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Unter dem Asphalt – Böden: natürlich entstanden, vom Menschen verändert

Von Christian Tinapp – 06/2015

Der oberste Teil des geologischen Untergrundes ist der Boden. In dem mit Luft, Wasser, und Lebewesen durchsetzten Substrat finden Umsetzungsprozesse statt, die über längere Zeiträume zur Entstehung von Horizonten führen. Seit 7500 Jahren rodet der Mensch in Mitteleuropa Flächen und nimmt massiv Einfluss auf die Bodenentwicklung durch Ackerbau und Bautätigkeit. Als Speicher von Nährstoffen und Wasser für Flora und Fauna sind fruchtbare Böden von immenser Bedeutung für die Ernährung der Menschen weltweit.

Der Boden ist die mit Luft, Wasser und Lebewesen durchsetzte Verwitterungsschicht des anstehenden Gesteins. Das Klima, der Mensch, die Pflanzen- und Tierwelt, die Beschaffenheit des Untergrunds, das Relief sowie ausreichend Zeit führen dazu, dass sich übereinander liegende, charakteristische Horizonte herausbilden, die in ihrer Gesamtheit als Bodentyp bezeichnet werden.

Bodenhorizonte

Bodenhorizonte (Christian Tinapp)

Zuoberst befindet sich immer der charakteristische A-Horizont, der aus einer Mischung aus mineralischem Untergrund und organischem Material besteht. Hier ist die größte Dichte an Lebewesen anzutreffen und es finden die intensive Umsetzungsprozesse statt. Darunter folgt bei lockeren Ausgangssubstraten in der Regel der B-Horizont. Die Primärminerale verwittern und es entstehen Tonminerale sowie neue eisenhaltige Verbindungen wie Goethit, die zur Braunfärbung führen. Wenn bei carbonatfreien Substraten der neu gebildete Ton gelöst wird und einige Dezimeter tiefer sich anreichert spricht man von Tonverlagerung, die zu einer Horizontierung Ah/Al/Bt/Cv führt. Ist ein Teil des oberflächennahen Untergrundes schwer wasserdurchlässig, führt dies bei nasser Witterung zu zeitweisem Wasserstau und es entstehen Marmorierungen sowie Eisen- und Mangankonkretionen. Bei starker Staunässe wird statt B ein großes S als Stauwasserhorizontsymbol genutzt.

In den Lockersedimenten Leipzigs dominieren außerhalb der Täler Verlehmung, Verbraunung, Tonverlagerung und Staunässe. Somit gibt es hier verbreitet Parabraunerden und Pseudogleye und dort, wo durchlässige Sande oder Kiese unter geringmächtigem Sandlöss liegen, auch Braunerden. Die vorherrschenden Korngrößengemische bzw. die Bodenart besteht meist aus Lehmen mit unterschiedlich hohen Sand- und Tonanteilen. In den Auen von Weißer Elster und Pleiße überwiegen Auenbraunerden und Auengleye aus meist lehmigen Substraten.

Im Stadtgebiet Leipzig dominieren heute Stadtböden mit anthropogenen Ausgangssubstraten. Auf landwirtschaftlichen Flächen befinden sich meist unter einem etwa 30 Zentimeter mächtigen Pflughorizont noch Reste der ursprünglichen Horizonte. In den ehemaligen Tagebaugebieten haben sich aus den Kippsubstraten A-C-Böden wie Regosole oder Pararendzinen gebildet.

"Böden Leipzigs"

Standort 1: Auengley zur Kartenansicht >>

Auengley

Auengley (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Christian Tinapp)

Auenlehm besteht aus umgelagertem Bodenmaterial, welches im Wasser des Flusses transportiert wird und sich bei Überschwemmungen auf dem gesamten Talgrund absetzt. In dem carbonatfreien Material finden Verbraunungs- und Verlehmungsprozesse statt, die zur Entstehung eines aM-Horizontes führen. Erst 80 Zentimeter unter der Geländeoberfläche beginnt mit dem aGo-Horizont der Grundwasserschwankungsbereich. Durch den Wechsel von reduzierenden und oxidierenden Bedingungen bilden sich hier Marmorierungen sowie Eisen- und Mangankonkretionen, darunter folgt dann unter ständig nassen Bedingungen der graue aGr-Horzont.

Standort 2: Stadtboden/fossiler Pseudogley zur Kartenansicht >>

Stadtboden/fossiler Pseudogley

Stadtboden/fossiler Pseudogley (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Mirko Oehlert)

1,5 Meter unter einem Y-Horizont aus Auffülle befindet sich in der Leipziger Innenstadt der ehemalige Boden. Es handelt sich um einen vor allem von Staunässe geprägten Pseudogley, der aus zwei verschiedenen Substraten entstanden ist, die durch eine Steinsohle getrennt werden. Der durchlässige Sandlöss mit fAp- und Sw-Horizont liegt über relativ dicht gelagerten elsterzeitlichen Geschiebelehmen, in denen sich im obersten Bereich der wasserstauende Sd-Horizont gebildet hat.

Standort 3: Parabraunerde-Pseudogley (Lützschena) zur Kartenansicht >>

Parabraunerde-Pseudogley (Lützschena)

Parabraunerde-Pseudogley (Lützschena) (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Petra Schug)

Bevor am Ende der Weichsel-Kaltzeit Sandlöss aufgeweht wurde, sorgten Auswehungsprozesse für starke Erosion der Geschiebelehme. Zurück blieben die im Sediment enthaltenen Steine und Blöcke, die heute eine deutliche Marke zwischen den saalezeitlichen Moränenablagerungen und dem vom Wind herangetragenen Sandlöss bilden. Dieser ist heute zu großen Teilen durch die ackerbauliche Nutzung in den Pflughorizont eingearbeitet. Staunässe und parallel ablaufende Tonverlagerung haben einen Übergangsbodentypen in Form eines Parabraunerde-Pseudogleys entstehen lassen.

Standort 4: Braunerde-Pseudogley mit Kryoturbation (Wiederitzsch) zur Kartenansicht >>

Braunerde-Pseudogley mit Kryoturbation (Wiederitzsch)

Braunerde-Pseudogley mit Kryoturbation (Wiederitzsch) (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Torsten Klein)

Während der bis 11500 Jahre vor heute andauernden Weichsel-Kaltzeit herrschten über Jahrtausende Permafrostbedingungen in und um Leipzig. Im Sommer taute der Boden oberflächlich auf und oberhalb des noch gefrorenen Untergrundes kam es zu starken Verwürgungen der Lockerablagerungen. An vielen Stellen sind die Geschiebelehme durch kryoturbate Strukturen stark verändert. Der erst am Ende der Weichsel-Kaltzeit angewehte Sandlöss liegt diskordant über den Permafrostbildungen. Aus dem Sandlöss und den leicht stauend wirkenden kryoturbat verwürgten saalezeitlichem Geschiebelehmen hat sich ein Braunerde-Pseudogley gebildet.

Standort 5: Braunerde (Seifertshain) zur Kartenansicht >>

Braunerde (Seifertshain)

Braunerde (Seifertshain) (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Marcin Dalidowski)

Während der Eiszerfallsphase sind in der Saale-Kaltzeit Schmelzwassersande abgelagert worden, die oft zwischen Geschiebelehmen und –mergeln liegen. Dort befinden sich heute durchlässige, vorwiegend sandige Substrate, in denen südöstlich von Seifertshain eine Braunerde entstanden ist. Unter dem 30 Zentimeter mächtigen Pflughorizont befindet sich ein graubrauner Bv-Horizont. Die Verbraunung reicht noch bis in den hellbraunen BvCv-Horizont hinein.

Standort 6: Pseudogley (Seifertshain) zur Kartenansicht >>

Pseudogley (Seifertshain)

Pseudogley (Seifertshain) (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Christian Tinapp)

An der südöstlichen Stadtgrenze stehen verbreitet saalezeitliche Geschiebelehme und -mergel der ersten Saalevereisung an, die von 0,5 bis 1 Meter mächtigem Sandlöss überdeckt werden. Daraus sind vor allem Pseudogleye entstanden. Unter dem Pflughorizont befindet sich ein zum Teil grauer Sw-Horizont aus Sandlöss über dem unter einer schwachen Steinsohle liegenden Sd-Horizont aus Geschiebelehm. Die grauen Farben sind das Resultat von Nassbleichung infolge von häufig wassergesättigten Bedingungen im Boden.

Empfohlene Zitierweise

Christian Tinapp: “Unter dem Asphalt – Böden: natürlich entstanden, vom Menschen verändert” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/78_B_136-unter-dem-asphalt-bodenprofile/, Stand 29.06.2015

Bildnachweise

  • Titelbild: Bodenprofil Parabraunerde-Pseudogley (Lützschena) (© Landesamt für Archäologie Sachsen, Foto: Torsten Klein)