Kloster Langheim: historischer Kolonisationskern und gegenwärtiges Kulturerbe

Von Gabriele Wiesemann – 09/2019

Das ehemalige Zisterzienserkloster Langheim liegt etwa 5 Kilometer südlich der Stadt Lichtenfels, am Rand der Fränkischen Alb im Tal des Leuchsenbachs. 1803 wurde das Kloster säkularisiert. Die aus den verbliebenen Gebäuden der Abtei hervorgegangene Ortschaft Klosterlangheim gehört heute zur Stadt Lichtenfels.

Mit seinem frühen Gründungsdatum war Langheim eines der ersten Zisterzienserklöster im deutschen Sprachraum und stand damit gleichzeitig am Anfang der zisterziensischen Expansionsbewegung in Europa. Kurz nach Gründung des neuen Reformordens war es zu ersten Filiationen gekommen. Von der erst seit 1115 bestehenden französischen Primarabtei Morimond aus erfolgte 1127 die Gründung des Zisterzienserklosters Ebrach und von dort aus nur wenige Jahre später 113233 die Gründung des Klosters Langheim. Nachfolgende Filiationen von Langheim waren Plasy im heutigen Tschechien (gegr. 1146) und Stift Schlägl in Österreich (gegr. 1202). Langheim unterstellt waren zudem die in der näheren Region gelegenen zisterziensischen Frauenklöster Sonnefeld, Himmelkron, Schlüsselau, Himmelthron und Maidbronn.

Abb. 1: Noch heute bestehen oberhalb der Ortschaft Klosterlangheim zahlreiche Fischteiche.
Abb. 1: Noch heute bestehen oberhalb der Ortschaft Klosterlangheim zahlreiche Fischteiche. (Foto: Herbert Popp)

An seinem Standort im Leuchsenbachtal wurde das Kloster Langheim mit allen notwendigen Gebäuden ausgestattet und immer weiter ausgebaut. Östlich oberhalb des Baches lagen die Klosterkirche, der Konvent und die Abtei. Eine Reihe von Wirtschaftsgebäuden wie die Küche, die Brauerei, die Mühle und die Wirtschaftsgebäude standen an der Talsohle neben dem Bach. Zur genauen Lage und dem Erscheinungsbild der frühen Bauten gibt es keine Überlieferung.

Durch reichliche Zustiftungen konnte Kloster Langheim seinen Grundbesitz ausbauen, verfügte also über Einnahmen und stattete entsprechend auch das Kloster mit immer moderneren Gebäuden aus. Der heute noch überlieferte Baubestand geht auf den letzten großen Ausbau zurück, der im ausgehenden 17. Jahrhundert begann und bis ans Ende des 18. Jahrhunderts fortgesetzt wurde. Während die Klosterkirche, ein Teil des Konvents, die Abtei und die das Kloster vollständig umfassende Mauer nach der Säkularisation abgetragen wurden, prägen die barocken Großbauten den Ort bis heute.

Die ältesten erhaltenen Relikte sind die Fischteiche (Abb. 1), die von den im Teichbau erfahrenen Zisterziensern typischerweise in der Nähe des Klosters angelegt wurden. Verbliebene Zeugnisse der Langheimer Teichwirtschaft befinden sich am südlich des Klosters gelegenen Oberlauf des Leuchsenbaches sowie seiner Zuläufe.

Abb. 2: Katharinenkapelle
Abb. 2: Katharinenkapelle (Foto: Herbert Popp)

Das älteste noch bestehende klösterliche Gebäude ist die ehemalige Katharinenkapelle (Abb. 2), die um 1220 nahe des nördlichen Tors errichtet wurde. Sie diente dazu, den weltlichen Bediensteten und der übrigen Bevölkerung, die nach den Ordensregeln die große Klosterkirche nicht betreten durften, die heilige Messe zu lesen. Nach 1803 wurde sie als private Scheune genutzt und deswegen nicht abgerissen. Heute gilt sie als älteste erhaltene zisterziensische Portenkapelle in Deutschland und ist trotz Verlusts des spätromanischen Südportals durch Verkauf ans Berliner Bode-Museum im Jahr 1908 ein bedeutendes Baudenkmal.

Der zweite erhaltene Sakralbau ist die um 1624 geweihte Sepulturkapelle, die nach der Säkularisation zur Pfarrkirche umgewidmet wurde. Sie markiert noch heute die Lage der früheren großen Klosterkirche, die in geringem Abstand südlich von ihr stand.

Alle weiteren ehemals klösterlichen Gebäude gehen auf den barocken Ausbau zurück und sind durch ihre besonderen Bauformen identifizierbar. Oft sind sie aus Sandsteinquadern errichtet, tragen meist noch die zeitgenössischen hohen Sattel- oder Walmdächer und zeigen an den Fassaden teilweise die ursprünglichen geohrten Fensterrahmungen. Mit besonderem Bauschmuck versehen sind nur die funktional herausgehobenen Gebäude wie der Konventbau.

Abb. 3: „Prospect des Klosters Langheim“. Federzeichnung der Anlage von Kloster Langheim von Südwesten von Alanus Bittermann (1800)
Abb. 3: „Prospect des Klosters Langheim“. Federzeichnung der Anlage von Kloster Langheim von Südwesten von Alanus Bittermann (1800) (Quelle: Staatsbibliothek Bamberg, VIII A 24d, Foto: Gerald Raab)

Östlich der heutigen Hauptstraße befinden sich Teile des ehemaligen Konventbaus (Abteistraße 25, Abt-Mösinger-Straße 1, 3, 5, 7, 11), außerdem der kleine Rest der ehemalig dreigeschossigen langen Abtei (Abt-Mösinger-Straße 4). Die ehemalige Schmiede (Töpferweg 4, 6, 8) lag damals am östlichen Außenrand des Klosterbezirks.

Westlich der heutigen Hauptstraße liegen entlang des Leuchsenbaches das ehemalige Bräuhaus (Abteistraße 28), das ehemalige Backhaus (Abteistraße 26), die ehemalige Ochsenmühle (Abteistraße 26 [sic!]), die ehemalige Wagenremise (Abteistraße 22), der ehemalige Ökonomiehof als Vierflügelanlage mit großem Schmuckgiebel (Abteistraße 10, 12, 18 und 20) sowie das ehemalige Untere Torhaus mit Sandsteinfiguren (Abteistraße 8). Rückwärtig davon liegt jenseits des Leuchsenbaches die ehemalige Gesinde- und Handwerkerküche (Spendweg 3).

Für Funktionen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sein mussten oder die im Inneren des Klosterbereichs keinen Raum hatten, wurden Gebäude außerhalb der Klostermauer errichtet. Vor dem südlichen Tor begann man noch kurz vor der Säkularisation mit dem Bau eines neuen Rindshofs (Nähe Ziegelrangen 6). Vor dem südlichen Tor errichtete man ebenfalls noch Ende des 18. Jahrhunderts Neubauten für die Konsulensie (Frankenthaler Straße 1) sowie das Sekretariat und die Klosterschänke (Abteistraße 5, 7) (Abb. 3).

Die Langheimer Mönche bewirtschafteten und bebauten nicht nur ihr eigenes Kloster auf dem unmittelbaren Umfeld, sondern waren auch auf verschiedenen Außenbesitzungen aktiv. Dabei war das Kloster der Kolonisationskern für den umliegenden Raum. Weil die zisterziensische Ordensregel vorschrieb, dass der Lebensunterhalt selbst erarbeitet werden musste, betrieben die Mönche und ihre Laienbrüder von Anbeginn mehrere landwirtschaftliche Gutshöfe, die sogenannten Grangien. Um 1155, also bald nach der Gründung, besaß Langheim sieben Grangien. Einige davon wurden im Laufe der Jahrhunderte weiter ausgebaut. Bei den späteren Neubauten des 17. und 18. Jahrhundert entstanden zum Teil prächtige Gebäude in der Art einer Residenz, die bis heute erhalten sind und von der weit in die Region ausgreifenden Tätigkeit des Zisterzienserklosters Langheim zeugen. Ebenso wie die zeitgleichen Funktionsbauten wurden sie aus großen Sandsteinquadern errichtet und gehören heute zu den bedeutendsten Baudenkmälern der jeweiligen Ortschaft. Älter als diese Bauten sind die mehrfach zu findenden Relikte der klösterlichen Teichwirtschaft.

In Trieb, heute ein Ortsteil von Lichtenfels, ließ das Kloster über Vorgängerbauten im frühen 18. Jahrhundert ein Schlösschen bauen, das als Sommerresidenz der Langheimer Äbte diente. Außerdem gibt es dort eine ehemalige klösterliche Hofmeisterei und den Gutshof Nassanger, ein von Leonhard Dientzenhofer entworfenes und 1793 über ringförmigem Grundriss errichtetes Gebäude, das ein einzigartiges barockes Baudenkmal darstellt. Die oberhalb von Trieb am Teufelsgraben und seinen Zuflüssen gelegenen Teiche sind ein Beispiel für die zisterziensische Prägung der Kulturlandschaft auch im Bereich der Grangien. In Hochstadt am Main, heute eine Gemeinde im Landkreis Lichtenfels, bestehen ein ehemaliges Langheimer Amtshaus aus dem frühen 17. Jahrhundert sowie eine Mühle. In Tambach, wenige Kilometer südwestlich von Coburg gelegen und heute ein Ortsteil der oberfränkischen Gemeinde Weitramsdorf, finden sich ebenfalls von den Langheimer Mönchen angelegte Fischteiche. Außerdem betrieb das Kloster Langheim in Tambach einen Klosterhof mit Brauerei und Mühle. Die im 18. Jahrhundert errichtete Braumeisterei und die Mühle sind erhalten. Das repräsentative dreiflügelige Schloss ließ das Kloster Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts errichten.

Abb. 4: Langheimer Amtshof in Kulmbach
Abb. 4: Langheimer Amtshof in Kulmbach (Foto: Herbert Popp)

Weiterhin besaß Kloster Langheim in den beiden Städten Bamberg und Kulmbach große Amtshöfe, die als Unterkunft für die Äbte, Mönche und weitere Reisende dienten. Darüber hinaus verfügten diese Gebäude über große Lagerräume zur Unterbringung der Zehntabgaben aus den umliegenden Besitzungen. Besonders eindrucksvoll ist der Kulmbacher Mönchshof, später Amtshof genannt und in seiner heutigen Gestalt 1692-1695 von Leonhard Dientzenhofer errichtet, der als mehrteiliges hohes Gebäude mit Schmuckgiebel am Hang liegend die Stadt überragt (Abb. 4).

Weiteren Grundbesitz, den das Kloster Langheim mit Bauten für verschiedenste Funktionen (Verwaltung, Landwirtschaft, Mühlen etc.) ausstattete, gab es in Scheßlitz, Giechkröttendorf, Weismain, Kronach, Roth, Altenkunstadt, Oberlangheim, Großgarnstadt und vielen anderen Orten. Zudem hatte Langheim zeitweise einen Anteil an einer Salzquelle in Lindenau, betrieb ein Eisenerz-Bergwerk in Uetzing und einen zugehörigen Eisenhammer in Stublang.

Zur Zeit der Säkularisation besaß das Kloster schließlich in 230 Orten rund 1.700 Höfe mit 17.000 Tagwerk (das sind ca. 5.700 ha) Feldern, Wiesen, Wäldern und Fischteichen, außerdem 34 Höfe, vier Mühlen, vier Brauereien und sechs Schäfereien, die in Eigenregie durch Lohn- und Fronarbeit oder durch Pächter bearbeitet wurden. Auch die nahegelegene große Basilika von Vierzehnheiligen mit ihrer Wallfahrt war im Besitz von Kloster Langheim.

Die Säkularisation von Kloster Langheim 1803, bei der die Klosterbesitzungen verstaatlicht worden sind, war ein markanter Einschnitt für den Ort und für das Umland, wurden doch auch sämtliche klösterlichen Außenbesitzungen in Staatsbesitz überführt. Die Gebäude sowie die Wald- und Feldparzellen wurden verkauft und oft funktionsgetreu weiter genutzt. Mühlen, Brauhäuser und Gutshöfe konnten in Privatbesitz weiter betrieben werden. Einige der größten Gebäude verblieben beim Staat und wurden mit Verwaltungen belegt, so wie der Kulmbacher Amtshof, der ab 1806 als Rentamt diente.

Über die Nachnutzung sind viele der Langheimer Bauten erhalten geblieben und zeugen bis heute von der intensiven und über einen Zeitraum von 670 Jahren wirksam gewordene Prägung des gesamten Raumes durch das reiche und bedeutende Zisterzienserkloster Langheim.


Empfohlene Zitierweise

Gabriele Wiesemann: “Kloster Langheim: historischer Kolonisationskern und gegenwärtiges Kulturerbe” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/81_b_114-kloster-langheim/, Stand 19.09.2019

Quellen und weiterführende Literatur

  • BREUER, Tilmann (1962): Landkreis Lichtenfels. Kurzinventar (= Bayerische Kunstdenkmale, Bd. 16). – München.
  • DIPPOLD, Günter (2003): Die Klostersäkularisation von 1802 / 03. Das Beispiel Langheim (= Heimatbeilage zum Oberfränkischen Schulanzeiger, Nr. 307). – Bayreuth.
  • GELDNER, Ferdinand (1966): Langheim. Wirken und Schicksal eines fränkischen Zisterzienser-Klosters. Kulmbach 1966, neu hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Günter Dippold 1990. – Lichtenfels.
  • GUNZELMANN, Thomas, Steffen SIMMLER und Wolfgang THIEM (2005): Wandel und Persistenz klosterzeitlicher Strukturen in einer säkularisierten Gemarkung. Die ehemalige Zisterzienserabtei Langheim, in: Jochen EBERT u. a. (Hrsg.): Landwirtschaftliche Großbetriebe und Landschaft im Wandel (= Studien zur Regionalgeschichte, Bd. 21). – Bielefeld, S. 184–202.
  • HOTZ, Joachim (1989): Zisterzienserklöster in Oberfranken: Ebrach, Langheim, Sonnefeld, Himmelkron, Schlüsselau. 2. Aufl. – München.
  • Klosterlangheim (1994): Symposion veranstaltet von der Hanns-Seidel-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (= Arbeitsheft des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Bd. 65). – München.
  • STARK, Michael (2018): Das fränkische Tor an der Spree. Zum Langheimer Stufenportal auf der Berliner Museumsinsel, in: Vom Main zum Jura 27, S. 28–51.

Bildnachweise

  • Titelbild: Noch heute wird das Ortsbild von Klosterlangheim durch die ehemals klösterlichen Gebäude geprägt (Foto: Herbert Popp)
  • Vorschaubild: Zum Zeitpunkt der Bayerischen Uraufnahme (1851) lag die Säkularisation von Kloster Langheim bereits 50 Jahre zurück, die große Klosterkirche und die Abtei waren bereits auf Abbruch verkauft. Deutlich erkennbar ist die Reihe der erhaltenen Wirtschaftsgebäude am Leuchsenbach und das Geviert des Ökonomiehofs. (Quelle: Uraufnahme, Blatt NW-95-15, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 054 / 19)