Stadtzentrum Eberswalde – Die neue Eberswalder Mitte auf historischem Stadtgrundriss
Von Petra Fritze – 12/2020
Einen Blick in die Geschichte der Stadt bietet dieser Rundgang durch das historische Stadtzentrum von Eberswalde. Blüte, Verfall und Wiederaufbau der Stadt werden an den verschiedenen Stationen erlebbar.
Kartenüberblick Exkursion: Stadtzentrum Eberswalde – Die neue Eberswalder Mitte auf historischem Stadtgrundriss Kartenausschnitt zurücksetzen
Eberswalde bot als Stadt bis zur Wende wenig touristisches Potential. Große, kaum gestaltete Grünflächen und betonierte Plätze ersetzten die durch die Bombardierung im April 1945 entstandenen Kriegsbrachen. Viele historische Gebäude hatten einen schlechten Bauzustand und standen teilweise leer. Aufenthaltsqualität gab es wenig und für einen Einkaufsbummel mussten weite Entfernungen zurückgelegt werden, da die Geschäfte meist entlang der Eisenbahnstraße lagen.
Nach über 25 Jahren Stadtsanierung ist es gelungen, wieder ein lebendiges Stadtzentrum mit vielfältigen Angeboten zum Wohnen und Verweilen zu etablieren. Sanierte alte und innovative neue Gebäude, gestaltete Freiflächen auf historischem Stadtgrundriss, kleine Geschäfte, Restaurants und Cafés sowie ein vielfältiges kulturelles Leben charakterisieren heute Eberswaldes neue Mitte.
Station 1: Marktplatz zur Kartenansicht >>
Ausgangspunkt des Rundweges ist der Eberswalder Marktplatz. Bis zur Zerstörung des Stadtzentrums im April 1945 bestimmte dieser Platz seit der Stadtgründung vor über 750 Jahren maßgeblich die Stadtentwicklung. Mit der Zerstörung des Platzes und der umliegenden Bebauung verlor Eberswalde die historische Mitte.
Die heutige Gestaltung des Marktplatzes wurde im April 2007 nach den Entwürfen des Dresdner Architekturbüros Rehwaldt vollendet. Wochenmarkt und Gastronomie aber auch zahlreiche kulturelle Veranstaltungen beleben den Marktplatz und machen ihn zu einem beliebten Treffpunkt im Zentrum. Traditionell sind das Fest zur Begrüßung der neuen Studenten zum Beginn des Wintersemesters oder Tanzveranstaltungen während des Stadtfestes.
Die Gestaltung verbindet sowohl topografische als auch historische Besonderheiten dieses Ortes. Das Wasserbecken, quer über den Platz verlaufend, verkörpert den Reichtum der Stadt an Flussläufen und Kanälen. Es ist am Beckenboden mit Raseneisenstein ausgelegt und soll an den früheren Abbau dieses Erzes in der Region erinnern. Die schmalen Kupferstäbe am Wasserbecken stehen für die Metallverarbeitung in der Stadt, die mehrere Jahrhunderte den Wirtschaftsstandort und die gewerbliche Entwicklung im Finowtal bestimmten. Die Ruferin, eine lebensgroße Kupferplastik von Eckhard Herrmann mit Bezug zu den Marktfrauen, schmückt diesen Brunnen seit November 2013. Die Bänke auf dem Platz mit ihren verschiedenen Holzarten laden zum Verweilen ein und weisen gleichzeitig auf die Tradition der forstlichen Lehre in Eberswalde und die „grünen Lehrinhalte“ der Hochschule für nachhaltige Entwicklung hin. Integriert in die Platzgestaltung wurde auch der Löwenbrunnen unter einer alten Linde, dessen Brunnenfigur 1836 nach einem Modell von Christian Daniel Rauch in der Königlichen Eisengießerei Berlin geschaffen wurde.
Station 2: Stadtmodell am Kirchenhang zur Kartenansicht >>
Am Aufstieg zur Maria-Magdalenen-Kirche fällt ein massiver Baumstamm aus Bronzeguss auf. Seit Oktober 2014 befindet sich hier ein Stadtmodell mit der historischen Bebauung um 1938. Die ehemals dichte innerstädtische Bebauung vor den Zerstörungen in der Pogromnacht und im April 1945 ist hier ablesbar. Wichtige historische Orte wie Mühle, Hubbrücke und Markt sowie stadtbildprägende Gebäude sind deshalb besonders herausgearbeitet worden. Der Verein für Heimatkunde zu Eberswalde e.V. hat mit Zeitzeugenbefragungen und Unterstützung vom Stadtmuseum sowie dem Kreisarchiv maßgeblich am Stadtmodell mitgewirkt.
Geschichte und Stadtentwicklung zum Anfassen und die Verbundenheit der Stadt zu Holz und Wald sind in diesem Stadtmodell im Maßstab 1:500 anschaulich vereint. Die wechselvolle neuere Geschichte der Stadt wird erlebbarer und die neue Baustruktur im Zentrum kann mit der „historischen Stadt“ verglichen werden.
Station 3: Paul-Wunderlich-Haus zur Kartenansicht >>
Zentral an der Westseite des Marktplatzes befindet sich das Paul-Wunderlich-Haus. Gebaut nach Plänen der GAP Gesellschaft für Architektur & Projektmanagement mbH wurde es nach zweijähriger Bauzeit am 1. Juli 2007 eröffnet. Der Gebäudekomplex ist der Verwaltungssitz des Landkreises Barnim. In den Erdgeschossen wurden verschiedene Geschäfte und ein Café integriert und es hat sich hier ein wichtiges kulturelles Zentrum entwickelt. Jazz in e, das jährliche Filmfest „Provinziale“ und jeden Samstag um halb elf „Guten Morgen Eberswalde“ locken viele Eberswalder und Gäste an. Der in Eberswalde geborene Maler, Zeichner, Bildhauer und Grafiker Paul Wunderlich konnte als Namensgeber für das Haus gewonnen werden. Zahlreiche Originale (Grafiken und Skulpturen) dieses Künstlers sind dauerhaft im und um das Haus anzuschauen. Ermöglicht hat dies die 2005 gegründete Stiftung „Das Paul-Wunderlich-Haus“ mit über 500 Kunstwerken im Bestand. Mit diesen und weiteren Kulturangeboten trägt der Gebäudekomplex wesentlich zur Belebung des Stadtzentrums bei.
Das Paul-Wunderlich-Haus ist eines der modernsten ökologischen Verwaltungsgebäude Deutschlands und hat für die nachhaltige Bauweise zahlreiche Preise und Auszeichnungen bekommen. Architektonisch fügt sich der Gebäudekomplex sowohl in seinen Dimensionen als auch in seiner Gestaltung in die umgebende Blockrandbebauung ein. Zwei sich kreuzende Wege nehmen zum einen den historischen Verlauf der Kirchstraße und zum anderen den Verlauf des in Röhren gefassten Schwärzekanals auf und erweitern sich im Zentrum zu einem großzügigen Innenhof mit Sitzmöglichkeiten.
Station 4: Eberswalder AltstadtCarrèe zur Kartenansicht >>
Nördlich des Paul-Wunderlich-Hauses gelangt man über die Kirchstraße in das „Eberswalder AltstadtCarrèe“. Vom Kriegsgeschehen weitgehend verschont, befindet sich hier der älteste geschlossene Gebäudekomplex der Innenstadt. Einige stadtgeschichtliche Besonderheiten sind hier zu finden. Das Eckgebäude mit der Postkutsche und der Giebelinschrift „Alte Post“ erinnert an den ehemaligen Poststandort, wo die erste amtliche Fernsprechlinie in Deutschland eröffnet wurde. Heute laden kleine Geschäfte und Gaststätten zum Stadtbummel ein und lassen die einstige historische Bebauung der Stadt erahnen.
Station 5: Adler-Apotheke/Museum zur Kartenansicht >>
Die Adler-Apotheke, im AltstadtCarrèe gelegen, ist das älteste noch erhaltene Wohngebäude in Eberswalde. Die Baugeschichte dieses dominanten Fachwerkgebäudes lässt sich bis in das Mittelalter zurückverfolgen. Nach einem Brand ließ der Apotheker Leonhard Schleich im Jahr 1663 die vorhandenen Kellergewölbe mit einer zweiflügeligen Hofanlage überbauen. Der Anbau des kleinen Nordflügels erfolgte um 1800. Über die Jahrhunderte diente das Gebäude als Wohn- und Geschäftshaus und war Standort einer Apotheke.
Infolge unterlassener Instandsetzung stand das Gebäude seit 1986 leer. Eine umfangreiche Sanierung ab 1990 war unumgänglich und mit dem Einzug des Stadtmuseums wird dieses Baudenkmal seit Mai 1997 wieder öffentlich genutzt. Die „schwarze Küche“, eine senkrecht durch das Gebäude ziehende offene Rauchfangkonstruktion, der Laubengang sowie die Rokokomalereien auf der Holzvertäfelung können nun neben Ausstellungsstücken aus der Stadt- und Regionalgeschichte besichtigt werden.
Durch einen neuen Anbau im Eingangsbereich, der sich optisch durch seine zurückhaltende Form vom historischen Fachwerk deutlich abhebt, sind die Ausstellungsräume seit Mai 2014 barrierefrei zugänglich. Zeitgleich wurde mit einer neuen Dauerausstellung, die durch thematische Sonderausstellungen ergänzt wird, das Ausstellungskonzept grundlegend überarbeitet und modernisiert. Im modernen Anbau ist auch die Tourist-Information der Stadt zu finden.
Station 6: Torplatz/Schwärzepark zur Kartenansicht >>
Auf dem freien Platz vor der Adlerapotheke befand sich einst das Unter- oder Mühlentor als nördlicher Zugang zur Stadt. Mit der Umgestaltung des Kreuzungsbereiches ist ein neues Eingangstor zur Altstadt entstanden. Viel Grün sowie Kunst im öffentlichen Raum laden nun Jung und Alt zum Verweilen ein. Die „Flussgöttin Finow“ ruht auf einer aus Beton hergestellten Sanddüne und verleiht der Fläche etwas Besonderes. Gleichzeitig gibt es nun einen barrierefreien Übergang von der Rathauspassage zum Stadtzentrum sowie zum Schwärzepark.
Diese im Jahr 2010 hergestellte innerstädtische Grünfläche war das erste Projekt der Spielleitplanung in der Stadt. Gestaltungsideen von Kindern, als zukünftige Nutzer der Fläche, wurden über neue Beteiligungsmethoden in den Planungsprozess integriert. Diese Methode hat sich bewährt und eine generationsübergreifende Beteiligung wird seitdem bei städtischen Freiflächenplanungen konsequent durchgeführt.
Station 7: Campus HNE zur Kartenansicht >>
Entlang des Fußweges an der Schwärze gelangt man zum Stadt-Campus der „Hochschule für nachhaltige Entwicklung“. Seit 1992 werden hier wieder Studenten ausgebildet, nachdem der Hochschulstandort 1963 aus politischen Gründen geschlossen wurde. Über 2.000 Studenten sind heute in den vier Fachbereichen immatrikuliert, die von über 50 Professoren unterrichtet werden.
Beim Betreten des Campus fällt an der Friedrich-Ebert-Straße die Architektur der Hochschulbibliothek mit ihrer besonderen Fassadengestaltung ins Auge. Dieses Gebäude wurde vom bekannten Architektenbüro Herzog & de Meuron aus Basel geplant. Ganz auf die Funktionalität der Hochschulbibliothek abgestimmt, erfolgte die Fassadengestaltung mit Motivbändern, die in verschiedenen Ebenen um das Gebäude angeordnet sind. Mit einem speziellen Herstellungsverfahren wurden fortlaufend Fotos des Düsseldorfers Thomas Ruff auf die Fassade gedruckt. Für diese illustrierte Fassade, mit dem Schutzumschlag eines Buches vergleichbar, erhielt das Gebäude den „Brandenburgischen Architekturpreis 1999“. Vom gleichen Architektenbüro wurde auch das braune Seminargebäude am anderen Ende des Campusgeländes konzipiert.
Das älteste Gebäude auf dem Campus ist die „Alte Forstakademie“ an der Schicklerstraße. Dieses ehemalige Wohnhaus ließ David Schickler im Jahr 1795 für sich errichten. 1830, mit dem Umzug der in Berlin gegründeten Forstakademie nach Eberswalde, startete hier der Lehrbetrieb. Nach dem Anbau zweier Flügel 1865 und dem Umbau im Jahr 1913 erhielt das Gebäude seine heutige Ansicht.
Das dreigeschossige Backsteingebäude der „Neuen Forstakademie“ war der erste Erweiterungsbau auf dem heutigen Campusgelände. Nach Plänen des Königlichen Kreisbaumeisters Düsterhaupt wurde es 1876 als Verwaltungs- und Hörsaalgebäude im Stil der Neorenaissance fertiggestellt. Der stattliche rote Sichtziegelbau ist symmetrisch gegliedert und mit einem Terrakottadekor repräsentativ verziert.
Direkt angrenzend befindet sich das 1912 nach Plänen des Königlichen Baurats Ulrich errichtete Verwaltungsgebäude. Neben der Verwaltung wurde hier die umfangreiche Bibliothek untergebracht sowie die Aula und eine Samenprüfanstalt. Heute befindet sich hier die Hochschulverwaltung.
Teil der geschichtlich gewachsenen Gesamtanlage ist auch das 1928 / 1929 errichtete Gebäude an der Friedrich-Ebert-Straße. Mit dem 2014 fertiggestellten Anbau in Vollholzbauweise hat der Campus eine weitere architektonische Besonderheit bekommen.
Station 8: Park am Weidendamm zur Kartenansicht >>
Gegenüber der katholischen Kirche St. Peter und Paul führt eine Brücke über die Schwärze in die größte innerstädtische Parkanlage der Stadt. Die großzügigen Wiesenflächen, die eingefasste Quelle „Schnurrbart Lieschens Loch“ und der Altbaumbestand laden im Park am Weidendamm Groß und Klein zum Verweilen ein. Ursprünglich gehörte ein Teil des Areals zur Eisenwarenfabrik. Der Bach der Schwärze war zu einem Mühlenteich angestaut und das Wasser trieb eine Schleifmühle an. 1751 ließ Friedrich II. das Schwärzeufer mit Weiden bepflanzen und die Ortsbezeichnung begann sich zu etablieren. Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem Mühle und Mühlenteich aufgegeben und das Areal städtisch wurde, gab es entlang der Schwärze bereits eine Promenade. Durch die Zerstörung der Gebäude an der Nordseite der Pfeilstraße während des Zweiten Weltkrieges entstand das heutige Parkareal, deren letzte grundlegende Neugestaltung zwischen 2000 und 2001 erfolgte.
Neben der Entspannung und den vielfältigen Spielmöglichkeiten bietet der Park auch für Kulturinteressierte Besonderheiten. Die markante Skulptur „Raubvogel“ ist ein Geschenk von Paul Wunderlich an seine Heimatstadt. Die Bronzeplastik „Amazone“ schuf der Bildhauer Franz von Stuck und den Teich im Park bewacht die Skulptur „Neptun“ von Axel Schulz.
Station 9: Synagoge zur Kartenansicht >>
Aus dem Park kommend, geht der Weg am Parkhaus der Kreisverwaltung vorbei. Hier wird durch die Integration von Photovoltaikzellen Strom an der Fassadenfront gewonnen, um der Null-Emissions-Strategie des Landkreises gerecht zu werden, deren vielfältige Handlungsfelder im Projekt „ERNEUER:BAR“ zusammengefasst wurden.
In der Goethestraße fällt danach eine zweieinhalb Meter hohe geschlossene Mauer ohne Fenster und Türöffnungen auf. Hier stand bis November 1938 eine Synagoge, die 1891 / 1892 nach Entwürfen der Berliner Architekten Wilhelm Martens und Ferdinand Münzenberger errichtet wurde. Es war ein dreikuppiger Bau im maurischen Stil mit blau-weiß gekachelter Fassade und reichhaltiger Ausstattung. In der Reichspogromnacht brannte die Synagoge vollständig nieder und die Ruine wurde beräumt. Nur noch eine Gedenktafel erinnerte seit 1966 an das Schicksal der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Eberswalde.
Ausgehend von einer Bürgerinitiative wurden im Jahr 2010 die Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz beauftragt, hier ein Denkmal für die ermordeten Juden zu errichten, das am 9. November 2013 eingeweiht wurde. Auf den alten Fundamentresten der Synagoge zeichnen heute die Betonmauern den ehemaligen Grundriss nach. Das Innere des nur nach oben offenen Raumes ist nicht zugänglich und wurde mit Bäumen bepflanzt. Diese „Naturwaldzelle“ wird zukünftig den Baukörper ausfüllen und die Erinnerung lebendig halten.
Station 10: Maria-Magdalenen-Kirche zur Kartenansicht >>
Die Maria-Magdalenen-Kirche, wichtigster Blick- und Orientierungspunkt der Innenstadt, gehört zu den bedeutendsten gotischen Stadtpfarrkirchen der Mark Brandenburg. Sie ist eine dreischiffige, kreuzrippengewölbte Backsteinbasilika. Die genaue Bauzeit der Kirche ist nicht belegt. Baubestand und historische Ereignisse lassen vermuten, dass Ende des 13. Jahrhunderts der Kirchenbau erfolgte, als sich Eberswalde dank landesherrlicher Förderung zur bevorzugten Stadt in der Region entwickelte. Der Bau weist verschiedene Gemeinsamkeiten mit der 1273 entstandenen Klosterkirche Chorin auf, doch der Verzicht auf ein Querhaus, der mächtige Turm und der figürliche Schmuck in den Portalen sprechen gegen einen Zisterzienserbau.
Wie in allen großen Kirchen gab es über die Jahrhunderte verschiedene Veränderungen durch Umbaumaßnahmen und Rekonstruktionen. Die letzten umfangreichen Erneuerungen erfolgten zwischen 1874 und 1876. In dieser Zeit sind auch der heute noch erhaltene Turmhelm entstanden sowie der Ziergiebel über den Chorkapellen und den westlichen Enden der Seitenschiffe.
Die Kirche hat die Bombardierung der Innenstadt weitgehend überstanden und das kostbare Inventar, wie der 1606 geschnitzte Holzaltar der Spätrenaissance mit protestantischem Bildprogramm und die Orgel von 1783 sowie die im 13. Jahrhundert gegossene Bronzetaufe blieben erhalten. Dringend erforderliche Sanierungsarbeiten begannen 1992 und wurden über Spenden, Eigen- und Fördermittel finanziert. 2002 wurde das Geläut teils durch Nachgüsse aus der Glockengießerei Perner restauriert. Die Barbaraglocke aus dem 15. Jahrhundert war nicht mehr zu retten und steht heute vor der Kirche. Die äußere Sanierung der Kirche konnte bis 2008 beendet werden, im Chorbereich und den Seitenschiffen stehen weitere Sanierungsmaßnahmen noch aus, deren Umfang sich durch den Brand auf der Empore im Dezember 2019 erhöhte und zur zeitweiligen Schließung des Gotteshauses führte.
Hinzuweisen ist zudem auf das ehemalige Pfarrhaus aus dem Jahr 1722 gegenüber dem Haupteingang der Kirche. Es ist das letzte noch erhaltene Bürgerhaus in Fachwerkbauweise aus dem 18. Jahrhundert.
Neu gestaltet wurde auch der Kirchplatz. Seit November 2001 betonen Steinplatten und Pflastersteine aus rotem Granit den Boden vor dem Kirchenportal. Eine großzügige Freitreppe sowie ein barrierefreier Weg führen seit Juni 2013 von dort zum Marktplatz. Ausgehend von zahlreichen Wünschen und Hinweisen von Bürgern wurde hier bewusst auf die Wiederbebauung dieses Hangbereiches verzichtet. Mit der neu gestalteten Grünfläche gibt es jetzt einen Kompromiss aus barrierefreiem Weg und Aufenthaltsbereich, der gleichzeitig auch als Veranstaltungsort im Freien genutzt wird.
Station 11: Speicher Salomon Goldschmidt Straße zur Kartenansicht >>
Markant ist auch das ehemalige Wohnhaus in der Salomon-Goldschmidt-Straße 7, erbaut in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Im Jahr 1912 wurde dieses repräsentative Fachwerkgebäude zu einem Lagerhaus umgebaut und war ab 1925 Produktionsstätte der Pianofabrik Deppe & Schütte. Nach langem Leerstand wird das Gebäude seit 2012 als Mehrgenerationenhaus wieder neu genutzt. Eigentumswohnungen, eine Pflegeeinrichtung, eine Senioren-WG und eine Kita ermöglichen ein neues Miteinander im Salomon-Goldschmidt-Quartier. Etwa 100 Personen im Alter von 0 bis 100 Jahren leben oder arbeiten hier, beziehungsweise kommen als Besucher. Begegnungen der Generationen werden so ermöglicht, ohne diese zu erzwingen. Für dieses Konzept gab es beim Innenstadtwettbewerb des Landes Brandenburg „Altstadthelden gesucht“ im Jahr 2014 einen ersten Preis.
Station 12: Stadtmauerreste und östliche Altstadt zur Kartenansicht >>
Weiter geht der Weg entlang der Erich-Schuppan-Straße über die kleine Grünfläche mit Spielgeräten an der Schweizerstraße bis zur Nagelstraße. Dort befinden sich noch Reste der 1322 urkundlich erwähnten Befestigungsanlage der Stadt. Eine etwa sechs Meter hohe und einen Meter breite Mauer aus Feld- und Backsteinen mit 34 Weichhäuser, einem Wartturm und einem Pulverturm, umgeben mit Doppelwall und dreifachem Graben war vorhanden und ist auf dem Kupferstich von 1625 von Caspar Merian abgebildet. Ursprünglich gab es zwei Tore, das Ober- und das Untertor, 1749 kamen das Friedrichstor an der Ratzeburgstraße und 1772 das Feuertor am Richterplatz hinzu. Zwischen 1821 und 1823 wurde die marode Stadtmauer bis auf die heute noch vorhandenen Reste in der Goethe- und Nagelstraße abgetragen, um Baumaterial für die Stadterweiterung zu gewinnen.
Entlang des ringartigen Straßenzuges, dem einstigen inneren Stadtmauerweg weitet sich der Straßenverlauf am Nagelplatz. Benannt sind Straße und Platz nach dem Eberswalder Brunnenbaumeister Christoph Nagel, der hier um 1734 sein Wohnhaus errichtete.
Weiter geht der Weg vorbei am Richterplatz, der 1999 seine heutige Gestaltung bekam. Hier befand sich das Feuertor, welches jedoch keine Bedeutung für den Verkehr hatte. Außer im Brandfall war es verschlossen und führte auf das freie Feld und zu den Gärten vor der Stadt.
Die Jüdenstraße, die ihren Namen im Mittelalter von den hier ansässigen Juden erhielt, war Standort zahlreicher Herbergen. Fast alle Gewerke der Stadt besaßen hier Unterkünfte für ihre wandernden Zunftgenossen. Heute sind nur noch Reste der ehemaligen Bebauung vorhanden.
Station 13: Rathaus zur Kartenansicht >>
Die letzte Etappe des Rundweges sind das Alte und das Neue Rathaus. Zusammen mit den benachbarten Bürgerhäusern begrenzen sie heute die Ostseite des Marktplatzes. Der heute unmittelbar vorhandene Bezug zwischen Rathaus und Marktplatz war bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben, da sich ursprünglich gegenüber ein dicht bebautes Wohnquartier befand.
Das Alte Rathaus, 1775 errichtet, war ursprünglich ein Wohnhaus. Seit 1825 nutzt die Stadt dieses barocke Gebäude als Rathaus und seit 1866 ziert das Stadtwappen vom Potsdamer Bildhauer Wilhelm Koch den Haupteingang. Ende des 19. Jahrhunderts planten die Bürger einen repräsentativen Rathausneubau und beauftragten 1903 das Charlottenburger Architekturbüro Köhler und Kranz mit dem Entwurf eines prunkvollen Rathauses. Aus finanziellen Gründen wurde aber nur der rechte Straßenflügel an der Breiten Straße fertiggestellt. Das Neue Rathaus gehört zu den wichtigsten, städtebaulichen Dominanten im Altstadtgebiet. Im Neorenaissance-Stil errichtet, verweist es auf die frühere Bedeutung Eberswaldes als Handels- und Handwerkerstadt. Reich mit figürlichen Darstellungen an der Fassade und im Innern bestückt, sind diese eine Symbiose aus Symbolen und realen Beziehungen und Begebenheiten der Stadtgeschichte, die es zu entdecken gilt. Seit der politischen Wende ist hier wieder der Sitz der Stadtverwaltung und das Gebäude öffentlich zugänglich.
Empfohlene Zitierweise
Petra Fritze: “Stadtzentrum Eberswalde – Die neue Eberswalder Mitte auf historischem Stadtgrundriss” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/80_e_517-stadtrundgang-eberswalde/, Stand 07.12.2020
Quellen und weiterführende Literatur
- Rohowski, Ilona (1997): Landkreis Barnim, Teil 1: Eberswalde (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Band 5.1, hg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege). - Worms.
- Stadt Eberswalde Baudezernat (Hg., 2012): 20 Jahre Stadtsanierung - Eberswalde.
Bildnachweise
- Titelbild: Ausschnitt aus Skulptur der Flussgöttin Finow (Foto: Peter Gärtner 2020)
- Vorschaubild: Marktplatz von Eberswalde (Foto: Peter Gärtner 2020)