Bau- und kunstgeschichtliche Exkursion zu den Feldsteinkirchen
Von Matthias Friske – 10/2025
Mittelalterliche Feldsteinkirchen prägen bis zum heutigen Tag das Erscheinungsbild der Dörfer und Städte in der Uckermark und in den angrenzenden Regionen. Zu einer repräsentativen Auswahl von Standorten in Prenzlau und Umgebung führt diese Exkursion.
Kartenüberblick Exkursion: Bau- und kunstgeschichtliche Exkursion zu den Feldsteinkirchen Kartenausschnitt zurücksetzen
Station 1:
Prenzlau zur Kartenansicht >>
Die Tour beginnt in Prenzlau ①, wo etliche Kirchen zu besichtigen sind. Nicht versäumt werden sollte dabei die Marienkirche. Sie steht auf einem Hügel und ist eine regelrechte Landmarke, die bei gutem Wetter auf der Autobahn schon von Pfingstberg aus zu sehen ist. Diese stattliche Hallenkirche aus Backstein zählt zu den wichtigsten Kirchenbauten der Mark Brandenburg und prägt vor allem durch den Ostgiebel, der Anklänge an die Architektur des Kölner Doms zeigt, das Stadtbild. Der massive Westbau aus der ersten Bauetappe im 13. Jahrhundert zählt zu den monumentalsten Feldsteinbauten der Kolonisationszeit. Das große Rundfenster an der Westfront erinnert ebenfalls an Kathedralarchitektur. Von der mittelalterlichen Ausstattung haben sich nach der Zerstörung 1945 umfangreiche Reste des außergewöhnlichen Altarretabels erhalten. Nach einem Jahrzehnt dauernden Wiederaufbau konnte in jüngster Vergangenheit auch das Gewölbe wiederhergestellt werden.
Station 2:
Güstow zur Kartenansicht >>
Von den zahlreichen weiteren Kirchen in Prenzlau sollte unbedingt ein Abstecher zur schräg gegenüberliegenden Franziskanerklosterkirche erfolgen. Diese Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert wurde am Hang zur Ucker erbaut und gehört zu den ältesten Bettelordenskirchen Deutschlands. Ihre Architektur dürfte auch durch die zentrale Ordenskirche in Assisi beeinflusst sein, übersetzt dortige Formen jedoch in märkischen Feldstein.
Von Prenzlau aus geht es am Ufer des Unteruckersees, an der Sabinenkirche vorbei auf der B 109 in Richtung Westen. Am Ortsausgang biegt man dann nach rechts ab in Richtung Güstow ②. Bei der Güstower Dorfkirche handelt es sich um ein zweiteiliges Gebäude aus rechteckigem Schiff und eingezogenen Chor mit geradem Ostschluß. Typologisch nennt man derartige Kirchen „Chorquadratkirchen“. Dieser Grundriss begegnet uns an zahlreichen ländlichen Kirchenbauten und basiert noch auf hölzerner Vorgängerarchitektur. Erbaut wurde die Güstower Kirche aus den regelmäßigen Feldsteinquadern des 13. Jahrhunderts. Das 19. Jahrhundert fügte einen hohen Backsteinturm und einen kleinen Vorbau an der Südseite an. Im Inneren ist vor allem das auf 1516 datierte Altarretabel von Bedeutung, das die Motive des großen Altars der Marienkirche in dörfliche Formensprache übersetzt.
Direkt an der Dorfkirche in Güstow biegt die Route nach Norden ab. Die Straße führt an Basedow vorbei, einem winzigen Dorf mit kleiner neogotischer Backsteinkapelle. Dass es dort schon seit dem Mittelalter eine Kirche gab, belegt die hier vorhandene mittelalterliche Glocke mit aufgegossenen Medaillons.
Station 3:
Dedelow zur Kartenansicht >>
Nächstes Ziel der Exkursion ist jedoch Dedelow ③. Das Dorf wurde zu DDR-Zeiten als ländlicher Zentralort ausgebaut, bis hin zu einer Schule mit Abiturstufe. Den sozialistischen Umbau sieht man dem Ort zwar immer noch an (ihm fiel auch das Gutshaus zum Opfer), dafür präsentiert sich die nördlich der Straße, etwas abseits auf einem Hügel gelegene Dorfkirche in seltener Vollständigkeit. Baulich kann die Kirche aufgrund erhaltener Hölzer sicher in die Zeit um 1250 datiert werden. Dabei ließen sich auch Reste eines Holzvorgängers aus dem frühen 13. Jahrhundert nachweisen. Die Kirche besitzt neben Chor und Schiff auch einen hohen Westturm aus der Bauzeit. Im Innenraum gibt es ein stimmiges Gesamtbild, das ein spätmittelalterliches Retabel in barocker Überformung, eine Westempore mit Kanzel und Taufe aus der Renaissance, Gestühl und Patronatsloge aus dem 18. Jahrhundert und eine Orgel von 1870 zeigt. Im Glockengeschoss des Turmes hängen zudem noch zwei mittelalterliche Glocken, eine davon mit Pilgerzeichen, u.a. aus St. Josse sur Mer.
Station 4:
Ellingen zur Kartenansicht >>
An der Kreuzung hinter der Kirche biegt unser Weg nun nach rechts auf die B 198 ab. Ihr folgend führt der Weg wieder in Richtung Prenzlau. Dabei biegt die Route an einem mittelalterlichen Sühnestein zu einem Abstecher nach Ellingen ab.
In Ellingen ④ findet sich ausnahmsweise keine Feldsteinkirche, sondern ein Bau aus Fachwerk, der kürzlich umfangreich restauriert worden ist. Das Gebäude wurde im späten 17. Jahrhundert erbaut, offenbar an Stelle eines älteren, denn der Holzturm gehört zu den ältesten derartigen Kirchtürmen im Norden Deutschlands. Die Eichen für die Innenkonstruktion wurden 1456 gefällt. Die Verbretterung der Außenseite ist jünger. Im barocken Altaraufsatz im Inneren der Kirche wurden auch zwei spätmittelalterliche Heiligenfiguren wiederverwendet.
Station 5:
Göritz zur Kartenansicht >>
Station 6:
Tornow zur Kartenansicht >>
Von Ellingen geht es zurück zur B 198 und dann nach links zurück nach Prenzlau. Die Straße führt dabei vorbei am neogotischen Bau der katholischen Maria-Magdalenen-Kirche. Diese beherbergt heute die beiden ältesten Prenzlauer Glocken. Sie stammen aus der Heilig-Geist-Kapelle, wurden im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und entgingen deshalb dem Brand Prenzlaus im Frühjahr 1945. Am Stettiner Tor biegt man anschließend nach Norden auf die B 109 ab. Der Weg führt am Rand der Uckerniederung durch Blindow und Dauer. In beiden Dörfern gibt es ebenfalls Kirchen aus Feldstein.
Der nächste Halt auf der Rundtour wäre dann in Göritz ⑤ einzulegen. Bei der Göritzer Kirche, die man links abbiegend von der Bundesstraße erreicht, handelt es sich um einen Saal mit westlichem Breitturm, der aus den für das 13. Jahrhundert typischen Feldsteinquadern erbaut wurde. Die Ausstattung der Kirche zeigt sich im barocken Gewand. Auf dem Turm haben sich jedoch noch zwei mittelalterliche Glocken erhalten, von denen eine auf 1452 datiert ist.
Vorbei an der Göritzer Dorfkirche biegt der weitere Weg nach Osten ab und führt anschließend nach Tornow ⑥. Die Tornower Dorfkirche ist wie die Göritzer ebenfalls ein Saal, allerdings ohne Turm und von ausgesprochen bescheidenen Maßen. Auch diese Kirche wurde aus Feldsteinquadern errichtet. Im Innenraum gibt es einen für das frühe 18. Jahrhundert typischen Kanzelaltar aus dem Jahr 1728. Das Besondere an der Tornower Kirche ist eine Glocke, auf der in großen Majuskeln das Jahr der Herstellung angegeben wird. Demnach wurde diese Glocke 1276 gegossen. Damit wäre sie die älteste sicher datierte Glocke der Uckermark und die zweitälteste der gesamten Mark Brandenburg (auch wenn es natürlich noch etliche undatierte Glocken gibt, die älter sein dürften). Dieses Datum könnte zugleich einen wichtigen Hinweis auf die Bauzeit der Kirche geben, denn diese wird etwa um 1270 errichtet worden sein.
Station 7:
Schönfeld zur Kartenansicht >>
Am Nordufer des kleinen Sees in Tornow schlängelt sich der Weg weiter nach Osten, um schließlich nach etwa einem halben Kilometer zu einer Kreuzung zu führen. Hier wird nach Norden abgebogen und man erreicht dann das Dorf Schönfeld.
In Schönfeld ⑦ findet sich eine von lediglich vier Kirchen, die über eine Apsis verfügen. Die Tatsache, dass die Schönfelder Apsis nicht halbrund, sondern polygonal gebrochen geformt ist, deutet dabei auf ein relativ spätes Baudatum der Kirche hin. Diese Annahme wird bestätigt durch den spitz zulaufenden Bogen zwischen Chor und Schiff. Vermutlich erbaute man die Kirche nicht vor der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Von der Inneneinrichtung ist ein Renaissancealtar hervorzuheben. In der Zeit um 1600 wurden in einer Phase der Agrarkonjunktur in zahlreiche Kirchen Ausstattungsstücke von den Kirchenpatronen gestiftet. Die übrige Ausstattung in Schönfeld ist allerdings barock.
Von Schönfeld aus geht es in südöstlicher Richtung weiter. Der Weg überquert die Autobahn und führt vorbei an der Klockower Feldsteinkirche. Klockow wird in südlicher Richtung durchfahren, um auf der von Carmzow kommenden Straße nach rechts, also in Richtung Westen, abzubiegen.
Station 8:
Kleptow zur Kartenansicht >>
Nun erreicht man die nächste Station der Route: Kleptow ⑧. Die Dorfkirche von Kleptow ähnelt der in Göritz, denn es handelt sich um einen Saal mit leicht vorspringendem querrechteckigen Westturm. Das Baumaterial sind die für das 13. Jahrhundert typischen Feldsteinquader. Lediglich der Turmaufsatz stammt aus dem 18. Jahrhundert. Ein besonderes Gestaltungselement ist die bauzeitliche Drei-Fenster-Gruppe an der Ostseite mit Backsteingewänden, die in einer großen Spitzbogenblende sitzt. Auch in Klockow gibt es einen Renaissancealtar. Er zeigt ein typisch lutherisches Bildprogramm: In der Predella findet sich die Darstellung des Abendmahls, im Mittelteil darüber eine große Kreuzigungsszene, die von den vier Evangelisten umstellt wird. Abb. 11 u. 12
Station 9:
Gramzow zur Kartenansicht >>
Die bereits genommene Straße in Richtung Prenzlau wird anschließend weitergefahren, um dann an der Auffahrt Ludwigsburg nach Süden, also in Richtung Gramzow, auf die A 20 abzubiegen. Am Kreuz Uckermark geht es geradeaus weiter auf der B 166, die in Gramzow verlassen wird.
In Gramzow ⑨ gibt es, mit über 40 Metern Länge, eine der größten Feldsteinkirchen der Uckermark aus dem 13. Jahrhundert zu besichtigen. Sie repräsentiert mit ihrem einfachen saalartigen Grundriss einen städtischen Bautyp der Kolonisationszeit.
Station 10:
Gramzow zur Kartenansicht >>
Der Innenraum zeigt sich heute in schlichtem Gewand. Hervorzuheben ist eine bedeutende Orgel der Firma Schuke aus Potsdam. Noch bedeutender ist eine auf 1379 datierte große Glocke sowie eine zweite des Mittelalters, die nur unwesentlich kleiner ist und Pilgerzeichen zeigt. Zudem gibt es in Gramzow noch einige bauliche Reste des ehemaligen Prämonstratenserklosters zu sehen. Die wenigen Backsteinreste lassen allerdings nur noch wenig erahnen vom einstmals so bedeutenden Kirchengebäude.
In Gramzow wendet man sich in Richtung Prenzlau, also nach Nordosten und überquert die aus Stettin kommende A 11. Kurz darauf wird Hohengüstow ⑩ erreicht.
Die Hohengüstower Dorfkirche zeigt den schon vorher begegnenden Grundriss eines Saales mit querrechteckigem Westturm, in diesem Fall allerdings nicht aus Feldstein, sondern in Backstein ausgeführt. Neben Fergitz ist dies die einzige ländliche Kirche der Uckermark, die komplett aus Backstein erbaut wurde (in Drense gibt es eine solche Kirche auf einem Feldsteinsockel).
Nun folgt man der B 198 weiter in Richtung Prenzlau. Dabei führt der Weg durch Bietikow, dass ebenfalls eine Feldsteinkirche besitzt und man gelangt schließlich zurück zum Ausgangspunkt der Tour in Prenzlau. Dort gibt es dann links der Straße noch die profanierte Kapelle des St. Georgenspitals zu sehen. Es handelt sich um einen Backsteinbau auf Feldsteinsockel. Die abseitige Lage rührt daher, dass Georgenspitäler der Aufnahme von Patienten mit hochinfektiösen Krankheiten dienten.
Wir haben nun wieder den Ausgangspunkt der Tour erreicht und dabei einen Überblick über den ländlichen und städtischen Kirchenbau der nördlichen Uckermark bekommen.
Empfohlene Zitierweise
Matthias Friske: “Bau- und kunstgeschichtliche Exkursion zu den Feldsteinkirchen” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/82_e_501-bau-und-kunstgeschichte-feldsteinkirchen/, Stand 09.10.2025
Quellen und weiterführende Literatur
- Keine
Bildnachweise
- Titelbild und Vorschaubild: Feldsteinkirche in Schönfeld (Foto: Haik Thomas Porada)