Ausgewählte historische Standorte des Rauchwarengewerbes

Von Andreas Dix – 06/2015

Leipzig war bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts neben London und New York der wichtigste Welthandelsplatz für Rauchwaren, d.h. rohe und zugerichtete Felle von Pelztieren. Neben den Kontoren und Lagerhäusern für die kostbare Ware, die sich vor allem im Viertel um den Brühl konzentrierten, sind in der Stadt und in ihrem Umland aber auch an vielen anderen Stellen noch Spuren zu finden, die in vielfältiger Weise auf die einst große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung dieses Gewerbes hinweisen. Eine Auswahl wird in diesem Beitrag vorgestellt.

Standorte des Rauchwarenhandels Kartenausschnitt zurücksetzen

Standort 1: Haus der Ariowitsch-Stiftung, Israelitisches Altersheim (Hinrichsenstraße 14) zur Kartenansicht >>

Haus der Ariowitsch-Stiftung

Haus der Ariowitsch-Stiftung (Foto: Martin Stephan)

Die Familie Ariowitsch, die im Rauchwarenhandel eine prominente Rolle spielte, gründete 1930 eine Stiftung zur Errichtung eines jüdischen Altenheims, das 1931 eingeweiht wurde. Das Gebäude wurde in der NS-Zeit beschlagnahmt und die Bewohner 1942 deportiert. Seit 2009 befindet sich hier das “Ariowitsch-Haus - Zentrum jüdischer Kultur”.

Standort 2: Ehemalige Beth-Jehuda-Synagoge (Ariowitsch-Synagoge) (Färberstraße 11, Hofgebäude) zur Kartenansicht >>

Von der Familie Ariowitsch wurde ein jüdisches Bet- und Lehrhaus gestiftet, die spätere Beth-Jehuda-Synagoge, die im Volksmund auch Ariowitsch-Synagoge genannt wurde.

Standort 3: Villa Thorer (Rathenaustraße 40) zur Kartenansicht >>

Die Villa Thorer im Jahre 2015

Die Villa Thorer im Jahre 2015 (Foto: Martin Stephan)

Die Villa wurde 1897-1899 als Wohnhaus für die Familie des Rauchwarenhändlers Curt Thorer erbaut. Hier befindet sich heute das Verwaltungsgericht Leipzig.

Standort 4: Anwesen der Familie Thorer (Paul-Michael-Straße 12-14) zur Kartenansicht >>

Das Anwesen der Familie Thorer heute

Das Anwesen der Familie Thorer heute (Foto: Martin Stephan)

1924 errichtete die im Leipziger Rauchwarenhandel und der Veredlung aktive Familie Thorer ein luxuriöses Anwesen. Nach Sanierung wurde sie zu einer luxuriösen Wohnanlage mit dem Namen Auewaldschlösschen umgebaut.

Standort 5: Grabmal Paul Thorer (Südfriedhof, Abt XV, Wahlstellennr. 174) zur Kartenansicht >>

Wil Howard: Grabmal Paul Thorer auf dem Südfriedhof

Wil Howard: Grabmal Paul Thorer auf dem Südfriedhof (Foto: Expectabo, via wikipedia, cc-by-sa 3.0)

1921 von dem Leipziger Bildhauer Wil Howard errichtetes Grabmal für den Rauchwarenhändler Paul Thorer.

Standort 6: Fabrikgebäude Thorer & Co. (Angerstraße 40/42) zur Kartenansicht >>

Das Fabrikgebäude der Firma Thorer 2015

Das Fabrikgebäude der Firma Thorer 2015 (Foto: Haik Porada)

Das ehemalige Fabrikgebäude der Firma Thorer & co. beherbergt heute den Bürokomplex Angerhof.

Standort 7: Rauchwarenzurichterei Richard Lindner (Claußbruchstraße) zur Kartenansicht >>

In dem sanierten Gebäude der ehemaligen Rauchwarenzurichterei Richard Lindner sind heute Wohnungen untergebracht.

Standort 8: Geburtshaus von Sir Nikolaus Pevsner (Schwägrichenstraße 11) zur Kartenansicht >>

In der ersten Etage des 1894-1896 erbauten Gebäudes wohnte der aus Russland eingewanderte jüdische Rauchwarenhändler Hillel Pewsner (später Hugo Pevsner) mit seiner Familie. Sein Sohn Sir Nikolaus Pevsner (1902-1983) wurde nach seiner Emigration 1934 in Großbritannien zu einem der einflussreichsten Kunsthistoriker seiner Zeit. Wichtig für Leipzig ist seine Dissertation über den Leipziger Barock von 1928.

Standort 9: Rauchwarenfärberei F.A. Sieglitz & Co. (Angerstraße 24-30) zur Kartenansicht >>

Angerstraße 30 im Jahre 2015

Angerstraße 30 im Jahre 2015 (Foto: Martin Stephan)

In dem ab 1875 errichteten Fabrikgebäude befindet sich heute eine Wohnanlage mit dem Namen Pelz-Manufaktur.

Standort 10: Rauchwarenfärberei A. Herzog (Angerstraße 26-28) zur Kartenansicht >>

Dieses sanierte Gebäude gehört heute zur Wohnanlage Pelz-Manufaktur.

Standort 11: Kürschnerei und Rauchwarenzurichterei Udo Meinelt und Söhne GbR (Heinestraße 30, 04571 Rötha) zur Kartenansicht >>

Einer der wenigen Betriebe, wo man heute noch die alten Arbeitsschritte der Rauchwarenzurichterei und -veredlung sehen kann, ist die Firma Udo Meinelt und Söhne in Rötha.

Standort 12: Selters Haus (Nikolaistraße 47-51) zur Kartenansicht >>

Brühl 34 im Jahre 2015

Brühl 34 im Jahre 2015 (Foto: Martin Stephan)

1908-1909 errichtetes Handelshaus für Rauchwarenhandelshaus der Firma Selter mit charakteristischer Fassade, die wichtige Pelztiere zeigt.

Standort 13: Eitingonkrankenhaus (Eitingonstraße 12) zur Kartenansicht >>

Das Eitingon-Krankenhaus wurde 1928 von dem Rauchwarenhändler Chaim Eitingon gegründet. Die spätere Städtische Frauenklinik gehört heute zum Klinikum St. Georg.

Standort 14: Interpelz-Hochhaus (Brühl 34-50) zur Kartenansicht >>

Das Interpelz-Hochhaus im Jahre 2015

Das Interpelz-Hochhaus im Jahre 2015 (Foto: Martin Stephan)

Im 1966 für die staatliche Rauchwarenhandelsfirma Interpelz errichtete Interpelz-Hochhaus (auch Hochhaus Brühlpelz) waren wichtige Unternehmen und Einrichtungen der Rauchwarenwirtschaft in der DDR-Zeit untergebracht. Das Gebäude steht zur Zeit leer und soll 2015 durch einen englischen Finanzinvestor zu einem Hotel umgebaut werden (Stand 2014).

Standort 15: Deutsche Kürschnerschule und Städtisches Pelzfachmuseum (Sebastian-Bach-Straße 91) zur Kartenansicht >>

Leipzig wurde durch die internationale Bedeutung des Rauchwarenhandels auch zum Sitz wichtiger Institutionen der Rauchwarenwirtschaft. Hierzu gehörten die Deutsche Kürschnerschule und das im zweiten Weltkrieg zerstörte Städtische Pelzfachmuseum.

Standort 16: Geschäftshaus einer Rauchwarenhandelsfirma (Brühl 47) zur Kartenansicht >>

Um 1909 / 1910 wurde dieses Handelshaus erbaut. An der Fassade steht der Name “Gebr. Assuschkewitz”, einem der wichtigen Unternehmen dieser Branche.

Standort 17: Rauchwarenzurichterei Theodor Kniesche (Rittergutsstraße, Hendelweg) zur Kartenansicht >>

Direkt an der Weißen Elster errichtete der Rauchwarenfabrikant Theodor Kniesche um 1900 eine Rauchwarenzurichterei. Ab 2008 wurde die Fabrikanlage zu einem Areal mit Loftwohnungen unter dem Namen “Wendische Höfe” saniert. Das Areal wird heute von der Rittergutsstraße ausgehend durch den Hendelweg erschlossen.

Standort 18: Oelßner's Hof (Nikolaistraße 20-24; Ritterstraße 23-29) zur Kartenansicht >>

1896 durch Zusammenlegung entstandenes Passagenhaus, das Sitz etlicher Rauchwarenhandelsfirmen war.

Standort 19: Verwaltung der Reichs-Zentrale für Pelztier- und Rauchwaren-Forschung (Nikolaistraße 28-32) zur Kartenansicht >>

Empfohlene Zitierweise

Andreas Dix: “Ausgewählte historische Standorte des Rauchwarengewerbes” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/78_B_134-ausgewaehlte-historische-standorte-des-rauchwarengewerbes/, Stand 29.06.2015

Bildnachweise

  • Titelbild / Vorschaubild: Selterhaus Nikolaistraße 47 (Foto: Martin Stephan)