Landschaften und Böden bei Melchow zwischen Barnimplatte und Eberswalder Urstromtal
Von Sixten Bussemer, Christoph Kunkel, Tony Baudis und Axel Heise – 12/2020
Die Exkursion orientiert sich anfangs am Bodenlehrpfad nahe Melchow (angelegt von der Geographie der Universität Greifswald in Kooperation mit dem Naturpark Barnim, www.barnimlehrpfad.de) und führt dann in die nördlich anschließende Seenlandschaft südlich von Finow. Die hier besonders kleingekammerten Landschaftsformen des Jungmoränenlandes bieten ein vielschichtiges Exkursionsgebiet. An zehn Stationen kann man eine Zeitreise von der eiszeitlichen Entstehung bis zur anthropogenen Überprägung erleben.
Kartenüberblick Exkursion: Landschaften und Böden bei Melchow zwischen Barnimplatte und Eberswalder Urstromtal Kartenausschnitt zurücksetzen
Die Stationen sind fußläufig vom Dorf mit Bahnhof (dort befindet sich ein kleiner Parkplatz) aus erreichbar, können aber auf den breiten Wegen auch bequem mit dem Fahrrad angefahren werden. Leider steht für die Grundversorgung am Anfang oder Ende der Exkursion derzeit nur noch der Bäcker im Ortszentrum zur Verfügung.
Der Ort Melchow befindet sich zwischen Biesenthal und Eberswalde auf dem Nordrand der Grundmoränenplatte – und hier genauer der Schönholzer Platte – des mittleren Barnim. Die Inlandeismassen der Weichselvergletscherung schufen hier die Grundlage für eine große Reliefvielfalt. So schließt sich nördlich von Melchow das jüngere Eberswalder Urstromtal an, welches der Wind zum Ende der Kaltzeit dann teilweise in eine imposante Dünenlandschaft umformte.
Zu diesem Komplex zählt außerdem eine lange Rinne, in welche heute eine Reihe von Seen und Mooren eingebettet ist, darunter der Schwärzesee als Teil des Naturschutzgebietes Nonnenfließ-Schwärzetal. Eine vereinfachte Übersichtsskizze aus der Forstkartierung zeigt den geoökologischen Grundcharakter des engeren Exkursionsgebietes mit den vielfältigen Naturraumeinheiten.
Station 1: Bahnhof Naturparkbahnhof Melchow zur Kartenansicht >>
Die zum Amt Biesenthal-Barnim gehörende Gemeinde Melchow wurde wie viele Barnimdörfer im 14. Jahrhundert erstmals erwähnt und ist inzwischen auf knapp 1.000 Einwohner angewachsen. Der Haltepunkt der Eisenbahn wurde 1904 entlang der damals schon länger bestehenden Linie Berlin–Stettin eingerichtet.
Heute ist das backsteinerne Bahnhofsgebäude Treffpunkt für interessierte Besucher und engagierte Mitglieder des Vereins Naturparkbahnhof Melchow e.V. Dieser besteht seit dem Jahr 2000 und wurde gegründet, um das kleine historische Bahnhofsgebäude im Ort vor einem drohenden Abriss zu bewahren sowie mit neuem Leben zu füllen. Das Gebäude sollte nach historischem Vorbild saniert werden, um einen Infopunkt für Besucher des Naturparks Barnim einzurichten und den Bahnhof zu einem Ausgangspunkt für Ausflüge in den Naturpark zu entwickeln.
In den wenigen Jahren des Bestehens wurde viel erreicht. Der Bahnhofsvorplatz wurde neu gestaltet und mit ortstypischem Natursteinpflaster befestigt. Das marode Gebäude wurde zunächst gesichert und dann Stück für Stück saniert. Regelmäßig organisiert der Verein Veranstaltungen am Bahnhof oder vom Bahnhof ausgehend (z.B. Bahnhofsfest, Adventsmarkt, Drachenfest, geführte Rad- und Wandertouren). Auch eine durch den Naturpark Barnim geförderte Ausstellung trägt zur Anziehungskraft dieses Treffpunktes bei.
Etwas westlich vom Bahnhof beginnt die Wanderung auf einem Forstweg Richtung Norden. Bis zur Station 2 am rechten Wegrand durchqueren Sie in einer langgezogenen Rechtskurve jene Grundmoräne, welche bis zum Ende des Abschmelzprozesses unterhalb des Inlandeises lag. Typisch ist ihr schwachwelliges Relief. Dank guter Bodeneigenschaften werden jene Flächen hauptsächlich mit Laubgehölzen wie Buche, Ahorn und Eiche, Hainbuche und seltener Kirsche bestockt. Zusätzlich gibt es hier eine artenreiche Krautschicht mit Waldreitgras, Springkraut, Waldmeister, Sauerklee, Hainsternmiere, Waldflattergras und vielen anderen.
Station 2: Braunerde-Gley am Försterpfuhl zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 46′ 35″ N / 13° 41′ 27″ E
Um zum Försterpfuhl zu gelangen, muss kurz nach Melchow bei der Weggabelung der linke Weg genommen werden und kurz darauf wieder links abgebogen werden. Er befindet sich direkt hinter einer Abbiegung auf der linken Seite, die auf eine Lichtung mit einem kleinen verlandeten Gewässer führt.
Das Profil befindet sich am Rand der inzwischen trockengefallenen Senke. Es sind zwei Bodenbildungen zu erkennen: Zum einen die Braunfärbung in den oberen 35 cm. Sie entstammt Verwitterungsprozessen mit intensiver Oxidation, weshalb bräunlich wirkende Eisenverbindungen dominieren. Darunter jedoch hellt sich das Erscheinungsbild auf und die Horizontierung lässt auf ehemaligen Grundwassereinfluss an diesem Standort schließen. Das Grundwasser ragte zumindest zeitweise bis auf 35 cm Tiefe unter die Oberfläche des Profils, worauf rötlich-bräunliche Eisenverbindungen hinweisen. Die benachbarte Senke war demnach einmal mit Wasser verfüllt. Ab 75 cm Tiefe gehen diese jedoch in helle Töne über, welche für reduzierende Verhältnisse typisch sind. Dieser Teil des Profils muss also eine Zeit lang durchgängig wasserdurchtränkt gewesen sein.
Im Allgemeinen lassen sich heute aufgrund des menschlichen Einflusses mehr Reliktgleye als rezente Gleye beobachten – die Meliorationsmaßnahmen des vergangenen Jahrhunderts haben den Grundwasserspiegel vielerorts abgesenkt. Da Bodenentwicklung ein sehr langsamer Prozess ist, verbleiben die unter Grundwassereinfluss entstandenen (Gley-)Horizonte einfach im Boden.
Station 3: Wildweide mit Pflughorizont einer Rosterde zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 46′ 49″ N / 13° 41′ 3″ E
Das Profil Wildweide befindet sich auf einer kleinen Lichtung mit einer sehr markanten Eiche. Das weit ausgebreitete Geäst des Baumes verrät, dass diese Eiche zeitlebens in waldfreier Umgebung gewachsen ist. Der Standort wirkt ansonsten wie eine baumlose Insel inmitten des bis hierher flächendeckenden Waldes. Der Jägerstand auf dem Hügel hinter der Eiche deutet die Funktion des Ortes als Wildweide an.
Das Bodenprofil befindet sich direkt neben der Eiche. Hier ist der 22 cm mächtige Pflughorizont (Ap) gut zu sehen. Dieser entstand durch regelmäßiges Pflügen des Oberbodens. Zu erkennen ist dies am scharfen Übergang des humosen Oberbodens in den rostgelben Untergrund. Derartige Rumpfprofile mit Bsv-Horizont im Unterboden werden nach der ehemaligen DDR-Klassifikation als Rosterden bezeichnet. Pflughorizonte sind ein verbreitetes Element in der heutigen Kulturlandschaft. Insbesondere im Mittelalter wurden die Wälder für Agrarstandorte weit zurückgedrängt. Heute werden besonders die für die Nahrungsmittelproduktion ungeeigneten Standorte wie die Urstromtalsande bei Melchow wiederbewaldet. Das ist auch der Grund, weshalb man unter diesen häufig noch reliktische Pflughorizonte finden kann.
Station 4: Geschiebemergel mit Braunerde-Fahlerde zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 46′ 51″ N / 13° 41′ 40″ E
Der Geschiebemergel als Material der Grundmoräne wurde während der Eiszeit am Grund des Gletschers mitgeschliffen und dann beim Niedertauen hier abgelagert. Geschiebemergel ist lehmig und kalkhaltig, was sich positiv auf den Wasserhaushalt und die Nährstoffverfügbarkeit auswirkt. Er bildet die Relief- und Landschaftsform der Grundmoräne. Diese stellen die produktivsten Agrarstandorte im Jungmoränenland dar und sind heute normalerweise aufgrund ackerbaulicher Bewirtschaftung waldfrei.
Das am linken Wegrand dauerhaft aufgeschlossene kleine Profil zeigt eine für Grundmoränen typische Horizontabfolge mit unterschiedlichen Verwitterungsprozessen. In den oberen 15 cm ist unterhalb der überall vorkommenden Auflage- und Humushorizonte eine moderat braune Partie (Braunhorizont - Bv) entwickelt. Darunter folgt ein heller tonarmer Sand. Der bodenbildende Prozess der Tonverlagerung ließ den Ton durch Ausspülung in den darunter liegenden Horizont wandern, welcher dadurch deutlich lehmiger ist. Unterhalb des Tonanreicherungshorizontes (Bt) folgt der oben genannte kalkhaltige Geschiebemergel als Ausgangssubstrat (elC-Horizont).
Von dieser Position noch auf der Grundmoräne liegt nach Norden der Blick auf die Urstromtalung frei. Beide Landschaftselemente wurden von markanten Dünenzügen überformt, deren Grundanlage ebenfalls noch aus der ausgehenden letzten Kaltzeit stammt. Kleine Wege und Schneisen führen geradezu dorthin.
Station 5: Dünen der Melchower Schweiz zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 47′ 9″ N / 13° 41′ 37″ E
Nachdem es hügeliger wurde und auf dem Weg durch Kiefern die zweite Düne zu erklimmen war, ist dies ein eindrucksvoller Punkt: In diesem auf den ersten Blick unscheinbaren Waldgebiet verbirgt sich eine Landschaft mit einem deutlichen Relief! Die Gegend wird von den Melchowern auch als „Melchower Schweiz“ oder „Die sieben Berge“ bezeichnet. Ohne schützende Vegetationsdecke würde es hier aussehen wie in einer Sandwüste.
Der Sand stammt aus dem umgebenden Eberswalder Urstromtal, durch welches sich zum Ende der letzten Vereisung noch Schmelzwässer ihren Weg zur Nordsee bahnten, die hier große Mengen feinen Sandes ablagerten. In einer Trockenperiode kurz vor Einsetzen unserer heutigen Warmzeit fielen diese Flächen dann brach und der hauptsächlich aus Westen kommende Wind wehte den Sand zu hohen Dünen auf, deren Parabelform sich noch im Gelände nachvollziehen lässt. Dieser Grundcharakter als reliktisches Dünengebiet ist seit der preußischen geologischen Kartierung bekannt, wurde jedoch später von Herbert Liedtke (1956) und Norbert Schlaak (1993) noch vertiefend erforscht und detailliert mit den Urstromtalterrassen sowie den dort begrabenen Böden korreliert.
Aufgrund der schützenden Vegetationsdecke, welche die Binnendünen an Ort und Stelle fixierte, ist dieser Sonderstandort bis heute erhalten. Binnendünen bestehen aus trockenen nährstoffarmen Sanden und werden in der Regel mit der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris) bestockt, die mit diesen Bedingungen am ehesten zurechtkommt. Die Krautschicht hat eine hohe Deckung an Arten, die an sandige und saure Substrate angepasst sind. Zu ihnen zählen die Drahtschmiele (Avenella flexuosa) und die Preiselbeere (Vaccinium vitis-ideae). Ebenfalls häufig vertreten sind der Wachtelweizen (Melampyrum pratense) und die Vogelbeere (Sorbus aucuparia). Als charakteristische Art der Moosschicht ist das Gabelzahnmoos (Dicranum scoparium) zu nennen. Nicht selten sind Standorte derart nährstoffarm, dass Rentierflechten sich dem lockeren Moosbestand beimischen.
Station 6: Podsol in der sandigen Urstromtallandschaft zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 47′ 15″ N / 13° 41′ 52″ E
Das Podsolprofil befindet sich etwas nordöstlich davon. Dieser Bodentyp tritt bevorzugt in sandigem Untergrund auf. Auffällig ist die mächtige Humusschicht, welche hier dem Sandboden aufliegt. Auch hier liegt die Ursache im niedrigen pH-Wert. Die Bodenfauna ist nahezu verschwunden, nur Pilze sind noch am Abbau des Humus beteiligt. Diese Verrottung dauert dann allerdings sehr lang und so wird der Auflagehumus Jahr für Jahr mächtiger. Die Urstromtal- und auch die Dünensande sind sehr wasserdurchlässig, weshalb durch das zügige Versickern fast alle Komponenten des Oberbodens in das Grundwasser ausgewaschen werden können. Man spricht von Podsolierung, welche an einem gräulich-bleichen Oberboden und darunter befindlichen Einwaschungen in gelben, roten und dunklen Farben zu erkennen ist.
Dieser Standort ist vor allem mit der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris) bestockt. Unter ihr ist eine Strauch- und Krautschicht mit heideähnlichem Charakter entwickelt. Wacholderbüsche (Juniperus communis) überragen die in der Krautschicht befindlichen Kräuter wie das Heidekraut (Calluna vulgaris), Blaubeere (Vaccinium myrtillus) und die Preiselbeere (Vaccinium vitis-ideae). Die Zwischenräume werden von der Drahtschmiele (Avenella flexuosa) und dem Wachtelweizen (Melampyrum pratense) gefüllt. Die Naturverjüngung geht in Richtung Eiche, sodass junge Stiel- und Traubeneichen (Quercus robur und Q. petraea) zahlreich in der Krautschicht vertreten sind.
Station 7: Rosenberg und Finowboden zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 47′ 3″ N / 13° 41′ 59″ E
Östlich davon befindet sich die historische Kopfsteinpflasterstraße, die weiter nach Süden führt, wo sie eine der Dünen geradezu durchschneidet. Vielen Einheimischen sind die straßenbaubedingten Seitenwände noch als leicht zugängliche Quelle für den Sandabbau bekannt. Dieser „Rosenberg“ überlagert als Parabeldüne die glazifluviatilen Sande der obersten Terrasse des Eberswalder Urstromtals. An deren Oberkante wurde von Schlaak (1993) ein begrabener Boden beschrieben und gleichzeitig als südlichstes Vorkommen dieses Finowbodens im Eberswalder Tal vermerkt. Vor dem Hintergrund der hellen lockeren Sande zeichnet er sich optisch – als dunkelbraunes Band – deutlich ab und ist auch im Substrat fühlbar lehmiger.
Dieser Boden wird von Dünensanden überlagert, welche etwas höher noch einen weiteren begrabenen Boden (Podsol) aufweisen. Er ähnelt äußerlich dem an Station 4 gezeigten Boden und lässt sich aufgrund von ¹⁴C-Datierungen an Holzkohlen als relativ junge Bildung einschätzen, welche erst nach der Slawenzeit entstand (Schlaak 1993, S. 82 / 83). Während der untere Finowboden ergraben werden muss, tauchte der obere Podsol immer wieder in Abrutschungen der offen gelassenen Grube auf.
Vom Rosenberg aus durchwandert oder durchfährt man in einer weitgeschwungenen Kurve auf Forstwegen den gesamten Dünenkomplex mit seinen weitläufigen Nadelforsten nach Norden, bis das Relief einige hundert Meter vor dem Schwärzesee verflacht. Entlang dieses Weges bleiben Postdüne sowie das benachbarte Postluch linkerhand. Hier befindet sich der locus typicus des Finowbodens sensu Schlaak, dessen konservierter Monolith heute im BARNIM-PANORAMA ausgestellt ist.
Station 8: Schwärzesee mit Forsthaus zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 48′ 45″ N / 13° 43′ 24″ E
Der Schwärzesee erhielt seinen Namen von dem Flüsschen Schwärze, von welchem er durchflossen wird. Der Exkursionspunkt am Nordufer befindet sich an der Badestelle, welche im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel von Eberswalder Tagesgästen darstellt. Der Weg dorthin führt am Forsthaus mit dem Gedenkstein für Richard Zeising vorbei. Neben diesem bekannten Lehrer der Forstakademie Eberswalde wirkten in der nahegelegenen Stadt weitere waldkundliche Koryphäen wie Walter Wittich, Alexis Scamoni und Dietrich Kopp.
Der rund 20 Hektar große und gut zwölf Meter tiefe Schwärzesee ist in eine alte Rinne eingebettet, welche wohl bereits während eines Gletscherhochstandes unter dem Inlandeis angelegt wurde. Da diese von (anfänglich toteisblockierten) Becken und zwischenliegenden Schwellen durchzogen sind, führten sie später zur Entstehung von Rinnenseen. Eine auf dem Schwärzesee angesetzte Seebohrung durch Schlaak (1993, S. 71 ff.) erbrachte etwa zehn Meter mächtige organische Ablagerungen weitgehend aus der zweiten Hälfte unserer heutigen Warmzeit.
Auf der Nordseite des Schwärzesees dem Weg nach Osten folgend, ist zu sehen, wie steil die Hänge der Talung teilweise sind und wie sich die Rinne mal verengt und plötzlich wieder verbreitert. Durch die weitläufigen Forsten verläuft der Hauptweg nach Osten, wobei auf kleinen Pfaden immer wieder kleine Abstecher zum Fluss möglich sind (Vorsicht Wildschweine!). In dieser kleinteiligen Hanglandschaft öffnen sich immer wieder schöne alte Buchenbestände.
Station 9: Schwärze mit Biberdamm zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 48′ 29″ N / 13° 44′ 21″ E
Das Flüsschen Schwärze schlängelt sich durch die subglaziale Rinne vom Schwärzesee zum Kalkofenbruch hindurch und stellt in dieser abgelegenen Ecke ein echtes Idyll für die heimische Fauna dar. Die ungestörte Ruhe nutzen Biber zum Bau ihrer Dämme, ein solcher findet sich an Station 7 etwa 200 Meter vor dem Kalkofenbruch. Mit einem kurzen Abstecher vom Weg aus oder mit Hilfe des Fernglases können sie einen typischen Damm entdecken. Am Flussufer lässt sich auch abgenagte Baumrinde an den liegenden Stämmen beobachten.
Der Terrassenbau des Schwärzetals lässt sich immer wieder entlang der Wanderung beobachten, vor allem auf der Südseite. Ihre genaue genetische Interpretation ist dem brandenburgischen Landesgeologen Norbert Schlaak (2001) zu verdanken. In den Periglazialphasen zum Ende der letzten Eiszeit hin floss vor allem Schneeschmelzwasser über tief begrabenem Toteis und wohl auch Dauerfrostboden nach Osten ab (im Gegensatz zum höhergelegenen hochglazialen Urstromtalniveau). So entstand vorerst eine recht geradlinige Terrassierung, später schnitt sich dann das Flüsschen in Schlingen warmzeitlich nochmals tiefer ein.
Station 10: Kalkofenbrück zur Kartenansicht >>
GPS-Koordinaten: 52° 48′ 33″ N / 13° 44′ 47″ E
Die Kalkofenbrücke mit dem östlich anschließenden kleinen Teich stellt Station und Umkehrpunkt der Exkursion gleichzeitig dar. Sie erinnert an eine schon lange bekannte naturräumliche Besonderheit des Schwärzetals (zuletzt Schlaak 2005): Kalke aus langgestreckten Quellmoorbereichen und kleinen Seebecken, welche den wechselnden hydrologischen Verhältnissen der letzten Jahrtausende geschuldet sind. Sie waren als Rohstoff heiß begehrt – es konnten Baustoffe gewonnen werden. Dafür erhitzte man den Kalk in eigens dafür geschaffenen Öfen und verkaufte das gewonnene Material. Allerdings entspricht die heutige Ausdehnung des Gewässers nicht dem damaligen Bild. Mit dem Betrieb der Bahnstrecke Berlin–Eberswalde musste auch ein Bahndamm am östlichen Ende des Kalkofenbruchs errichtet werden. Das Wasser der Schwärze wurde aufgestaut und es entstand ein neues künstliches Gewässer, welches wegen seiner Größe heute sogar in den Wanderkarten verzeichnet ist.
Ansonsten sind die mäßig steilen Hänge an Nord- und Südufer sandig, sodass der Mensch schon vor der Industrialisierung mit Tieren den Acker bestellte konnte. Durch ständiges Brachliegen konnte der Regen große Mengen des humosen Oberbodens vom Hang abspülen. Diese befinden sich heute noch am Hangfuß oberhalb des Kalkofenbruchs. Dieses Kolluvium wurde von Studenten der Universität Greifswald in Praktika studiert.
Aufgrund des Verlustes an gutem Oberboden verarmen die Böden in oberen Hangbereichen, während die Böden am Hangfuß eine Aufwertung erfahren. Die abnehmende Bodenqualität und bessere Bewirtschaftungsmöglichkeiten im Zuge der industriellen Revolution sorgten für eine Verlagerung der Produktion auf lehmige Böden. Die sandigen Böden, wie diese am Kalkofenbruch, wurden stattdessen mit Kiefern bestockt. Letzteres Phänomen ehemaliger Ackerflächen unter Wald ist heute in ganz Brandenburg weit verbreitet.
Der Rückweg beginnt auf dem breiten Waldweg südlich des Schwärzesees nach Westen durch dichte Fichtenforsten und setzt sich auf der alten Pflasterstraße dann wieder nach Süden Richtung Melchow fort.
Empfohlene Zitierweise
Sixten Bussemer, Christoph Kunkel, Tony Baudis und Axel Heise: “Landschaften und Böden bei Melchow zwischen Barnimplatte und Eberswalder Urstromtal” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/80_e_508-landschaften-und-boeden-bei-melchow/, Stand 07.12.2020
Quellen und weiterführende Literatur
- LIEDTKE, Herbert (1957 / 58): Einige Beobachtungen an norddeutschen Dünen, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe VII, H. 4, S. 445–448.
- SCHLAAK, Norbert (1993): Studie zur Landschaftsgenese im Raum Nordbarnim und Eberswalder Urstromtal (= Berliner geographische Arbeiten 76). – Berlin.
- SCHLAAK, Norbert (2001): Die Finärze – eine periglaziale Flussgeschichte im Eberswalder Urstromtal, in: Bussemer, Sixten (Hg.): Das Erbe der Eiszeit. Festschrift zum 70. Geburtstag von Joachim Marcinek. – Langenweißbach, S. 107–110.
- SCHLAAK, Norbert (2005): Nördlich Melchow: Dünen, Böden und Terrassen, in: Schroeder, Johannes H. (Hg.): Nordwestlicher Barnim – Eberswalder Urstromtal (= Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg 5), S. 221–230.
- VEB Forstprojektierung Potsdam (1969): Ergebnisse der forstlichen Standortserkundung im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Eberswalde. – Potsdam.
- http://www.barnimlehrpfad.de/
- https://geo.uni-greifswald.de/lehrstuehle/geographie/geooekologie-und-bodengeographie/bodenlehrpfade/bodenlehrpfad-barnim/
Bildnachweise
- Titelbild: Gley bei Melchow (Foto: Tony Baudis)
- Vorschaubild: Anstieg einer Düne bei Melchow (Foto: Sixten Bussemer)