Fraßspuren und von feuchten und trockenen Wiesen leuchtet bunt ihre Blütenpracht.

Station 8: Biesenthal mit historischem Rathaus zur Kartenansicht >>

Die Anfänge der Stadt gehen auf eine slawische Siedlung des 6. / 7. Jahrhunderts auf dem sogenannten Reihersberg zurück, die zur Zeit der askanischen Markgrafen Anfang des 13. Jahrhunderts erweitert wurde. Schon 1315 wird der Siedlung Bizdal städtisches Recht bestätigt, wie u.a. das Marktrecht und das Braurecht. Der Marktplatz soll sich schon von Anfang an am heutigen Standort befunden haben. Durch mehrere Brände (1580, 1632, 1756 und 1764) verlor die Stadt einen Großteil ihrer Bausubstanz.

Abb. 15: Rathaus Biesenthal
Abb. 15: Rathaus Biesenthal (Foto: Frank Liebke, 2005)

Das denkmalgeschützte Fachwerk-Rathaus am Markt ist bereits das dritte an dieser Stelle. Sein Vorgängerbau wurde bei dem verheerenden Stadtbrand 1756 vernichtet. Das heutige Gebäude von 1768 wurde 2003 rekonstruiert und ist eines der wenigen erhaltenen öffentlichen Gebäude jener Zeit in der Region. Die den Marktplatz zierende Eiche wurde 1886 aus Anlass des 25-jährigen Kronjubiläums des Preußenkönigs Wilhelm I. gepflanzt. Auch die stattlich verputzte barocke evangelische Pfarrkirche entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter Einbeziehung eines Feldsteinbaus aus dem 13. Jahrhundert. Das Gotteshaus ist im Inneren mit einer doppelgeschossigen Empore und einem hölzernen Kanzelaltar jener Zeit ausgestattet.

In den Straßenzügen um den Markt ist die städtische Bebauung aus dem beginnenden 19. Jahrhundert erhalten, in der traufständige, ein- bis zweigeschossige Fachwerkbauten dominieren.

Station 9: Schlossberg Biesenthal zur Kartenansicht >>

Abb. 16: Fiktive Askanierburg des 13. Jahrhunderts
Abb. 16: Fiktive Askanierburg des 13. Jahrhunderts (Quelle: Archiv Gertrud Poppe)

Der Schlossberg in Biesenthal ist einer von nur wenigen Standorten in der Region, die heute noch Reste einer Burg aus dem beginnendem 13. Jahrhunderts aufweisen. Die askanischen Markgrafen errichteten die Burganlage in unmittelbarer Nähe einer slawischen Siedlung aus dem 6. / 7. Jahrhundert als Ausgangspunkt für Eroberungen im Barnim. Der Überlieferung nach soll die Burg auf dem Schlossberg mit dem benachbarten Küchenberg durch eine Zugbrücke verbunden und von einem Burggraben umgeben gewesen sein. Bei einem „großen Sturmwind“ 1632 fast vollständig zerstört, erinnern heute nur noch Reste des Burgkellers an die Burganlage.

Abb. 17: Kaiser-Friedrich-Turm nach der Einweihung 1907
Abb. 17: Kaiser-Friedrich-Turm nach der Einweihung 1907 (Quelle: Archiv Gertrud Poppe)
Abb. 18: Kaiser-Friedrich-Turm 2016
Abb. 18: Kaiser-Friedrich-Turm 2016 (Foto: Andrea Brodersen)

1907 entstand neben der Burgruine ein Aussichtsturm, der an Kaiser Friedrich III. erinnert und einen Rundblick über das Biesenthaler Becken, die Stadt und das Finowtal bietet. An verschiedenen Erlebnisstationen wird der Besucher durch die Geschichte des Schlossberges und seiner Umgebung geführt.

Station 10: Wehrmühle zur Kartenansicht >>

Zum Schutz der Burg Biesenthal entstand im 14. Jahrhundert die Wehrmühle. Drohte ein Angriff, konnte das Mühlenwehr geschlossen, das Wasser der Finow aufgestaut und die Niederung in Richtung Burg unter Wasser gesetzt werden. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Mühle zerstört und erst 1660 als Mühle und Wohnhaus wieder aufgebaut.

Abb. 19: Wehrmühle um 1920
Abb. 19: Wehrmühle um 1920 (Quelle: Archiv Gertrud Poppe)

1907 baute Fritz Mühsam das Wohngebäude der Säge- und Getreidemühle zu einer Villa mit der neobarocken Fassade um. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er 1937 von den Nazis enteignet. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Rote Armee das Gebäude als Auffanglager für Kriegsgefangene, ehemalige Zwangsarbeiter und KZ-Insassen. Im Zuge der Bodenreform ging die Mühle 1948 in Volkseigentum über, sodass sie als volkseigener Mühlenbetrieb weitergeführt wurde. Nach der politischen Wende erhielten die Nachfahren des zwangsenteigneten jüdischen Besitzers das Mühlenanwesen zurück.

Abb. 20: Ehemaliges Verwalterhaus der Wehrmühle
Abb. 20: Ehemaliges Verwalterhaus der Wehrmühle (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

2002 brannte die Mühle erneut ab. Das Anwesen wurde verkauft und die Ruine 2003 wieder aufgebaut. Dabei blieb die neobarocke Fassade des Wohngebäudes erhalten. Der Absturz am Mühlenstau konnte 2012 durch einen Umflutgraben beseitigt werden, sodass wasserwandernde Tierarten wieder ungehindert den Bach passieren können.

Station 11: NSG und FFH-Gebiet „Finowtal Pregnitzfließ“ zur Kartenansicht >>

Abb. 21: Im Finowtal
Abb. 21: Im Finowtal (Foto: Andrea Brodersen, 2016)
Abb. 22: Storch auf Nahrungssuche
Abb. 22: Storch auf Nahrungssuche (Foto: Andrea Brodersen, 2016)

Nördlich des Schlossberges fließt die Finow durch Niedermoorwiesen und -weiden, Grünlandbrachen, Erlenbruch und Mischwald dem Eberswalder Urstromtal zu. Diese Flächen wurden als NSG- und FFH-Gebiet „Finowtal Pregnitzfließ“ ausgewiesen. Hier brütet in den Feuchtgebieten der Kranich, über den Seen kreisen Rohrweihen und Fischadler und hochwüchsige Nasswiesen bieten dem Wachtelkönig Schutz für seine Brut. Über gemähte Flächen schreitet der Storch auf der Suche nach Nahrung und selbst der blauschillernde Eisvogel ist über den Gewässern zu entdecken.

Station 12: Schleusengraf zur Kartenansicht >>

Abb. 23: Magazin der wasserwirtschaftlichen Baudirektion vor der Sanierung
Abb. 23: Magazin der wasserwirtschaftlichen Baudirektion vor der Sanierung (Foto: Frank Liebke, 2005)
Abb. 24: Raststätte Schleusengraf
Abb. 24: Raststätte Schleusengraf (Foto: Sieglinde Thürling, 2006)

In der urigen Raststätte am Fernradweg Berlin–Usedom befand sich einst das Magazingebäude der königlich-preußischen Wasserbaudirektion, das 1804 fertiggestellt wurde. Völlig verfallen stand es Jahrzehnte ungenutzt, bevor es von 2003 bis 2009 nach historischem Vorbild rekonstruiert wurde. Bemerkenswert ist die tonnenartige Dachkonstruktion. Diese sogenannte Bohlenbinderbauweise hält ausschließlich mit Holznägeln, ganz ohne Verschrauben und Verleimen.

Station 13: Finowkanal mit Leesenbrücker Schleuse zur Kartenansicht >>

Abb. 25: Der Finowkanal
Abb. 25: Der Finowkanal (Foto: Sebastian Heise, 2015)

Der 1620 eröffnete Finowkanal ist die älteste künstliche Wasserstraße Deutschlands und heute unter Denkmalschutz gestellt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Verbindungsgewässer zwischen Havel und Oder fast vollständig zerstört und erst auf Anordnung Friedrichs II. 1743 wieder hergestellt. Der Kanal bestimmte den wirtschaftlichen Aufschwung des gesamten Finowtals entscheidend. Hier verkehrten Lastkähne und Flöße mit Techniken wie Segeln, Staken oder Treideln, später dann mit Dampfantrieb. Bald war die Leistungsgrenze des Kanals erreicht. Deshalb wurde parallel 1914 der Oder-Havel-Kanal für den Schiffsverkehr eröffnet und der Finowkanal verlor immer mehr an Bedeutung.

Heute hat sich das Gewässer zu einem naturnahen Kleinod entwickelt, an dem sich selbst die scheuen Biber mehrere Behausungen errichtet haben. Bekommt man Europas größten Nager hier nicht zu Gesicht, verraten Nagespuren an Baumstämmen seine Anwesenheit.

Abb. 26: Lesenbrücker Schleuse
Abb. 26: Lesenbrücker Schleuse (Foto: Sebastian Heise, 2015)

Eine von zwölf noch handbetriebenen Schleusen ist die Leesenbrückerschleuse, die 1878 als doppelbreite Kesselschleuse gebaut wurde. Die Schleusentore sind hier seitlich versetzt angeordnet. Dieses Schleusenprinzip entstand als Ersatz für die einfachen hölzernen Schleusen, um dem enormen Verkehrsaufkommen des Kanals und den daraus resultierenden langen Wartezeiten entgegen zu kommen. Da der Finowkanal für die Schifffahrt an Bedeutung verlor, wurde die südliche Schleusenkammer 1929 zugeschüttet.

Bahnhof Zerpenschleuse

Die Tour endet am Bahnhof Zerpenschleuse. Mit dem Bau einer Eisenbahnlinie von Berlin-Wilhelmsruh bis nach Groß Schönebeck 1900 bekam auch Zerpenschleuse einen Eisenbahnanschluss, wenn auch 1,3 km vom Zentrum des Ortes entfernt.


Empfohlene Zitierweise

Kerstin Bosse: “Auf dem Fernradweg Berlin–Usedom durch den Naturpark” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/80_e_504-auf-dem-berlin-usedom-radweg-durch-den-naturpark/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

Bildnachweise

  • Titelbild: Historische Wohnhäuser der Lobetaler Anstalten (Foto: Andrea Brodersen, 2016)
  • Vorschaubild: Radtour im NSG Biesenthaler Becken (Foto: Sebastian Heise, 2015)