Themenbereiche Natur & Landschaft

Entwicklung der stadtnahen Versiegelung am Beispiel von Bernau und Wandlitz

Von Axel Heise, Ina Gehlen, Sixten Bussemer – 12/2020

Seit jeher stehen die beiden Nachbargemeinden Bernau und Wandlitz im engen Wirkungsgeflecht mit der angrenzenden Metropole Berlin. Insbesondere unter dem Aspekt wachsender städtischer Umweltbelastungen erfreuen sich die stadtnahen Umlandgemeinden Berlins langfristiger Zuwachsraten mit einem anhaltenden Bauboom. Nachfolgend wurde im Rahmen einer Studie die Entwicklung der Bodenversiegelung in beiden Gemeinden miteinander verglichen.

Der Boden ist in Deutschland eine wichtige Ressource für Nahrungsmittelproduktion, Waldwirtschaft, Siedlungsflächen und Tourismus, aber auch für den Schutz von Refugien seltener Tier- und Pflanzenarten. Zur Minderung von Interessenkonflikten erstellte die nationale Nachhaltigkeitsstrategie ein Konzept, wonach die tägliche Bodenversiegelung von 93 Hektar (2003) auf 30 Hektar (2020) reduziert werden soll.

Abb. 1: Diagramm zur Versiegelung in Bernau und Wandlitz
Abb. 1: Diagramm zur Versiegelung in Bernau und Wandlitz (Datengrundlage: Peter Gärtner)

Um das Konzept des Bodenschutzes effektiver voranzutreiben und einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Boden zu erreichen, wurde 2002 das europäische Bodenbündnis (European Land and Soil Alliance, ELSA) gegründet. Damit wurde eine Kommunikationsplattform geschaffen, die Städte, Gemeinden, Landkreise, Bundesländer und NGOs über Lösungsansätze und Projekte des Bodenschutzes, der Landnutzung, der Landschaftspflege und Siedlungsentwicklung informieren soll. Die Initiative fokussiert dabei insbesondere die kommunale Ebene, da sich gerade hier Schnittstellen zwischen lokalen Flächen, Akteuren, Bauplanung und der regionalen Raumordnung ergeben (www.bodenbuendnis.org). Konkrete Maßnahmen sehen ein flächenschonendes Bauen, Verdichtung von Siedlungen und Infrastruktur, die Schaffung von Ausgleichsflächen sowie ein Flächenrecycling durch das Entsiegeln ehemals genutzter Flächen vor. Um dem Trend der Suburbanisierung entgegenzuwirken, soll auch die Attraktivität der Innenstädte gesteigert werden und ein qualitativ besseres Wohnumfeld geschaffen werden.

Nehmen heute versiegelte Flächen in Deutschland sowieso schon eine Fläche von ca. 13 % ein, so konnte insbesondere im suburbanen Umfeld von Ballungsräumen in den zurückliegenden Jahren bundesweit ein deutlicher Bevölkerungsanstieg beobachtet werden. Der Barnim ist dafür ein gutes Beispiel: Auf engem Raum treffen hier sensible Landschaftsräume und wachsender Siedlungsdruck zusammen. Zwischen zahlreichen Seen, Söllen und Mooren sowie großen, unzerschnittenen Wald- und Forstflächen mit Biotopen seltener Tier- und Pflanzenarten liegen stark wachsende Gemeinden des Berliner Speckgürtels.

Zum Erhalt dieses einmaligen Naturraums gründete sich 1998 der Naturpark Barnim. Er setzte sich das Ziel, „alle in der Region geplanten Projekte hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Konsequenzen für den Naturpark zu bewerten und im Vorfeld durch Informationen und Beratungen zu beeinflussen“ (Berliner Zeitung 1999). Das gilt insbesondere für die unmittelbar an Berlin angrenzenden Gemeinden wie Mühlenbecker Land oder Panketal mit einem Bevölkerungsanstieg von 130,1 % bzw. 88,7 % zwischen 1989 und 2014. Aber auch in Wandlitz und Bernau stiegen die Bevölkerungszahlen um 48,3 % bzw. 45,3 %. Und für den Zeitraum zwischen 2006 und 2025 wird (nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung 2009) für die betreffenden Landkreise Oberhavel und Barnim ein Bevölkerungszuwachs um weitere sechs bzw. zehn Prozent erwartet. Da die Studie auch periphere Gemeinden der Landkreise erfasst, kann für den berlinnahen Bereiche der Kreise noch ein wesentlich höheres Bevölkerungswachstum erwartet werden.

Mit dem Naturpark Barnim abgestimmte Arbeiten diskutieren die Entwicklung der Bodenversiegelung in den Städten Bernau und Wandlitz, insbesondere in Form einer kartographischen Studie für den Ortsteil Wandlitz der gleichnamigen Gemeinde sowie für die Ortsteile Bernau und Waldfrieden der Gemeinde Bernau (Gehlen 2017). Für zwei Zeitscheiben 1993 und 2013 wurden mit Hilfe einer GIS-gestützten Auswertung alle Gebäudegrundrisse inventarisiert. Bezugnehmend auf das Straßennetz wurden die Städte in Baublöcke unterteilt. Anhand der Gebäudeflächen innerhalb eines Baublockes wurde der Gebäudeflächenanteil ermittelt.

Die Studie zeigt ausgehend von 1993 zur Gegenwart hin eine deutliche Verdichtung der Siedlungsflächen in beiden Gemeinden. Parallel zu den steigenden Einwohnerzahlen lässt sich somit auch städtebaulich der langfristige Suburbanisierungstrend in den Berliner Umlandgemeinden nachvollziehen.

Abb. 2: Zentrum Wandlitz mit geringerer Verdichtung
Abb. 2: Zentrum Wandlitz mit geringerer Verdichtung (Foto: Sixten Bussemer)
Abb. 3: Bahnhof Bernau als Verkehrsknotenpunkt
Abb. 3: Bahnhof Bernau als Verkehrsknotenpunkt (Foto: Sixten Bussemer)

Die Stadtstrukturen zeigen insbesondere in Zentrumsnähe eine hohe Verdichtung des Gebäudeflächenanteils, welche tendenziell in Richtung des Ortsrandes abnimmt. Bei einem Vergleich beider Gemeinden zeigen sich Unterschiede bei Intensität und Anstieg der Gebäudeflächenanteile. Im historischen Zentrum von Wandlitz sowie im Bereich des Bahnhofs wird mit Flächenanteilen zwischen 15 und 20 % zumeist die höchste Gebäudedichte erreicht. Da das Stadtbild von Wandlitz eher durch den Eigenheimbau mit anliegenden Kleingärten bestimmt ist, treten in der Fläche häufig Gebäudeflächenanteile zwischen fünf und 15 % auf. Eine Ausnahme stellt die Waldsiedlung Wandlitz dar, wo im Bereich einiger großräumiger Gesundheitseinrichtungen über 20 % der Fläche durch Gebäude versiegelt sind.

Deutlich differenzierter zeigt sich das Stadtbild von Bernau, welches insbesondere in Zentrumsnähe im Bereich der stark verdichteten Neubaublöcke häufig Gebäudeflächenanteile von über 20 % aufweist. Weiterhin werden auch im Gewerbegebiet des Schönfelder Weges (Bernau Ost) sowie in der Nähe des Bahnhofs Bernau Gebäudeflächenanteile von über 20 % erreicht. Gegenüber der Ortschaft Wandlitz sind die Wohngebiete jenseits des Zentrums zumeist wesentlich kleinteiliger und mit einem Gebäudeflächenanteil von zumeist zwischen zehn und 20 % baulich deutlich stärker verdichtet.

Weiterhin zeigte die Studie, dass in Bernau tendenziell größere Schwankungen der Gebäudeflächen innerhalb der Baublöcke auftraten. Unter anderem wurden am Ortsrand neue Wohngebiete erschlossen und eine ehemalige Militäranlage in der Flächennutzung umfunktioniert, sodass häufig ein Anstieg des durch Gebäude versiegelten Flächenanteils um fünf bis über zehn Prozentpunkte errechnet werden konnte. Im Zentrum wurde für den Betrachtungszeitraum hingegen eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang des Gebäudeflächenanteils registriert.

Für Wandlitz ließ sich dieser Trend weniger intensiv erkennen. In den Wohngebieten stieg der Gebäudeflächenanteil häufig um bis zu zehn Prozentpunkte an. Deutliche Rückgänge der von Gebäuden erzeugten Versieglung (bis zu zehn Prozentpunkte) wurden hingegen ähnlich wie in Bernau im Bereich des historischen Zentrums beobachtet.

Die Schaffung neuen Wohnraums fokussierte sich während des Betrachtungszeitraumes jedoch generell eher auf eine Verdichtung der bestehenden Siedlungsflächen als auf Neuerschließungen. Allgemein betrachtet stieg der Versiegelungsgrad durch Gebäudeflächen in Bernau während des Betrachtungszeitraumes von 1993 bis 2013 von 9,4 % auf 12,9 %. In der Stadt Wandlitz war die Siedlungsverdichtung hingegen etwas weniger intensiv und stieg im Gebäudeflächenanteil von 6,2 % auf 8,1 %. Kumuliert ließen sich somit für 2013 in Wandlitz 48,1 Hektar und für Bernau 143,7 Hektar Gebäudeflächen ermitteln.

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In einem weiteren Ansatz wurde in der Studie neben der Gebäudefläche auch die allgemeine Bodenverdichtung und Versiegelung eines Baublocks berücksichtigt und ebenfalls wieder in den oben angeführten Zeitscheiben betrachtet. Ausgehend vom Jahr 1993 wurde je nach Art der Flächennutzung für den gesamten Baublock neben der ermittelten Gebäudefläche auch ein empirischer Versiegelungsfaktor bestimmt. Für die Stadt Bernau stieg somit der gesamte Versiegelungsgrad nach Baublöcken in den baulich stark verdichteten Vierteln häufig auf Werte zwischen 30 und 60 %. In einzelnen Spitzenwerten erreichten die Baublöcke sogar einen Versiegelungsgrad von über 70 %. Für die Wohngebiete außerhalb des Zentrums wurde zumeist ein Gesamtversiegelungsgrad zwischen 20 und 40 % ermittelt. Für Wandlitz ergaben sich unter dem Aspekt der Flächennutzung und der geringeren Gebäudekonzentration niedrigere Versiegelungsgrade, die im Bereich der Wohngebiete häufig zwischen 20 und 30 % lagen. Höhere Werte mit einem gesamten Versiegelungsgrad zwischen 30 und 50 % wurden für das historische Zentrum und die Gewerbegebiete ermittelt.

Nach ähnlichem Muster wurden seit Anfang der 1980er Jahre bundesweit vermehrt Untersuchungen zur Bodenversiegelung durchgeführt, deren Ergebnisse auch in diversen Umweltatlanten dokumentiert wurden (z.B. digitaler Umweltatlas Berlin). Da in diesen Studien der Versiegelungsgrad nicht mit einheitlichen Parametern bestimmt wird, ist eine Vergleichbarkeit mit dem Barnim nur bedingt möglich. Dabei hat der Versiegelungsgrad erhebliche praktische Relevanz. So werden etwa auch in der Wasserwirtschaft daraus wichtige Kenngrößen für den Bedarf kommunaler Entwässerungssysteme sowie für das Grundwasserdargebot ermittelt.

Damit auch in Zukunft insbesondere in wachsenden Stadt-Umland-Räumen ein nachhaltiges und ökologisch vertretbares Entwicklungskonzept etabliert werden kann, ist eine Vernetzung zwischen der Bevölkerung, dem Naturschutz, der Landschaftspflege, der Wasserwirtschaft, dem Städtebau und der regionalen Raumplanung im Abstimmungsprozess essentiell. Zur Erleichterung des Kommunikationsprozesses sollten auch Plattformen wie das Europäische Bodenbündnis (ELSA) stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücken.


Empfohlene Zitierweise

Axel Heise, Ina Gehlen, Sixten Bussemer: “Entwicklung der stadtnahen Versiegelung am Beispiel von Bernau und Wandlitz” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/80_b_105-versiegelung-bernau-wandlitz/, Stand 07.12.2020

Quellen und weiterführende Literatur

  • Bertelsmann-Stiftung (2009): Bevölkerungsentwicklung Deutschlands 2006-2025, in: www.wegweiser-kommune.de, abgerufen am 27.04.2020
  • GEHLEN, Ina (2017): GIS-gestützte Untersuchungen zu geoökologischen Aspekten auf dem Barnim (Brandenburg). – Unveröff. B.Sc.-Arbeit Universität Greifswald.
  • HAAG, L. (2006): Wie hoch sind die Versiegelungsgrade in Berlin wirklich? Ein Methodenvergleich. – Unveröff. Diplomarbeit Technische Universität Berlin.
  • WESSOLEK, Gerd (2001): Bodenüberformung und -versiegelung, in: BLUME, Hans-Peter (Hg.): Handbuch der Bodenkunde. 11. Ergänzungslieferung, S. 1–29.
  • www.bodenbuendnis.org, abgerufen am 27.04.2020

Bildnachweise

  • Titel- und Vorschaubild: Stadtzentrum von Bernau aus der Luft (Foto: Peter Gärtner 2015)