Grünau – Probleme und Chancen einer Großwohnsiedlung

Von Evelin Müller – 06/2015

In der Großwohnsiedlung Grünau, deren Grundsteinlegung 1976 erfolgte, lebten Ende der 1980er Jahre über 90.000 Einwohner. Saubere Luft, ein Naherholungsgebiet in der Umgebung, eine gute Verkehrsanbindung und natürlich die Vollkomfortwohnung bedingten eine hohe Zufriedenheit der Bewohner. Die Entstehung eines freien Wohnungsmarktes, fehlende Arbeitsplätze und enorme Imageprobleme bewirkten allerdings nach der Wende einen dramatischen Rückgang der Einwohnerzahlen. Dieser hatte Wohnungsleerstand und umfangreiche Abrisse zur Folge. Dank vieler Fördermaßnahmen, einer engagierten Bürgerschaft und wachsender Einwohnerzahlen der Stadt insgesamt zeichnen sich auch in Grünau wieder positive Entwicklungstrends ab.

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Station 1: Eingang des PEP-Centers zur Kartenansicht >>

Im PEP mit Blick auf Wohnhochhaus
Im PEP mit Blick auf Wohnhochhaus (Foto: Evelin Müller, 2015)
Stuttgarter Allee mit Blick auf Allee-Center
Stuttgarter Allee mit Blick auf Allee-Center (Foto: Evelin Müller, 2015)

1992 fiel der Entscheid für zwei Sieger eines städtebaulichen Wettbewerbs zur Zentrengestaltung. Daher gibt es zwei Zentrumsteile (seit 1995 das PEP, seit 1996 Allee-Center), verbunden durch die zentrale Fußgängerachse Stuttgarter Allee.

Station 2: S-Bahn-Brücke zur Kartenansicht >>

Zur guten öffentlichen Verkehrsanbindung Grünaus gehören neben zwei Straßenbahntrassen die 1978 in Betrieb genommene S-Bahn, welche im April 2011 wegen Geldmangels eingestellt wurde. Der Wiederanschluss erfolgte im Dezember 2013 im Rahmen des neuen S-Bahn-Systems.

Allee-Center und S-Bahn
Allee-Center und S-Bahn (Foto: Evelin Müller, 2014)

Station 3: Stadtteilladen zur Kartenansicht >>

Stuttgarter Allee: Stadtteilladen
Stuttgarter Allee: Stadtteilladen (Foto: Evelin Müller, 2014)

Seit 1998 gibt es eine Einrichtung der Stadt Leipzig als direkte Verbindung zu den Stadtteilbewohnern. Es ist ein Ort des Austausches und der Kommunikation zu Fragen der Stadtteilentwicklung. Hier finden Kursangebote der Volkshochschule statt, Räume können für Vereine, Bürgergruppen und Ausstellungen genutzt werden.

Station 4: Kunst im öffentlichen Raum zur Kartenansicht >>

Stuttgarter Allee: Kunstobjekt "Dynamische Formen"
Stuttgarter Allee: Kunstobjekt “Dynamische Formen” (Foto: Evelin Müller, 2014)

An verschiedenen Stellen im Stadtteil wurden schon in der Bauphase Kunstwerke im öffentlichen Raum geschaffen. Dazu gehört im Zentrumsbereich das Metall-Kunstobjekt „Dynamische Formen – Arbeitersport“, das von den Bewohnern auch „Schnürsenkel“ genannt wird.

Station 5: Völkerfreundschaft zur Kartenansicht >>

Diese Einrichtung des Amtes für Familie, Jugend und Bildung ist ein offener Freizeittreff, der auch durch einen Sportverein mit sehr vielen Gruppen genutzt wird und den größten Veranstaltungssaal in Grünau bietet.

Station 6: Sport- und Freizeitbad "Grünauer Welle" zur Kartenansicht >>

Schwimmhalle "Grünauer Welle"
Schwimmhalle “Grünauer Welle” (Foto: Evelin Müller, 2014)

Bei den Grünauern bestand seit den ersten Befragungen ab 1979 im Rahmen der Intervallstudie Grünau der Wunsch nach einer Schwimmhalle. Da es keinen privaten Investor gab, ließ die Stadt Leipzig (Sport-und Bäderamt) die „Grünauer Welle“ errichten, die 1999 eingeweiht wurde. Entworfen hat sie das namhafte Architektenbüro Behnisch Architekten.

Station 7: Sportplätze zur Kartenansicht >>

Stadion der Leipzig Lions
Stadion der Leipzig Lions (Foto: Evelin Müller, 2015)
Kletterfelsen K4, dahinter Studentenwohnheim
Kletterfelsen K4, dahinter Studentenwohnheim (Foto: Evelin Müller, 2015)

Unmittelbar an der Ratzelstraße gelegen befindet sich die Spielstätte der Leipzig Lions - American Football & Cheerleading. Vereinsmitglieder können hier auch Flagfootball und Beachvolleyball spielen. Zu den weiteren sportlichen Aktivitäten, die in diesem Areal Besucher anlocken, gehört das Klettern. Aus Balkonbrüstungen und Abrissplatten wurde 2001 ein 20 m hoher künstlicher Kletterfelsen mit 600 m² Kletterfläche geschaffen.

Station 8: Kolonnaden Alte Salzstraße zur Kartenansicht >>

Auf einer Abrissfläche, deren Eigentümer die Genossenschaft Pro Leipzig ist, wurde im Rahmen eines ExWoSt-Projektes 2008 eine öffentliche Freizeitanlage mit Teich und kleinen privat genutzten Gärten geschaffen. Ein Kolonnaden-Beirat aus anwohnenden Mietern kümmert sich um diese Fläche.

Kolonnaden Alte Salzstraße
Kolonnaden Alte Salzstraße (Foto: Evelin Müller, 2008)
Fest in den Kolonnaden Alte Salzstraße 2012
Fest in den Kolonnaden Alte Salzstraße 2012 (Foto: Evelin Müller, 2012)

Station 9: Alte Salzstraße zur Kartenansicht >>

Stele für alten Handelsweg Alte Salzstraße. Dahinter befindet sich die ehemalige Wohngebietsgaststätte
Stele für alten Handelsweg Alte Salzstraße. Dahinter befindet sich die ehemalige Wohngebietsgaststätte (Foto: Evelin Müller, 2015)

Die ehemalige Wohngebietsgaststätte (180 Plätze abends, tagsüber über 300 Plätze für Schülerspeisung) – an der Alten Salzstraße gelegen – hatte nach 1990 unterschiedlichste, wechselnde Nutzer vom Billiganbieter bis zur Gastronomie. Eine geplante Nutzung durch das Leipziger Unternehmen Bäckerei Kleinert wurde u.a. durch Anwohnerproteste verhindert.

Station 10: Ratzelbogen zur Kartenansicht >>

Ratzelbogen und katholische Kirche
Ratzelbogen und katholische Kirche (Foto: Evelin Müller, 2014)

Das seit 1993 bestehende Stadtteil- und Verwaltungszentrum mit seinen drei Gebäudeteilen fungiert als Außenstelle der Stadt Leipzig mit verschiedenen städtischen Ämtern (u.a. Bürgeramt). Daneben befinden sich Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen.

Station 11: Pauluskirche und St. Martin Kirche zur Kartenansicht >>

Leipzig-Grünau: evangel. Paulus-Kirche
Leipzig-Grünau: evangel. Paulus-Kirche (Foto: Evelin Müller, 2015)
Leipzig-Grünau: kathol. Kirche St. Martin
Leipzig-Grünau: kathol. Kirche St. Martin (Foto: Evelin Müller, 2015)

Kirchenbauten wurden in der DDR nur sehr selten errichtet. Da Grünau aber ein völlig neuer Stadtteil war, brauchten die Kirchgemeinden entsprechende Einrichtungen. Im Glockenturm der 1983 eingeweihten Evangelischen Pauluskirche befinden sich Glocken aus dem devastierten Ort Eytra. Die katholische Kirche St. Martin wurde 1985 eingeweiht.

Station 12: Siedlungsgebiet zur Kartenansicht >>

Eingeschlossen von der Großwohnsiedlung liegen die beiden Siedlungen Kirschbergsiedlung und Siedlung Grünau. Sie entstanden in 1920er/30er Jahren vor den Toren der Stadt Leipzig. Von 2000 bis Ende 2014 erfolgte die Erschließung der Siedlungen durch die Kommunalen Wasserwerke, was als größtes innerstädtisches Projekt galt. Zuvor hatte jedes Haus seine eigene Abwasserkläranlage.

Kirschbergsiedlung
Kirschbergsiedlung (Foto: Evelin Müller, 2015)
Siedlung Grünau
Siedlung Grünau (Foto: Evelin Müller, 2015)

Station 13: Ratzelwiese zur Kartenansicht >>

Gshelka-Klub und Jugend- und Altenhilfeverein an der Ratzelwiese
Gshelka-Klub und Jugend- und Altenhilfeverein an der Ratzelwiese (Foto: Evelin Müller, 2015)

Der große Platz ist umgeben vom ehemaligen Ratzelgymnasium, einem Gebäude mit Dienstleistungs- und Freizeiteinrichtungen im Erdgeschoss und einem Elfgeschosser. Dieser gehörte ehemals einer Wohnungsgenossenschaft, wurde 2003 verkauft und später weiterverkauft. Durch den gegenwärtigen Eigentümer wurden erstmals Sanierung- und Aufwertungsmaßnahmen umgesetzt. Fördermaßnahmen zur Umgestaltung der Alten Salzstraße, die 2013 abgeschlossen wurden, führten zu einer Verkehrsberuhigung. Gestaltungselemente und Bäume werten den Bereich zusätzlich auf. Im Umfeld entstanden größere ungenutzte Freiflächen durch Abrisse.

Ehemaliges Ratzelgymnasium im Vordergrund, dahinter befindet sich der o.g. Elfgeschosser
Ehemaliges Ratzelgymnasium im Vordergrund, dahinter befindet sich der o.g. Elfgeschosser (Foto: Evelin Müller, 2015)

Station 14: Zentrum Wohnkomplex 8 zur Kartenansicht >>

2006 wurde ein langgestreckter Elfgeschosser mit Ladengeschäften abgerissen, was die Zentrenfunktion deutlich geschwächt hat. Das konnte auch durch ein später an dieser Stelle errichtetes Ärztehaus nicht kompensiert werden. Der Abriss weiterer Elfgeschosser parallel zum Komm-Haus und zur S-Bahn erfolgte 2007. Die Selliner Passage, ein Wohn- und Geschäftshaus mit Bowlingcenter, wurde 1998 unter der Leitung des bekannten Leipziger Architekten Winfried Sziegoleit erbaut und war bereits in ursprünglichen Grünau-Plänen vorgesehen. Ein weiteres Ärztehaus, Dienstleistungs- und Handelseinrichtungen sowie das Komm-Haus – ein soziokulturelles Zentrum der Stadt Leipzig – bilden das Infrastrukturangebot des Zentrums. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Endstelle der S-Bahn-Linie 1 (Miltitzer Allee).

Straßenfest am Komm-Haus WK 8
Straßenfest am Komm-Haus WK 8 (Foto: Evelin Müller, 2011)
Wohn- und Geschätshaus Selliner Passage im Zentrum WK 8
Wohn- und Geschätshaus Selliner Passage im Zentrum WK 8 (Foto: Evelin Müller, 2015)
Ladenstraße und Ärztehaus im Zentrum WK 8
Ladenstraße und Ärztehaus im Zentrum WK 8 (Foto: Evelin Müller, 2015)

Station 15: Terrassenhäuser zur Kartenansicht >>

Wohnungsneubau in Form von Terrassenhäusern seit 2014
Wohnungsneubau in Form von Terrassenhäusern seit 2014 (Foto: Evelin Müller, 2015)

Eigene Abrissflächen einer Genossenschaft boten die Möglichkeiten für mehrgeschossigen Wohnungsneubau. 2014 wurde der Grundstein für drei Terrassenhäusern mit insgesamt 48 hochwertigen Wohnungen gelegt. Auf einem Teil der Bau- und Parkplatzflächen entstand zwischen 2005 und 2013 mit einer Mietergartenanlage ein kleines grünes Paradies mitten im Wohngebiet, das durch die Baumaßnahme wieder zerstört wurde.

Station 16: Rodelberg zur Kartenansicht >>

Aus dem Aushub vom Bau der S-Bahnstrecke wurde ein Berg am Rande der Stadt geformt, der natürlich auch zum Rodeln genutzt wird, aber vor allem einen phantastischen Blick über den Kulkwitzer See bis zum Kraftwerk Lippendorf bietet und einen beliebten Treffpunkt darstellt. Das Naherholungsgebiet Kulkwitzer See entstand aus einem Braunkohlentagebaurestloch. Braunkohle wurde erst im Tiefbau bis 1937, dann im Tagebau bis 1963 abgebaut. Der See hat eine Fläche von ca. 150 ha und ist 35 m tief. Der Rundweg beträgt 8 km.

Kulkwitzer See
Kulkwitzer See (Foto: Evelin Müller, 2015)

Die planmäßige Rekultivierung und Erschließung begann gleich nach dem Ende des Tagebaus. Seit 1972 steht der alte Saalekahn „Frieda“ als Gaststätte am Ufer. 1973 wurde das Naherholungsgebiet offiziell eröffnet. Die Hochkippe auf der Markranstädter Seite umfasst ca. 100 ha und ist 15–20 m hoch.

Das 1911 in Betrieb genommene Kraftwerk Kulkwitz versorgte ursprünglich – mit Braunkohle gespeist – das gesamte Gebiet Grünau. 1994 wurde es auf Erdgas umgestellt. Heute produziert das Spitzenlast-Heizwerk Kulkwitz auf Grundlage von Gas nur noch Fernwärme.


Empfohlene Zitierweise

Evelin Müller: “Grünau – Probleme und Chancen einer Großwohnsiedlung” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/78_e_503-gruenau/, Stand 23.06.2015

Quellen und weiterführende Literatur

  • Vorschaubild: Leipzig-Grünau: Regenbogenviertel. Foto: Evelin Müller, 2013
  • Titelbild: © Mapbox © OpenStreetMap, Bearbeitung: Vera Schreiner (IfL)