Unterwegs am Höheberg und im Werratal

Von Tobias Reeh und Katharina Najork – 11/2018

Auf der Rundwanderung (ca. 18,2 km) werden ausgewählte Aspekte der natur- und kulturräumlichen Landschaftsgenese im Gebiet des Höhebergs (mit den Highlights Burg Hanstein und Teufelskanzel) sowie im eichsfeldischen Abschnitt der Werra (Wahlhausen/Lindewerra) vorgestellt. Das erlebbare Themenmosaik reicht von geologischen über geomorphologische, naturschutzfachliche und umweltgeschichtliche Besonderheiten bis hin zu siedlungs-, wirtschafts- und sozialgeographischen sowie kulturhistorischen Merkmalen.

Kartenüberblick Exkursion: Unterwegs am Höheberg und im Werratal Kartenausschnitt zurücksetzen

Einleitung

Der Rundweg (ca. 18,2 km) startet und endet am öffentlichen Parkplatz in Rimbach (Burg Hanstein). Im Rahmen der Wanderung bewegt man sich aus geologischer Sicht „am Westrand des Thüringer Beckens im Übergangsbereich zum westlich anschließenden Leinetal-Graben“ (Röhling 2008, S. 67). Die Exkursion verläuft über den Höheberg (Nordwest-Südost-Erstreckung: ca. 10 km, Nordost-Südwest-Erstreckung: ca. 4 km; höchste Erhebung: Junkerkuppe 509 m ü. NHN; Buntsandstein; aufgelagerte Muschelkalk-Kuppe), durch das Naturschutzgebiet Hasenwinkel (Dolomitgestein) sowie das Werratal (Höhenunterschied von der Werra/Ortslage Lindewerra bis zur Junkerkuppe rund 368 m). Die Wanderung tangiert im Bereich des Naturschutzgebietes Kelle-Teufelskanzel das Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band Eichsfeld-Werratal“. Das erlebbare Themenmosaik besteht vor allem aus kultur- und siedlungshistorischen sowie naturräumlichen Besonderheiten.

Station 1: Aussicht oberhalb Rimbach zur Kartenansicht >>

Burg Hanstein mit Rimbacher Kirche
Burg Hanstein mit Rimbacher Kirche (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Der gewählte Startpunkt am Parkplatz in Rimbach (Informationstafel des Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal) befindet sich auf einem Höhenrücken, der aus nach Nordosten geneigten Kalksteinschichten des Unteren Muschelkalks aufgebaut ist (Aufschluss am Hotel Zweiburgenblick). Der Höheberg selbst erhebt sich an der Südwestflanke eines herzynisch streichenden Grabenbruchs. In nordöstlicher Richtung verflacht die Landschaft zunächst aufgrund der anstehenden weichen Keuperschichten (tektonisch abgesenkter Keuper-Graben). Richtung Norden blickt man auf den bewaldeten Göbelskopf (325 m ü. NHN), an dessen Fuß sich die Wüstung Friedrichshausen befindet. Die Siedlung wurde an der sogenannten „Kleinen Heerstraße“ gegründet. In östlicher Blickrichtung schließt sich der langgestreckte Heuberg (293 m ü. NHN) (Muschelkalkhärtling) an. Südlich folgt der Wellberg (352 m ü. NHN; ebenfalls Muschelkalk).

Zugang zur Burg
Zugang zur Burg (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Der Burgberg wie auch das Baumaterial der Burg Hanstein gehören hingegen zur Solling-Formation des mittleren Buntsandsteins (lokale Verwerfung, das „Schichtengebäude fällt insgesamt in Richtung Osten unter das Thüringer Becken ab und schiebt hier, gegen Westen, aus“; Stover 1993, S. 101). Das anstehende Gestein zeigt mitunter die charakteristische Schräg- und Kreuzschichtung als Folge wechselnder Verhältnisse während der Sedimentation (Ablagerung zu Beginn des Erdmittelalters vor etwa 251 bis 240 Millionen Jahren zur Zeit der frühen Trias).

Der kurze Weg direkt zur Burg Hanstein ist beschildert.

Station 2: Burg Hanstein zur Kartenansicht >>

Außenansicht der Burg Hanstein
Außenansicht der Burg Hanstein (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Die sagenumwobene Burgruine Hanstein (Entstehung um 820 bis 850) gehört zu den besonders eindrucksvollen Burganlagen in Mitteldeutschland. Nord- und Südturm bieten eine Aussicht auf den Thüringer Wald, den Hohen Meißner, das Eichsfeld, das Göttinger Land sowie das Werratal. Die Anlage wurde als unregelmäßiges Vieleck auf einem nach Westen exponierten Buntsandsteinsporn errichtet und in das anstehende Gestein integriert (neben der strategischen Lage war sicher auch die leichte Zugänglichkeit und Bearbeitbarkeit des Sandsteins von Bedeutung).

Innenansicht der Burg Hanstein
Innenansicht der Burg Hanstein (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Die Ausdehnung des Burgareals entspricht weitestgehend dem Ursprungszustand. Der Zwingergraben (bis zu 10 m tief) wurde in den Felsen eingesprengt (Baumaterial für die Burg, die senkrechten Felswände sind ehemalige Abbaubereiche). Die Zwingermauer (bis zu 1,40 m stark) sowie die Mauer des Burghofes (bis zu 1 m stark) hat man auf dem anstehenden Felsen angeordnet. Küchenraum/Kaminanlage, Brunnen (121 m tief), Wachstubengebäude, Gefängniszellen (die Burg war Hauptgefängnis des hansteinischen Gerichts) oder auch der Kapellenraum sind noch gut zu identifizieren.

Detailansicht der Burg
Detailansicht der Burg (Foto: Tobias Reeh, 2017)

1209 ging das castrum Hanenstein zum Mainzer Erzbischof über. Die Zugehörigkeit zu Mainz war für die Eichsfelder durchaus attraktiv („Unterm Krummstab ist gut Leben“ – der Erzbischof war zugleich Reichskanzler, neue Fernhandelsmöglichkeiten, Rechtssicherheit, kirchliche Feiertage). Während der Erzbischof von Mainz die Gegenreformation im Eichsfeld vorantrieb, bekannte sich die Familie von Hanstein zum Protestantismus und stemmte sich gegen die Rekatholisierung. 1990 gelangte die Burg Hanstein schließlich in den Besitz der Gemeinde Bornhagen.

Zurück über den Parkplatz wählt man nun den Wanderweg Richtung „Teufelskanzel“ (Kennzeichnung: X5/X7/Mainzer Rad). Direkt am Waldrand nimmt man den unbefestigten Forstweg nach rechts. Nach wenigen Metern befindet sich rechts vom Weg unter Wald die sogenannte „Alte Burg“ in Spornlage.

Station 3: Alte Burg zur Kartenansicht >>

Unterhalb der Junkerkuppe (509 m ü. NHN) findet sich ein Areal, das in einigen Kartenwerken die Flurbezeichnung „Alte Burg“ (Bodendenkmal) trägt. Diese Bezeichnung gibt aufgrund lückenhafter urkundlicher Überlieferung immer wieder Anlass für Spekulationen („Flieh- und Wallburg“ aus der Völkerwanderungszeit / „Grenzburg“ der Sachsen, „Sperrburg“ zur Absicherung eines Salz-Handelsweges Richtung Allendorf, „Außenposten“ der Burg Hanstein, „Vorgängerburg“ der Burg Hanstein, „Trutz- und Belagerungsburg“ in Gegnerschaft zum Hanstein).

Das Bodendenkmal „Alte Burg“
Das Bodendenkmal „Alte Burg“ (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Deutlich erkennbar ist im Kalksteingrund eine auf einer Seite durch einen Steilhang begrenzte Wall- und Grabenanlage (rund 30 x 26 m großes Trapez; Grabenbreite bis zu 12,5 m, Grabentiefe bis zu 2,5 m). Im Innenbereich ist ein viereckiges Fundament aus behauenen Sandsteinquadern (z.T. mit begonnenen Steinmetzarbeiten) vorhanden. Die häufig vertretene Annahme, es handele sich um eine „Vorgängerburg“ der Burg Hanstein lässt sich entkräften, da auch die Vorläufer schon wie die um 1308 errichtete Anlage auf dem Sandsteinfelsen gestanden haben. Naheliegender ist die Deutung als Belagerungsburg des Hessischen Landgrafen, da die Anlage zu schriftlichen Zeugnissen einer Fehde in den Jahren 1376 / 77 passt. Im Zuge von Auseinandersetzungen zwischen den Interessensgebieten der hessischen und thüringischen Landgrafen, der Mainzer Erzbischöfe und der Herzöge von Braunschweig hatte Lippold von Hanstein die hessische Burg Altenstein erobert und besetzt gehalten.

Man läuft nun das kurze Stück zurück zum ausgewiesenen Wanderweg Richtung „Teufelskanzel“ (Kennzeichnung: X5/X7/Mainzer Rad). Bei guter Witterung empfiehlt sich im weiteren Verlauf der „Kammweg“ (Weggabelung rechts). Bei Nässe bietet der befestigte Fahrweg eine gute Alternative (Weggabelung links).

Station 4: Teufelskanzel zur Kartenansicht >>

Blick von der Teufelskanzel auf die Werraschleife
Blick von der Teufelskanzel auf die Werraschleife (Foto: Katharina Najork, 2017)

Ein einmaliger Ausblick auf die Werra (Prall- und Gleithang-Strukturen), den Ludwigstein und den Hohen Meißner bietet sich von der sogenannten Teufelskanzel (452 m ü. NHN). Bei der Teufelskanzel selbst handelt es sich um einen imposanten Buntsandstein-Felsen aus der Trias, der im Tertiär gehoben wurde. An den Stirnseiten der Felsblöcke (Bankung) zeigen sich Spuren der Wabenverwitterung. Der Ort ist ein überaus beliebtes Wanderziel. Theodor Storm (1817–1888; von 1856 bis 1864 Richter am königlich-preußischen Kreisgericht in Heiligenstadt) hat dieser Lokalität im Rahmen seiner Novelle „Eine Malerarbeit“ (1867) ein literarisches Denkmal gesetzt:

„Endlich war die Teufelskanzel erreicht. Sie war nicht unbefugt, diesen Namen zu führen; lotrecht schoß der Fels über hundert Klafter in die Tiefe, wo sich unten im Sonnenglanz die lachendste Landschaft ausbreitete. […] Wer dessen noch fähig war, der mußte hier von Lebens- und Liebeslust bestürmt werden.“

Aufgrund der grenznahen Lage war dieser Aussichtspunkt für die Öffentlichkeit ab 1961 allerdings gesperrt.

Teufelskanzel
Teufelskanzel (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Der Legende zufolge soll der Teufel in der Walpurgisnacht gewettet haben, er könne einen großen Felsblock vom Harzer Brocken bis zum Hohen Meißner ohne Pause befördern. Da er dieses Vorhaben dann doch nicht realisieren konnte, liegt dieser Felsbrocken zum Glück für den heutigen Wanderer noch heute auf halber Strecke am Höheberg. In der Gastwirtschaft im Wald an der Teufelskanzel bietet sich eine Einkehrmöglichkeit mit typischen eichsfelder Spezialitäten.

An der Teufelskanzel geht man nun weiter über den Höheberg Richtung „Naturschutzgebiet Hasenwinkel / romantisch“.

Station 5: Ausgespann zur Kartenansicht >>

Hinweisschild „Ausgespann“
Hinweisschild „Ausgespann“ (Foto: Katharina Najork, 2017)

Über den Höheberg verlief einst eine bedeutende, Sachsen und Franken verbindende Nord-Süd-Handelsstraße. Sie kam von Göttingen, überschritt bei Niedergandern die Leine und kreuzte östlich von der Burg Hanstein die Hohe Straße. Die Wegführung war durchaus typisch, denn die alten Heer- und Handelsstraßen verliefen zumeist auf den Talflanken. So konnte man die zu der Zeit noch versumpften Auen (inklusive ihrer Hochwassergefahren) meiden und die Strecke insgesamt verkürzen (Flussmäander).

Allerdings stellten die Routen über die Höhenzüge auch eine Herausforderung für die Gespanne dar. Ein Relikt hiervon ist die Ortsbezeichnung „Ausgespann“ an der höchsten Stelle der Durchquerung des Höhebergs. Bis ca. 1850 wurden an dieser Stelle die zusätzlich erforderlichen Zugtiere (je nach Richtung entweder aus Wahlhausen oder Rothenbach) ausgespannt. Da der Höheberg vorrangig aus Sandstein aufgebaut ist, weist der Boden einen sauren ph-Wert auf. Vor diesem Hintergrund erfolgen Bodenschutzkalkungen mit kohlensaurem Magnesiumkalk, um den permanenten Eintrag von H+-Ionen aus dem Niederschlag auszugleichen.

Am „Ausgespann“ hält man sich links Richtung „Naturschutzgebiet Hasenwinkel“ und wählt anschließend den direkten Weg ins Tal bis man schließlich das Naturschutzgebiet Hasenwinkel erreicht.

Station 6: Dolomitfelsen im Naturschutzgebiet Hasenwinkel bei Fretterode zur Kartenansicht >>

Dolomitfelsen im Naturschutzgebiet Hasenwinkel
Dolomitfelsen im Naturschutzgebiet Hasenwinkel (Foto: Katharina Najork, 2017)

Der Höhenzug des Hasenwinkels (360 m ü. NHN) ist durch ein Längstal vom Höheberg getrennt. Er ist aus Dolomitgestein der Zechsteinzeit aufgebaut (Oberes Perm, ca. 235 Millionen Jahre alt). Im Rahmen der tektonischen Vorgänge, die zur Bildung der Eichenberg-Gotha-Saalfeld-Störungszone geführt haben, sind die Zechsteindolomite an der westlichen Grabenrandstörung eingeschuppt worden. Durch Abtragungsprozesse im Quartär (seit ca. 1,8 Mio. Jahre vor heute) wurden die relativ widerstandsfähigen Zechsteindolomite als Höhenrücken und z.T. als bizarre, landschaftsbildprägende Felsformationen herauspräpariert.

Blick auf Fretterode
Blick auf Fretterode (Foto: Katharina Najork, 2017)

Der mehr als 6 ha große Hasenwinkel wurde bereits „[a]uf Grund des Preußischen Feld- und Forstpolizeigesetzes vom 8. Juli 1920 […] und der Ausführungsbestimmungen vom 20. Dezember 1920 […] unter Naturschutz gestellt“ (Fritze u. Görner 2015, S. 286) und ist damit das erste Naturschutzgebiet des Eichsfeldes. Schutzzweck ist die Erhaltung der artenreichen Halbtrockenrasen. Die Vegetation setzt sich außerdem aus Fiederzwenken-Kiefernforst und Brachflächen sowie aus Weidefläche und einer Mähwiese zusammen. Die Offenland-Biotope bieten seltenen licht- und wärmeliebenden Pflanzen (u. a. Orchideen, Wacholder) und Tieren (u. a. Schmetterlinge, Laufkäfer, Landschnecken, Vögel) einen Lebensraum. Vom Höhenzug ergibt sich ein schöner Ausblick auf die Ortschaft Fretterode (Schutz-/Grillhütte am Wegesrand vorhanden).

Vom Standort der Schautafel (Geologische Route im Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal) folgt man der Beschilderung Richtung „Wahlhausen“.

Station 7: Wahlhausen zur Kartenansicht >>

Hohlweg oberhalb von Wahlhausen
Hohlweg oberhalb von Wahlhausen (Foto: Steffen Möller, 2017)

Wahlhausen (regelhaft-flächiges Dorf an der Deutschen Märchenstraße) liegt im Mündungsbereich der Walse in die Werra. Relikte der alten durch Wahlhausen verlaufenden Heerstraße stellen die durchwanderten Hohlwege (z. T. mit aufgeschlossenen Solifluktionsschuttdecken) sowie der Ausgespann (s. o.) dar. Wie in den anderen Gerichtsdörfern der von Hanstein wurde auch in Wahlhausen um 1550 die Reformation eingeführt. Im sogenannten „Normaljahr“ des Dreißigjährigen Krieges 1624 war der Ort evangelisch und blieb es daher auch nach dem Westfälischen Frieden von 1648.

Hinweisschild „Grenzmuseum Schifflersgrund“
Hinweisschild „Grenzmuseum Schifflersgrund“ (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Neben der Landwirtschaft (inklusive Obst- und Tabakanbau) boten noch im 19. Jahrhundert vor allem das Mühlen- und Brauwesen („Gutes Wahlhäuser Gesundheitsbier“) sowie die Textilverarbeitung (Weberei/Schneiderei) Einkommensmöglichkeiten. Die Ortschaft wurde im April 1945 von der US-amerikanischen Armee eingenommen, aufgrund der Festlegung der Werra als Besatzungszonengrenze aber der Sowjetunion überlassen. Während der DDR-Zeit wurden die vorhandenen Gutshöfe in eine LPG überführt. Die Zerschlagung und der Abriss der Gebäude hatten dabei durchaus auch ideologische Gründe („Ausradierung“ großbäuerlicher und gutsherrlicher Erscheinungsformen). Als zusätzliche „Stichwanderung“ (gesamt ca. 4 km) empfiehlt sich ein Besuch des Grenzmuseums Schifflersgrund.

Man folgt nun dem Wander- und Radwanderweg direkt am Werraufer Richtung „Lindewerra“.

Station 8: Lindewerra zur Kartenansicht >>

Blick auf den Anger von Lindewerra
Blick auf den Anger von Lindewerra (Foto: Tobias Reeh, 2017)
Straßenansicht in Lindewerra
Straßenansicht in Lindewerra (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Lindewerra ist eine parallel zur Werra ausgerichtete Siedlung. Die Ortsbezeichnung verweist auf eine mit Linden bestandene wasserfreie Lage in sumpfigem Gelände. Der Waldbestand (Brenn- und Bauholz), der Fischreichtum der Werra, die vergleichsweise einfache Wasserversorgung, die zum Ackerbau geeigneten Auelehme/Lössablagerungen der Weichsel-Kaltzeit im Werratal sowie die Beweidungsmöglichkeiten der Hänge begünstigten eine frühe Ansiedlung. 1376 und 1379 erwarb Werner von Hanstein sukzessive die Siedlung. Die sogenannte Kemenate (Sandsteinbau) unweit der Kirche zeugt bis heute von einem Herrensitz der von Hanstein. Sie übten hier fortan die Gerichtsrechte aus, weshalb 1550 die Reformation eingeführt wurde. Das Ortsbild wird geprägt von einem Anger, der über die typischen Merkmale einer Versammlungs- und auch Feierstätte verfügt (zentrale erhöhte Lage, Linde, Ummauerung, steinerne Tische und Bänke).

Die Sandsteine der alten Werra-Brücke zeigen mitunter eine typische „Kreuzschichtung“
Die Sandsteine der alten Werra-Brücke zeigen mitunter eine typische „Kreuzschichtung“ (Foto: Steffen Möller, 2017)

Die Werra ist aufgrund ihrer hohen Salzfrachten durch die Einträge des Kalibergbaus immer wieder Gegenstand umweltpolitischer Diskussionen. Die sechsbogige Sandsteinbrücke (erbaut 1901; 1945 von der deutschen Wehrmacht gesprengt; anschließend DDR-Grenzposten) verhalf den Einheimischen zu einem deutlich verkürzten Anschluss und Zugang zu ihren Feldern und Wiesen sowie Waldflächen auf der anderen Seite der Werra. Der bis dato bestehende Fährbetrieb wurde eingestellt (der Fährmann übernahm als Pächter das Gasthaus auf der Teufelskanzel, s.o.). Überregionale Bekanntheit erlangte Lindewerra durch einen besonderen Handwerkszweig – das Stockmacher-Gewerbe.

Hanseberghütte am ehemaligen Kolonnenweg
Hanseberghütte am ehemaligen Kolonnenweg (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Man folgt dem Wanderweg entlang der Werra nordwärts bis zum Abzweig Richtung „Hanstein“ und wählt dann den Kolonnenweg entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze (steile Wegstrecke).

Station 9: Naturschutzgebiet Kelle-Teufelskanzel zur Kartenansicht >>

Aufstieg zum Lindewerrablick
Aufstieg zum Lindewerrablick (Foto: Tobias Reeh, 2017)
Blick auf Lindewerra vom Lindewerrablick
Blick auf Lindewerra vom Lindewerrablick (Foto: Tobias Reeh, 2017)

Das Naturschutzgebiet Kelle-Teufelskanzel (seit 1996, rund 200 ha) ist geprägt von zwei Tälern mit großem Gefälle und steilen Talflanken. Die lichten Laubwälder sind aus ehemaligen Niederwäldern hervorgegangen (Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald mit Rotbuche, Hainsimsen-Buchenwald, Spitzahorn-Sommerlinden-Hangschuttwald, in den Bachtälern Hainmieren-Erlenbachwald, außerdem Silikatfelsen und Streuobstwiesen, verbuschte Magerrasen). Hier sind u.a. seltene Moos- und Flechtenarten, Wildkatze, Neuntöter, Rauhfußkauz, Schwarzspecht, Laufkäfer sowie Heuschrecken zu Hause. Das Naturschutzgebiet ist Teil des Biotopverbundes entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Ein wunderschönes Panorama lässt sich vom sogenannten „Lindewerrablick“ aus genießen. Unweit dieser Stelle befindet sich ferner ein Startplatz für Gleitschirmflieger.

Auf dem Weg Richtung „Rimbach / Burg Hanstein“ erreicht man den Ausgangspunkt (Parkplatz Rimbach).


Empfohlene Zitierweise

Tobias Reeh und Katharina Najork: “Unterwegs am Höheberg und im Werratal” in Landschaften in Deutschland Online.
URL: http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/79_e_506-unterwegs-am-hoeheberg-und-im-werratal/, Stand 29.11.2018

Quellen und weiterführende Literatur

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  • AUFGEBAUER, Peter (2008b): „Grundsteinlegung“ 1308 und Bau der heutigen Burg, in: Familienverband der von Hanstein (Hg.): Burg Hanstein – zur 700-jährigen Geschichte einer eichsfeldischen Grenzfeste. – Duderstadt, S. 60–66.
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  • KEPPLER, Josef (2008a): Der Hanstein – eine Grenzburg inmitten Deutschlands. Von Abschottung und Wiedergeburt, in: Familienverband der von Hanstein (Hg.): Burg Hanstein – zur 700-jährigen Geschichte einer eichsfeldischen Grenzfeste. – Duderstadt, S. 221–263.
  • KEPPLER, Josef (2008b): „… der Hanstein, Perle und Beherrscher des ganzen Eichsfeldes“ (Adolph Fey, 1908) – Eine Einladung zu Burgrundgang und Kirchbesuch, in: Familienverband der von Hanstein (Hg.): Burg Hanstein – zur 700-jährigen Geschichte einer eichsfeldischen Grenzfeste. – Duderstadt, S. 273–295.
  • KEPPLER, Josef (2008c): Hanstein, Ludwigstein, Teufelskanzel und das eichsfeldische Werraland. – Duderstadt.
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  • http://grenzmuseum.de/
  • http://www.lindewerra.de/index.php?id=9

Bildnachweise

  • Titelbild: Blick auf Lindewerra vom „Lindewerrablick“ (Foto: Tobias Reeh, 2017)
  • Vorschaubild: Burg Hanstein mit Rimbacher Kirche (Foto: Tobias Reeh, 2017)