Südvorstadt – Rund um die "Karli"
Von Luise Grundmann – 06/2015
Bei einem Rundweg durch die Südvorstadt erschließt sich westlich und östlich der Karl-Liebknecht-Straße der strukturelle Wandel eines gründerzeitlich angelegten Wohnviertels. Vom Südplatz, dem zentralen Bereich der heutigen Gastro- und Kulturmeile, gelangt man entlang der Mietshauskarrees bis zur Altenburger Straße, an der sich nach 1995 auf dem ehemaligen Schlachthofgelände das neue Medienviertel mit der MDR-Sendezentrale und der Media-City entwickelte. Im westlichen Teil bietet der Fockeberg einen beeindruckenden Rundblick.
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Einleitung
Die Südvorstadt macht seit einigen Jahren insbesondere durch ihre Magistrale, die Kultur- und Gastromeile „Karli“, auf sich aufmerksam. Aber sie bietet mehr als nur diese belebte, knapp 2,5 km lange Hauptstraße. Neben Wohn- und Architekturformen der Gründerzeit trifft man auf kommunale und genossenschaftliche Wohnanlagen der 1920er und 1930er Jahre, auf Neubauviertel der Nachkriegszeit sowie auf zahlreiche, nach 1990 vorwiegend auf einstigen Trümmergrundstücken errichtete Wohn-und Geschäftshäuser.
Als Wohnort wird die Südvorstadt insbesondere von jungen Menschen bevorzugt. Gegenwärtig liegt hier das Durchschnittsalter bei 36,8 Jahren. Durch Geburtenüberschuss und Zuwanderungsgewinne gibt es weiterhin positive Trends in der natürlichen wie auch räumlichen Bevölkerungsentwicklung.
Für weitere Informationen zur Südvorstadt siehe Denzer et al. 2015 ab Seite 320.
Station 1: Südplatz zur Kartenansicht >>
Etwa in der Mitte, an der Kreuzung mit der Schenkendorfstraße, weitet sich die Karl-Liebknecht-Straße (Zeitzer Straße, 1874 Südstraße, seit 1945 Karl-Liebknecht-Straße) zum schmalen Südplatz auf, der sich mit zahlreichen Einzelhandelsgeschäften, Gastronomie, der Kultureinrichtung NaTo, einem Seniorenheim und gründerzeitlichen Wohnhäusern als gut frequentierter Stadtplatz präsentiert. An seiner Südseite markiert das gründerzeitliche Eckgebäude mit einem Türmchen den Zugang zur einstigen Connewitzer Chaussee, seit 1876 Kochstraße, mit ihrer geschlossenen gründerzeitlichen Wohnbebauung bis zum Connewitzer Kreuz.
Station 2: Albrecht-Dürer-Platz zur Kartenansicht >>
Ein weiterer, vom Gartenbaudirektor Otto Wittenberg (1834–1918) gestalteter Schmuckplatz, seit 1928 Albrecht-Dürer-Platz, liegt inmitten der östlich anschließenden, schachbrettartig angelegten Wohnquartiere. Vor den Zerstörungen von 1943 und 1945 umgaben den Platz repräsentative öffentliche Gebäude: Auf der Südseite die VI. Bürgerschule und die Doppelschulanlage der 6. Bezirksschule aus den 1870er Jahren und auf der Westseite das 1902 errichtete Königin-Carola-Gymnasium (alle zerstört).
Nach Kriegsschäden wieder aufgebaut wurde die Vierflügelanlage des nach Plänen von Arwed Roßbach (1844–1902) und Theodor Kösser (1854–1929) errichteten königlich-sächsischen Landgerichts, das bis zur Alfred-Kästner-Straße reicht und seit 1999 vom Amtsgericht Leipzig genutzt wird. An der Nordseite entstand in den letzten Jahren eine Seniorenanlage.
Die im Krieg stark zerstörte Gegend um die anschließende Bernhard-Göhring- und Arthur-Hoffmann-Straße wurde in den 1960er Jahren mit Wohnblöcken neu bebaut.
Station 3: Kurt-Eisner-Straße zur Kartenansicht >>
In der Ost-West gerichteten Kurt-Eisner-Straße, von 1876 bis 1945 Kronprinzstraße, blieben dagegen architektonisch attraktive Wohnhäuser der Erstbebauung erhalten. Dazu gehören die gründerzeitlichen Eckgebäude zur Arthur-Hoffmann-Straße Nr. 88 und Nr. 95 sowie mehrere Wohnhäuser mit Jugendstilelementen.
Die stark befahrene Straße verbindet über die neue Semmelweisbrücke (S-Bahn) die Südvorstadt mit den östlichen Stadtteilen.
Station 4: Media-City Leipzig zur Kartenansicht >>
Wenige Meter vor der Brücke führt die Altenburger Straße zur 1998–2000 aufgebauten Media-City Leipzig. Östlich der Altenburger Straße befand sich ein bis zu den Bahngleisen reichendes Industrieareal. Seit 1886 wurde das Gebiet zum städtischen Vieh- und Schlachthof ausgebaut.
Nach Stilllegung des Schlachthofes 1990 entstanden auf 36.000 m² des nördlichen Teils nach Plänen der Architekten Gerkan, Marg & Partner mehrere Werkstätten, Büros und Studios für die Film- und Fernsehbranche. Es entwickelte sich sehr rasch ein prosperierender Mediencluster, welcher nicht in historische Strukturen und Bedingungen eingebettet ist, sondern auf neuen Gründungs- und Ansiedlungsprozessen basiert.
Station 5: MDR-Sendezentrale zur Kartenansicht >>
Auf dem südlichen Teil des ehemaligen Schlachthofes entstand zwischen 1997 und 2000 das neue Medienzentrum des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Neben der neu erbauten 65 m hohen, dreizehngeschossigen Sendezentrale wurden zahlreiche gründerzeitlicher Gebäude denkmalgerecht neu gestaltet. Der Zugang zum Medienzentrum erfolgt über die Kantstraße Nr. 71/ 73. Das Gelände reicht von der Altenburger Straße nach Osten bis zur neuen S-Bahntrasse mit der Station MDR.
Station 6: Wohnanlagen Stein- und Fichtestraße zur Kartenansicht >>
Das Wohngebiet westlich der Altenburger Straße besteht bis zur Arthur-Hoffmann-Straße aus mehreren kommunalen und genossenschaftlichen Anlagen. Nördlich der Steinstraße entstanden 1912/ 13 fünfzehn viergeschossige Wohnhäuser durch den „Bauverein zur Beschaffung Preiswerter Wohnungen“. Südlich davon bebaute die Stadt 1924/ 25 nach Plänen von Carl James Bühring zwei Wohnkarrees zwischen Stein- und Fichtestraße, die einer mittelalterlichen Stadt nachempfunden sind.
Station 7: Hochschul- und Verwaltungscampus Karl-Liebknecht-Straße zur Kartenansicht >>
Die Richard-Lehmann-Straße war in den 1880er Jahren an der Gemarkungsgrenze zu Connewitz als Kaiserin-Augusta-Straße planmäßig angelegt worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wuchs die Südvorstadt im Kreuzungsbereich mit der heutigen Karl-Liebknecht-Straße durch den Aufbau eines Verwaltungs- und Bildungszentrums baulich mit Connewitz zusammen. Beispielsweise entstanden die Baugewerkeschule und zwischen 1910 und 1913 ein Gebäude der Teutonia-Versicherung. Unter Einbeziehung historischer Gebäude wurde hier nach 1990 der Campus der Hochschule für Technik, Wissenschaft und Kultur (HTWK) baulich erweitert.
Station 8: Fockeberg zur Kartenansicht >>
Die Richard-Lehmann-Straße führt nach Westen in den südlichen Auenwald. Östlich der Pleiße wurde am Siedlungsrand 1945 Trümmerschutt zu einem Berg aufgeschüttet. Vom Plateau des später begrünten Fockebergs (153 m NHN) ist ein Rundblick auf die südliche Altstadt, die Südvorstadt und anschließende Stadtteile möglich.
Station 9: August-Bebel-Straße zur Kartenansicht >>
Die Naherholungsgebiete der Aue grenzen an der Focke- und Wundtstraße an die Wohnquartiere der westlichen Südvorstadt. Der Kreuzungsbereich Kurt-Eisner-/August-Bebel-Straße (1876–1945 Kaiser-Wilhelm-Straße) vermittelt einen Eindruck von der prachtvollen Architektur der mehrgeschossigen Wohnhäuser vom Ende des 19. Jahrhunderts, mit der diese alleeartig angelegten Straßen bebaut wurden.
Empfohlene Zitierweise
Luise Grundmann: “Südvorstadt – Rund um die "Karli"” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/78_e_532-suedvorstadt/, Stand 01.06.2015
Quellen und weiterführende Literatur
- Vorschaubild: MDR-Sendezentrale auf dem ehemaligen Schlachthofgelände. Foto: Andreas Höhn
- Titelbild: © Mapbox © OpenStreetMap, Bearbeitung: Vera Schreiner (IfL)
- Bathelt, Harald; Jentsch, Caroline (2002): Die Entstehung eines Medienclusters in Leipzig. Neue Netzwerke und alte Strukturen, in: Gräf, Peter; Rauh, Jürgen (Hgg.): Networks and Flows. Telekommunikation zwischen Raumstruktur, Verflechtung und Informationsgesellschaft. – Münster, Hamburg u. London, S. 31–74.
- Brogiato, Heinz Peter (2009): Leipzig um 1900. Zweiter Band. Die Stadtteile in kolorierten Ansichtskarten aus dem Archiv des Leibniz-Instituts für Länderkunde Leipzig e.V. – Leipzig.
- Denzer, Vera; Dix, Andreas; Porada, Haik Thomas (Hrsg.) (2015): Leipzig: Eine landeskundliche Bestandsaufnahme. Landschaften in Deutschland, Bd. 78. – Köln.
- Nabert, Thomas (2005): Südvorstadt – Vielfalt und Charme der Gründerzeit, in: Schmidt, Helga; Mayer, Gudrun; Wiktorin, Dorothea; Tzschaschel, Sabine; Blenck, Jünger (Hgg.): Der Leipzig Atlas – Köln, S. 152–153.
- Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen (Hrsg., 2012a): Ortsteilkatalog 2012. Strukturdaten der Ortsteile und Stadtbezirke. – Leipzig.